JudikaturOLG Linz

4R1/25g – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
16. Januar 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Rekursgericht hat durch Senatspräsident Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag. Andreas Wiesauer und Mag. Stefan Riegler in der Rechtssache der Klägerin A* GmbH, FN **, **, vertreten durch die Kaiblinger Rechtsanwalts GmbH in Gunskirchen, gegen die Beklagte B* Oy, **, Finnland, vertreten durch Dr. Lothar Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 56.000,00 s.A., über den Rekurs der Beklagten gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 28. November 2024, GZ*, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit EUR 2.243,04 (darin enthalten EUR 373,84 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt mit ihrem Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehles Stornokosten in Höhe von EUR 56.000,00 s.A. aus einem abgeschlossenen Kaufvertrag über LKWs.

Gegen den am 11. September 2023 vom Bezirksgericht für Handelssachen Wien antragsgemäß erlassenen Europäischen Zahlungsbefehl (ON 2) erhob die Beklagte einen Einspruch (ON 4).

Das daraufhin für die Durchführung des Verfahrens von der Klägerin namhaft gemachte Erstgericht beraumte für den 19. Juni 2024 eine vorbereitende Tagsatzung an. Da für die Beklagte zur vorbereitenden Tagsatzung niemand erschien, erließ das Erstgericht am 19. Juni 2024 ein klagsstattgebendes Versäumungsurteil (ON 18).

Gegen das Versäumungsurteil erhob die Beklagte am 25. Oktober 2024 einen Widerspruch und beantragte, das Versäumungsurteil aufzuheben (ON 22). Am 26. November 2024 erhob die Beklagte überdies eine Berufung gegen das Versäumungsurteil (ON 27).

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Widerspruch der Beklagten vom 25. Oktober 2024 gegen das Versäumungsurteil vom 19. Juni 2024 zurück, weil ein Widerspruch gemäß § 397a Abs 1 ZPO grundsätzlich nur möglich sei, wenn die erste zu setzende Verfahrenshandlung versäumt werde und dies zu einem Versäumungsurteil führe, nicht aber, wenn eine weitere Verfahrenshandlung versäumt werde. Der Widerspruch des Beklagten gegen ein wegen Versäumung der vorbereitenden Tagsatzung erlassenes klagsstattgebendes Versäumungsurteil sei auch dann gemäß § 442a Abs 1 Satz 2 ZPO ausgeschlossen, wenn zuvor Einspruch gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl nach der EuMahnVO erhoben worden sei. Im konkreten Fall habe die Beklagte Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl erhoben. Der Widerspruch sei daher unzulässig.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben, in eventu die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Klägerin erstattete eine Rekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Rekurswerberin führt zusammengefasst aus, dass das Erstgericht übergangen habe, dass das Versäumungsurteil zur Zeit der Einbringung des Widerspruchs noch gar nicht zugestellt gewesen sei und zum Zeitpunkt der Entscheidung schon Berufung erhoben worden sei, sowie dass im Gerichtshofverfahren die Bestimmung, dass ein Widerspruch ausscheide, wenn zuvor ein Einspruch erhoben worden sei (§ 442a Abs 1 Satz 2 ZPO) nicht zur Anwendung komme.

Der Rekurswerberin ist zwar Recht zu geben, dass die Bestimmung des § 442a Abs 1 Satz 2 ZPO, wonach ein Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil ausgeschlossen ist, wenn in dem Verfahren bereits ein Einspruch gegen einen Zahlungsbefehl erhoben wurde, grundsätzlich nur im Verfahren vor den Bezirksgerichten Anwendung findet. Sie übersieht aber, dass dem Säumigen im Verfahren vor dem Gerichtshof gemäß § 397a Abs 1 erster Halbsatz ZPO ein Widerspruch gegen ein Versäumungsurteil nur wegen nicht rechtzeitig erstatteter Klagebeantwortung zusteht. Alle anderen Versäumungsurteile, insbesondere solche wegen Versäumung der vorbereitenden Tagsatzung, können nicht mit Widerspruch bekämpft werden ( Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka 5§ 397a ZPO Rz 2; vgl auch Garber in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-TaKom § 397a Rz 5-7).

Da die Beklagte zuvor Einspruch gegen den Europäischen Zahlungsbefehl nach der EuMahnVO erhoben hat (vgl dazu auch 1 Ob 115/15s = SZ 2015/84), ist das Erstgericht zu Recht davon ausgegangen, dass ein Widerspruch gegen das in diesem Verfahren erlassene Versäumungsurteil von vorneherein unzulässig ist. Es kommt daher entgegen der Ansicht der Rekurswerberin weder darauf an, ob das Versäumungsurteil zum Zeitpunkt der Erhebung des Widerspruchs schon zugestellt war noch ob allenfalls unabhängig von einer Reihung der Rechtsbehelfe bzw Rechtsmittel zunächst über die von ihr eingebrachte Berufung zu entscheiden wäre.

Dem Rekurs musste aus diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

Da die Bestätigung der Zurückweisung eines Widerspruchs gegen ein Versäumungsurteil der Bestätigung der Zurückweisung einer Klage nicht gleichzuhalten ist (RS0106997), ist der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig.