JudikaturJustizRS0132800

RS0132800 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
23. Mai 2019

Nach § 30b GmbHG hat das Gericht auf Antrag einer Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Stammkapitals erreichen, ein Aufsichtsratsmitglied abzuberufen, wenn hiefür ein wichtiger Grund vorliegt. Die Unzumutbarkeit der Mandatsfortsetzung bloß für die Minderheitsgesellschafterin reicht allerdings nicht aus. Ein Aufsichtsratsmitglied braucht auch die Verfolgung eigener Interessen nicht schon deswegen zu unterlassen, weil diese sich für das Unternehmen nachteilig auswirken könnten. Gemäß § 30b Abs 1a GmbHG haben die vorgeschlagenen Personen vor der Wahl zum Aufsichtsrat alle Umstände dazulegen, die die Besorgnis der Befangenheit begründen könnten. Dabei sind etwa die Tätigkeit in einem Konkurrenzunternehmen, geschäftliche Beziehungen zu einzelnen Gesellschaftern oder eine regelmäßige Beratungstätigkeit für den Vorstand – zu denken wäre insbesondere an Beratungsmandate von Rechtsanwälten – mitzuteilen. Eine unvollständige, irreführende oder unrichtige Auskunft kann einen wichtigen Grund für die Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds bilden. Aufgrund des Umstands, dass mit einer gerichtlichen Abberufung doch erheblich in die Gesellschaft eingegriffen würde, deren Generalversammlung das Aufsichtsratsmitglied gewählt hat, soll die Abberufung – dies im Gegensatz zur Privatstiftung, bei der dem Gericht aufgrund des der Privatstiftung immanenten „Kontrolldefizits“ eine deutlich wichtigere Rolle zukommt – nur ultima ratio sein. Es ist gerade nicht Sinn und Zweck des Antrags nach § 30b Abs 5 GmbHG, sich bloß eines unangenehmen Aufsichtsratsmitglieds zu entledigen.