7Bs24/25s – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie die Richterin Mag. Kuranda in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 StGB über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels vom 3. Februar 2025, Hv*-89 in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390a Abs 2 StPO fallen dem Verurteilten die durch sein erfolgloses Begehren um Wiederaufnahme des Strafverfahrens verursachten Kosten zur Last.
Text
Begründung:
Mit rechtskräftigem Abwesenheitsurteil des Landesgerichts Wels vom 10. Juni 2024 (rechtskräftig seit 5. Juli 2024) wurde A* des Vergehens der beharrlichen Verfolgung nach § 107a Abs 1 StGB schuldig erkannt und hierfür zu einer unter Bestimmung dreijähriger Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt (ON 36).
Danach hat er in **, ** und an anderen Orten des Bundesgebietes beginnend mit 2. Jänner 2024 bis zuletzt am 6. Mai 2024 Mag. B* widerrechtlich beharrlich verfolgt, indem er längere Zeit hindurch fortgesetzt in einer Weise, die geeignet war, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, ihre räumliche Nähe aufsuchte und im Wege einer Telekommunikation den Kontakt zu ihr herstellte, und zwar indem er sie am 2. und 16. Jänner 2024 am Parkplatz ihrer Arbeitsstätte abpasste und ansprach, sie zwischen 16. Jänner 2024 und 15. März 2024 unzählige Male sowie weiters am 4. und 6. April 2024 und am 3. Mai 2024 in Kenntnis ihrer genauen Arbeitszeiten mit dem Auto am Arbeitsweg abpasste bzw. verfolgte und ihr dabei teils auch bis zu den Parkplätzen diverser Geschäfte nachfuhr und sie überdies am 12. und 20. Jänner 2024, am 10. und 11. Februar 2024 und am 4. Mai 2024 via Facebook und WhatsApp kontaktierte, obwohl sie ihm zu keinem Zeitpunkt ihre Telefonnummer gab und überdies am 2. April 2024 im Verfahren C* des Bezirksgerichtes Vöcklabruck eine einstweiligen Verfügung erlassen wurde, die ihm jegliche Kontaktaufnahme zu bzw. Annäherung an Mag. B* untersagte.
Am 10. Dezember 2024 beantragte der Verurteilte die Wiederaufnahme des Strafverfahrens (ON 76.2).
Mit Beschluss vom 3. Februar 2025 wies das Landesgericht Wels diesen Antrag ab und verfällte den Antragsteller zum Ersatz der Verfahrenskosten nach § 390a Abs 2 StPO (ON 89).
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Verurteilten vom 15. Februar 2025 (ON 92), welche ohne Erfolg bleibt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 353 StPO kann der rechtskräftig Verurteilte die Wiederaufnahme des Verfahrens selbst nach Vollzug seiner Strafe verlangen, wenn dargetan ist, dass seine Verurteilung durch Urkundenfälschung oder durch falsche Beweisaussage, Bestechung oder eine sonstige Straftat einer dritten Person veranlasst worden ist (Z 1), wenn er neue Tatsachen oder Beweismittel beibringt, die alleine oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen geeignet erscheinen, seine Freisprechung oder die Verurteilung wegen einer unter ein milderes Strafgesetz fallenden Handlung zu begründen (Z 2), oder wenn wegen derselben Tat zwei oder mehrere Personen durch verschiedene Erkenntnisse verurteilt worden sind und bei der Vergleichung dieser Erkenntnisse sowie der ihnen zugrunde liegenden Tatsachen die Nichtschuld einer oder mehrerer dieser Personen notwendig anzunehmen ist (Z 3). Um die Tatsachengrundlage eines Urteils gestützt auf § 353 Z 1 StPO zu erschüttern, bedarf es der substantiierten Darlegung einer relevanten Straftat eines Dritten, mag auch eine diesbezügliche Verurteilung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht bzw nicht mehr möglich sein. Die genannten Beispielfälle sind streng im Sinn der jeweiligen Straftatbestände zu verstehen ( Lewisch in WK-StPO § 353 Rz 16 ff). Tatsachen und Beweismittel sind neu im Sinn der Z 2, wenn sie vom Gericht nicht verwertet werden konnten, weil sie in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen sind. Sie müssen einen für die Wiederaufnahme relevanten Umstand betreffen und zur Erschütterung der Beweisgrundlage und Bewirkung eines Freispruchs oder eines Schuldspruchs nach einem milderen Strafgesetz geeignet erscheinen. Umgekehrt können für die Schuld- und Subsumtionsfrage nicht entscheidende Tatsachen auch nicht zu einer Wiederaufnahme des Strafverfahrens führen ( Lewisch in WK-StPO § 353 Rz 24 ff).
Der Grund für diese eng umgrenzte Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens liegt darin, dass die Strafsache bereits einmal (unter Berücksichtigung der Möglichkeiten eines Rechtsmittelverfahrens) rechtskräftig erledigt wurde und das Wiederaufnahmeverfahren nicht dazu dient, die bereits im durchgeführten Verfahren erörterten Beweismittel einer neuen Würdigung zu unterziehen (vgl 1 Ob 101/04s; OLG Linz, 9 Bs 83/23d; OLG Linz, 10 Bs 10/22z; OLG Linz, 8 Bs 66/17p ua).
Der Beschwerdeführer stützte seinen Wiederaufnahmeantrag unter anderem auf die Behauptung, er habe die Apotheke, die dem Opfer als Arbeitsplatz diente, im Jahr 2024 nur einmal betreten und dort im Jahr 2024 keine Rezepte für sich, seine Mutter und seine Lebensgefährtin eingelöst, obwohl er Medikamente in einem etwa 14tätigen Intervall benötigen würde, was sich durch Einsicht in das ELAG-Gesundheitsportal und Einvernahme seines Hausarztes belegen lasse. Er übersieht dabei, dass als Tathandlungen das Abpassen am Parkplatz der Arbeitsstätte, das Abpassen und Verfolgen bzw Nachfahren am Arbeitsweg und das Kontaktieren via Facebook und WhatsApp festgestellt wurden (ON 36), nicht aber Begegnungen im Zusammenhang mit dem Einlösen von Rezepten in der Apotheke, sodass mit den genannten Beweisthemen keine relevanten Umstände angesprochen werden.
Auch mit dem Vorbringen, die Assistentin des Zahnarztes Dr. C* könne zwei Unterhaltungen mit dem Opfer vor der Apotheke bestätigen bzw (neben seiner Lebensgefährtin) vor allem seine Mutter hätte sich „bei der ihm unterstellten Handlung“ ziemlich oft im Fahrzeug befunden, werden keine neuen Beweismittel dargetan, die geeignet wären, die Beweisgrundlage zu erschüttern, wird doch damit nur die vom Erstgericht ohnehin getroffene Feststellung angesprochen, dass der Beschwerdeführer das Opfer bei zwei Gelegenheiten vor der Apotheke ansprach und mit dem Auto abpasste bzw ihm nachfuhr. Ebenso kommt der Frage, wohin der Verurteilte seine Fahrt nach den festgestellten Begegnungen mit dem Opfer fortsetzte, keine Relevanz zu, sodass es sich bei den dazu in der Beschwerde angebotenen Zeugen um keine neuen Beweismittel iSd genannten Bestimmung handelt.
Bei dem im Wiederaufnahmeantrag geschilderten Zusammentreffen des Verurteilten und mit dem Opfer in einem Lebensmittelgeschäft über zwei Monate nach der letzten Tathandlung handelt es sich ebenso wie beim Beschwerdevorbringen, das Opfer sei am Haus einer Bekannten „verdächtig oft“ vorbeigefahren, um keine für die Schuld- und Subsumtionsfrage entscheidende Tatsache. Gleiches gilt auch für ein angeführtes Alibi des Beschwerdeführers für die Mittagszeit des 9. und 12. Mai 2024, liegen diese Tage doch außerhalb des Tatzeitraums.
Schließlich behauptet der Wiederaufnahmewerber Fehler der Ermittlungsbehörden und des Erstgerichts (wie ein Einschreiten trotz Befangenheit, die unzulässige Einschränkung der Akteneinsicht, Ladungsfehler bzw die Unterlassung amtswegiger Ladung von Zeuginnen sowie eine unrichtige Beweiswürdigung durch Missinterpretation behaupteter zufälliger Begegnungen), die der Überprüfung im Rahmen eines Berufungsverfahrens vorbehalten sind, allerdings keine Wiederaufnahme rechtfertigen.
Zumal insgesamt entsprechend den Ausführungen des Erstgerichts keine eine Wiederaufnahme im Sinne des § 353 StPO rechtfertigenden Umstände vorliegen, war der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.
RECHTSMITTELBELEHRUNG:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).