JudikaturOGH

1Ob25/24v – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. April 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. R*, Rechtsanwalt, *, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 196.915,28 EUR und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. Februar 2023, GZ 4 R 10/23b 72, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Revision wird insoweit als jedenfalls unzulässig zurückgewiesen, als sie sich gegen die Abweisung von Amtshaftungsansprüchen richtet, die der Kläger aus den Verfahren zu AZ 15 C 51/18m des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien und dem dazu geführten Rechtsmittelverfahren vor dem Handelsgericht Wien zu AZ 1 R 100/19f sowie aus den Verfahren zu AZ 24 E 5461/18t und 24 E 6175/18t des Bezirksgerichts Döbling ableitet.

II. Im Übrigen wird die außerordentliche Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Zu Punkt I.:

Rechtliche Beurteilung

[1] Der Kläger macht in seiner Klage mehrere Amtshaftungsansprüche geltend, die er aus unterschiedlichen behördlichen Verfahren ableitet. In diesem Fall bilden die einzelnen Forderungen nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen. Andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (RS0053096). Ob mehrere Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang im Sinn dieser Bestimmung stehen, hängt vom Vorbringen des Klägers ab (RS0042741). Da er die aus den Verfahren 15 C 51/18m des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien (und dem dazu geführten Rechtsmittelverfahren) sowie den Verfahren 24 E 5461/18t und 25 E 6175/18t des Bezirksgerichts Döbling abgeleiteten Ansprüche jeweils auf Organhandlungen stützt, die keinen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang mit anderen Klageansprüchen erkennen lassen, sind deren Streitwerte nicht zusammenzurechnen. Da sie jeweils 5.000 EUR nicht übersteigen, ist die Revision insoweit gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

Zu Punkt II.:

[2] 1. Vorauszuschicken ist, dass die Revision unübersichtlich und verworren und daher nur schwer verständlich ist. Sie entspricht nicht der Anordnung des § 506 Abs 2 ZPO. Streckenweise bleibt auch unklar, ob sich bestimmte Kritikpunkte auf Entscheidungen der Vorinstanzen im Amtshaftungsverfahren oder auf in den zugrundeliegenden Anlassverfahren ergangene Entscheidungen beziehen. Soweit sich der Kläger mit Beweisergebnissen des vorliegenden Amtshaftungsverfahrens auseinandersetzt und insoweit den festgestellten Sachverhalt in Frage stellt, ist dies jedenfalls verfehlt (RS0043371 ua).

[3] 2. Die Revision zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf:

[4] 2.1. Zum behaupteten zweitinstanzlichen Verfahrensmangel, den der Kläger daraus ableitet, dass das Berufungsgericht die Bestimmung über die vierwöchige Berufungsfrist nicht beim Verfassungsgerichtshof angefochten habe, legt er nicht dar, welche weiteren Berufungsausführungen er im Fall einer längeren Berufungsfrist erstattet hätte. Damit zeigt er schon die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers (RS0043049) nicht auf. Auf weitere Fragen ist daher zu diesem Punkt nicht einzugehen.

[5] Soweit der Revisionswerber auch erstinstanzliche Verfahrensfehler behauptet, die vom Berufungsgericht geprüft wurden, kann er diese in dritter Instanz nicht neuerlich relevieren (RS0042963). Dies kann nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren wäre, weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei, mangelhaft geblieben (RS0042963 [T58]). Dass sich das Berufungsgericht mit Mängelrügen des Klägers gar nicht befasst hätte (RS0043144), wird nicht nachvollziehbar dargelegt.

[6] 2.2. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht lässt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage erkennen:

[7] Im Amtshaftungsverfahren ist nicht zu prüfen, ob eine im Anlassverfahren ergangene Entscheidung richtig ist, sondern nur, ob sie auf einer vertretbaren Rechtsauffassung beruhte (RS0050216 ua). Dies übergeht der Kläger über weite Strecken. Das Berufungsgericht legte seiner Entscheidung den genannten Beurteilungsmaßstab zugrunde. Dass es diesen auf den vorliegenden Fall unrichtig angewandt hätte, zeigt die Revision nicht nachvollziehbar auf.

[8] Zu aus einer überlangen Verfahrensdauer einzelner Anlassverfahren abgeleiteten Amtshaftungsansprüchen, wozu sich der Kläger auf Verurteilungen der Republik Österreich durch den EGMR stützt, fehlt es schon an Darlegungen, welche konkreten Schäden ihm daraus entstanden wären. Auf diese Anspruchsgrundlage ist daher bereits aus diesem Grund nicht weiter einzugehen.

[9] 3. Auch sonst zeigt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf (§ 510 Abs 3 ZPO). Sie ist daher zurückzuweisen.

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