JudikaturOLG Wien

2R192/24f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Vertragsrecht
25. Februar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Hofmann (Vorsitzender), den Richter Mag. Viktorin und den Kommerzialrat Swoboda in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A* , **, vertreten durch Konlechner Rechtsanwalt KG in Wien, wider die beklagte Partei B* AG , **, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 72.459 samt Anhang, über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 56.400) und der beklagten Partei (Berufungsinteresse EUR 14.559) gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30. September 2024, **-30, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung der klagenden Partei wird nicht Folge , jener der beklagten Partei wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil, das in seinem rechtskräftigen Zuspruch von EUR 1.500 samt Zinsen unberührt bleibt und im Umfang der Abweisung von EUR 56.400 sowie des Zinsenmehrbegehrens bestätigt wird, wird im Übrigen dahin abgeändert, dass das Klagebegehren auf Zahlung von weiteren EUR 14.559 samt 4 % Zinsen seit 27.10.2022 abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 11.399,49 (darin EUR 1.899,92 USt und EUR 13,11 Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 6.783,94 (darin EUR 927,49 USt und EUR 1.219 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin hat bei der Beklagten eine Haushaltsversicherung abgeschlossen. Gedeckt sind (unter anderem) Schäden durch Einbruchsdiebstahl hinsichtlich einer von ihr und ihrer Mutter bewohnten Wohnung in **.

Die Eingangstüre dazu ist zweiflügelig. Der Gehflügel ist versperrbar (und zwar mit drei Schlössern je zweitourig). Der Stehflügelist verriegelbar (und zwar mit einem oberen und unteren Treibriegel); eine Entriegelung ist nur bei geöffnetem Gehflügel möglich (vgl US 11 unter Hinweis auf SV ON 19, 3; zur Situierung des Mechanismus seitlich im Türblatt vgl auch die Abbildungen Nr 124 und 125 in Beil./2). Bei verriegeltem Stehflügel und versperrtem Gehflügel ist (anhand der vorgefundenen Spurenlage) ein gewaltsames Eindringen auszuschließen (vgl US 9).

In der Zeit zwischen 8.6.2022 und 13.6.2022 haben unbekannte Täter die Wohnung durchwühlt und diverse Fahrnisse gestohlen, und zwar einerseits diverse Wertsachen, die sich in einem - aufgebrochenen - "Tresor"/„Aktenschrank ohne Versicherungsklasse und ohne Gewichtsangabe" befunden hatten, sowie andererseits eine - frei liegende - Armbanduhr der Marke Cartier (Modell Santos, ausgeführt in "Stahl/Gold").

Dem Grunde nach strittig ist, ob ein Einbruchsdiebstahl im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen stattgefunden hat. Diese lauten auszugsweise (soweit relevant):

" 3.1 Einbruch liegt vor, wenn der Täter in die Versicherungsräumlichkeiten

a) durch Eindrücken oder Aufbrechen von Türen [...] einbricht,

[...]

c) heimlich einschleicht und aus den abgeschlossenen Räumlichkeiten Sachen entwendet,

[...] "

Der Tathergang ist - wie unten noch darzulegen sein wird - rätselhaft geblieben.

Die Klägerin macht Versicherungsansprüche in Höhe des Klagsbetrags von EUR 72.459 samt 4 % Zinsen seit 15.06.2022 geltend, und zwar (in Summe) EUR 60.000 für die im Tresor aufbewahrten Wertsachen, EUR 11.400 für die frei liegende Armbanduhr und EUR 1.059 für diverse Sach-/Vandalismusschäden. Zum Hergang brachte sie im Wesentlichen vor, die Eingangstür sei vermutlich durch Aushebelung des Stehflügels aufgebrochen worden. Alternativ sei der Täter möglicherweise unerkannt in die Wohnung eingeschlichen. Jedenfalls sei der Safe aufgebrochen worden. Bei bloß einfachem Diebstahl betrage die Haftungssumme zumindest EUR 1.500.

Die Beklagte bestritt – soweit für das Berufungsverfahren relevant - das Stattfinden eines versicherten Einbruchsdiebstahls.

Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Erstgericht in Punkt 1. die Beklagte zur Zahlung von EUR 16.059 zuzüglich 4 % Zinsen seit 27.10.2022 schuldig. In Punkt 2. wies es das Mehrbegehren auf weitere EUR 56.400 sowie das Zinsenmehrbegehren ab. Von seinen auf Urteils-Seiten 3 bis 9 getroffenen Feststellungen hervorzuheben ist

[1] die Nicht-Feststellbarkeit des Hergangs , nämlich wie der oder die Diebe in die Wohnung gelangten;

[2] die Darlegung zweier Varianten als "am Wahrscheinlichsten" (a. Aufdrücken der zweiflügeligen Wohnungseingangstüre bei nicht verriegeltem Stehflügel; oder b. Einschleichen) sowie weiterer Varianten als "im Vergleich dazu viel unwahrscheinlicher".

In rechtlicher Hinsicht führte es zusammengefasst aus, zwar sei das gewaltsame Öffnen des Tresors kein Einbruch im Sinne der Versicherungsbedingungen, weil dessen Art 2.3.1 das Eindringen in Räumlichkeiten (und nicht nur in Behältnisse) erfordere. Allerdings sei "ein Mindestmaß an Tatsachen" festgestellt, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild auf einen (höher) versicherten Einbruchsdiebstahl hindeuteten. Der Beklagten sei der Beweis eines ernsthaft möglichen alternativen Geschehensablaufes außerhalb der bedingungsgemäßen Definition des „Einbruchs“ nicht gelungen. Zwar verstieße eine fehlende Verriegelung des Stehflügels (als technische Voraussetzung für die Variante a) gegen die Versperr-Obliegenheit nach Art 4 Z 1 HH1. Eine fehlende Verriegelung des Stehflügels spiele aber bei der (Einschleich-)Variante b) keine Rolle, sodass die diesbezügliche Unklarheit zulasten der für eine Obliegenheitsverletzung beweispflichtigen Beklagten gehe.

Der Höhe nach gebühre der Klägerin - als Ergebnis der Auslegung der bedungenen Haftungsbegrenzungsklausel  - für das Diebsgut einschließlich der freiliegenden Cartier-Uhr die Haftungshöchstsumme von (nur) EUR 15.000. Hinzu komme der Sachschaden von EUR 1.059.

Dagegen richten sich im Umfang der Abweisung die Berufung der Klägerin bzw im Umfang des über EUR 1.500 hinausgehenden Zuspruchs die Berufung der Beklagten jeweils wegen unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem (primären) Abänderungsantrag, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben (Klägerin) bzw das Klagebegehren im Übrigen abzuweisen (Beklagte).

Die Parteien beantragen wechselseitig, der gegnerischen Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Nur die Berufung der Beklagten ist berechtigt.

Zur Berufung der Beklagten :

In ihrer Beweisrüge bekämpft sie (im Kern) die Feststellung der beiden Varianten – vgl oben zu (2), also Aufdrücken oder Einschleichen - als „am Wahrscheinlichsten“.

An deren Stelle solle treten, dass es mehrere Varianten gebe (wie zB Aufdrücken der nicht versperrten Wohnungseingangstüre bei nicht verriegeltem Stehflügel; aber auch Verwendung eines Originalschlüssel aus dem Umkreis der Personen, die über einen Originalschlüssel zu dieser Wohnung verfügten) und keine dieser Möglichkeiten wahrscheinlicher sei als die andere.

Das Berufungsgericht hat erwogen:

1. Beweiserleichterung mittels Anscheinsbeweises:

1.1. Allseits unbekämpft geblieben ist die Nicht-Feststellbarkeit des Hergangs. Obläge der Klägerin als Versicherungsnehmerin der Vollbeweis für das Vorliegen des Versicherungsfalls, nämlich eines versicherten Einbruchsdiebstahls, wäre ihr dieser Beweis jedenfalls misslungen.

1.2. Allerdings bestehen in der Schadensversicherung Beweiserleichterungen: es genügt, wenn der Versicherungsnehmer ein Mindestmaß an Tatsachen beweist, die das äußere Erscheinungsbild eines Versicherungsfalls bilden. Zum äußeren Erscheinungsbild eines Einbruchdiebstahls gehören regelmäßig

(1) das Vorliegen von Einbruchspuren ;

(2) bei Fehlen von Einbruchspuren genügt der Nachweis, dass von mehreren möglichen Begehensweisen der Tat die nicht versicherten unwahrscheinlich oder ausgeschlossen sind, wenn sich daraus und aus anderen Umständen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine versicherte Begehensweisefolgern lässt (zu alldem 7 Ob 97/14m mwN).

1.3. Eine Rechtsfrage ist, ob grundsätzlich ein Fall einer anzuwendenden Beweiserleichterung vorliegt. Dies hat das Erstgericht (von der Beklagten auch gar nicht bezweifelt) zutreffend bejaht.

Ob dieser Beweis auch tatsächlich erbracht wurde, ist eine Beweiswürdigungsfrage. Die – im Ergebnis bejahenden – erstgerichtlichen Erwägungen unterliegen daher der Überprüfung im Rahmen der Beweisrüge (vgl jüngst [zu KFZ-Diebstahl/Kaskoversicherung] 7 Ob 140/24z Rz 33).

2. Festgestellte Varianten:

Das Erstgericht befasste sich ausführlich mit mehreren erdenklichen Varianten und bezeichnete zwei davon als "am Wahrscheinlichsten". Allerdings erscheint diese Diktion insoweit missverständlich, als damit ein auch nur einigermaßen hoher Wahrscheinlichkeitsgrad dieser Varianten suggeriert werden könnte. Das Erstgericht hat nämlich gerade auch zu diesen beiden Varianten (a. Aufdrücken im Zusammenhang mit einem unverriegelten [„losen“] Stehflügel; oder b. Einschleichen) beweiswürdigend derart ausführliche erhebliche Zweifel geäußert (US 9 bis 11), dass es – präzise betrachtet – in Wahrheit sämtliche Varianten als un wahrscheinlich erachtete und seiner Ansicht nach von all den erwogenen, jedoch durchwegs unwahrscheinlichen Varianten nur in Relation zueinander die beiden genannten noch zu bevorzugen wären.

3. Daran anknüpfend zeigt die Beweisrüge schon im Lichte der vom Erstgericht selbst geäußerten erheblichen Zweifel zutreffend auf, dass es den beiden von ihm herausgestellten Varianten an jeglicher auch nur ansatzweise ins Gewicht fallender Wahrscheinlichkeit fehlt.

Im Übrigen beruhen sämtliche nachstehenden Ausführungen auf berufungsgerichtlichen Wahrscheinlichkeitsüberlegungen ausschließlich anhand der objektivierten Umstände aus Gründen der Logik und Lebensnähe.

Vollauf unberührt bleiben hingegen sämtliche erstgerichtlichen Glaubwürdigkeitserwägungen anhand seiner unmittelbaren Beweisaufnahmen (wie etwa die Ausschließung eines versuchten Versicherungsbetrugs), die das Berufungsgericht in keiner Weise bezweifelt und seinen Erwägungen daher gleichermaßen zugrunde legt.

4. Variante „Einschleichen“

Die Unwahrscheinlichkeit dieser Variante hat schon das Erstgericht in zweierlei Hinsicht dargelegt, nämlich sowohl hinsichtlich des Hinein- als auch des Herausgelangens: Einerseits sei – näher dargelegt - schwer erklärlich, wie der oder die Einschleichdieb(e) in die Wohnung gelangen konnten. Andererseits sei die Spurenlage wohl nicht anders erklärbar, als dass [die Täter] beim Verlassen der Wohnung die Türe von innen gewaltsam öffneten (weil der Stehflügel nur bei geöffnetem Gehflügel geöffnet werden könne), anstatt den dort in einem Schlüsselkasten vorhandenen – und damit wohl leicht auffindbaren – Zweitschlüssel zu benützen. Die Suche nach einem Zweitschlüssel in der Wohnung sei nach „Verbrecherlogik“ naheliegend, weil die Suche nach einem Schlüssel in der ohnehin bereits durchsuchten Wohnung in der Regel kein großer Zusatzaufwand sei und das Aufschließen der Tür im Vergleich zum Aufbrechen von innen weniger Lärm verursache und die Möglichkeit biete, die Türe nach dem Verlassen wieder zu verschließen und zu versperren, was aus Tätersicht den Vorteil biete, dass die Tat erst von den Bewohnern nach ihrer Rückkehr und nicht – wie hier – schon vorher von dritter Seite entdeckt werde.

Erstere Erwägung dazu, wie ein Einschleichdieb die Wohnung wieder verlassen haben könnte („gewaltsames Öffnen von innen“), wie er also den diesfalls verriegelten Steh- bzw verschlossenen Gehflügel überwunden haben könnte, entbehrt allerdings ausreichender Plausibilität: es fehlt jegliche Spurenlage, die ein gewaltsames Öffnen des versperrten Gehflügels indizieren könnte; ein Lösen der Stehflügel-Verriegelung scheidet aber aus, ist solches ohne vorheriges Öffnen des Gehflügels doch unmöglich. Ein nachträgliches Hantieren des Einschleichdiebs an der Stehflügel-Verriegelung käme also vor allem nur dann in Betracht, wenn er bereits zuvor den Wohnungsschlüssel im Schlüsselkasten gefunden und zum Aufsperren des Gehflügels verwendet hätte. Dass ein solcher Einschleichdieb nach Aufsperren des Gehflügels die somit ungehinderte Fluchtmöglichkeit ungenützt ließe und stattdessen zunächst an der Stehflügel-Verriegelung hantieren würde, widerspricht jeglicher Lebensnähe, wäre völlig atypisch und kann einen Anscheinsbeweis zugunsten des Versicherungsnehmers auch nicht ansatzweise stützen.

Zusammenfassend entfällt die Variante „Einschleichen“ – neben den auch schon vom Erstgericht dargelegten Bedenken über ein unbemerktes Hinein gelangen des Täters, und neben seinen weiteren Bedenken auch betreffend das Herausgelangen – zusätzlich schon mangels tauglicher Spurenlage über ein gewaltsames Heraus gelangen mit der Folge, dass der Täter zunächst den Gehflügel von innen mittels vorgefundenem Schlüssel aufgesperrt und geöffnet haben müsste, was aber wiederum zur völligen Atypizität eines nachträglichen Hantierens am Stehflügel anstelle eines sofortigen Flüchtens führen würde.

5. Variante „Aufdrücken“ bei unverriegeltem Stehflügel

5.1. Die Hergangsanalyse des Gerichtssachverständigen auf Basis der polizeilichen Spurenermittlung und der eigenen Befundaufnahme ist von folgendem Eckpunkt geprägt: technische Ausgeschlossenheit einer gewaltsamen Überwindung der (massiven) doppelflügeligen Türe, wenn sowohl der Stehflügel verriegelt war, und wenn auch der Gehflügel ordnungsgemäß versperrt war, nämlich wenn beim Gehflügel - wie von der Polizei (offen, wohl angelehnt) vorgefunden - die drei Sperrriegel der drei Schlösser jeweils zweitourig ausgesperrt waren.

Erste Verfahrensprämisse im Sinne dieser Spurenlage beim Gehflügel (zweitourige Aussperrung aller drei Sperrriegel) sowie auch im Sinne des damit vollauf übereinstimmenden Klagsvorbringens ist daher ein ordnungsgemäßes Versperrt-Sein aller drei Schlösser des Gehflügels beim letztmaligen Verlassen der Wohnung (hier: durch die Mutter der Klägerin).

Zweite - gutachterliche technische - Prämisse ist die Ausgeschlossenheit eines gewaltsamen Eindringens, wenn beim Stehflügel auch nur einer der beiden (senkrechten) Treibriegel verriegelt war.

Technisch "nicht ausschließbar" ist ein gewaltsames Aufdrücken mit Körperkraft daher nur, wenn der Stehflügel beidseitig ent riegelt gewesen sein sollte, weil nur dann ein demnach "loser" Stehflügel nach innen gedrückt und damit letztlich auch die ausgesperrten Riegel des Gehflügels aus den Schließblechen herausgezogen werden konnten.

5.2. Allein diese technische Nicht-Ausschließbarkeit besagt aber noch nichts darüber, ob einem solchen Hergang - insbesondere also: einem gänzlich entriegelten Zustand des Stehflügels - überhaupt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit zukomme.

5.3. Schon das Erstgericht hat beweiswürdigend gewichtige Gegenargumente gegen einen entriegelten Stehflügel aufgezeigt (US 10):

(a) technische Zweifel, weil diesfalls - allerdings gerade nicht vorhandene - sogenannte Ausziehspuren an den Sperrriegeln zu erwarten gewesen wären (vgl Gutachten ON 19, 5);

(b) im Beweisverfahren weiters hervorgekommene gegenläufige Indizien, zumal die Türe nach den Angaben der Klägerin und [ihrer Mutter] etwa einen Monat vor dem Vorfall von einem Professionisten instand gesetzt und der Stehflügel seither nicht geöffnet wurde. Es wäre schon sehr ungewöhnlich, wenn ein Schlosser den Stehflügel in nicht verriegeltem Zustand hinterlassen hätte. Außerdem würde – insofern korrespondieren die Angaben der Klägerin mit der Erfahrung des Gerichts – jedem Benützer des Gehflügels sofort auffallen , wenn der Stehflügel gar nicht verriegelt wäre .

5.4. Das Berufungsgericht teilt alldiese Zweifel des Erstgerichtes an einem entriegelten Zustand des Stehflügels vollauf. Demnach ist ein solcher Zustand - und damit ein Hergang im Sinne der ersten erstgerichtlichen Variante – ebenfalls als hochgradig unwahrscheinlich zu werten, dieser Variante also (entgegen der erstgerichtlichen Auffassung) eine ins Gewicht fallende Wahrscheinlichkeit abzusprechen.

6. Ergebnis:

Die bekämpfte Feststellung wird aus alldiesen Erwägungen dahin klargestellt und modifiziert, dass sie insgesamt lautet:

Wie der oder die Diebe in die Wohnung gelangten, kann nicht mehr festgestellt werden.

Insbesondere kann (auch im Lichte der Beweiserleichterung) ein Hergang im Sinne der Varianten „Aufdrücken der zweiflügeligen Wohnungseingangstüre bei nicht verriegeltem Stehflügel“ und „Einschleichen“ (mangels jeglicher Plausibilität) nicht festgestellt werden.

Selbst ausgehend von der Unwahrscheinlichkeit nicht versicherter Begehensweisen (theoretisch etwa eines Täters, der mit heimlich erlangtem echten Schlüssel eingedrungen sein könnte, und der beim Verlassen zwecks Abwendung eines Verdachts falsche Fährten, etwa durch Hantieren am Stehflügel, gelegt haben könnte) ist kein Umstand feststellbar, aus dem sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine (welche?) versicherte Begehensweise folgern ließe.

Der Hergang blieb schlicht unerklärlich .

Im Sinne der Rechtsrüge ist der Klägerin somit der ihr obliegende Beweis des Versicherungsfalls „Einbruchsdiebstahl“ misslungen. Ihr Anspruch beschränkt sich daher auf den – rechtskräftig zuerkannten – Betrag von EUR 1.500 für einfachen Diebstahl. Der darüber hinausgehende erstgerichtliche Zuspruch war demnach in abweislichem Sinne abzuändern.

Die Berufung der Klägerin ist hierauf zu verweisen. Mangels versicherten Einbruchsdiebstahls sind die von ihr relevierten Fragen zur Anspruchshöhe unerheblich, nämlich inwiefern die Uhr Cartier Santos vom Haftungslimit für Schmuck betroffen sei und welche der in Rede stehenden Versicherungssummen zum Tragen komme.

Schon deshalb ist ihrer Berufung ein Erfolg zu versagen und der abweisliche Urteilsteil jedenfalls im Ergebnis zu bestätigen.

Kosten :

Für das erstinstanzliche Verfahren hat die Beklagte aufgrund geringfügigen Unterliegens gemäß § 43 Abs 2 ZPO vollen Kostenersatzanspruch auf Basis des ersiegten - also des abgewehrten – Betrags von (insgesamt) EUR 70.959. Vergleicht man etwa die TP3-Ansätze der letzten Tagsatzung einerseits nach dem eingeklagten und andererseits nach dem abgewehrten Betrag, ergäbe sich aber nur eine derart marginale Verringerung der Tarifquote (zur solcherart vereinfachten Berechnungsmethode vgl Fucik in Rechberger/Klicka 5 § 43 Rz 13), dass von einer Kürzung Abstand genommen werden kann.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zur Beurteilung standen. Entscheidungswesentlich war die Tatfrage.