5R65/25f – OLG Graz Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht durch die Richter Dr. Waldner (Vorsitz), Dr. Kanduth und Mag. Schellnegger in der Rechtssache der klagenden Partei A*, MSc, Angestellter, **, vertreten durch Mag. Stephan Bertuch, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei B* GmbH, FN **, **, vertreten durch Mag. Franz Doppelhofer, Rechtsanwalt in Graz-Seiersberg, wegen EUR 16.414,18 samt Anhang , über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 19. März 2025, **-138 (Rekursinteresse: EUR 16.659,55), in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert , dass sie insgesamt wie folgt lautet:
„ Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 11.076,00 (darin EUR 645,63 Umsatzsteuer und EUR 7.202,20 Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen des Klagsvertreters zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagsvertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 942,90 (darin EUR 157,15 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihres Rekurses zu ersetzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
Mit dem angefochtenen Beschluss (ON 138) verpflichtet das Erstgericht den Kläger zu einem Prozesskostenersatz von EUR 5.484,88 an die Beklagte. Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, der Kläger habe das Verfahrensendergebnis berücksichtigend im 1. Rechtsgang mit 32 %, die Beklagte mit 68 % obsiegt, weshalb der Kläger der Beklagten 36 % ihrer Vertretungskosten sowie 68% der Barauslagen zu bezahlen habe. Im Hinblick darauf, dass der Beklagten im ersten Rechtsgang insgesamt EUR 20.281,10 an Vertretungskosten erwachsen seien, seien ihr daher 36 % davon, somit EUR 7.301,20 zuzüglich EUR 1.460,24 sowie EUR 2.109,36 an Barauslagenersatz (= 68% der Gesamtbarauslagen iHv EUR 3.102,00) somit insgesamt EUR 10.870,80 betreffend den ersten Rechtsgang zuzusprechen. Dem Kläger seien 32 % seiner Barauslagen, somit EUR 4.977,92 (= 32 % der gesamten klägerischen umsatzsteuerfreien Barauslagen iHv EUR 15.556,00) zuzusprechen. Dieser habe vorprozessual aufgrund der zur Schadenseruierung notwendigen bzw der durch die Beklagte verursachten Bauaufsichtskosten des BM Ing. C* eine seiner Wohnungseigentumsanteile zuzuordnende Sondervorschreibung iHv EUR 184,30 an Barauslagen bezahlt, weshalb ihm im Sinne der Obsiegensquote weitere Barauslagen von EUR 59,00 (= 32 % von EUR 184,30) zuzusprechen seien. Dies ergebe saldiert einen Kostenzuspruch an die Beklagte iHv EUR 10.333,88 (= 10.870,80 – 4.977,92 – 59) für den ersten Rechtsgang.
Im Hinblick auf das Berufungsverfahren sei die Beklagte ausgehend vom Endurteil mit ihrem Berufungsbegehren unterlegen, weshalb dem Kläger die (Brutto-)Kosten seiner Berufungsbeantwortung (ON 117) zur Gänze iHv EUR 731,90 zuzusprechen seien. Da dieser mit seiner Berufung (ON 110) mit 80 % obsiegt habe, seien dem Kläger 60 % der (Brutto-)Vertretungskosten daraus resultierenden Berufungsverfahren iHv EUR 1.827,00 sowie 80 % der diesbezüglichen Barauslagen (Pauschalgebühr) iHv EUR 975,20, somit insgesamt EUR 2.802,20 zuzusprechen. Insgesamt seien daher dem Kläger für das Berufungsverfahren EUR 3.534,10 zuzusprechen.
Im 2. Rechtsgang (dritten Kostenabschnitt) habe der Kläger (im Hinblick auf den Streitwert von EUR 16.414,18 und der obsiegten EUR 12.383,18 aus Zahlungs- und Verbesserungsbegehren) mit 75% obsiegt, weshalb ihm 50 % seiner Vertretungskosten zuzusprechen seien. Die Kosten der Vertagungsbitte vom 18.1.2024 fielen in die Sphäre des Klägers und seien daher nicht zu entlohnen, weshalb nur die Kosten der Tagsatzungen vom 12.3.2024 sowie vom 8.5.2024 zu honorieren seien. Daraus ergebe sich aufgrund der Obsiegensquoten der Parteien ein Zuspruch iHv EUR 1.314,90 brutto (= 50% von 2.191,50 plus 20 % Umsatzsteuer daraus) an den Kläger.
Aus den oben genannten Zusprüchen an den Kläger bzw die Beklagte in den Verfahrensabschnitten ergebe sich saldiert ein Verfahrenskostenzuspruch an die Beklagte von EUR 5.484,88 (10.333,88 – 3.534,10 – 1.314,90).
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Kostenrekurs des Klägers (ON 139) aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Er beantragt, die angefochtene Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass die Beklagte schuldig erkannt werde, ihm Verfahrenskosten in Höhe von EUR 11.174,67 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen der Klagsvertreter zu ersetzen.
Die Beklagte beteiligte sich am Rekursverfahren nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt .
1. Bevor auf die großteils zutreffenden Rekursausführungen näher eingegangen wird, ist klarstellend festzuhalten, dass der Kläger ausdrücklich nur die den vermeintlich ersten Abschnitt (Zeitraum von Klage bis Urteil im ersten Rechtsgang) betreffende Kostenberechnung des Erstgerichts bekämpft, während er dessen Ausführungen für den vermeintlich zweiten Abschnitt (Berufungsverfahren) und vermeintlich dritten Abschnitt (2. Rechtsgang) ausdrücklich unbekämpft lässt: Letztlich legt der Kläger auch die Ergebnisse des Erstgerichts (Kostenersatzanspruch des Klägers für das Berufungsverfahren EUR 3.534,10 und für den 2. Rechtsgang EUR 1.314,90) seiner eigene Berechnung zugrunde. Diese Ergebnisse sind daher - die Beklagte lässt die vom Kläger angefochtene Entscheidung unbekämpft - ohne weitere Prüfung der Behandlung der Rechtsrüge zugrundezulegen.
2.1. Zunächst verweist der Kläger zutreffend auf einen Rechenfehler des Erstgerichtes („€ 10.870,80 - € 4.977,92 - € 59,00“ ergebe EUR 10.333,88 anstatt EUR 5.833,88) betreffend den vermeintlich ersten Rechtsgang (vgl Rekurspunkt 7). Da dieser aber aufgrund der ebenfalls im Rekursverfahren zu berichtigenden Berechnung der Obsiegensquoten letztlich keine Auswirkungen auf die Entscheidung hat, ist darauf nicht näher einzugehen.
2.2. Sowohl das Erstgericht als auch der Rekurswerber übersehen in ihren Ausführungen die mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2021 (ON 21) erfolgte Klagsausdehnung auf gesamt EUR 28.014,99 im Zahlungsbegehren (Ausdehnung um EUR 793,30 bei gleichzeitiger Einschränkung um EUR 85,26), weshalb das Verfahren auch nicht nur in drei, sondern in vier Kostenabschnitte zu unterteilen ist. Dabei umfassen die ersten beiden den Zeitraum von Klage bis zum Urteil im ersten Rechtsgang, der vom Erstgericht als ein Abschnitt betrachtet worden ist.
2.3. Für jeden dieser beiden Abschnitte ist das Obsiegen des Klägers gesondert zu berechnen. Ausgehend vom Endurteil vom 30. Jänner 205 (ON 136) und unter Berücksichtigung des Urteils im ersten Rechtsgang und des Berufungsverfahrens ist der Kläger mit einem Zahlungsbegehren von EUR 9.931,97 und 7 Verbesserungsbegehren (die planweise Beschreibung, Ableitung der Parkplatzüberdachung und die Markierung der Rohrmündungen wurden endgültig abgewiesen), gesamt also mit EUR 16.931,67 durchgedrungen. Der Kläger hat somit sowohl im ersten als auch im zweiten Abschnitt mit 45% (45,38 % bei einer Bemessungsgrundlage von EUR 37.306,95 bzw 44,54% bei einer solchen von EUR 38.014,99) obsiegt ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Kapitel 1 Rz 1.130 (Stand 8.1.2024, rdb.at).
2.4. Mit dieser Obsiegensquote liegt aber für die ersten beiden Verfahrensabschnitte ein Anwendungsfall der Kostenaufhebung nach § 43 Abs 1 ZPO vor. Nach langjährigen Rechtsprechung dient als Richtlinie für die Anwendung dieser Kostenbestimmung ein Klägererfolg etwas über 40 % bis etwas unter 60 %. Bei Kostenaufhebung erhält jede Partei in der Regel die allein getragenen Barauslagen zur Hälfte ( Obermaier , Kostenhandbuch 4Kapitel 1 Rz 1.130; 7 Ob 68/21g, 9 ObA 89/18f, 2 Ob 63/11w, 3 Ob 138/08b, 4 Ob 309/98i, 10 Ob 511/95).
2.5. Daraus folgt, dass in den beiden ersten Abschnitten die Parteien wechselseitig mit Ausnahme der allein getragenen Barauslagen keine Kostenersatzansprüche gegeneinander haben. Hierzu zählen auch die im Rekursverfahren noch relevierten vorprozessuale Kosten, die der Quotenkompensation unterliegen ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Kapitel 1 Rz 1.183 (Stand 8.1.2024, rdb.at)), weshalb die Parteien in den beiden ersten Abschnitten nur 50% ihrer Barauslagen aus diesen wechselseitig fordern können. Dies sind beim Kläger EUR 7.778,00 und bei der Beklagten EUR 1.551,00. Aus der Saldierung dieser Ansprüche folgt ein klägerischer Anspruch von EUR 6.227,00 für die beiden ersten Abschnitte.
2.6. Aus der Summierung dieses Anspruches mit den im Rekursverfahren unstrittigen weiteren Ansprüche des Klägers von EUR 3.534,10 (3. Abschnitt) und EUR 1.314,90 (4. Abschnitt) folgt der im Spruch ersichtliche Zuspruch von EUR 11.076,00.
3. In teilweiser Stattgebung des Rekurses ist der angefochtene Beschluss wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
4. Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren ist eine Folge dieses Verfahrensergebnisses und beruht auf den §§ 43 Abs 2, 50 ZPO. Der Kläger ist mit seinem Rechtsmittel nur geringfügig unterlegen (Rekursstreitwert EUR 16.659,55; Obsiegen EUR 16.560,88 [EUR 5.484,88 + EUR 11.076,00]), weshalb er Anspruch auf die von ihm richtig verzeichneten Kosten (kein Tarifsprung) hat.
5. Der (Un-)Zulässigkeitsausspruch beruht auf § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.