JudikaturOLG Linz

8Bs72/25g – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
01. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Einzelrichterin Mag. Haidvogl, BEd, in der Strafsache gegen (ua) A* B*wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB über die Kostenbeschwerde des Privatbeteiligten C* D* gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 6. März 2025, Hv*-52, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass die vom Verurteilten A* B* zu ersetzenden Kosten der Vertretung des Privatbeteiligten C* D* mit einem Betrag von insgesamt EUR 417,12 (darin enthalten EUR 69,52 USt) bestimmt werden.

Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Verurteilten auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zur Last.

Text

Begründung:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Wels vom 31. Juli 2024, Hv*-20, wurde A* B* als Zweitangeklagter des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer teilweise bedingt nachgesehenen Geldstrafe sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Im Adhäsionserkenntnis wurde er zur Zahlung eines Betrags von EUR 100,00 an den Privatbeteiligten (und Erstangeklagten) C* D* verpflichtet.

Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2025 (ON 51) beantragte dieser die Bestimmung der Kosten seiner anwaltlichen Vertretung im Strafverfahren mit insgesamt EUR 1.163,14 für einen Privatbeteiligtenanschluss vom 12. Juli 2024 nach TP 4/III in Höhe von EUR 153,80 samt EUR 2,60 ERV-Zuschlag und 60 % Einheitssatz, die Hauptverhandlung vom 31. Juli 2024 in der Dauer von 4/2 nach TP 4/III von EUR 384,50 zuzüglich 120 % Einheitssatz sowie den Kostenbestimmungsantrag nach TP 1 von EUR 26,60 samt EUR 2,60 ERV-Zuschlag und 60 % Einheitssatz. Umsatzsteuer verzeichnete der Privatbeteiligte in seinem Kostenbestimmungsantrag nicht.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 52) bestimmte der Erstrichter die Kosten der Vertretung des Privatbeteiligten mit EUR 271,31 und wies das Mehrbegehren von EUR 891,83 ab. Die vorgenommene Reduktion begründete er damit, dass die Anschlusserklärung vom 12. Juli 2024 zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen sei, die Entlohnung für das Einschreiten bei der Hauptverhandlung mit Blick auf die verfahrensgegenständliche Straftat nach einem niedrigeren Tarifansatz zu erfolgen habe und wegen gleichzeitigen Einschreitens des Vertreters (auch) als Verteidiger zu halbieren sei sowie der Kostenbestimmungsantrag auf Basis des (solcherart) Ersiegten zu entlohnen sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Privatbeteiligten (ON 53), mit der die Bestimmung eines weiteren Kostenbetrags von EUR 565,65 (darin enthalten 20 % Umsatzsteuer) begehrt wird. Dem Rechtsmittel, zu dem sich der Verurteilte nicht äußerte, kommt teilweise Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Die von der zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu ersetzenden Kosten umfassen im Strafverfahren insbesondere auch die Kosten der Vertretung des Privatbeteiligten (§§ 381 Abs 1 Z 8; 393 Abs 4 StPO). Dem (mit seinem Anspruch im Strafverfahren zumindest teilweise durchgedrungenen) Privatbeteiligten C* D* steht daher fallkonkret Kostenersatz zu.

Vorauszuschicken ist, dass die Höhe der Vertretungskosten von Privatbeteiligten in TP 4 Abschnitt II RATG geregelt ist, der wiederum bei Vergehen die in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallen (wie hier § 83 Abs 1 StGB) auf Abschnitt I Z 1 lit a und Z 3 bis 6 verweist. Die Honorierung nach AHK ist ausgeschlossen (vgl Obermaier , Handbuch 3 , Rz 1.416).

Gemäß TP 4 II lit a RATG steht für die Vertretung von Privatbeteiligten bei Vergehen, die in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallen, die Hälfte der in TP 4 I Z 1 lit a und Z 3 bis 6 RATG festgesetzten Entlohnung zu. Gemäß TP 4 I Z 1 lit a RATG gebührt im strafgerichtlichen Verfahren über eine Privatanklage sowie über Anträge nach dem MedienG für Anklagen wegen Vergehen, die in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallen, ein Betrag von 184,60 Euro. Nach TP 4 I Z 3 RATG steht für Beweisanträge und für alle anderen Eingaben, soweit sie nicht unter Z 4 dieser Tarifpost oder unter TP 1 fallen, die für Anklagen festgesetzte Entlohnung, soweit es sich aber um kurze und einfache oder um Folgeanträge nach § 20 MedienG handelt, die Hälfte zu. Nur ein Privatbeteiligtenanschluss, der auch (ansatzweise) rechtliche Überlegungen zum Begehren und eine Schadenszusammenstellung enthält, ist nach TP 4 RATG zu honorieren (vgl. AnwBl 2002, 166 = OLG Linz 10 Bs 208/01).

Gegenständlich erklärte und bezifferte der Privatbeteiligte seinen Privatbeteiligtenanschluss in zwei Schriftsätzen (ON 11 vom 25. Juni 2024 und ON 13 vom 17. Juli 2024), für die mit der Beschwerde insgesamt (einmalige) Kosten nach TP 4 beansprucht werden. Dem Erstgericht ist darin beizupflichten, dass mit dem über die bloße Bezifferung hinausgehenden Inhalt des Privatbeteiligtenanschlusses, mit dem nicht tatkausale Verletzungen angesprochen werden, kein (kostenersatz)relevantes Vorbringen erstattet wird.

In Zusammenschau der genannten Eingaben handelt es sich bei diesem Privatbeteiligtenanschluss insgesamt bloß um einen kurzen und einfachen – allerdings auch nicht der TP 1 unterfallenden – Schriftsatz im oben dargelegten Sinn (siehe OLG Wien, 23 Bs 35/17s, 23 Bs 194/20b, 31 Bs 346/20i uva), weshalb (iVm TP 4 II lit a RATG) ein Viertel der Entlohnung nach TP 4 I Z 1 lit a RATG gebührt (siehe auch AnwBl 2002, 166).

Dem Beschwerdeführer stehen damit für den Privatbeteiligtenanschluss insgesamt Kosten von EUR 46,15 zuzüglich EUR 2,60 ERV-Gebühr und 60 % Einheitssatz in Höhe von 27,69 zu.

Das Vergehen nach § 83 Abs 1 StGB, das den Gegenstand des Schuldspruchs des Zweitangeklagten bildet, fällt wie oben ausgeführt, grundsätzlich in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte. Die – vom Erstgericht vorgenommene - Entlohnung des Einschreitens des Vertreters beim angeführten Hauptverhandlungstermin mit der Hälfte der im Abschnitt I Z 1 lit a der TP 4 genannten Kosten ist somit nicht zu beanstanden. Gleiches gilt auch für die vorgenommene (und vom Beschwerdeführer auch nicht monierte) Kürzung der diesbezüglich zu ersetzenden Vertretungskosten um die Hälfte wegen Einschreitens des Rechtsanwalts in doppelter Eigenschaft (als Verteidiger und Privatbeteiligtenvertreter). Insgesamt ergibt sich für die Teilnahme am Hauptverhandlungstermin vom 31. Juli 2024 eine Entlohnung von EUR 115,38 zuzüglich 120 % Einheitssatz in Höhe von EUR 138,46.

Für den Kostenbestimmungsantrag gebührt Ersatz nach TP 1 auf Basis des Obsiegten und demnach ein Betrag von EUR 9,20 zuzüglich 60 % Einheitssatz von EUR 5,52 und ERV-Gebühr von EUR 2,60.

Insgesamt errechnet sich damit ein Betrag von EUR 347,60.

Die vom Privatbeteiligtenvertreter (erst) in seiner Beschwerde beanspruchte – und im Kostenbestimmungsantrag (offenbar irrtümlich) nicht verzeichnete – Umsatzsteuer von 20% stellt einen Teil der in der Grundsatzentscheidung ausgesprochenen Kostenersatzpflicht dar. Der Umstand, dass dieser Geldbetrag nicht in einem Antrag, sondern gesondert, nämlich in der Beschwerde, geltend gemacht wird, schadet nicht. Aufgrund des öffentlich-rechtlichen Charakters des Kostenersatzanspruches des Privatbeteiligten ist der Antrag auf Kostenbestimmung (§ 395 Abs 1 StPO) an keine Frist gebunden, da die Normen des Privatrechts in diesen Fällen als Rechtsquelle ausscheiden. Öffentlich-rechtliche Ansprüche verjähren nur, wenn dies ein Gesetz ausdrücklich vorsieht. Für den verfahrensgegenständlichen Anspruch bildet § 393 Abs 4 StPO die gesetzliche Grundlage. Da diese Bestimmung keine Verjährungsanordnung enthält, hat das Gericht auf Antrag die Kostenbestimmung vorzunehmen (OLG Linz 29. Oktober 2008, 7 Bs 368/08d, AnwBl 2009/8175). Eine Präklusion dahin, dass in einer Sache nur ein Kostenbestimmungsantrag mit Erfolg gestellt werden kann, sieht § 395 Abs 1 StPO nicht vor (OLG Wien 28. Jänner 1998, 24 Bs 11/98, MR 1998, 9). Auf Basis der genannten Kosten der Vertretung des Privatbeteiligten von EUR 347,60 steht dem Privatbeteiligten Umsatzsteuer von 20% mit einem Betrag von EUR 69,52 zu, sodass sich ein vom Verurteilten dem Privatbeteiligten zu ersetzender Kostenbetrag für dessen Vertretung mit insgesamt EUR 417,12 errechnet. Anzumerken bleibt, dass die Bestimmung des § 23 RATG, in dem für die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr ein ERV-Zuschlag gebührt, als Honorarbestandteil konzipiert ist und nicht als Barauslagenvergütung (vgl Obermaier , Kostenhandbuch3 Rz 3.30), daher dafür jedenfalls Umsatzsteuer gebührt (vgl OLG Linz 31. Oktober 2024, 9 Bs 256/24x).

§ 390a Abs 1 StPO, wonach dem zum Kostenersatz Verpflichteten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last fallen, gilt auch für die Kosten einer Kostenbeschwerde (RS0101566; Kirchbacher, StPO 15 § 390a Rz 2; 12 Os 47/01), weshalb diese Verpflichtung dem Verurteilten dem Grunde nach aufzuerlegen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

.RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).