11Bs87/25v – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat durch die Richterinnen Mag. a Hagen als Vorsitzende sowie Dr. in Offer und Mag. a Obwieser als weitere Mitglieder des Senats in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung gemäß § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Vollzugsgericht vom 19.3.2025, GZ **-6, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:
Spruch
Der Beschwerde wird n i c h t Folge gegeben.
Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 17 Abs 1 Z 3 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).
Text
Begründung:
Der ** geborene Strafgefangene A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Innsbruck unmittelbar nacheinander drei Freiheitsstrafen (§ 46 Abs 5 StGB).
Zwei Drittel der Strafzeit werden am 16.5.2025 verbüßt sein. Das voraussichtliche Strafende fällt auf den 16.7.2025 (ON 2.5).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Vollzugsgericht eine bedingte Ent-lassung des Strafgefangenen nach Verbüßung von zwei Drittel der Strafzeit aus näher dargelegten spezialpräventiven Erwägungen ab.
Dagegen richtet sich die sogleich nach Verkündung des Beschlusses angemeldete (ON 9, Seite 3), schriftlich ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, in der er vorbringt, er lebe nun in einer stabilen Beziehung und habe eine Einstellungszusage der Firma B* als **, wodurch es ihm auch ermöglicht werde, den verursachten Schaden wieder gutzumachen, wozu er sich verpflichtet fühle. Zudem nehme er seit Februar 2024 regelmäßig an einer Therapie zur Überwindung seiner Spielsucht teil, die bereits positive Ergebnisse erzielt habe, da er eine Methode gefunden habe, die ihm tatsächlich helfe und einen nachhaltigen Wandel herbeiführen habe können. Auch habe er in der Anstaltsküche der Justizanstalt Innsbruck hervorragende Leistungen erbracht und ein ausgezeichnetes Arbeitszeugnis erhalten. Seine Arbeit bei seinen Freigängen habe er mit vollem Einsatz und zur vollen Zufriedenheit erfüllt. Die fortgesetzte Therapie, die berufliche Tätigkeit und die Integration in ein stabileres Umfeld würden sicherstellen, dass er eine weitgehende Rückfallsgefahr hinter sich gelassen habe (ON 10).
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde, zu der sich die Oberstaatsanwaltschaft einer Stellungnahme enthielt, ist nicht berechtigt.
Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist einem Verurteilten, der die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe verbüßt hat, der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 4 leg cit ist auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit sich die Verhältnisse seit der Tat durch Einwirkung des Vollzugs positiv geändert haben bzw ob negative Faktoren durch begleitende Maßnahmen ausgeglichen werden können. Auch in diesem Fall setzt die bedingte Entlassung aber die Annahme der im Vergleich zur weiteren Verbüßung nicht geringeren Wirkung in Bezug auf künftige Straffreiheit voraus. Für die zu erstellende Verhaltensprognose sind insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit in die Erwägung einzubeziehen ( Jerabek/Ropper in Höpfel/Ratz WK² StGB § 46 Rz 15/1).
Wenn auch die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit der Regelfall und der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe auf Ausnahmefälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben soll ( Jerabek/ Ropper aaO § 46 Rz 17), ist dem Erstgericht zuzustimmen, dass fallaktuell spezial-präventive Bedenken gegen eine bedingte Entlassung des Beschwerdeführers sprechen.
Die Anstaltsleitung bescheinigt dem als Freigänger geführten Strafgefangenen eine sehr gute Arbeitsleistung und ein sehr gutes Anstalts- und Sozialverhalten. Er sei bereits in den Genuss von sechs Ausgängen gemäß § 99a StVG, 24 Ausgängen gemäß § 147 StVG, 20 Ausgängen gemäß § 126 Abs 2 Z 4 StVG und fünf Strafunter-brechungen gemäß § 99 StVG gekommen. An Therapien bzw einer Aus- und Fortbildung werden 34 Ausgänge gemäß § 126 Abs 2 Z 3 StVG zur ambulanten Therapie erwähnt. Der Strafgefangene sei am 20.9.2022 von der Justizanstalt Suben überstellt worden und habe während des dortigen Vollzugs eine nicht näher bezeichnete Ordnungswidrigkeit zu verantworten. Aufgrund der Führung bestünden gegen die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Drittel der Strafzeit keine Bedenken (ON 2.2).
Der Psychotherapeut C* bestätigt, dass sich der Strafgefangene seit Jänner 2024 bei der Stelle für Ambulante Suchtprävention in ** in regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung befindet (ON 7.8). Zuvor absolvierte der Strafgefangene bereits von 25.10.2021 bis 28.3.2022 eine solche Suchttherapie (ON 7.2. und ON 7.3).
Die Strafregisterauskunft (ON 3) weist insgesamt zehn zählbare Eintragungen auf. Seit 1993 wurde A* fast ausschließlich wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen verurteilt. Abgesehen von zwei unbedingten Geldstrafen, zwei bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen und zwei teilbedingten Freiheitsstrafen wurden seit dem Jahr 2005 ausnahmslos unbedingte Freiheitsstrafen verhängt, die seit dem Jahr 2009 auch zur Gänze vollzogen wurden. Eine der bedingten Strafnachsichten konnte nach Verlängerung der Probezeit endgültig nachgesehen werden, die zweite bedingte Nachsicht wurde – ebenfalls nach Probezeitverlängerung – widerrufen. Am 14.3.2008 und am 7.7.2016 wurde der Strafgefangene jeweils mit Anordnung der Bewährungshilfe bedingt entlassen, wobei beide bedingten Entlassungen letztlich widerrufen wurden. Beim derzeitigen Strafvollzug handelt es sich um die vierte Hafterfahrung des Beschwerdeführers.
Auch wenn der Therapieerfolg als positiv zu vermerken ist, zeigt das bereits erheblich getrübte Vorleben des Strafgefangenen, insbesondere auch die Wirkungslosigkeit bisheriger strafgerichtlicher Reaktionen – neben unbedingten Freiheitsstrafen samt mehrfacher Hafterfahrung die wiederholte Anordnung von Bewährungshilfe und bedingte Entlassungen – nicht nur eine hohe Rückfalllabilität, sondern begründen diese Umstände selbst unter Berücksichtigung der Äußerung der Anstaltsleitung jene spezialpräventiven Bedenken, die der Prognose entgegenstehen, der Strafgefangene werde durch die bedingte Entlassung nach Verbüßung von zwei Drittel der Strafzeit nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten. Die vom Vollzugsgericht gegen die vorzeitige Entlassung des Strafgefangenen zum Drittelstichtag ins Treffen geführten spezialpräventiven Bedenken werden geteilt.
Die Beschwerde blieb sohin ohne Erfolg.