JudikaturDSB

K121.366/0008-DSK/2008 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2008

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Dr. BLAHA, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Mag. MAITZ-STRASSNIG und Mag. HEILEGGER sowie des Schriftführers Dr. KÖNIG in ihrer Sitzung vom 11. Juli 2008 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Egon SCH*** jun. (Beschwerdeführer) aus Wien vom 25. Jänner 2008 gegen den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten in Folge Ermittlung von Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers in einem Verfahren zur Festsetzung von Zeugengebühren wird gemäß den §§ 1 Abs. 1, 4 Z 9, 7 Abs. 1 und 3 und 31 Abs. 2 des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr. 165/1999 idgF, iVm § 51a des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF und § 19 Abs. 2 des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) BGBl. Nr. 136/1975 idgF, entschieden:

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in einer Beschwerde vom 25. Jänner 2008 eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass der Beschwerdegegner im Verfahren GZ: UVS-KO *6/1**/2007/2* für Zwecke der Bestimmung der Zeugengebühr (Zeitversäumnis) der Walpurga Sch*** am 28. November 2007 eine schriftliche Anfrage an die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) nach den Versicherungszeiten des Beschwerdeführers sowie nach dessen Arbeitgebern im Jahre 2006 gerichtet habe. Der Beschwerdeführer brachte vor, am betreffenden Verfahren nicht beteiligt gewesen zu sein. Er beantragte die „Verurteilung des UVS Wien“ sowie die Festsetzung eines entsprechenden Schadenersatzbetrages.

Der Beschwerdegegner bestritt dieses Vorbringen in seiner Stellungnahme vom 12. Februar 2008 und brachte vor, Walpurga Sch*** sei in der Berufungssache GZ UVS- 0*/*/7*/7*1/2006 mit Ladungsbescheid als Zeugin zu der am 21. November 2006 durchgeführten Berufungsverhandlung geladen worden, sei auch erschienen, und habe anschließend Zeugengebühren beantragt. Sie habe sich in ihrem Unternehmen (Parfümeriegeschäft) während der Zeit der ladungsbedingten Abwesenheit vertreten lassen müssen und habe zur Bescheinigung des ihr entstandenen Aufwandes eine von „Ing. Egon Sch*** W***straße 11, 1*** Wien“ gelegte Rechnung über Euro 300,-- (inkl. USt) für ihre Vertretung am 22. November 2006 in der Zeit von 8:30 bis 11.00 Uhr vorgelegt. Daraufhin sei ein Ermittlungsverfahren zur Überprüfung des Sachverhaltes (Bestehen eines Gewerbebetriebes, ständige Beschäftigung von Dienstnehmern) eingeleitet worden. Am 8. November 2007 sei bei der WGKK angefragt worden, ob die Zeugin als Gewerbetreibende mit Standort W***straße 13, 1*** Wien, Angestellte zur Sozialversicherung angemeldet habe. Die WGKK habe darauf hin die Beitragsdaten des Egon-Wilhelm Sch***, Geburtsdatum *6. **** 1966, bekannt gegeben. Mit dem folgenden Schreiben vom 28. November 2007 habe man dann, wie vom Beschwerdeführer richtig vorgebracht, dessen vollständige Versicherungsdaten angefordert, da aus der ersten Mitteilung der WGKK das Ausmaß und der Charakter des Beschäftigungsverhältnisses (Arbeiter oder Angestellter) nicht erkennbar waren. Da der Zeugin nur dann die beanspruchten Gebühren zustehen können, wenn sie in ihrem Betrieb nicht durch eigene, ständig beschäftigte Angestellte angemessen vertreten werden könne, sei diese Anfrage für Zwecke des gebührenrechtlichen Ermittlungsverfahrens gemäß § 7 Abs. 1 und 2 DSG 2000 erforderlich und zulässig gewesen (das Gebührenverfahren sei im Übrigen noch nicht rechtskräftig abgeschlossen).

Der Beschwerdeführer replizierte auf das Vorbringen des Beschwerdegegners mit Stellungnahme vom 28. Februar 2008, in der er im Wesentlichen mit rechtlichen Argumenten die Zulässigkeit und Notwendigkeit amtswegiger Ermittlungen der gepflogenen Art bestritt.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand die Frage ist, ob der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer durch amtswegige Ermittlung von Sozialversicherungsdaten für Zwecke des Verfahrens zur Bestimmung der Zeugengebühren der Walpurga Sch*** in seinem Recht auf Geheimhaltung verletzt hat.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Walpurga Sch*** war in der Verwaltungsstrafsache GZ: UVS- 0*/*/7*/7*1/2006/13 mit Ladungsbescheid vom 21. September 2006 als Zeugin zu der am 22. November 2006 durchgeführten Berufungsverhandlung geladen worden. Die Zeugin machte nach ihrer Teilnahme an der Verhandlung mit Schreiben (Telefax) vom 22. November 2006 den durch die Kopie einer Rechnung des Ing. Egon Sch*** (Anmerkung: dabei handelt es sich um den Vater des Beschwerdeführers, Ing. Egon Sch*** sen.) bescheinigten Betrag von Euro 300,-- (inkl. USt) für die Vertretung in ihrer Parfümerie am 22. November 2006 in der Zeit von 8:30 bis 11.00 Uhr als Zeugengebühr geltend.

Darauf wurde von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren zur Überprüfung des möglicherweise einen Gebührenanspruch begründenden Sachverhaltes eingeleitet. Am 8. November 2007 wurde bei der WGKK angefragt, ob die Zeugin als Gewerbetreibende mit Standort W***straße 13, 1*** Wien, Angestellte zur Sozialversicherung angemeldet habe. Die WGKK übermittelte daraufhin einen kurzen mit „Beitragsdaten“ betitelten Computerausdruck vom 19. November 2007 aus dem hervorgeht, dass ein „Sch*** Egon-Wilhelm – MAENNLICH“, Geburtsdatum „*6 ** 66“ mit Eintrittsdatum „25 08 03“ mit einer Betragsgrundlage von 180,00 Euro beschäftigt wird (dabei handelt es sich um den Sohn der Walpurga Sch***, den Beschwerdeführer). Mit dem folgenden Schreiben vom 28. November 2007, GZ: UVS-KO *6/1**/2007/2*, ersuchte der Beschwerdegegner um „Mitteilung der Versicherungszeiten betreffend Herrn Egon SCH***, geb. *6. **. 1966, wohnhaft 1*** Wien, W***straße 11/13, sowie bei welchem(n) Arbeitgeber(n) er insbesondere im Jahr 2006 zur Sozialversicherung gemeldet war.

Die WGKK übermittelte darauf hin einen als „Versicherungsdatenauszug“ betitelten, (samt Erläuterungen) wesentlich umfangreicheren Ausdruck vom 5. Dezember 2008, der folgende Daten des Beschwerdeführers enthält (leicht gekürzt dargestellt):

Weitere Daten des Versicherungsdatenauszugs betreffen die Zeugin Walpurga Sch*** als Dienstgeberin des Beschwerdeführers sowie die WGKK selbst (als das Sammelkonto für Selbstversicherte gemäß § 19a ASVG führende Stelle).

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf den vom Beschwerdegegner in Kopie als Beilagen (1. bis 6.) mit der Stellungnahme vom 12. Februar 2008 vorgelegten Urkunden und Ausdrucken. Im Übrigen steht der Sachverhalt im Sinne des tatsächlichen Geschehens (insbesondere Schritte der Datenermittlung) zwischen den Parteien außer Streit, und ist im Ermittlungsverfahren nichts hervorgekommen, was zu anderen Feststellungen der Datenschutzkommission hätte führen können.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Grundrecht auf Datenschutz“:

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 4 Z 9 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Definitionen“:

§ 4 . Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

§ 7 Abs. 1 und 3 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Zulässigkeit der Verwendung von Daten“:

§ 7 . (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) [...]

(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“

§ 8 Abs. 1 und 3 Z 1 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten“:

§ 8 . (1) Gemäß § 1 Abs. 1 bestehende schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn

(2) [...]

(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten

1. für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder“

§ 51a AVG lautet unter der Überschrift „Gebühren der Zeugen und Beteiligten im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten“:

§ 51a . Zeugen, die im Verfahren vor den unabhängigen Verwaltungssenaten zu Beweiszwecken vernommen werden oder deren Vernehmung ohne ihr Verschulden unterbleibt, haben Anspruch auf Gebühren nach § 2 Abs. 3 und den §§ 3 bis 18 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136. Die Gebühr ist gemäß § 19 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 beim unabhängigen Verwaltungssenat geltend zu machen.“

§ 19 GebAG lautet unter der Überschrift „Geltendmachung der Gebühr“:

§ 19 . (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des § 16 binnen vier Wochen nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen. Dies gilt für die Beiziehung zur Befundaufnahme durch den Sachverständigen (§ 2 Abs. 1) mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr bei dem Gericht geltend zu machen hat, das den Sachverständigen bestellt hat.

(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren § 3 Abs. 2), zu bescheinigen.

(3) Auf seine Ansprüche und die allfällige Notwendigkeit des Beweises oder der Bescheinigung ist der Zeuge durch das Gericht in der Ladung aufmerksam zu machen. Dies gilt für den Sachverständigen bei dessen Einladung eines Zeugen (§ 2 Abs. 1) sinngemäß.“

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) Grundsätzliches

Die Zulässigkeit der Ermittlung von Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers kann sich, in Ermangelung einer ausdrücklichen und präzisen gesetzlichen Ermächtigung (§ 8 Abs. 1 Z 1 DSG 2000), dann auf die §§ 7 Abs. 1 und 8 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 stützen, wenn sie als gelindestes Mittel (§ 7 Abs. 3 DSG 2000) und im Lichte der gebotenen Interessenabwägung eine wesentliche Voraussetzung für eine dem UVS gesetzlich übertragene Aufgabe war.

Außer Zweifel steht, dass die Bestimmung von Zeugengebühren dem UVS durch die §§ 51a bis 51d AVG gesetzlich zur Aufgabe gemacht ist. Zu erwägen ist demnach weiterhin, ob der UVS dabei dem Gesetz entsprechend vorgegangen ist und die Verhältnismäßigkeit gewahrt hat (Anwendung des gelindesten Mittels).

Der Beschwerdeführer bringt dazu rechtlich sinngemäß vor, das AVG sei auf dieses Verfahren nicht anzuwenden, und das GebAG sehe eine Entscheidung allein auf Grundlage der vom Zeugen beigebrachten Bescheinigungsmittel vor.

b) Anwendbarkeit des AVG

Die Anwendbarkeit des AVG steht aus folgenden Gründen fest:

Die vom Beschwerdeführer zitierten VwGH-Entscheidungen (VwGH 27. 5. 1992, 92/17/0124, 15. 4. 1999, 92/17/0183, 18. 9. 2001, 2001/17/0054, 25. 5. 2005, 2004/17/0004), in denen die Anwendbarkeit des AVG verneint wird, betreffen samt und sonders Fälle, in denen ein Organ der Justizverwaltung im Verfahren der Gerichte Zeugengebühren bestimmt hatte (bzw. dabei säumig war). Diese Gesetzesauslegung findet daher ihren Grund darin, dass mangels Aufzählung der Gerichte in Artikel II EGVG im Verfahren in Justizverwaltungssachen das AVG nicht (direkt) zur Anwendung gelangt, während für die Unabhängigen Verwaltungssenate in Art. II Abs. 2 Z 2 EGVG das Gegenteil ausdrücklich angeordnet ist. Weiters verkennt der Beschwerdeführer die Rechtslage, weil ohne Anwendbarkeit des AVG gar keine Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Zeugengebühren bestünde, findet sich dieselbe doch in den §§ 51a bis 51d des AVG, wo Teile der Bestimmungen des GebAG, welches Gesetz ansonsten nur im gerichtlichen Verfahren gilt (vgl. § 1 Abs. 1 GebAG), erst im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde UVS für anwendbar erklärt werden. Demnach ist auf das Verfahren zur Bestimmung von Zeugengebühren durch den UVS das AVG anzuwenden, soweit die anwendbaren Bestimmungen des GebAG (als besonderes Materiengesetz – lex specialis) nichts anderes vorsehen.

c) Zulässigkeit amtswegiger Ermittlungen - Verhältnismäßigkeitsprüfung

Nun enthält das GebAG im – hier anwendbaren – § 19 Abs. 2 GebAG eine besondere Beweisregel (Bescheinigungslast des Zeugen), die auch vom UVS zu beachten ist. Bescheinigt der Zeuge daher seinen (nicht auf festen Sätzen beruhenden) Gebührenanspruch entgegen § 19 Abs. 2 GebAG überhaupt nicht oder nicht durch geeignete Urkunden, so ist der Gebührenanspruch ohne weitere Ermittlungen abzuweisen. Dem Gesetz ist aber nicht zu entnehmen, dass es dem UVS untersagt wäre, einen urkundlich (insbesondere der Höhe nach) bescheinigten Gebührenanspruch (hier in der Höhe von immerhin Euro 300,--, die aus öffentlichen Mitteln zu bezahlen wären) auf seine weiteren sachverhaltsmäßigen Grundlagen hin zu überprüfen. Durch § 51a AVG iVm § 19 Abs. 2 GebAG wird der Grundsatz der Amtswegigkeit des Ermittlungsverfahrens (§ 39 Abs. 2 AVG) nicht außer Kraft gesetzt. Daraus folgt, dass der UVS dem Grunde nach berechtigt war, zu ermitteln, ob im Gewerbebetrieb der Zeugin Walpurga Sch*** ein Angestellter beschäftigt war, der die Zeugin auch ohne (kurzfristige) Beschäftigung des Ing. Egon Sch*** vertreten hätte können. In diesem Sinne entschied auch der VwGH über die Frage der Zeugengebühren in dieser Sache (Erkenntnis des VwGH vom 28. August 2007, Zl. 2007/17/0094, vorgebracht vom Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 28. Februar 2008): „Die Behörde hat die Zeugin (nur) zum Nachweis des ihr tatsächlich entgangenen Einkommens aufgefordert. Die Zeugin hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie die Parfümerie alleine betreibe und daher einen Stellvertreter beauftragt habe. Soferne die Behörde die Angaben der Zeugin nicht als ausreichend erachtet haben sollte, dass ohne die Bestellung des Stellvertreters die Aufrechterhaltung des Betriebes nicht möglich gewesen sei, hätte die Behörde zu weiteren Bescheinigungen auffordern müssen bzw. allenfalls von Amts wegen festzustellen gehabt, dass Umstände vorlagen, die die Bestellung eines Stellvertreters für das Unternehmen der Zeugin entbehrlich gemacht hätten. [...] Im Falle der Bestellung eines Stellvertreters ist vielmehr die Notwendigkeit zu dessen Bestellung nachzuweisen“ (Unterstreichung nicht im Original). Dabei war die Frage wesentlich, ob eine beschäftigte Person als Angestellter (vgl. § 1 Abs. 1 AngG) oder Arbeiter beschäftigt war.

Wenn es denkmöglich ist, dass die von der ersuchenden Behörde verlangten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind, ist die Zulässigkeit der Ermittlung aus datenschutzrechtlicher Sicht gegeben (vgl. den Bescheid der Datenschutzkommission vom 29. November 2006, GZ K121.229/0006-DSK/2006, RIS). Die Denkmöglichkeit als Ausdruck des in § 1 Abs. 2 und § 7 Abs. 3 DSG 2000 normierten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gilt dabei als wichtigstes Abgrenzungskriterium. Die Datenschutzkommission lehnt in ständiger Rechtsprechung eine genau inhaltliche Prüfung des Ermittlungsverfahrens der sachlich zuständigen Behörde ab, da dies faktisch einer Rechtmäßigkeitsprüfung des Verfahrens und damit einem Eingriff in die verfassungsgesetzlich garantierte Zuständigkeit des Beschwerdegegners (und des Verwaltungsgerichtshofes, da dieser gemäß Art 130 Abs. 1 lit a B-VG zur Rechtskontrolle [Rechts- und Verfahrenskognition, vgl. § 42 Abs. 2 Z 3 lit c VwGG] hinsichtlich der Bescheide der Unabhängigen Verwaltungssenate berufen ist) gleichkäme (vgl. zuletzt mit ausführlicher Begründung den Bescheid der Datenschutzkommission vom 27. April 2007, GZ K121.277/0016- DSK/2007, RIS). Nur im Sinne der Entscheidungspraxis (vgl. etwa den Bescheid der Datenschutzkommission vom 14. September 2001, GZ K120.705/010-DSK/2001, RIS) eindeutig überschießende , weil für den Zweck des durchgeführten Verfahrens keinesfalls wesentliche sowie unrichtige Daten dürfen nicht ermittelt bzw. der sachlich zuständigen Behörde nicht übermittelt werden, da dies in das Grundrecht auf Geheimhaltung eingreifen würde (Bescheid der Datenschutzkommission vom 20. Mai 2005, GZ K120.956/0003- DSK/2005, RIS).

Zu prüfen war daher, ob die Ermittlung der Daten des Beschwerdeführers bei der Wiener Gebietskrankenkasse durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien denkmöglicherweise geeignet ist, die Frage der Bestimmung der Zeugengebühren beurteilen zu können. Dies ist jedenfalls zu bejahen, weil gerade die Kenntnis dieser Daten für die Beurteilung des Anspruches auf Zeugengebühren erforderlich ist. Dem UVS ist es, wie bereits oben unter Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis Zl. 2007/17/0094 ausgeführt, nicht verwehrt, einen von der Zeugin bescheinigten Gebührenanspruch einer amtswegigen Überprüfung zu unterziehen.

Damit waren die gepflogenen Ermittlungen des UVS im Ergebnis zur Klärung dieser Frage geeignet und damit gemäß § 8 Abs. 3 Z 1 DSG 2000 wesentliche Voraussetzung für eine dieser Behörde gesetzlich übertragene Aufgabe.

Weiters ist die Frage, ob durch die schriftliche Anfrage bei der Wiener Gebietskrankenkasse betreffend die Versicherungszeiten des Beschwerdeführers durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien der Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz mit dem gelindesten zur Verfügung stehenden Mittel erfolgt ist, wie folgt zu beantworten: Bei den angefragten Daten handelt es sich um solche - nämlich jene des Beschwerdeführers - die in jedem Fall ermittelt hätten werden müssen. Eine differenzierende Betrachtungsweise der Ermittlung der Daten, entweder durch Befragung der Zeugin, Aufforderung zur Vorlage weiterer Urkunden oder durch Anfrage bei der WGKK, ist im Hinblick auf die Frage des gelindesten Mittels hier nicht geboten. Zur Klärung der Rechtsfragen durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien sind die in Rede stehenden Daten jedenfalls erforderlich, was dazu führt, dass in diesem Fall die Beantwortung der Frage, ob bei der Ermittlung der Daten das gelindeste Mittel und damit die Zulässigkeit der Datenanwendung gegeben war, zu keiner anderen rechtlichen Würdigung führt.

Die Beschwerde war daher im Hauptpunkt spruchgemäß abzuweisen.

d) Datenschutzkommission unzuständig für Schadenersatzforderungen

Der Beschwerdeführer stellt auch den Antrag auf „Festsetzung eines entsprechenden Schadenersatzbetrages“.

Gemäß § 33 Abs. 1 DSG 2000 hat der Betroffene gegen den Auftraggeber oder Dienstleister Anspruch auf Schadenersatz nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts. Solche Ansprüche sind aber, wie aus § 33 Abs. 4 iVm § 32 Abs. 4 DSG 2000 klar hervorgeht, durch Klage auf dem gerichtlichen Rechtsweg geltend zu machen. Da der Anspruch auf Schadenersatz auch nicht zu den aus dem Grundrecht auf Datenschutz gemäß § 1 DSG 2000 ableitbaren Ansprüchen (Geheimhaltung, Löschung, Richtigstellung, Auskunft) gehört, fällt er gemäß § 1 Abs. 5 DSG 2000 nicht in die Zuständigkeit der Datenschutzkommission (vgl. den Bescheid der Datenschutzkommission vom 05. April 2002 GZ K120.766/004-DSK/2002, RIS RS3).

Der Antrag auf Festsetzung von Schadenersatzleistungen war daher spruchgemäß wegen Unzuständigkeit der Datenschutzkommission zurückzuweisen.

Rückverweise