JudikaturOGH

9ObA90/24m – OGH Entscheidung

Entscheidung
Arbeitsrecht
29. April 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Mag. Ziegelbauer, den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätin Mag. Korn sowie die fachkundigen Laienrichter Johannes Püller (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wolfgang Jelinek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R*, vertreten durch Auer Bodingbauer Leitner Stöglehner Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei Land *, vertreten durch die Saxinger Rechtsanwalts GmbH in Wels, wegen Feststellung (Streitwert: 30.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 30. September 2024, GZ 12 Ra 42/24v 31, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]1. Der erkennende Senat hat zur Auslegung der hier maßgeblichen Bestimmung des § 26 Abs 2 VBG 1948 vor kurzem in der Entscheidung 9 ObA 110/23a Stellung genommen:

§ 94d Abs 1 VBG nimmt ausdrücklich auf eine gleichwertige Berufstätigkeit nach § 26 Abs 2 Z 1a VBG Bezug. Während gemäß lit b 'bei Verwendung als Vertragslehrperson' eine Anrechnung erfolgt, wenn 'der Vertragsbedienstete als Lehrkraft an einer öffentlichen Schule oder an einer Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht tätig war', stützt der Kläger sein (weiteres) Anrechnungsbegehren auf eine Anwendbarkeit der lit c, die – ganz allgemein – eine Anrechnung vorsieht, wenn die mit der Berufstätigkeit verbundenen Aufgaben zu mindestens 75 % den Aufgaben entsprechen, mit denen der Vertragsbedienstete betraut ist (sublit aa) und für die Besorgung dieser entsprechenden Aufgaben eine Ausbildung auf gleicher fachlicher Ebene erforderlich ist (sublit bb).

[...]

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Dienstrechtsnovelle 2020, BGBl I Nr 153/2020 (461 dB XXVII. GP S 9 f) wird zur Neuregelung des § 26 VBG ausgeführt, dass aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zwischen Berufen mit einer gesetzlich geschützten Berufsbezeichnung und anderen Berufen unterschieden werde. Sodann heißt es:

'Für (Vertrags)Lehrpersonen wird zur Sicherstellung einer einheitlichen Vorgangsweise und zur Förderung der Personalmobilität im Schulwesen mit § 12 Abs 2 Z 1a lit b GehG und § 26 Abs 2 Z 1a lit b VBG (wieder) ein eigener Tatbestand eingeführt, dessen Ausgestaltung ebenfalls die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs berücksichtigt (vgl EuGH vom 23. April 2020, C 710/18, Rz. 30 und 31). […]

In der Praxis ist bei der Anrechnung von Vordienstzeiten in einem Beruf ohne gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung – sofern es sich nicht um eine (Vertrags )Lehrperson handelt – eine Auflistung aller Aufgaben bzw Tätigkeiten zu erstellen, die der Arbeitsplatz im Bundesdienst umfasst […]'

Daraus ergibt sich, dass mit den lit a und lit b der Z 1a des § 26 Abs 2 VGB zwei Spezialtatbestände geschaffen wurden und lit c als 'Auffangtatbestand' nur dann zur Anwendung kommt, wenn es sich um eine andere Art der Verwendung handelt. […]

Eine Anrechnung der vom Kläger geltend gemachten Vordienstzeiten an Fachhochschulen und Universitäten, bei denen es sich nicht um öffentliche Schulen oder Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht handelt, kann daher nur nach Maßgabe ihrer Nützlichkeit und in einem Höchstausmaß gemäß § 26 Abs 3 VBG erfolgen (wie in concreto auch geschehen).

[2] Das Berufungsgericht ist den in dieser Entscheidung aufgestellten Grundsätzen, von denen abzugehen auch die vorliegende Revision keinen Anlass bietet, gefolgt.

[3] 2. Zur in der Revision geltend gemachten Gleichheitswidrigkeit kann ebenfalls auf die Vorentscheidung verwiesen werden:

Soweit der Kläger in der Revision eine Verletzung des Gleichheitssatzes und eine willkürliche Diskriminierung von Vertragslehrern beanstandet, ist ihm entgegenzuhalten, dass eine Anrechnung von Lehrtätigkeiten, wie etwa an Fachhochschulen und Universitäten, wie ausgeführt keineswegs unmöglich ist, sondern (immerhin) im Rahmen und in den Grenzen des § 26 Abs 3 VBG erfolgen kann (sowie durch allfällige weitere Sonderregelungen, wie beim Kläger aufgrund der Sondervertragsrichtlinie für Vertragslehrpersonen in Mangelfächern).

Dem Gesetzgeber wird nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs bei der Regelung des Dienst und Besoldungsrechtes der öffentlich Bediensteten durch den Gleichheitsgrundsatz ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum offen gelassen; er ist lediglich gehalten, das Dienst und Besoldungsrecht (sowie Pensionsrecht) derart zu gestalten, dass es im Großen und Ganzen in einem angemessenen Verhältnis zu den den öffentlich Bediensteten obliegenden Dienstpflichten steht; insbesondere liegt die Art der Gestaltung des Gehaltsschemas der Beamten und des Entlohnungsschemas der Vertragsbediensteten in der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, sofern er mit seiner Regelung nicht gegen das – sich aus dem Gleichheitsgrundsatz ergebende – Sachlichkeitsgebot verstößt (vgl VfGH G 57/2018 [ErwGr 2.6] mwN).

Ein Gesetz ist nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn man sein Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend ansieht. Nicht jede Härte im Einzelfall, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, kann bereits als unsachlich gewertet werden. Dem Gesetzgeber muss es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Der Gesetzgeber kann wohl von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen; dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig; ebenso wenig können daher Einzelfälle einer Begünstigung die am Durchschnitt orientierte Regelung unsachlich machen (vgl G 66/2022 [ErwGr 2.3] mwN).

[4]Ergänzend ist dem Revisionswerber entgegenzuhalten, dass § 26 Abs 2 Z 1a lit b VBG 1948 die Anrechnung auch zum Vorteil – nicht nur wechselnder, sondern auch neu beginnender Vertragslehrer – erleichtert, weil sie eben, worauf die Revision selbst hinweist, jede frühere Unterrichtstätigkeit an den in ihr genannten Schulen erfasst, ohne die „tatsächliche“ Gleichwertigkeit (etwa im Sinn ähnlicher Fächer oder einer gleichartigen Lehrtätigkeit) zu verlangen.

[5] 3. Dafür, dass der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem Dienstrecht der Vertragsbediensteten mit „öffentlicher Schule“ in § 26 VBG 1948 einen anderen Inhalt verbinden wollte als in Art 14 Abs 6 B VG, gibt es weder im Gesetz noch in den Erläuterungen Anhaltspunkte. Vielmehr lässt sich gerade aus der Gegenüberstellung „öffentliche Schule“ und „Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht“ (vgl Art 14 Abs 7 B VG) die Übernahme dieser Begrifflichkeit ableiten. Insbesondere gibt es aber auch keinen Hinweis darauf, dass „öffentliche Schule“ gerade in dem von der Revision vorgeschlagenen Sinn gemeint sein sollte und darunter auch Lehrlingswerkstätten privatrechtlicher Unternehmen zu subsumieren wären.

[6] 4. Der Anwendungsvorrang des Unionsrechts setzt voraus, dass sich der betroffene Arbeitnehmer auf das Unionsrecht berufen kann. Mangels grenzüberschreitenden Sachverhalts ist der Anwendungsbereich des Unionsrechts dann nicht eröffnet, wenn es um die Anrechnung von in Österreich zurückgelegten Vordienstzeiten inländischer Arbeitnehmer geht (9 ObA 95/21t mwN). Solche Arbeitnehmer – wie hier der Kläger – können sich auf den Anwendungsvorrang daher nicht berufen.

[7]5. Insgesamt gelingt es dem Kläger nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).