8Bs25/25w – OLG Linz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Mag. Reinberg als Vorsitzende, die Richterin Mag. Haidvogl, BEd, und den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A*wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall und Abs 2 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB über die Beschwerde des A* gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz vom 14. Jänner 2025, GZ*-53, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
BEGRÜNDUNG:
A* wurde mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 14. Februar 2024 wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 1 erster Fall und Abs 2 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt (ON 29). Mit der Rechtsmittelentscheidung dieses Berufungssenats vom 7. Mai 2024 wurde außerdem eine ihm bei einem Strafrest von einem Jahr und zwei Monaten gewährte bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe widerrufen (ON 41).
Am 8. Mai 2024 ordnete das Erstgericht den Vollzug der Freiheitsstrafe sowie des Strafrests aus der Widerrufsentscheidung an (ON 42.3). Am 13. Mai 2024 wurde der bis dahin in Untersuchungshaft angehaltene Verurteilte mit Wirkung vom 7. Mai 2024 in den Strafvollzug übernommen (ON 45).
Mit Eingabe der ihm beigegebenen Verteidigerin vom 21. Mai 2024 (ON 46) und persönlichem Schreiben vom 23. Mai 2024 (einlangend; ON 47) beantragte er erstmals die Gewährung von Strafaufschub nach § 39 SMG.
Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 27. Mai 2024 (unbekämpft) abgewiesen (ON 48).
Am 18. Dezember 2024 (ON 52, 9) wiederholte er unter eindringlicher Schilderung seiner Suchterkrankung seinen Antrag auf Strafaufschub gemäß § 39 Abs 1 SMG (ON 52).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. Jänner 2025 wurde dieser Antrag wegen entschiedener Rechtssache zurückgewiesen (ON 53).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Verurteilten vom 21. Jänner 2025, mit der er unter Schilderung seiner Lebensgeschichte die antragsgemäße Gewährung eines Strafaufschubs zur Absolvierung einer Suchtgiftentwöhnungsbehandlung anstrebt (ON 54).
Die Oberstaatsanwaltschaft hat sich dazu nicht geäußert.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Aus dem 16. Hauptstück der Strafprozessordnung geht der Verfahrensgrundsatz der materiellen Rechtskraft ( res iudicata, ne bis in idem) hervor (RIS-Justiz RS0101270). Damit wird die inhaltliche Unabänderlichkeit einer formell rechtskräftigen Entscheidung bezeichnet, die Sperrwirkung entfaltet und das Verfahren unwiederholbar macht (vgl Lewisch in WK-StPO Vor §§ 352 bis 363 Rz 15). Diese – auch für Beschlüsse geltende ( Lewisch aaO Rz 47; Nimmervoll, Beschluss und Beschwerde in der StPO 77; RIS-Justiz RS0100454) – Sperrwirkung wird verletzt, wenn ein Gericht ungeachtet einer in der selben Sache bereits zuvor ergangenen Erledigung neuerlich entscheidet und einen sachlich gegenteiligen oder auch sachlich gleichlautenden (vgl 11 Os 16/13g, 11 Os 81/07g) Beschluss erlässt. Ein auf Fassung eines Zweitbeschlusses gerichteter Antrag ist daher zurückzuweisen (14 Os 93/01).
Wie bereits das Erstgericht richtig ausführt, stützt sich der Antrag vom 18. Dezember 2024 auf die gleichen Argumente (mag er sie auch ausführlicher darstellen) wie jener vom 21. bzw 23. Mai 2024. Demnach benötige der Antragsteller eine (stationäre) Suchtgiftentwöhnungstherapie, um seine Abhängigkeiten zu bekämpfen und fortan ein Leben frei von Beschaffungskriminalität führen zu können. Weil über den Erstantrag bereits rechtskräftig entschieden wurde, wurde der inhaltsgleiche Folgeantrag zu Recht zurückgewiesen.
Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass der Antrag selbst bei inhaltlicher Prüfung das angestrebte Ziel nicht erreichen könnte. Denn auch die Begründung des Erstbeschlusses vom 27. Mai 2024 trifft zu:
Zum einen kann nach § 39 Abs 1 SMG auch im Fall von Beschaffungskriminalität nur der Vollzug (einer Geldstrafe oder) einer drei Jahre nicht übersteigende Freiheitsstrafeaufgeschoben werden. Sofern neben einer im Urteil verhängten Freiheitsstrafe auch die bedingte Nachsicht einer Strafe oder – wie hier – eines Strafrests widerrufen wird, dürfen allerdings beide Zeiträume zusammengerechnet die Grenze von drei Jahren nicht übersteigen, weil beide Freiheitsstrafen Gegenstand derselben Vollzugsanordnung sind und sie daher zusammen „die zu vollziehende Freiheitsstrafe“ bilden (RIS-Justiz RS0132035 [T 2 = 11Os98/19z]; Matzka/Zeder/Rüdisser, SMG 3 § 39 Rz 15/2; Pieberin WK-StGB² § 6 StVG Rz 19; aA: Oshidari in Hinterhofer, Suchtmittelgesetz² § 39 SMG Rz 20).
Und zum anderen ist Strafaufschub nach § 39 Abs 1 SMG nur bis zum Beginn des Vollzugs der betreffenden Strafe zulässig. Zwar sieht das Gesetz für den Fall, dass sich der Verurteilte im Urteilszeitpunkt in Untersuchungshaft befindet und daher gemäß § 3 Abs 4 StVG – ohne vorangehende Aufforderung zum Strafantritt – mit Rechtskraft des Urteils (vgl Kirchbacher, StPO 15 § 397 Rz 1)in den Strafvollzug zu übernehmen ist, eine Ausnahme vor: Bei einer bis dahin erfolgten Antragstellung des Verurteilten oder von Amts wegen begonnenen Prüfung kann der Strafvollzug auch noch nach diesem Zeitpunkt aufgeschoben werden, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen (RIS-Justiz RS0133637; Matzka/Zeder/Rüdisser aaO Rz 28 f; Oshidari aaO Rz 34; Schwaighoferin WK-StGB² § 39 SMG Rz 26). Um eine solche Wirkung zu entfalten, müsste jedoch der Antrag spätestens bis zum Zeitpunkt der richterlichen Verfügung, mit der die Übernahme in den Strafvollzug (wenn auch nur deklarativ: RIS-Justiz RS0087337, Lässigin WK-StPO § 397 Rz 3 mwN) angeordnet wird, gestellt werden (RIS-Justiz RL0000200).
Ein nach Übernahme in den – mit ein und derselben Verfügung angeordneten – Vollzug von vier Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe gestellter Antrag auf Gewährung von Strafaufschub nach § 39 Abs 1 SMG muss daher jedenfalls erfolglos bleiben.
R echtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).