JudikaturOLG Linz

8Bs61/25i – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
22. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Einzelrichter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5 StGB über die (Kosten-)Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 10. März 2025, Hv*-17, entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

BEGRÜNDUNG:

Mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 22. Jänner 2025 wurde der am ** geborene A* vom Vorwurf, er habe 11. oder 12. Mai 2024 in ** B* und C* eine fremde bewegliche Sache, nämlich EUR 7.000,00 Bargeld, mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 15).

Mit Eingabe vom 13. Februar 2025 beantragte er unter Anschluss einer Leistungen im Gegenwert von knapp EUR 8.500,00 enthaltenden Aufstellung, ihm einen Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung in Höhe von EUR 13.000,00 zuzüglich (bescheinigter) EUR 30,80 an Barauslagen für die Beschaffung einer Aktenabschrift zuzuerkennen (ON 16).

Mit dem nun angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht den vom Bund zu ersetzenden Beitrag zu den Kosten der Verteidigung mit EUR 5.030,80 (ON 17).

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Staatsanwaltschaft, mit der sie eine Herabsetzung des Kostenbeitrags von EUR 5.000,00 auf EUR 3.000,00 anstrebt (ON 18).

A* hat sich dazu geäußert und beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 393a Abs 1 StPO hat der Bund (unter anderem) dem in einem Offizialverfahren freigesprochenen Angeklagten auf Antrag einen Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung zu leisten, der die nötig gewesenen und von ihm bestrittenen baren Auslagen sowie einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen er sich bedient, umfasst. Der Beitrag ist unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf in dem zum Einzelrichter des Landesgerichts ressortierenden Verfahren (in der Grundstufe) EUR 13.000,00 nicht übersteigen (Abs 2 Z 2 leg cit).

Dabei sind allerdings (auch im Rahmen des gesetzlichen Höchstbetrags) nicht die gesamten notwendigen und zweckmäßigen Verteidigungskosten zu ersetzen (vgl Lendl in WK-StPO § 393a Rz 10; ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 6), sondern handelt es sich (schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut) um einen (bloßen) Beitrag, der pauschal zu bestimmen ist. Maßgebliche Kriterien dafür sind insbesondere der sich auf die Verteidigung durchschlagende Aufwand bei den einzelnen Verfahrensschritten, die Dauer des Verfahrens seit Beginn der Ermittlungen, die Anzahl an Verfahrensbeteiligten sowie die Gestaltung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts, der in seiner Komplexität (von ganz einfachen Fällen wie einem einfachen Diebstahl oder einer gefährlichen Drohung bis hin zu umfangreichen Strafverfahren im Bereich der organisierten Kriminalität oder Wirtschaftsstrafverfahren von entsprechend höherer Komplexität) variieren kann und bei dem auch Aspekte wie beispielsweise die Art der wirtschaftlichen Verflechtungen (Schachtelfirmen, mehrfache Auslandsbeteiligungen), die Besonderheiten von schwer nachvollziehbaren Geldflüssen (unklare Geldverschiebungen in andere Länder) oder Verfahrenskonstellationen, die die Sachverhaltsklärung erheblich aufwändig (Erfordernis von Sachverständigengutachten und Rechtshilfeersuchen) gestalten, zu berücksichtigen sind (vgl ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 3 und 6).

Konkret ist bei der Bemessung des Beitrags für ein durchschnittliches Verfahren der Grundstufe auch von den durchschnittlichen Verteidigungskosten für ein so genanntes Standardverfahren auszugehen und dieser Betrag als Ausgangsbasis für die Bemessung des Pauschalkostenbeitrags heranzuziehen. Je nach Umfang des Verfahrens und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen kann sich der Betrag dann dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern oder sich von diesem weiter entfernen. Der durchschnittliche Verteidigungsaufwand in einem einfachen Standardverfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts umfasst nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Vertretung im Ermittlungsverfahren, die Teilnahme an der Hauptverhandlung in der Dauer von fünf Stunden sowie die Einbringung eines prozessrelevanten Schriftsatzes und verursacht damit unter Heranziehung der Ansätze der Allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) Kosten von rund EUR 6.500,00, wobei in dieser Berechnung zwar der Einheitssatz zu berücksichtigen ist, die vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag in den AHK verankerten (Erfolgs- und Erschwernis-)Zuschläge jedoch außer Betracht zu bleiben haben (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 8).

Demgemäß orientiert sich dieser Beitrag nicht (mehr) in erster Linie an der gesetzlichen Höchstgrenze, sondern an den durchschnittlichen Verteidigerkosten im Standardverfahren. Infolgedessen kann auch die Rechtsprechung zur Regelung des § 393a Abs 1 StPO in der Fassung vor BGBl I 96/2024, die bei durchschnittlich einfachen Verteidigungsfällen den Einstieg bei 10 % des jeweiligen Höchstbetrags fand, nicht mehr aufrechterhalten werden (ErläutRV 2557 BlgNR 27. GP 8; OLG Graz 8 Bs 302/24h, OLG Linz 9 Bs 59/25b; vgl auch: Concin , Verteidigungskostenersatz NEU, ecolex 2024/458, 807).

Hier geht die Beschwerdeführerin in ihrem Rechtsmittel von einem rechtlich nicht anspruchsvollen einfachen Verteidigungsfall aus, bei dem eine Vertretung im Ermittlungsverfahren gar nicht stattgefunden habe, die Hauptverhandlung insgesamt zwei Stunden gedauert habe und zwei verteidigungsrelevante Schriftsätze eingebracht worden seien. Ausgehend davon liege der Verteidigungsaufwand unter dem vom Gesetzgeber skizzierten Standardverfahren, weshalb die vom Erstgericht zuerkannten EUR 5.000,00 unangemessen hoch seien.

Allerdings fand sehr wohl eine Vertretung bereits im Ermittlungsverfahren statt und ist diese auch aktenkundig. Die Bevollmächtigung der „Kanzlei D*“ durch den Beschuldigten wird nämlich in Zusammenhang mit der Vornahme einer Akteneinsicht am 24. Juli 2024 (vgl auch den damit korrespondierenden Barauslagenbeleg ON 16.3) im Abschlussbericht der Kriminalpolizei erwähnt (ON 2.2, 5).

Die Hauptverhandlung dauerte dann tatsächlich deutlich kürzer als die vom Gesetzgeber für ein Durchschnittsverfahren veranschlagten fünf Stunden. Dafür war sie aber auf zwei Termine aufgeteilt (ON 9, ON 15), was den begleitenden Aufwand (Vorbereitung und -besprechung, Wegzeiten) gegenüber einer in einem Zug durchgeführten Hauptverhandlung erhöht.

Zweckmäßige schriftliche Eingaben waren die Vollmachtsbekanntgabe vom 19. September 2024 (ON 7), die Adressbekanntgabe vom 30. Oktober 2024 (ON 11) und die Bekanntgabe vom 20. Jänner 2025 (ON 14). Gerade die letztgenannte geht sowohl umfänglich als auch inhaltlich über das in Strafverfahren regelmäßig vorzufindende Ausmaß hinaus und kann den darin enthaltenen Ausführungen eine Relevanz nicht gänzlich abgesprochen werden.

Zugestandenermaßen wohnten dem Verfahren zwar keine rechtlichen Schwierigkeiten inne. Auf Sachverhaltsebene erwies sich die Angelegenheit dagegen durchaus als komplex, weil zunächst vieles auf ein ausschließliches Gelegenheitsverhältnis des A* hingewiesen hat und dieser Verdacht erst im Laufe der Hauptverhandlung zerstreut werden konnte.

Ausgehend davon bleibt allein der zeitliche Verhandlungsaufwand hinter dem in den Gesetzesmaterialien angeführten Standardfall zurück, während die übrigen Parameter erfüllt sind.

Damit bedarf der vom Erstgericht zuerkannte Pauschalbeitrag zu den Verfahrenskosten (in Höhe von gut drei Vierteln der vom Gesetzgeber für ein Standardverfahren als angemessen erachteten Kosten) keiner Korrektur.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).