JudikaturJustizRS0109470

RS0109470 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
06. April 2017

Von der beantragten Ladung und Vernehmung einer Unmündigen, die Opfer eines Sexualdeliktes geworden ist, kann abgesehen werden, wenn das erkennende Gericht auf Grund konkreter (entweder sich schon aus der Aktenlage klar ergebender und/oder von einem jugendpsychiatrischen Sachverständigen aufgezeigter), sorgfältig abgewogener Tatsachen zur Überzeugung gelangt, dass die Einvernahme auch bei einer entsprechend behutsamen, die kindliche Psyche berücksichtigten Einvernahme eine fortdauernde psychische Schädigung der Unmündigen ernstlich befürchten lässt, die durch deren besondere psychische Beschaffenheit bedingt ist. Unter diesen Voraussetzungen hat das Gebot der Unmittelbarkeit und das (sonst tunlichst keiner Beschränkung zu unterwerfende) Fragerecht des Angeklagten (Art 6 Abs 3 lit d MRK) im Interesse des unmündigen Tatopfers - ausnahmsweise - zurückzutreten.

Entscheidungen
4