9ObA67/10h – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hradil und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Paul Kunsky und Helmut Tomek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Schneider Rechtsanwalts KG, Wien, gegen die beklagte Partei Wolfgang P*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz Partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 3.710,35 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits und Sozialrechtssachen vom 19. Mai 2010, GZ 7 Ra 123/09y 35, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a
Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Frage, ob im Einzelfall ausgehend von den konkreten Feststellungen das Verhalten des Arbeitnehmers einen Entlassungsgrund verwirklicht, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS Justiz RS0106298).
Wie im Parallelverfahren der Streitteile, das zu 8 ObA 52/10w beim Obersten Gerichtshof anhängig war und mit einer Zurückweisung der außerordentlichen Revision der Arbeitgeberin endete, geht es auch hier als Grundlage für die behauptete Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung ausbezahlten Lohns und zum Ersatz von Detektivkosten um die Frage, ob der beklagte Arbeitnehmer darauf vertrauen durfte, noch arbeitsunfähig zu sein oder nicht. Der achte Senat begründete, ausgehend vom identen Sachverhalt, seine Entscheidung vom 18. August 2010 insbesondere, wie folgt:
„ Der Oberste Gerichtshof hat mehrfach ausgeführt, dass der vom Arzt in den Krankenstand genommene Arbeitnehmer grundsätzlich auf die Richtigkeit der ärztlichen Bescheinigung des Arztes vertrauen kann. Dieser Grundsatz gilt allerdings dann nicht, wenn der Arbeitgeber beweist, dass der Arbeitnehmer trotz Vorlage einer Krankenstandsbescheinigung arbeitsfähig war und davon auch Kenntnis hatte oder nach den Umständen des Falles offenbar haben musste (RIS Justiz RS0028875). Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass dafür die Feststellungen keinen Hinweis bieten, ist jedenfalls vertretbar. Mit der in der Revision zitierten Entscheidung 9 ObA 206/94 ist der hier zu beurteilende Sachverhalt nicht vergleichbar. Im Gegensatz zum damals zu beurteilenden Fall steht hier fest, dass sich der Kläger sehr wohl unverändert krank fühlte und zum Zeitpunkt der Entlassung subjektiv der Meinung war, zurecht krank geschrieben zu sein. Berücksichtigt man überdies die hier festgestellten Erklärungen der behandelnden Ärztin anlässlich der Verlängerung des Krankenstands, so ist auch die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, der Kläger durfte zum damaligen Zeitpunkt darauf vertrauen, weiterhin arbeitsunfähig zu sein, keine die Zulässigkeit der Revision rechtfertigende unvertretbare Fehlbeurteilung. “
Diese Erwägungen haben auch hier zu gelten.
Die außerordentliche Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.