10Bs199/25y – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Dr. Henhofer als Vorsitzende und Mag. Höpfl sowie den Richter Mag. Graf in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, 15 StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 18. August 2025, Hv*-15, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Mit Strafantrag vom 26. Juli 2025 (ON 8) legte die Staatsanwaltschaft Salzburg der A* zur Last, sie habe im Zeitraum von 1. April 2023 bis zum 12. März 2025 in ** und anderen Orten in 19 Angriffen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte unterschiedlicher Apotheken durch die elektronische Vorlage von mit der Unterschrift von Dr. B* digital signierten Rezepten, die sie in Wahrheit selbst ausstellte und signierte, sohin durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung falscher Daten, zu Handlungen, nämlich zur Herausgabe des Medikaments „C*“ im Wert von EUR 1.752,50 verleitet und zur Herausgabe des Medikaments „C*“ im Wert von EUR 104,35 zu verleiten versucht, die die ÖGK in diesem Betrag am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten und habe A* hiedurch das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, 15 StGB begangen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss des Landesgerichts Salzburg, der im Rahmen der Hauptverhandlung vom 18. August 2025 mündlich verkündet (ON 13) und sodann schriftlich ausgefertigt wurde (ON 15), wurde das Verfahren nach der Vernehmung der Angeklagten, im Rahmen derer sie die Verantwortung für den wider sie erhobenen Vorwurf übernommen hatte (ON 13/S 2), mit deren Zustimmung trotz ablehnender Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Salzburg gemäß §§ 201 iVm 198, 199 StPO „ zur Erbringung von 60 Stunden an gemeinnützigen Leistungen, zu vermitteln vom Verein Neustart, binnen 6 Monaten “ vorläufig eingestellt und die Pauschalkosten mit EUR 150,00 bestimmt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Staatsanwaltschaft (ON 14), mit der die ersatzlose Behebung des genannten Beschlusses sowie der Auftrag an die Einzelrichterin, das gesetzmäßige Verfahren fortzusetzen, begehrt wird. Dies zusammengefasst mit der Begründung, dass im gesamten Beschluss die Bezeichnung der Art der gemeinnützigen Leistungen nicht vorgenommen worden sei und dieser damit die §§ 201 Abs 1 und 4 iVm 199 StPO verletze.
Die Beschwerde ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Voranzustellen ist, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine diversionelle Erledigung gemäß § 198 StPO welche vom Erstgericht bejaht wurden, unbekämpft geblieben sind.
Die der Angeklagten in der Hauptverhandlung auferlegte Pflicht zur Leistung gemeinnütziger Arbeit beinhaltet eine bindende Verhaltensanordnung, weshalb deren hinreichend konkrete Ausgestaltung geboten ist. Zur Klarstellung für die Angeklagte, auf welche Art sie der Auflage nachkommen soll und wie der Nachweis ihrer Erfüllung zu erbringen ist, sowie zur effektiven Kontrolle derselben ist es demnach notwendig, die gemeinnützige Leistung schon in der Entscheidung über die vorläufige Verfahrensbeendigung klar zu umschreiben, wobei es genügt, dass die Anzahl der Stunden unter Angabe einer Leistungsfrist bestimmt und präzise, die Art der Leistung und eine mögliche gemeinnützige Stelle, bei der die Leistung zu erbringen ist, hingegen nur dem Grunde nach festgelegt wird. Nur die Zuweisung zu einer konkreten gemeinnützigen Institution und der Ort der Leistung können auch erst nach Abklärung mit einer in der Sozialarbeit erfahrenen Person bestimmt werden ( Schroll, WK-StPO § 201 Rz 5/1 f; RIS-Justiz RS0092363 [T1], RS0128155; zuletzt 15 Os 51/18v). Ist diese Präzisierung in der Hauptverhandlung nicht möglich, ist diese zu vertagen, in der Regel ein Vermittler im Sinne des § 201 Abs 4 S 2 StPO zu ersuchen und erst infolge dessen Berichts – bei aufrechter Zustimmung der Angeklagten – der Beschluss außerhalb der Hauptverhandlung zu fassen.
Ausgehend davon ist festzuhalten, dass der auf vorläufige Einstellung des Strafverfahrens gerichtete Beschluss vom 18. August 2025 (ON 13/S 4; zur Beschlussausfertigung s ON 15) zwar die Anzahl der Stunden und die Frist nennt, innerhalb derer die gemeinnützige Leistungen zu erbringen sind, allerdings die grundsätzliche Bezeichnung der Art der gemeinnützigen Leistungen und der Art der Einrichtung, bei der sie erbracht werden können, vermissen lässt, weshalb der angefochtene Beschluss die Bestimmungen der § 201 Abs 1 und 4 iVm § 199 StPO verletzt (vgl dazu 14 Os 23/16p; 15 Os 50/18v). Daran vermögen auch die Ausführungen des Erstgerichts in der schriftlichen Beschlussausfertigung (ON 15/S 3), wonach die Angeklagte in der Hauptverhandlung den Wunsch deponiert habe, diese Leistungen im Bereich der Kinderbetreuung (allenfalls im D*) zu absolvieren und erörtert worden sei, dass grundsätzlich eine Erbringung von gemeinnützigen Leistungen im Bereich Personenunterstützung möglich sei, dies aber mit dem Verein Neustart individuell abgesprochen werden möge, nichts zu ändern, erfolgte dadurch doch noch keine explizite Anordnung der Erfüllung im Bereich der Personenunterstützung, sondern wurde lediglich die grundsätzliche Möglichkeit dahingehend besprochen – eine Bezeichnung der Art der gemeinnützigen Leistung in oben beschriebenem Sinne erfolgte dadurch nicht.
Demgemäß bleibt offen, auf welche Art die Angeklagte der Auflage nachkommen soll und wie der Nachweis ihrer Erfüllung zu erbringen wäre (14 Os 24/05v; 14 Os 23/16p). Die aufgezeigte Mangelhaftigkeit zwingt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).