13Os58/25s – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Artner in der Strafsache gegen * T* und einen anderen Angeklagten wegen Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, 3 Z 1, 2 und 3 und Abs 4 erster Fall FPG sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * T* und * C* gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 26. November 2024, GZ 12 Hv 41/24v 912, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden * T* und * C* jeweils mehrerer Verbrechen der Schlepperei nach § 114 Abs 1, 3 Z 1, 2 und 3 und Abs 4 erster Fall FPG (A) und eines Verbrechens der kriminellen Organisation nach § 278a zweiter Fall StGB (B) schuldig erkannt.
[2] Danach haben im B * und andernorts
(A) als Mitglied einer kriminellen Vereinigung und (in Erfüllung der Kriterien des § 70 Abs 1 Z 1 zweiter Fall StGB) gewerbsmäßig die rechtswidrige Ein oder Durchreise von jeweils mehr als drei Fremden in oder durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, nämlich von Ungarn (teils über Tschechien) nach Österreich, jeweils durch Mitwirkung an einer Vielzahl solcher Schlepperfahrten mit dem Vorsatz gefördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Taten auf eine Art und Weise begangen wurden, wodurch die – jeweils über mehrere Stunden je mindestens zu zehnt im Laderaum eines Kleintransporters zusammengepfercht bei geringer Luftzufuhr beförderten (US 7 und 8) – Fremden längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt wurden, und zwar
(I) T* vom August 2021 bis zum 10. Mai 2022, indem er die von den Fahrern zur Durchführung der Schlepperfahrten zu verwendenden Fahrzeuge (1), darunter (im September 2021) einen Kleintransporter Renault Traffic (2), ankaufte und deren Umbauten veranlasste, Fahrer anwarb, in Österreich unterbrachte und mit Mobiltelefonen und Bargeld ausstattete, „Teamleadern“ innerhalb der Organisation die einzelnen Fahrer und Fahrzeuge zuwies sowie Schlepperlöhne ausbezahlte und
(II) C* vom November 2021 bis zum 4. Mai 2022, indem er den Umbau von den Fahrern zur Durchführung der Schlepperfahrten zu verwendender Fahrzeuge veranlasste, Fahrer anwarb, mit Mobiltelefonen und Bargeld ausstattete sowie Drogen und Aufputschmittel für sie besorgte, Schlepperlöhne ausbezahlte sowie den Fahrern Standortdaten und sonstige Anweisungen zukommen ließ und deren Einhaltung überwachte, ferner
(B) T* und C* durch ihre vom jeweiligen Schuldspruch A umfassten Taten sich an einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB), und zwar der im angefochtenen Urteil näher beschriebenen „Schlepperorganisation“, als Mitglied beteiligt (§ 278 Abs 3 StGB).
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richten sich die jeweils aus Z 9 lit a, von T* überdies aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagter.
[4] Gestützt auf Z 9 lit a vermissen beide Beschwerden Feststellungen zur Rechtswidrigkeit (§ 114 Abs 1 FPG) der jeweils geförderten Ein oder Durchreise von Fremden.
[5] Indem sie ihre Argumentation jeweils nicht auf der Basis des gesamten Urteilssachverhalts (vgl US 5 und 8 zur „illegale[n] Einreise bzw Durchreise“ der Fremden „syrischer, afghanischer und ägyptischer Herkunft“) entwickeln, verfehlen sie die prozessförmige Darstellung des herangezogenen materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes (RIS Justiz RS0099810).
[6] Soweit T* den Wegfall der Subsumtion nach § 114 Abs 4 erster Fall FPG (aus Z 10) mit dem Vorwurf anstrebt, in den Urteilsgründen komme „nicht zum Ausdruck“, dass er die vom Schuldspruch A I umfassten Taten als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begangen habe, setzt er sich ebenfalls über die genau dazu getroffenen Urteilsfeststellungen (US 5 bis 15) hinweg.
[7] Weshalb die Feststellung, C* habe „[ge]wusst“, „dass bei jeder einzelnen Schlepperfahrt zumindest drei Fremde befördert werden sollten“ (US 13), die Subsumtion der vom Schuldspruch A II umfassten Taten nach § 114 Abs 3 Z 2 FPG in subjektiver Hinsicht nicht tragen sollte, macht die Rüge des Genannten (der Sache nach Z 10) nicht klar (siehe aber RIS Justiz RS0116565).
[8] Feststellungen zum auf die Beteiligung an einer (auf die Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen der Schlepperei ausgerichteten) kriminellen Organisation (§ 278a StGB) als deren Mitglied (§ 278 Abs 3 StGB) bezogenen Vorsatz des C* wiederum finden sich – von dessen weiterer Rüge (der Sache nach abermals Z 10) prozessordnungswidrig (erneut RIS Justiz RS0099810) missachtet – auf US 14 iVm US 5 ff.
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[10] Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
[11] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.