JudikaturJustizRS0132625

RS0132625 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
24. Mai 2022

Einem urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch, gerichtet auf das Verbot von Veränderungen des Werks, können nicht nur vom Gesetz explizit zugelassene Rechte, sondern auch die verfassungsrechtlich geschützten Rechte der Kunst- und Meinungsfreiheit (Art 17a StGG; Art 10 MRK) entgegenstehen.

Entstellung ist ein besonders schwer wiegender Fall der Beeinträchtigung eines Werks. Sie ist eine tiefgreifend verändernde, verfälschende, verzerrende oder zerstückelnde Einwirkung, durch die das Werk eine andere Aussage, Färbung oder Tendenz erhält. Eine Entstellung ist nach objektiven Kriterien auszulegen; entscheidend ist der Eindruck, den das Werk nach dem Durchschnittsurteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermittelt. Nicht ausreichend ist hingegen, dass der Urheber alleine aus seiner subjektiven Sicht eine Entstellung seines Werks annimmt. Jede objektiv nachweisbare Änderung des vom Urheber geschaffenen geistig-ästhetischen Gesamteindrucks führt zu dessen Beeinträchtigung.

Änderungen iSd § 21 UrhG sind nicht nur verändernde Eingriffe mit Bearbeitungscharakter, sondern auch Beeinträchtigungen der geistigen Interessen des Urhebers durch das Umfeld der Nutzung. Die Latte der unzulässigen Beeinträchtigung muss in einem solchen Fall allerdings durchaus hoch liegen. Als Kriterien der gebotenen Interessenabwägung sind vor allem die Art und die Intensität des Eingriffs, der Grad der schöpferischen Eingenart des Werks und Verwertungszweck und Verwertungsgebiet zu berücksichtigen.

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