JudikaturOLG Wien

31Bs281/24m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
02. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Einzelrichter Mag. Weber LL.M. in der Strafsache gegen A*wegen §§ 146, 147 Abs 2 StGB über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 13. November 2024, GZ ** 6, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das gegen A* von der Staatsanwaltschaft Korneuburg zu AZ ** geführte Ermittlungsverfahren wurde am 16. April 2024 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt (ON 1.4).

Am 11. November 2024 beantragte A* die Zuerkennung eines Kostenbeitrages gemäß § 196a Abs 1 StPO unter Anschluss eines Kostenverzeichnisses über 1.494,06 Euro (inkl 20 % USt; ON 5.1).

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht den Betrag zu den Kosten der Verteidigung im Sinne des § 196a StPO pauschal mit 200 Euro.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des A*, die eine Erhöhung des Betrages, in eventu eine Behebung des Beschlusses begehrt (ON 7).

Rechtliche Beurteilung

Nach § 196a Abs 1 StPO hat der Bund, wenn ein Ermittlungsverfahren gemäß § 108 oder § 190 StPO eingestellt wird, dem Beschuldigten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Der Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Beschuldigten bestrittenen baren Auslagen und außer im Fall des § 61 Abs 2 StPO auch einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Beschuldigte bedient. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang der Ermittlungen, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen. Er darf den Betrag von 6.000 Euro nicht übersteigen.

Das Höchstmaß des Beitrags kann bei Verfahren, die durch außergewöhnlichen Umfang oder besondere Komplexität ausgezeichnet sind, sowie im Fall der Überschreitung der Höchstdauer des Ermittlungsverfahrens um die Hälfte überschritten und im Fall extremen Umfangs des Verfahrens auf das Doppelte erhöht werden (§ 196a Abs 2 StPO).

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage soll der Pauschalkostenbeitrag in einem Höchstbetrag der Grundstufe (Stufe 1) in Höhe von 6.000 Euro für all jene Verteidigungsfälle zur Verfügung stehen, die - wie der vorliegende - nicht außergewöhnlich oder extrem sind. Da die Bandbreite der Verfahren, die in diese Kategorie fallen, von ganz einfachen Verteidigungsfällen wie zB gefährlichen Drohungen bis hin zu nicht ausufernd komplexen Wirtschaftsstrafsachen reicht, kann sich der Betrag je nach Umfang der Ermittlungen und Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw sich von diesem weiter entfernen. Die Kriterien des Umfangs der Ermittlungen und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen sind an Hand des konkreten Ermittlungsverfahrens zu gewichten und gehen Hand in Hand mit dem Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers. Ausschlaggebend sind daher insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den Ermittlungsmaßnahmen, die Anzahl der Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Ermittlungsverfahren zugrunde liegenden, in seiner Komplexität variablen Sachverhalts, bei dem auch entsprechende, das Ermittlungsverfahren aufwändig gestaltende, erschwerende Umstände zu berücksichtigen sind. Zudem hat die Bemessung des Verteidigerkostenbeitrags immer auch unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Verteidigung bzw der einzelnen Verteidigungshandlungen zu erfolgen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass ein durchschnittliches Standardverfahren im Regelfall eine Besprechung, eine Vollmachtsbekanntgabe bzw einen Antrag auf Akteneinsicht, ein angemessenes Aktenstudium bzw Vorbereitungstätigkeit und eine Teilnahme an einer Vernehmung in der Dauer von zwei Stunden umfasst und damit unter Heranziehung der Kostenansätze der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) von rund 3.000 Euro an Aufwand für die Verteidigung verursachen wird, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz Berücksichtigung findet, die vom ÖRAK in den AHK verankerten (Erfolgs- und Erschwernis-)Zuschläge jedoch außer Betracht zu bleiben haben (2557 BlgNR 27. GP 5).

Im gegenständlichen Fall betrug der Aktenumfang bis zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens lediglich vier Ordnungsnummern, wobei inhaltlich lediglich die Einvernahme von zwei Opfern enthalten ist (ON 2). Die Einvernahme des Beschuldigten kam nach telefonischer Mitteilung des Verteidigers, derzeit keinen Kontakt zu dem Mandanten zu haben, nicht zustande (ON 4.2, 3). Die einzige sich aus dem Akt ergebende tatsächliche Tätigkeit des Verteidigers war ein Anruf des Sekretariates der Kanzlei bei der erhebenden Polizeiinspektion (ON 4.2, 3). Aus dem Akt ergibt sich nicht, dass der Verteidiger jemals Akteneinsicht genommen hätte; auch die in der Kostenaufstellung des Verteidigers angeführte Eingabe an die Staatsanwaltschaft vom 29. Oktober 2024 existiert nach dem Akteninhalt nicht. Die einzig denkbare tatsächliche Tätigkeit des Verteidigers in diesem Verfahren war somit die Kontaktaufnahme mit seinem Mandanten ohne Aktenkenntnis.

Der Einschätzung des Erstgerichtes, wonach der Verteidigung hier weniger Aufwand als bei einem durchschnittlichen Standardverfahren erwuchs, ist somit zuzustimmen. Daher erging die Bestimmung des Kostenbeitrages mit einem hier sogar deutlich unter 10 % des Höchstsatzes liegenden Betrages zu Recht.