JudikaturOLG Graz

9Bs185/25m – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
Strafrecht
25. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Senatspräsidentin Mag. a Kohlroser als Vorsitzende, die Richterin Mag. a Berzkovics und den Richter Mag. Scherr, LL.M., BA in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens der grob fahrlässigen Tötung nach § 81 Abs 2 StGB über die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 22. Juli 2025, GZ B*-36, in nichtöffentlicher Sitzung den

BESCHLUSS

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 7 Abs 2 StVG iVm § 89 Abs 6 StPO).

Text

BEGRÜNDUNG:

Der am ** geborene österreichische Staatsbürger A* wurde mit Urteil des Landesgerichts Leoben vom 15. Jänner 2025, GZ B*-19, rechtskräftig mit Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 4. Juni 2025, AZ 9 Bs 47/25t (ON 26.3), des Vergehens der grob fahrlässigen Tötung nach § 81 Abs 2 StGB schuldig erkannt und zur Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Die Strafvollzugsanordnung wurde am 12. Juni 2025 erlassen (ON 27.1). Die Aufforderung zum Strafantritt wurde dem Verurteilten am 24. Juni 2025 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2025 (ON 34) begehrte der Verurteilte eine Strafvollzugsortänderung mit der Begründung, er lebe nunmehr in **, weshalb er die Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Salzburg verbüßen möchte. Weiters beantragte er einen Haftaufschub zumindest bis 20. November 2025, weil seine finanziellen Verhältnisse dies erfordern würden. Es sei ihm von seinem Arbeitgeber angeboten worden, über das normale Stundenausmaß hinaus zu arbeiten, was zur Bestreitung seiner Ausgaben von größter Bedeutung sei (es bestünden erhebliche Verbindlichkeiten sowie Unterhaltsverpflichtungen). In den Wintermonaten sei das Arbeitsaufkommen geringer, sodass die Verbüßung der Haft in dieser Zeit finanziell leichter verkraftbar wäre.

Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 36) wies der Einzelrichter des Landesgerichts Leoben den Antrag auf Aufschub des Strafvollzugs ab (I.) und den Antrag auf Strafvollzugsortänderung zurück (II.). Begründend dazu wurde ausgeführt, dass keiner der Fälle des § 6 Abs 1 Z 1 lit a bis c StVG oder eine vergleichbare Situation vorliege, weshalb ein Haftaufschub ausscheide. Für eine Änderung des Strafvollzugsorts bestehe keine Zuständigkeit des Gerichts, weil dies in die Kompetenz des Bundesministeriums für Justiz falle.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die rechtzeitige und zulässige Beschwerde des A* (ON 38), die nicht berechtigt ist.

Gemäß § 6 Abs 1 StVG ist die Einleitung des Vollzugs einer Freiheitsstrafe aufzuschieben, wenn der Verurteilte nach der Art und dem Beweggrund der strafbaren Handlung, derentwegen er verurteilt wurde, und nach seinem Lebenswandel weder für die Sicherheit des Staates, noch für die der Person oder des Eigentums besonders gefährlich ist und auch nicht seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme oder entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder für gefährliche Rückfallstäter angeordnet wurde, (Z 1) das Ausmaß der zu vollziehenden Freiheitsstrafe drei Jahre nicht übersteigt und der Verurteilte den Aufschub aus wichtigen persönlichen Gründen beantragt, insbesondere um im Inland einen Angehörigen (§ 72 StGB) oder einen anderen, ihm besonders nahestehenden Menschen, der lebensgefährlich erkrankt oder verletzt ist, aufzusuchen (lit a), an dem Begräbnis einer dieser Personen teilzunehmen (lit b) oder wichtige Familienangelegenheiten im Zusammenhang mit einem der in lit a und b angeführten Anlässe oder mit der Ehescheidung eines Angehörigen zu ordnen (lit c) oder (Z 2 lit a) das Ausmaß der zu vollziehenden Freiheitsstrafe ein Jahr nicht übersteigt auf Antrag des Verurteilten, wenn der Aufschub für das spätere Fortkommen des Verurteilten, für den Wirtschaftsbetrieb, in dem der Verurteilte tätig ist, für den Unterhalt der ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Personen oder für die Gutmachung des Schadens zweckmäßiger erscheint als der sofortige Vollzug. Dabei darf ein Aufschub in den Fällen der Z 1 nur für die Dauer von höchstens einem Monat und in den Fällen der Z 2 lit a nur für die Dauer von höchstens einem Jahr gestattet werden, in allen Fällen gerechnet von dem Tage an, an dem der Verurteilte die Strafe ohne Aufschub hätte antreten müssen.

Der vom Beschwerdeführer begehrte Aufschub des Strafvollzugs wegen wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit (§ 6 Abs 1 Z 2 lit a StVG) scheitert bereits daran, dass gegenständlich der Vollzug einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten angeordnet wurde, ein Strafaufschub aus diesem Grund jedoch ausgeschlossen ist, wenn – wie hier – das Ausmaß der zu vollziehenden Freiheitsstrafe ein Jahr übersteigt.

Ein Aufschub aus wichtigen persönlichen Gründen (§ 6 Abs 1 Z 1 StVG) ist nur innerhalb enger Grenzen zulässig. Schon der Charakter als Ausnahmevorschrift gebietet eine strenge Auslegung ( Pieber in Höpfel/Ratz WK 2StVG § 6 Rz 21). Da kein im Gesetz explizit genannter Fall vorliegt, müsste die Konstellation mit den dort aufgelisteten Situationen vergleichbar sein ( Pieber, aaO Rz 22), was bei der geltend gemachten wirtschaftlichen Situation des Verurteilten durch erhöhte Verbindlichkeiten und Sorgepflichten sowie der Möglichkeit, in den Sommermonaten Mehrarbeit zu leisten, nicht der Fall ist. Somit scheitert ein Strafaufschub auch nach dieser Gesetzesstelle. Ergänzend bleibt diesbezüglich noch auszuführen, dass ein Aufschub des Strafvollzugs nach § 6 Abs 1 Z 1 StVG nur für die Dauer von höchstens einem Monat (ab dem Tag, an dem die Strafe ohne Aufschub hätte angetreten werden müssen) gewährt werden kann. Dies wäre gegenständlich längstens bis zum 24. August 2025 möglich gewesen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist die maximal in Frage kommende Aufschubsdauer somit ohnehin abgelaufen, sodass der Beschwerde auch aus diesem Grund ein Erfolg zu versagen wäre (vgl OLG Graz 8 Bs 265/21p, 10 Bs 225/23y; OLG Wien 32 Bs 145/24v).

Gemäß § 10 Abs 1 StVG ist das Bundesministerium für Justiz für die Änderung des Strafvollzugsorts zuständig, die Anordnung einer derartigen Maßnahme kann nicht Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung sein ( Drexler/Weger, StVG 5 § 10 Rz 4 mwN). Die Zurückweisung des entsprechenden Antrags durch das Erstgerichts ist daher nicht zu beanstanden. Der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang auf die Mitteilung des Bundesministeriums für Justiz zu verweisen, wonach die Strafvollzugsortsänderung bereits angeordnet wurde (ON 37.2).