RS0028875 – OGH Rechtssatz
Entschuldigt ist das Fernbleiben eines Arbeitnehmers vom Dienst nicht nur dann, wenn er - objektiv betrachtet - arbeitsunfähig war, also infolge einer Erkrankung nicht oder doch nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig war, seiner bisher ausgeübten - oder sonst einer nach dem Arbeitsvertrag zu verrichtenden - Arbeitstätigkeit nachzukommen, sondern auch dann, wenn er von einem zur Feststellung seiner Arbeitsunfähigkeit berufenen Arzt in Krankenstand genommen wurde, obwohl objektiv dazu keine Veranlassung gegeben war, er aber auf die Richtigkeit der ausgestellten ärztlichen Bescheinigung vertrauen durfte. Dem Arbeitnehmer muss in dieser Situation in aller Regel (aber nicht ausnahmslos!) der gute Glaube zugebilligt werden, sich für arbeitsunfähig zu halten, wenn der Arzt zur Feststellung seiner Arbeitsunfähigkeit gelangt. Bei diesen Regeln handelt es sich aber um Erfahrungssätze, die dem Arbeitgeber nicht das Recht nehmen, den Beweis anzutreten, dass der Arbeitnehmer trotz Vorlage einer entsprechenden Krankenstandsbescheinigung arbeitsfähig war und davon auch Kenntnis hatte oder nach den Umständen des Falles offenbar haben müsste; dies wäre etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer die ärztliche Bestätigung durch bewusst unrichtige Angabe gegenüber dem Arzt erwirkt hätte.