JudikaturJustizRS0100103

RS0100103 – OGH Rechtssatz

Rechtssatz
19. Oktober 2022

1. Nur bei konkreten Anhaltspunkten für eine bei der Urteilsverkündung oder danach vor der Abgabe eines Rechtsmittelverzichts eingetretene prozessuale Diskretionsunfähigkeit oder Dispositionsunfähigkeit des Angeklagten, welche die Wirksamkeit seines Verzichts beeinträchtigen könnte, sind Ermittlungen darüber erforderlich. 2. Ein Motivirrtum ist für die Wirksamkeit darauf zurückzuführender prozessualer Erklärungen unbeachtlich, sofern er nicht auf einem Fehlverhalten des Gerichts beruht, wie etwa auf einer (gegen § 3 StPO verstoßenden) - allenfalls mittelbaren - unrichtigen Information über Inhalt, Voraussetzungen oder (mögliche) Folgen einer Rechtsmittelerklärung (hier: über das Recht auf Inanspruchnahme kostenloser Verteidigung im Rechtsmittelverfahren). Nicht auf einem Fehler des Gerichts beruhende Fehlinformationen des Angeklagte durch den Verteidiger beeinträchtigten daher die Wirksamkeit einer darauf zurückführenden Rechtsmittelerklärung nicht.

Entscheidungen
13