7Ra2/25b – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Glawischnig als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Nigl und Mag. Derbolav-Arztmann (Senat gemäß § 11a Abs 2 Z 2 ASGG) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl. KH-Bw. A * , MBA, geb. **, **, vertreten durch Mag. Michael Sedlacek, LL.M., Rechtsanwalt in Lilienfeld, wider die beklagte Partei NÖ Landesgesundheitsagentur , FN **, **, vertreten durch die Engelbrecht Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen EUR 20.000,- s.A., über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits und Sozialgericht vom 3.12.2024, ** 15, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss ersatzlos behoben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.333,50 (darin EUR 222,25 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
Die Klägerin begehrte mit Mahnklage (ON 1) EUR 20.000,- s.A. aufgrund ungerechtfertigter Verzögerung der Stellenbeschreibung sowie diskriminierender Einstufung in NOG 14 anstatt NOG 16 und der diskriminierenden Nichtberücksichtigung der Klägerin bei ihrer Bewerbung als Leiterin Business Unit Supply Chain Management. Zudem sei sie andauerndem Mobbing und Bossing ausgesetzt gewesen. Dadurch sei der Klägerin ein Einkommensverlust und ein gesundheitlicher Schaden entstanden. Als beklagte Partei führte sie die NÖ Landesgesundheitsagentur an.
Die beklagte Partei erhob gegen den antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl Einspruch (ON 3) und bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach. In der Folge wandte sie ua ihre mangelnde Passivlegitimation ein, da das Dienstverhältnis der Klägerin nach § 44 Abs 9 Landesgesundheitsagenturgesetz (NÖ LGA-G) von der NÖ Landeskliniken Holding auf das Land Niederösterreich übergangen sei. Die Klägerin sei daher nach dem Betriebsübergang gemäß § 28 Abs 1 NÖ LGA-G Landesbedienstete, sodass kein Dienstverhältnis zur beklagten Partei, sondern zum Land Niederösterreich bestehe.
Die Klägerin bestritt die mangelnde Passivlegitimation und brachte in der mündlichen Verhandlung (S 1f in ON 11) dazu vor, dass sich aus dem Dienstvertrag (./1) die Holding als Dienstgeber ergebe. In den FAQ Betriebsübergang, die einen Teil der Beilage ./3 darstellten, sei unter Punkt 1. ausdrücklich ausgeführt, dass sämtliche arbeitsrechtlichen Rechte und Pflichten der Landeskliniken, die an den Dienstvertrag mit der Landeskliniken-Holding anknüpften, unverändert auf die LGA übergehen würden. Auf die Beilage ./F und ./9 werde hingewiesen, wo die beklagte Partei Zusätze und Änderungen des Dienstvertrags ohne Hinweis auf eine Vertretung für das Land, sohin im eigenen Namen erklärt und unterzeichnet habe.
Ein Antrag auf Berichtigung der Parteienbezeichnung der beklagten Partei wurde nicht gestellt.
Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Erstgericht 1. aus, dass die Parteienbezeichnung der beklagten Partei von „NÖ Landesgesundheitsagentur“ auf das „Land Niederösterreich“ berichtigt, und 2. das bisherige Verfahren gegenüber der bisher beklagten Partei NÖ Landesgesundheitsagentur für nichtig erklärt werde, und 3. die Kosten des für nichtig erklärten Verfahrens weitere Verfahrenskosten seien.
Rechtlich folgerte es zusammengefasst unter Auseinandersetzung mit dem Nö LGA-G, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Klagseinbringung am 27.6.2024 Bedienstete des Landes Niederösterreich gewesen sei. Gemäß § 235 Abs 5 ZPO sei es weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt werde, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung der Bezeichnung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden sei. Eine solche Berechtigung sei in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen. Nur dann, wenn sich aus dem Inhalt der Klage eindeutig und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ergebe, dass die nur auf Grund der Angaben im Kopf der Klage als Beklagter behandelte Partei nicht die nach dem gesamten Inhalt der Klage richtig als Beklagter bezeichnete Person gewesen sei, sei die in einem solchen Fall an sich zulässige "Richtigstellung" der Parteibezeichnung gleichzeitig mit einem Personenwechsel verbunden. Zwar spreche die Existenz zweier Rechtssubjekte idR für einen Parteiwechsel. Die Rechtsprechung lasse jedoch eine Berichtigung der Parteienbezeichnung auch auf ein anderes Rechtssubjekt zu, wenn sich der Kläger in der Parteienbezeichnung geirrt habe, die tatsächlich gemeinte Partei aber aus dem übrigen Klageinhalt in einer „jeden Zweifel ausschließenden Weise“ zu erkennen sei. Im vorliegenden Fall sei aus dem Klagebegehren offensichtlich, dass die Klägerin als Arbeitnehmerin ihren Dienstgeber habe klagen wollen. Sie habe ihr Dienstverhältnis genau bezeichnet, sodass der vorerst als Beklagte in Anspruch genommenen NÖ Landesgesundheitsagentur habe klar sein müssen, gegen wen sich die Klage in Wahrheit richte. Dass dies tatsächlich der Fall gewesen sei, zeige sich auch aus ihrem ausführlichen bestreitenden Vorbringen in der Sache. Da somit die NÖ Landesgesundheitsagentur nie als Prozesspartei zu behandeln gewesen sei, seien die ihr gegenüber vorgenommenen Prozesshandlungen nichtig.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist – im Ergebnis - berechtigt.
Die Rekurswerberin wendet sich gegen die angeordnete Berichtigung der Parteienbezeichnung der beklagten Partei zusammengefasst aufgrund der Ansicht, dass die beklagte Partei ihr gegenüber als Arbeitgeberin jahrelang stets als „NÖ Landesgesundheitsagentur“ aufgetreten sei und sich auch so benannt habe; sie sei davon ausgegangen, darauf vertrauen zu können, dass die „NÖ Landesgesundheitsagentur“ mit eigener Rechtspersönlichkeit Arbeitgeberin sei. Die vom Erstgericht zitierte Bestimmung aus dem NÖ Landesgesundheitsagenturgesetz könne nur so verstanden werden, dass die Klägerin nach dem Übergang zwar einer Landesbediensteten gleichgestellt sei, Arbeitgeberin jedoch die beklagte Partei als „NÖ Landesgesundheitsagentur“ sei.
Eine zulässige (bloße) Berichtigung der Parteienbezeichnung liegt zwar vor, wenn nur die Bezeichnung des als Partei genannten Rechtssubjekts geändert wird, ohne dass dadurch an die Stelle des bisher als Partei betrachteten und als solche behandelten Rechtssubjekts ein anderes treten soll. Eine Parteiänderung setzt demgegenüber voraus, dass an die Stelle des bisher als Partei betrachteten Rechtssubjekts an anderes in den Rechtsstreit einbezogen wird. Richtig ist, dass die Rechtsprechung eine Berichtigung der Parteienbezeichnung auch auf ein anderes Rechtssubjekt dann zulässt, wenn sich die klagende Partei in der Parteienbezeichnung geirrt hat, die tatsächlich gemeinte Partei aber aus dem übrigen Klageinhalt in einer "jeden Zweifel ausschließenden Weise" zu erkennen ist (RS0039808 [T11]).
Hier hat sich die Klägerin aber gerade nicht in der Parteienbezeichnung geirrt. Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Berichtigung der Klageangaben bzw der Bezeichnung der beklagten Partei gar nicht angestrebt wurde und auch im Rekurs nicht gewollt wird. Die Klägerin selbst hat hinreichend klargestellt – wie auch weiterhin im Rekurs -, dass sie nicht das Land Niederösterreich, sondern die NÖ Landesgesundheitsagentur in Anspruch nehmen möchte und daher diese geklagt hat und klagen wollte, da sie diese für ihre Arbeitgeberin hält.
Von der Möglichkeit einer Berichtigung der Parteienbezeichnung kann aber dann kein Gebrauch gemacht werden, wenn die klagende Partei – wie hier - nach Erörterung der fraglichen Sachlegitimation in der mündlichen Verhandlung auf der Sachlegitimation des ursprünglich geklagten Rechtssubjekts beharrt (RS0039808 [T18]; RS0107428; etwa 8 Ob 112/12x).
Es war daher dem Rekurs der Klägerin im Ergebnis Folge zu geben und der angefochtene Beschluss zur Gänze zu beheben.
Die beklagte Partei war gemäß § 2 ASGG iVm §§ 41 und 50 ZPO zum Ersatz der Kosten des im Ergebnis erfolgreichen Rekurses im Zwischenstreit zu verpflichten. Ein Zwischenstreit kann auch durch die Beantwortung eines Rechtsmittels entstehen (sukzessiver Zwischenstreit; RS0134034).
Der ordentliche Revisionsrekurs war mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.