11Bs101/25b – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck beschließt durch die gemäß § 33 Abs 2 erster Satz StPO zuständige Einzelrichterin Mag. Obwieser in der Strafsache gegen A*und andere Angeklagte wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 12.04.2025, GZ **-75:
Spruch
Der Beschwerde wird F o l g egegeben und der vom Bund an A* gemäß § 393a StPO zu leistende Beitrag zu den Kosten der Verteidigung auf EUR 800,-- herabgesetzt.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nichtzu (§ 89 Abs 6 StPO).
Begründung:
Text
Ein Schöffensenat des Landesgerichts Innsbruck sprach mit dem unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 20.1.2025 den ** geborenen A* von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe
1. gemeinsam mit B* und C* sowie den abgesondert Verfolgten D* und E* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) F* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) absichtlich zuzufügen versucht, indem sie ihm Faustschläge ins Gesicht versetzten, der abgesondert Verfolgte D* ihm mit einer Monierzange auf den Hinterkopf schlug und sie dem am Boden liegenden F* Tritte gegen den Körper versetzten, wodurch der Genannte eine Prellung der Lendengegend (Cont. reg vert. Lumb.), eine Prellung des Brustkorbes (Cont. thoarc.) und eine Schädelprellung mit Rissquetschwunde (Cont. cap. cum Vlc.) erlitt,
2. F* gefährlich mit einer Verletzung am Körper bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihm über WhatsApp schrieb: „Willst du, dass ich dir den Schädel öffne?“
gemäß § 259 Z 3 StPO frei (ON 60).
Am 11.4.2025 beantragte der genannte Freigesprochene durch seinen Verteidiger die Leistung eines Beitrages zu den Kosten der Verteidigung gemäß § 393a StPO und gab die gesamten Kosten mit EUR 1.620,-- bekannt (ON 74.2).
Die Staatsanwaltschaft erhob keinen Einwand gegen den Zuspruch eines Beitrages im gesetzmäßigen Ausmaß (ON 74.1).
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte die Vorsitzende des Schöffengerichts den Beitrag zu den Kosten der Verteidigung nach § 393a StPO mit EUR 1.620,--. Begründend wurde ausgeführt, dass der Vertreter des bestellten Amtsverteidigers lediglich an der 3/2 Stunden andauernden Hauptverhandlung teilgenommen habe und angesichts der Schwierigkeiten und des Ausmaßes des notwendigen und zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers der zuerkannte Betrag als angemessen erscheine.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Staatsanwaltschaft, die argumentativ vorbringt, dass vom Bund jeweils nur ein Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten sei und das Erstgericht den Pauschalbeitrag nicht in voller Hohe der angefallenen Verteidigungskosten bestimmen hätte dürfen (ON 77.3).
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist berechtigt.
Nach § 393a Abs 1 StPO hat der Bund auf Antrag einem in einem Offizialverfahren freigesprochenen Angeklagten einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung zu leisten. Dieser Beitrag umfasst die nötig gewesenen und vom Angeklagten bestrittenen baren Auslagen und einen Beitrag zu den Kosten des Verteidigers, dessen sich der Angeklagte bedient. Er ist nach § 393a Abs 2 StPO unter Bedachtnahme auf den Umfang des Verfahrens, die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen und das Ausmaß des notwendigen oder zweckmäßigen Einsatzes des Verteidigers festzusetzen und darf im Verfahren vor dem Landesgericht als Schöffengericht den Betrag von EUR 30.000,-- (Z 1) nicht übersteigen.
Beim Kriterium des Umfangs des Verfahrens sind die Phase des Ermittlungs- und Hauptverfahrens als auch ein allfälliges Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen. Ausschlaggebend ist der Verfahrensaufwand im gesamten Strafverfahren (EBRV 2557 Blg 27. GP, S 6). Der Höchstbetrag der Grundstufe (§ 393a Abs 2 Z 1 StPO steht für alle Verteidigungsfälle der jeweiligen Verfahrensart zu, die nicht außergewöhnlich oder extrem sind.
Bei einem einfachen Standardverfahren vor dem Schöffengericht ist unter Heranziehung der Ansätze der AHK (unter Einbeziehung des Einheitssatzes, jedoch Außerachtlassung der Erfolgs- und Erschwerniszulage) von einem durchschnittlichen Aufwand in Höhe von rund EUR 15.000,-- auszugehen (Vertretung im Ermittlungsverfahren, Teilnahme an einer Hauptverhandlung in der Dauer von acht Stunden, Einbringen eines prozessrelevanten Schriftsatzes wie einer Nichtigkeitsbeschwerde oder einer Gegenausführung, Teilnahme an der Rechtsmittelverhandlung in der Dauer von zwei Stunden). Je nach Umfang des Ermittlungsverfahrens und der Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen kann sich der Beitrag dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag annähern bzw sich von diesem weiter entfernen (EBRV 2557 Blg 27. GP, S 8).
Nach ständiger Rechtsprechung, die sich auf den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes berufen kann, darf der Pauschalkostenbeitrag stets nur ein Beitrag sein und nicht die gesamten Verteidigerkosten ersetzen ( Lendl in Fuchs/Ratz , WK-StPO § 393a Rz 10; Kirchbacher, StPO 15 § 393a Rz 3).
Die Verteidigerleistung erschöpfte sich fallkonkret in der Teilnahme an der 3/2 Stunden andauernden Hauptverhandlung, an der sich neben dem genannten Freigesprochenen noch zwei weitere Angeklagte verantworten mussten. Sowohl was den Aktenumfang als auch die Komplexität der zu lösenden Tat- und Rechtsfragen betrifft, handelt es sich um ein im Vergleich mit einem Standardverfahren in dieser Verfahrensart weit unter dem Durchschnitt liegendes Strafverfahren.
Ausgehend davon sowie unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Ersatzanspruch stets nur ein Beitrag zu den gesamten Verteidigerkosten sein darf, erweist sich der vom Erstgericht zuerkannte (Gesamt-)Betrag als zu hoch und war daher in Stattgebung der Beschwerde der Staatsanwaltschaft Innsbruck mit EUR 800,-- zu bestimmen.
Oberlandesgericht Innsbruck, Abteilung 11