7Bs90/25x – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Hemetsberger als Vorsitzende und Dr. Ganglberger-Roitinger sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über deren Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 3. Juni 2025, Hv*-17, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Nachdem die Staatsanwaltschaft Salzburg gegen die am ** geborene A* den Strafantrag vom 19. Februar 2025 wegen der Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB und der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB erhoben hatte (ON 6), wurde das zur AZ Hv* beim Landesgericht Salzburg anhängige Strafverfahren vom Erstgericht mit Beschluss vom 22. Februar 2025 (ON 8) gemäß §§ 199, 204 Abs 3 letzter Satz StPO zur Durchführung eines Tatausgleichs vorläufig eingestellt.
Inhaltlich des Strafantrags habe A* am 23. Oktober 2024 in **
A./ B* mit Gewalt, indem sie ihn packte und wegziehen wollte, zu einer Unterlassung, nämlich dem weiteren Bedienen der Hebebühne zu nötigen versucht;
B./ C* widerrechtlich gefangen gehalten, indem sie den Schlüssel der Hebebühne entwendete, sodass er die Hebebühne für zumindest 20 Minuten nicht verlassen konnte.
Mit dem nun angefochtenen Beschluss vom 3. Juni 2025 (ON 17) setzte das Erstgericht das Verfahren gemäß § 205 Abs 2 Z 1 StPO wegen Nichtzustandekommens einer Ausgleichsvereinbarung fort (ON 17).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Angeklagten (ON 18), der keine Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 205 Abs 2 Z 1 StPO hat das Gericht – wie hier – nach vorläufiger Einstellung des Verfahrens iSd § 204 Abs 3 StPO das Strafverfahren (unter anderem) fortzusetzen, wenn eine Ausgleichsvereinbarung nicht zustande kommt oder diese vom Angeklagten nicht erfüllt wird.
Gemäß § 204 Abs 2 StPO sind das Opfer und sein Vertreter in die Bemühungen um einen Tatausgleich einzubeziehen, wenn und soweit sie dazu bereit sind. Die berechtigten Interessen des Opfers sind jedenfalls zu berücksichtigen. Ein Ausgleich kann nur mit Zustimmung des Opfers zustande kommen, es sei denn, dass es die Zustimmung aus Gründen nicht erteilt, die im Strafverfahren nicht berücksichtigungswürdig sind ( Kirchbacher, StPO 15 § 204 Rz 4). Unbeachtliche Verweigerungsgründe wären etwa das Verlangen nach Vergeltung, die zwar zu respektierende, im Strafverfahren aber nicht umsetzbare Forderung des Verletzten, mit der Tat und dem Beschuldigten nicht mehr konfrontiert zu werden oder die Verweigerung, weil der Beschuldigte überzogene Schadenersatzansprüche nicht erfüllen will ( Schroll/Kert in WK-StPO § 204 Rz 8).
Im vorliegenden Fall teilte der Konfliktregler mit Schreiben vom 14. April 2025 (ON 14.1) mit, dass die Angeklagte keine Schuld bei sich sehe, jedoch ein eventuelles Fehlverhalten ihrerseits im Zuge der Eskalation einräume. B* möchte sie aus dem Weg gehen und würde keine Gegenanzeigen machen, wenn er mit einem Tatausgleich einverstanden wäre. In weiterer Folge habe sie den Konfliktregler per E-Mail über weiteres Fehlverhalten des B* informiert. Auch B* habe telefonisch mitgeteilt, dass es zwischenzeitlich zu weiteren Unstimmigkeiten mit der Angeklagten und deren Lebensgefährten gekommen sei. Da der jahrelange Konflikt offenbar weitergeführt werden solle, stimme er einem Tatausgleich nicht zu.
Das besondere Anliegen des Tatausgleichs ist es, die durch eine Straftat regelmäßig verursachte soziale Konfliktsituation durch einen Tatausgleich aufzulösen und den Rechtsfrieden wiederherzustellen. Der Tatausgleich als opferorientierte Diversionsform erfordert dabei eine intensive Auseinandersetzung des Beschuldigten/Angeklagten mit seinem bisherigen Verhalten mit dem vorrangigen Ziel, bei diesem einerseits die Einsicht in das Unrecht der ihm unterstellten Tat und andererseits die Bereitschaft zu fördern, sich mit ihren Ursachen auseinanderzusetzen, um tatauslösende Verhaltensweisen künftig zu unterlassen ( Schroll/Kert in WK-StPO § 204 Rz 1).
Da eine entsprechende Bereitschaft der Angeklagten dem Abschlussbericht des Konfliktreglers gerade nicht zu entnehmen ist, ist der Tatausgleich schon aus diesem Grund als gescheitert anzusehen, sodass die Fortsetzung des Verfahrens dem Gesetz entspricht.
Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass hinsichtlich des Tatvorwurfs der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB zum Nachteil des C* grundsätzlich ein Tatausgleich zustande kommen hätte können, zumal dieser aus beruflichen Gründen ein Ausgleichsgespräch ablehnte und in diesem Fall der Ausgleich ohne persönliche Konfrontation mit dem Opfer zu suchen ist (vgl Schroll/Kertin WK-StPO § 204 Rz 8). Einem diversionellen Vorgehen nur in Bezug auf ein Faktum steht jedoch das sich aus den §§ 31, 40 StGB iVm § 28 StGB ergebende Verbot der Sanktions- und Reaktionskumulierung bei vorliegender Deliktsmehrheit (Absorptionsprinzip) entgegen (vgl Schroll/Kert in WK-StPO § 198 Rz 49).
Sofern die Angeklagte schließlich geltend macht, die Fortsetzung des Strafverfahrens sei auch deshalb rechtsverletzend, weil bei dem gegenständlichen Sachverhalt auch eine andere diversionelle Erledigung indiziert gewesen sei, bleibt anzumerken, dass der Beschuldigte (§ 48 Abs 2 StPO) zwar ein von §§ 198f StPO garantiertes, im Hauptverfahren durchsetzbares (subjektives) Recht auf ein Vorgehen nach dem 11. Hauptstück, nicht aber auf eine bestimmte Art diversioneller Erledigung hat. Davon ausgehend ist ein Antrag, ein gestelltes Diversionsanbot abzuändern, wenn neu hervorgekommene oder nachträglich eingetretene Umstände ein solches Vorgehen erfordern (§ 208 Abs 2 StPO), als bloße Anregung für amtswegiges Vorgehen einzustufen ( Schroll/Kert in WK-StPO § 208 Rz 2).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).