JudikaturOLG Linz

8Bs10/25i – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
28. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterinnen Mag. Reinberg als Vorsitzende und Mag. Haidvogl, BEd, sowie den Richter Mag. Grosser in der Strafsache gegen A* B*wegen des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15 Abs 1, 144 Abs 1 StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg im Ermittlungsverfahren vom 14. Jänner 2025, GZ1*-10, in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

BEGRÜNDUNG:

Die Staatsanwaltschaft Salzburg führte zu GZ1* ein Ermittlungsverfahren gegen A* B* wegen des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB und beantragte – nach seiner am 14. Jänner 2025 erfolgten Festnahme – am selben Tag die Verhängung der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Tatbegehungs- und Tatausführungsgefahr nach § 173 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit a, b und d StPO (ON 1.4).

Mit Beschluss vom 14. Jänner 2025, GZ2*-10, sah der Einzelrichter des Landesgerichts Salzburg von der Verhängung der Untersuchungshaft unter Anwendung der gelinderen Mittel des Kontaktverbots mit dem Opfer sowie der Anordnung vorläufiger Bewährungshilfe ab.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen rechtzeitig erhobene Beschwerde der Staatsanwaltschaft Salzburg, die auf die Verhängung der Untersuchungshaft abzielt und zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft Linz nicht äußerte, ist nicht berechtigt.

Nach der Aktenlage und dem zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft Salzburg eingebrachten Strafantrag vom 17. Jänner 2025 steht A* B* in dringendem Verdacht, er habe am 13. Jänner 2025 in ** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, seine Exgattin C* B* durch die Äußerung, „wenn du wegen den 800 Euro Scheiße baust, bist du tot“, somit durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, zu einer Handlung, nämlich zur Reduktion des von ihr stellvertretend eingeforderten Unterhalts für die beiden gemeinsamen Kinder von EUR 1.100,00 auf EUR 800,00 monatlich zu nötigen versucht, wodurch diese infolge der dann ihrerseits zu leistenden Unterhaltsdifferenz am Vermögen geschädigt worden wäre, und dadurch das (richtig:) Verbrechen der Erpressung nach §§ 15 Abs 1, 144 Abs 1 StGB begangen. Das Strafverfahren gegen A* B* wird vom Landesgericht Salzburg nunmehr zu GZ3* geführt.

Der qualifizierte Tatverdacht zur objektiven und subjektiven Tatseite resultiert aus den polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnissen, insbesondere dem Abschlussbericht der PI ** (ON 4). Hervorzuheben sind dabei die Vernehmung des Opfers B* C* (ON 4.5), das Lichtbild zeigend die inkriminierte WhatsApp-Nachricht samt Übersetzung (ON 4.7) und nicht zuletzt die Angaben des Angeklagten, der zugestand, seiner Exgattin die Nachricht geschickt und damit gemeint zu haben, er werde ihr das Leben zur Hölle machen (ON 4.4, ON 9). Der Bedeutungsinhalt der Nachricht umfasst vor diesem Hintergrund und nach dem Wortlaut zumindest auch die Drohung mit der Zufügung einer Körperverletzung. Die subjektive Tatseite ergibt sich aus der objektiven Tatbegehung. Der Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung lässt sich zwanglos aus dem Inhalt der vom Opfer beschriebenen und vom Angeklagten (lediglich mit einer geringfügigen betragsmäßigen Einschränkung auf EUR 1.050,00) bestätigten, nur 4 Tage vor der Tat getroffenen abweichenden Unterhaltsregelung im Scheidungsvergleich ableiten.

Den Beschwerdeausführungen der Staatsanwaltschaft Salzburg folgend liegt ausgehend von der genannten, im Sinn des § 173 Abs 1 StPO qualifizierten Verdachtslage der Haftgrund der Tatausführungsgefahr nach § 173 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit d StPO vor. Auch nach den Angaben des Angeklagten besteht zwischen ihm und seiner Exfrau gerade mit Bezug auf die gemeinsamen Kinder gegenwärtig hohes Konfliktpotential. A* B* machte auch bei seinen Einvernahmen deutlich, dass er zu den vor Gericht vereinbarten Unterhaltszahlungen nicht bereit ist und gab an, er habe mit der Nachricht seiner Exfrau nicht gedroht, sondern (nur) zum Ausdruck bringen wollen, dass er ihr das Leben – im Falle des Nichteinlenkens in seinem Sinn - zur Hölle machen werde (ON 9.2, S 2). Dieses – mit mangelndem Unrechtsbewusstsein bzw Verharmlosungstendenzen gepaarte – ausdrücklich zugestandene Ansinnen lässt in Zusammenschau mit dem einen körperlichen Übergriff ansprechenden Wortlaut der Drohung die Zufügung zumindest einer Körperverletzung befürchten.

Hingegen ist der Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit b StPO nicht anzunehmen, da dem unbescholtenen Angeklagten im gegenständlichen Verfahren lediglich eine einzige Tat angelastet wird. Entgegen den erstgerichtlichen Ausführungen können gegen einen Angeklagten in anderen Verfahren erhobene Vorwürfe – vor einer gemeinsamen Verfahrensführung nach § 37 StPO – kein wiederholtes bzw fortgesetztes Handeln im Sinne dieses Haftgrundes begründen.

Die Verhängung der Untersuchungshaft stünde weder zur Bedeutung der Sache noch zu der im Fall einer verdachtskonformen Verurteilung zu erwartenden Freiheitsstrafe (bei einem strafsatzbestimmenden Strafrahmen des § 144 Abs 1 StGB von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) außer Verhältnis. Dem bestehenden Haftgrund der Tatausführungsgefahr kann jedoch angesichts der bisherigen gerichtlichen Unbescholtenheit des Angeklagte, seines durch ein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis strukturierten Lebensumfelds, des erstmaligen Erlebens einer Festnahme und Verwahrungshaft und der schließlich bei der gerichtlichen Vernehmung erkennbaren Reue durch die erteilte Weisung des Kontaktverbots zum Opfer und die Anordnung vorläufiger Bewährungshilfe effektiv (vgl RIS-Justiz RS0097850) entgegengewirkt werden. Auch das offenbar (mangels gegenteiliger Mitteilungen) weisungskonforme Verhalten des Angeklagten seit seiner Enthaftung spricht für die Wirksamkeit genannter gelinderer Mittel.

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Salzburg bleibt demnach ohne Erfolg.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).