Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB über die Berufung der Staatsanwaltschaft Feldkirch wegen des Ausspruchs über die Schuld gegen das einzelrichterliche Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 4.6.2025, GZ **-22, nach der am 5.11.2025 in Anwesenheit der Schriftführerin Rp Mag. Unger, des Oberstaatsanwaltes Mag. Willam, des Verteidigers RA Mag. Platzgummer in Substitution für RA Dr. Jehle jedoch in Abwesenheit des Angeklagten öffentlich durchgeführten Berufungsverhandlung am selben Tag zu Recht erkannt:
Der Berufung wird n i c h t Folge gegeben.
Entscheidungsgründe:
Mit Strafantrag vom 24.4.2025 legt die Staatsanwaltschaft Feldkirch dem ** geborenen Angeklagten A* zur Last, er habe im Juli 2024 in ** und ** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, B*, Mitarbeiterin der Bezirkshauptmannschaft **, sowie C* D* durch die Vorspiegelung, er sei nicht der Vater der am ** geborenen E* D* unter Vorlage eines inhaltlich unrichtigen privaten Abstammungsgutachtens, in welchem seine Vaterschaft ausgeschlossen wurde (Lugurkunde), mithin durch Täuschung über Tatsachen unter Benutzung eines falschen Beweismittels, zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme von der Feststellung der Vaterschaft und der Geltendmachung von Unterhaltsforderungen für die minderjährige E* D*, zu verleiten versucht, welche E* D* in einem jedenfalls EUR 5.000,00, im Zweifel jedoch nicht EUR 50.000,00 übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigen sollte.
A* habe hiedurch das Vergehen des schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB begangen.
Mit dem angefochtenen Urteil wurde A* von der Anklage gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete (ON 23) und fristgerecht schriftlich ausgeführte (ON 24.3) Berufung der Staatsanwaltschaft Feldkirch wegen des Ausspruchs über die Schuld. Diese mündet in den Antrag, das angefochtene Urteil allenfalls nach Beweiswiederholung und/oder -ergänzung aufzuheben und den Angeklagten im Sinne des Strafantrages schuldig zu erkennen, in eventu die Strafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Angeklagte beantragte in seiner Gegenausführung (ON 25), der Berufung keine Folge zu geben.
Die Privatbeteiligte C* D* beantragte in ihrer Äußerung (ON 26), der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge zu geben.
Die Oberstaatsanwaltschaft nahm von einer Stellungnahme zur Berufung der Staatsanwaltschaft Feldkirch Abstand.
Die Berufung dringt nicht durch.
Die Schuldberufung vermag keine Zweifel an der erstrichterlichen Beweiswürdigung zu erwecken. Einzuräumen ist der Berufung, dass das Verhalten des Angeklagten bei der Probenabgabe vor F* objektiv betrachtet auffällig war. Mit diesem Umstand hat sich die Erstrichterin in der Beweiswürdigung jedoch ausführlich befasst (insbesonders US 8 und 9). Die von der Erstrichterin gezogenen Schlussfolgerungen, insbesondere jene, dass aufgrund der Verfahrensergebnisse nicht festzustellen sei, wie eine allfällige Manipulation dieses Vaterschaftstests möglich gewesen sei, sind nicht zu beanstanden. Der Zeuge F* hat das Verhalten des Angeklagten bei Abnahme der DNA-Probe offensichtlich nicht als besonders auffällig empfunden und sind ihm im Rahmen der Abgabe der Probe keine verdächtigen Umstände aufgefallen, die auf eine Manipulation hindeuten würden.
Bei dem in der Berufung genannten Grund für das (negative) Ergebnis des DNA-Privatgutachtens, nämlich dass die „naheliegendste Erklärung“ für diesen Umstand darin bestehe, der Angeklagte habe fremden Speichel zur Beprobung mitgebracht und diesen mit dem Abriebstäbchen hinter der vorgehaltenen Hand zusammengeführt, handelt es sich lediglich um eine Vermutung. Beweisergebnisse, die eine Manipulation der Probe durch den Angeklagten belegen, liegen nicht vor. Auffällig ist das falsche Ergebnis des DNA-Privatgutachtens. Dieses kann jedoch auch durch andere Umstände zustandegekommen sein, wie etwa ein Vertauschen der Probe im Labor oder Fehler bei der Auswertung. Der Zeuge F* bestätigte selbst, dass es natürlich zu einem falschen Ergebnis gekommen sein könnte, wenn in ** im Labor die Testproben verwechselt worden wären (ON 21, Seite 9 letzter Satz). Wenn der Angeklagte Fremdspeichel oder fremde DNA im Mund oder auf seiner Hand gehabt hätte, wäre es nicht zu einem „falschen“ Ergebnis gekommen, sondern zu einer Mischspur bestehend aus der DNA des Angeklagten und einer weiteren Person. Eine weitere denkbare Möglichkeit für eine Manipulation wäre das Mitführen von Fremd-DNA in einem Gefäß. Dabei wäre jedoch zu erwarten, dass dies dem Zeugen F* bei der Probenabnahme aufgefallen wäre, zumal sich der Zeuge nach eigenen Angaben stets im selben Raum mit dem Angeklagten befunden habe und keine verdächtigen Umstände bemerkt hat.
Auch für das Berufungsgericht bleibt die Frage, wie eine Manipulation der DNA-Probe, welche nicht zu einer Mischspur geführt hat, vom Angeklagten durchgeführt hätte werden können, ungeklärt. Bei jeder Theorie, die dazu möglich ist, handelt es sich um bloße Vermutungen, die durch keinerlei objektive Beweisergebnisse bestätigt werden kann.
Bei den weiteren Ausführungen in der Berufung, dass das ungültige Ergebnis der zweiten Beprobung des Angeklagten bei der Bezirkshauptmannschaft **, bei der es zu einer Mischspur gekommen ist, am naheliegendsten damit erklärt werden könne, dass der Angeklagte ungewollt die von ihm zur Beprobung mitgebrachte fremde DNA-Speichelprobe beim Vortäuschen, einen Mundhöhlenabstrich bei sich vorzunehmen, mit eigener DNA kontaminierte, handelt es sich ebenfalls um eine bloße Vermutung, welche durch keine Beweisergebnisse gedeckt ist. Genauso möglich wie diese Vermutung der Staatsanwaltschaft wäre auch eine Kontamination der Probe beim Hantieren damit oder auch ein Vertauschen der Probe.
Im Ergebnis wäre ein Schuldspruch gegen den Angeklagten im gegenständlichen Verfahren lediglich dann möglich, wenn er wusste oder es zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass das private Abstammungsgutachten ein inhaltlich unrichtiges Ergebnis erbrachte. Dies könnte ihm nur unterstellt werden, wenn nachweisbar wäre, dass er für eine Manipulation des Gutachtens (mit)verantwortlich war. Das Berufungsgericht teilt dazu die Meinung des Erstgerichtes, dass die Beweisergebnisse nicht hinreichen, dem Angeklagten eine derartige Manipulation zu unterstellen. Die Erstrichterin verwies diesbezüglich zu Recht auf den Zweifelsgrundsatz (US 8).
Bei dem in der Berufung formulierten Beweisantrag auf Einholung eines GMI-Gutachtens zum Beweis dafür, dass jener Teil der Mischspur (die bei der BH abgenommen wurde), der nicht vom Angeklagten stammt, zu jener DNA-Spur passt, die im ursprünglichen Privatgutachten ausgewertet wurde, handelt es sich abermals um eine Vermutung. Eine Beweisführung mit dem Ziel, abzuklären, ob von bestimmten Beweisen eine weitere Aufklärung zu erwarten ist, ist zwar im Vorverfahren, nicht jedoch in der Hauptverhandlung zulässig (RIS-Justiz RS0118123). Die begehrte Einholung des GMI-Gutachtens zielt damit auf einen im Erkenntnisverfahren unzulässigen, durch Verfahrensergebnisse nicht gedeckten, auf Vermutungen aufbauenden Erkundungsbeweis ab ( Ratz in Fuchs/Ratz , WK-StPO § 281 Rz 330).
Da mit Blick auf die vorliegenden Beweisergebnisse in keiner Weise nachvollziehbar ist, wie es zu dem falschen Ergebnis des anfangs eingeholten Privatgutachtens gekommen ist und auch wie es zum ungültigen Ergebnis des zweiten (erstes durch die BH beantragtes Gutachten) gekommen ist, kann dem Angeklagten ein Vorsatz in Bezug auf die Vorlage einer Lugurkunde und somit eine Täuschungshandlung nicht unterstellt werden, weshalb im Ergebnis der Angeklagte zu Recht im Zweifel freigesprochen wurde.
Da das Berufungsverfahren durch ein gänzlich erfolglos gebliebenes Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft verursacht wurde, kam ein Kostenausspruch nicht in Betracht.
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