Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte MMag. Sloboda, Dr. Thunhart und Dr. Kikinger und die Hofrätin Mag. Fitz als weitere Richterin und weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei A*, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 5.250 EUR sA über die Revision und den Rekurs der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Berufungsgericht vom 2. Juli 2025, GZ 18 R 26/25s 40, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Schärding vom 22. Jänner 2025, GZ 3 C 40/24h 32, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die vom Obersten Gerichtshof am 19. Februar 2025 zu 7 Ob 163/24g (C175/25), am 27. Februar 2025 zu 8 Ob 99/24b (C182/25) und am 18. März 2025 zu 10 Ob 71/24z, 10 Ob 11/25b sowie des vom Landgericht Duisburg am 4. Juni 2023 zu AZ 1 O 55/19 (C 371/23) gestellten Anträge auf Vorabentscheidung unterbrochen.
Die Fortsetzung des Verfahrens erfolgt nur auf Antrag.
Begründung:
[1]1. In den im Spruch angeführten Verfahren hat der Oberste Gerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art 267 AEUV mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese befassen sich unter anderem damit, ob
• für die Qualifikation als Abschalteinrichtung im Sinn des Art 3 Nr 10 VO 715/2007/EG darauf abzustellen ist, ob die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems in seiner Gesamtheit (unter Einschluss aller jeweils vorhandener Systeme der Abgasrückführung und nachbehandlung) verringert wird, oder darauf, ob die Wirksamkeit einzelner Konstruktionsteile (zB „Thermofenster“, SCR Katalysator) als jeweils eigene Emissionskontrollsysteme verringert wird;
• für die Qualifikation als unzulässige Abschalt-einrichtung allein die Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter gewöhnlichen Fahrbedingungen – sei es eines einzelnen Konstruktionsteils, sei es der Gesamtheit des Systems – entscheidend ist oder zusätzlich erforderlich ist, dass (zumindest) einer der in Anhang I der VO 715/2007/EG angeführten Emissionsgrenzwerte überschritten wird;
• eine Abschalteinrichtung jedenfalls dann zulässig im Sinn des Art 3 Z 10 VO 715/2007/EG ist, wenn unter tatsächlichen Fahrbedingungen bei normaler Nutzung des Fahrzeugs die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems eines Dieselfahrzeugs zwar verringert wird, jedoch die in Anhang I der VO 715/2007/EG angeführten Emissionsgrenzwerte eingehalten werden;
• die Einhaltung der in Anhang I der VO 715/2007/EG angeführten Emissionsgrenzwerte nicht nur bei den vorgeschriebenen Tests im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens (hier: Neuer Europäischer Fahrzyklus Test), sondern auch unter tatsächlichen Fahrbedingungen bei normaler Nutzung des Fahrzeugs (im Realbetrieb) erforderlich ist.
[2] Weiters betreffen die Anträge auf Vorabentscheidung in diesem Zusammenhang maßgebliche Fragen der Behauptungs und Beweislast.
[3] 2. Das zu C 371/23 anhängige Vorabentscheidungsersuchen betrifft ua die Frage, ob ein Konstruktionsteil, der die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um je nach Ergebnis dieser Ermittelung die Parameter des Verbrennungsvorgangs im Motor zu verändern, die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems auch dann im Sinn des Art 3 Nr 10 der Verordnung (EG) Nr 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 verringert und demnach eine Abschalteinrichtung im Sinn des Art 3 Nr 10 der Verordnung Nr 715/2007 darstellt, wenn die aufgrund des Ergebnisses der Ermittelung durch das Konstruktionsteil bewirkte Veränderung der Parameter des Verbrennungsvorgangs zwar einerseits die Emissionen einer bestimmten schädlichen Substanz, zum Beispiel Stickoxide, erhöht, aber gleichzeitig andererseits die Emissionen einer oder mehrerer anderer schädlicher Substanzen, zum Beispiel Partikel, Kohlenwasserstoffe, Kohlenmonoxid, Methan und/oder Kohlendioxid, verringert.
[4]3. Im vorliegenden Verfahren ist ein Sachverhalt zu beurteilen, der die Beantwortung vergleichbarer Rechtsfragen erfordert. Der Oberste Gerichtshof hat von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese auch für andere als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden. Aus prozessökonomischen Gründen ist dieses Verfahren daher zu unterbrechen (vgl RS0110583).
[5]4. Nach Vorliegen der Vorabentscheidungen wird das Verfahren nur auf Antrag einer Partei fortgesetzt werden. Eine amtswegige Fortsetzung ist nicht erforderlich, weil diese der Disposition der Parteien unterliegt. Diese können daher zum gegebenen Zeitpunkt zunächst selbst ihre Schlüsse aus den dann vorliegenden Vorabentscheidungen ziehen (4 Ob 94/24p Rz 4 mwN; 2 Ob 85/25a).
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