JudikaturOGH

15Os8/25b – OGH Entscheidung

Entscheidung
04. Juni 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2025 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski und Dr. Sadoghi sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel und Dr. Farkas in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Eißlerin der Strafsache gegen * Y* wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 Z 1, Abs 4 erster Fall, § 12 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26. August 2024, GZ 162 Hv 70/20g 194a, sowie den Antrag der Genannten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das genannte Urteil nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung

I/ den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird bewilligt.

Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. Oktober 2024, GZ 162 Hv 70/20g-197, wird zur Klarstellung beseitigt.

II/ zu Recht erkannt:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Die Angeklagte wird mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung darauf verwiesen.

Text

Gründe:

[1]Mit dem angefochtenen Urteil wurde * Y* des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 Z 1, Abs 4 erster Fall, § 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2]Danach hat sie – soweit hier von Bedeutung und zusammengefasst – in W* Vermögensbestandteile im 50.000 Euro übersteigenden Wert, die aus mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlungen, nämlich gewerbsmäßig schweren Betrugstaten (§§ 146, 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall, Abs 2, 148 zweiter Fall StGB) „eines international, vorwiegend in Österreich, Asien und Afrika tätigen Netzwerks [...] zum Nachteil diverser Unternehmen“ (US 5) herrührten,

A/ „einem anderen übertragen bzw an sich gebracht“, indem sie

1/ am 31. Mai 2019 ihr Konto bei einer Bank mit Sitz in Österreich für den Eingang einer Überweisung von 19.900 Euro zur Verfügung stellte,

2/ sich im Juli 2019 eine Provision von 1.500 Euro zueignete,

3/ nach dem 12. Juli 2019 17.601,06 Euro entgegennahm und an unbekannte Täter übergab,

AA/ Nachgenannte durch die Aufforderung, deren Konten bei Banken mit Sitz in Österreich für Überweisungen zur Verfügung zu stellen, dazu bestimmt, Vermögenswerte der bezeichneten Art an sich zu bringen oder dies zu versuchen, und zwar

1/ * B* in Bezug auf Überweisungen

a/ von 23.500 Euro am 10. Juli 2019 und

b/ von 17.601,06 Euro am 11. Juli 2019,

2/ * Q* in Bezug auf eine Überweisung von 43.119,32 Euro am 9. Juli 2019.

Rechtliche Beurteilung

[3]Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

Zu I/:

[4]Vorauszuschicken ist, dass die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag fallbezogen dem Rechtsmittelgericht zukommt (§ 364 Abs 2 Z 3 StPO), der diesbezügliche Beschluss des Erstgerichts (ON 197) unwirksam ist (vgl RISJustiz RS0101250 [T1]) und zur Klarstellung zu beseitigen war.

[5] Die Angeklagte bescheinigte ( Lewisch , WKStPO § 364 Rz 43 f), dass die Versäumung der Rechtsmittelanmeldungsfrist auf einem unverschuldeten, unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignis – einem akuten medizinischen Vorfall ihres Verteidigers vor dem beabsichtigten Einbringen der Rechtsmittelanmeldung kurz vor dem Ablauf der Frist – beruhte (§ 364 Abs 1 Z 1 StPO).

[6] Da die Wiedereinsetzung fristgerecht beantragt und die versäumte Prozesshandlung zugleich nachgeholt wurde (§ 364 Abs 1 Z 2 und 3 StPO), war sie – in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur – zu bewilligen.

Zu II/:

[7]Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das Urteil mit nicht geltend gemachter, der Angeklagten zum Nachteil gereichender materieller Nichtigkeit behaftet ist (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

[8]Der Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) – als Bezugspunkt des Vergleichs mit den Entscheidungsgründen und der Urteilsrichtigkeit (vgl RISJustiz RS0118775 [insb T3, T4]; Ratz , WKStPO § 281 Rz 266 ff, 581 ff) – erging nach § 165 Abs 1 Z 1, Abs 4 erster Fall StGB (US 4).

[9]Die Subsumtion unter § 165 Abs 1 Z 1 StGB (als hier angenommenen Grundtatbestand – zur Struktur vgl Kirchbacher/Ifsitsin WK² StGB § 165 Rz 14) verlangt Konstatierungen zu einem erweiterten (bedingten) Vorsatz des Täters, den illegalen Ursprung der Vermögensbestandteile zu verheimlichen oder zu verschleiern oder eine andere Person, die an einer solchen kriminellen Tätigkeit beteiligt ist, zu unterstützen, damit diese den Rechtsfolgen ihrer Tat entgeht (vgl Kirchbacher/Ifsitsin WK² StGB § 165 Rz 20).

[10] Den Entscheidungsgründen sind jedoch keine Konstatierungen zu einem derartigen Vorsatz der Beschwerdeführerin zu entnehmen, weshalb sie den ergangenen Schuldspruch nicht tragen.

[11]Da der Oberste Gerichtshof im Urteil auch keine Feststellungsbasis auszumachen vermag, die eine Subsumtion unter eine andere strafbare Handlung zulassen würde (vgl § 288 Abs 2 Z 3 StPO; Ratz , WKStPO § 285e Rz 3), war das Urteil – im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits deshalb bei der nichtöffentlichen Beratung sofort aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).

[12] Darauf war die Angeklagte mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung zu verweisen.