JudikaturOLG Innsbruck

6Bs170/25p – OLG Innsbruck Entscheidung

Entscheidung
25. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch den Senatspräsidenten Mag. Friedrich als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Klammer und den Richter Mag. Melichar als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen bedingter Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB über die Beschwerde des Strafgefangenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Vollzugsgericht vom 30.5.2025, GZ **-5, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe n i c h t Folge gegeben, dass der selbständige Antrag des A* auf bedingte Entlassung abgewiesen wird.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck eine wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 StGB vom Landesgericht Korneuburg zu ** über ihn verhängte Zusatzfreiheitsstrafe von 20 Monaten. Die bedingte Entlassung des Strafgefangenen nach Verbüßung von zwei Drittel der Freiheitsstrafe wurde in beiden Instanzen abgelehnt (** des Landesgerichtes Korneuburg, 30 Bs 145/24d des Oberlandesgerichtes Wien). Ein selbständiger Antrag des Strafgefangenen wurde mit dem unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Vollzugsgericht vom 1.4.2025 zu ** abgelehnt.

Am 19.5.2025 wurde dem Strafgefangenen eine Vollzugsortsänderung gemäß § 10 StVG in die Justizanstalt Innsbruck bewilligt. Die Überstellung erfolgte am 3.6.2025.

Mit selbständigem Antrag vom 22.5.2025 (ON 2.1) ersuchte A* erneut um seine bedingte Entlassung, weil die Mutter in Polen schon auf ihn warte und auch eine Arbeit für ihn hätte.

Die Leitung der Justizanstalt Korneuburg sprach sich trotz einer guten Führung und Arbeitsleistung gegen eine bedingte Entlassung aus und verwies auf das durch mehrere auch einschlägige Vorstrafen getrübte Vorleben des Strafgefangenen (ON 2.3). Die Staatsanwaltschaft Innsbruck äußerte sich aus spezialpräventiven Gründen ablehnend (ON 4).

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesgericht Innsbruck als Vollzugsgericht den selbständigen Antrag des Strafgefangenen wegen entschiedener Rechtssache im Hinblick auf den Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 1.4.2025 zu ** zurück.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Strafgefangenen mit dem Antrag, den „Bittsteller“ zu genehmigen und ihm eine Chance zu geben. Er sei das erste Mal in Österreich in Haft und habe aus seinen Fehlern gelernt. Nach der Haft wolle er sich ein normales geregeltes Leben aufbauen, arbeiten, eine Familie gründen und mit dem Gesetz nicht mehr in Konflikt kommen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, erweist sich mit der im Spruch angeführten Maßgabe als nicht berechtigt.

Richtig ist, dass auch ein Beschluss, mit dem ein Antrag auf Gewährung der bedingten Entlassung rechtskräftig abgewiesen wird, grundsätzlich Einmaligkeitswirkung entfaltet und ein Entlassungsantrag nicht beliebig oft wiederholt werden kann. Allerdings wohnt ablehnenden Entscheidungen über die bedingte Entlassung die Umstandsklausel inne. Eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände erlaubt trotz rechtskräftiger Entscheidung eine neuerliche meritorische Prüfung. Als in diesem Sinne relevanter Umstand kommt unter anderem eine wesentliche Veränderung der zeitlichen Umstände in Betracht. Als Faustregel kann gelten, dass der Verurteilte – sofern er kein substantiiertes neues Vorbringen erstattet – für jedes Jahr der verhängten Freiheitsstrafe einen Monat, gerechnet ab der letzten gerichtlichen Entscheidung, zuzuwarten hat, bevor er einen neuen, meritorisch zu erledigenden Antrag auf bedingte Entlassung stellen kann ( Pieber in Höpfel/Ratz, WK² StVG § 152 Rz 32 f).

Vorliegend wartete der Strafgefangene seit der letzten gerichtlichen Entscheidung durch das Landesgericht Korneuburg zu ** am 1.4.2025 mit seinem neuerlichen selbständigen Antrag auf bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten fast zwei Monate zu, sodass dieser nicht wegen entschiedener Rechtssache zurückzuweisen, sondern meritorisch zu behandeln gewesen wäre.

Der selbständige Antrag erweist sich jedoch inhaltlich als nicht berechtigt.

Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten oder im Gnadenweg festgesetzten zeitlichen Freiheitsstrafe oder des nicht bedingt nachgesehenen Teils einer solchen Strafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB (Weisungen, Bewährungshilfe) anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird (§ 46 Abs 1 StGB). Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit. Besonderes Augenmerk ist nach § 46 Abs 4 StGB darauf zu legen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch Maßnahmen nach §§ 50 bis 52 StGB ausgeglichen werden können ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz, WK² StGB § 46 Rz 15/1).

Die gute Führung und Arbeitsleistung des Strafgefangenen während des bisherigen Vollzugs ist zweifellos positiv zu vermerken. Das in der polnischen ECRIS-Auskunft (ON 199 in ** des Landesgerichtes Korneuburg) dokumentierte Vorleben des Strafgefangenen lässt jedoch die von § 46 Abs 1 StGB geforderte Prognose und damit eine bedingte Entlassung des Strafgefangenen auch nach Verbüßung von mehr als zwei Drittel der Freiheitsstrafe nicht zu. Der Strafgefangene wurde teils vor, teils nach den dem derzeitigen Vollzug zugrundeliegenden strafbaren Handlungen in Polen insgesamt bereits weitere achtmal gerichtlich verurteilt. Dabei kam er auch bereits in den Genuss einer bedingten Strafnachsicht samt Anordnung von Bewährungshilfe, wobei die Aussetzung des Vollzugs der Strafe widerrufen werden musste (erste Verurteilung). In weiterer Folge wurden mehrfach Freiheitsstrafen an ihm vollzogen (dritte, siebte und achte Verurteilung). Weder die Androhung noch der Vollzug von Freiheitsstrafen waren bislang jedoch geeignet, den Strafgefangenen von der neuerlichen Begehung strafbarer Handlungen insbesondere gegen fremdes Vermögen abzuhalten. An der darin begründeten negativen Prognose vermögen weder das (unbescheinigte) Vorbringen betreffend einer Arbeitsstelle im selbständigen Antrag noch die Einsichts- und Besserungsbeteuerungen in der Beschwerde etwas zu ändern.

Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.