JudikaturDSB

K121.739/0013-DSK/2011 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2011

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

B E S C H E I D

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Mag. HUTTERER, Mag. MAITZ-STRASSNIG, Mag. ZIMMER, Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, und Dr. HEISSENBERGER sowie der Schriftführerin Mag. HAJICEK in ihrer Sitzung vom 16. Dezember 2011 folgenden Beschluss gefasst:

S p r u c h

Über die Beschwerde des Mag. Udo B*** (Beschwerdeführer) aus O*** vom 11. Juli 2011 gegen das Bundesministerium für Finanzen, das Bundesministerium für Wirtschaft Familie und Jugend und das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung im Juni 2011 in Folge Verwendung seiner Daten als Bezieher von Familienbeihilfe für die Adressierung eines Informationsschreibens des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, Dr. Karlheinz Töchterle, betreffend Voranmeldung für Universitätsstudien, wird entschieden:

- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.

Rechtsgrundlagen : § 1 Abs 1 und 2, § 7, § 8 Abs 1 Z 4 und Abs 3 Z 1 sowie § 31 Abs 7 und § 47 Abs 2 Z 2 lit a des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl I Nr 165/1999 idgF, iVm §§ 46a Abs 1 bis 3 und 51 Abs 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG), BGBl Nr 376/1967 idgF, und § 2 Abs 1 und Anlage zu § 2 Teil 1 Z 10 des Bundesministeriengesetzes 1986 (BMG), BGBl Nr 76/1986 idgF.

B e g r ü n d u n g:

A. Vorbringen der Parteien

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner am 11. Juli 2011 per E-Mail eingebrachten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass seine Daten als Empfänger von Familienbeihilfe für den Versand eines „eigenartigen“ und enorme Kosten verursachenden Informationsbriefes des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, Dr. Karlheinz Töchterle, verwendet worden seien (im Juni 2011). Seine Daten seien also ohne seine Zustimmung an das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (in weiterer Folge kurz: BMWF) übermittelt worden. Laut Auskunft des BMWF (E-Mail vom 8. Juli 2011) seien die Daten vom Bundesministerium für Finanzen (in weiterer Folge kurz: BMF) und vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (in weiterer Folge kurz: BMWFJ) zur Verfügung gestellt worden.

Das BMF bestritt mit Stellungnahme vom 4. August 2011 sinngemäß seine Passivlegitimation. Es besitze keine Verfügungslegitimation über die betreffenden Daten. Lediglich die Auszahlung der Familienbeihilfe werde auf Grund gesetzlicher Anordnung durch die Finanzämter abgewickelt. In Frage kommende Oberbehörde in Sachen Familienlastenausgleich sei jedoch das BMWFJ. Im Beschwerdefall sei die Verarbeitung (Datenauswahl) auch durch die Bundesrechenzentrum Ges.m.b.H. (als Dienstleisterin der Finanzverwaltung, im Folgenden kurz: BRZ) erfolgt, was möglicherweise zu einer missverständlichen Formulierung im in der Beschwerde zitierten Schreiben des BMWF Anlass gegeben habe.

Das BMWFJ brachte mit Stellungnahme vom 6. Oktober 2011 vor, das Inkrafttreten von § 60 Abs 1b UG idF BGBl I Nr 13/2011 habe das BMWF veranlasst, ein Informations- und Erinnerungsschreiben des Bundesministers an den in Frage kommenden Personenkreis (insbesondere Eltern von potenziellen Studienanfängern) zu konzipieren, wonach eine Zulassung zum Studium – als Grundlage für den Weiterbezug der Familienbeihilfe – nur mehr auf Grund rechtzeitiger Voranmeldung möglich sei. Dieser Brief sei mit Hilfe der BRZ und Zustimmung des BMWFJ unter Verwendung der Daten der Familienbeihilfebezieher adressiert und zum Versand gebracht worden.

Der Beschwerdeführer brachte (in zwei Stellungnahmen vom 28. August und 18. Oktober 2011) dazu vor, gemäß § 51 Abs 1 FLAG sei der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend im Bereich der Vollziehung dieses Gesetzes auch „Abgabenbehörde“. Gemäß § 46a Abs 1 FLAG seien die Abgabenbehörden des Bundes zur Datenverarbeitung für Zwecke des Vollzugs der Bestimmungen über den Familienlastenausgleich berechtigt, somit letztlich das BMF und nicht das BMWFJ für die Datenverwendung verantwortlich. Die Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung stellten klar, dass Datenübermittlung taxativ nur zwischen den in § 46a Abs 2 Z 1 bis 4 FLAG aufgezählten Behörden und Körperschaften zulässig sei. Die Übermittlung sei daher auf gesetzwidrige bzw. auf Weisung eines unzuständigen Organs erfolgt. In eventu mache er mögliche Datenschutzverletzungen durch alle in Frage kommenden Organe geltend. Allgemeine Erwägungen zur Interessenlage der Betroffenen und der beteiligten Ministerien, wie sie das BMWFJ anstelle, vermögen die Verwendungsbeschränkung gemäß § 46a Abs 2 Z 1 bis 4 FLAG nicht außer Kraft zu setzen.

B. Beschwerdegegenstand

Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegen-stand die Frage ist, a) unter wessen auftraggeberischer Verantwortung die Datenverwendung für Zwecke des Versands eines Informations- und Erinnerungsschreibens des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung erfolgte und b) ob die Daten des Beschwerdeführers dafür rechtmäßig verwendet worden sind.

C. Sachverhaltsfeststellungen

Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:

Das Inkrafttreten von § 60 Abs. 1b UG idF BGBl I Nr 13/2011 veranlasste das BMWF, ein Informations- und Erinnerungsschreiben des Bundesministers an den in Frage kommenden Personenkreis (Eltern von potenziellen Studienanfängern) zu konzipieren, wonach eine Zulassung zum Studium – als Grundlage für den Weiterbezug der Familienbeihilfe – nur mehr auf Grund rechtzeitiger Voranmeldung möglich sei. Der Beschwerdeführer bezieht für zwei studierende Kinder Familienbeihilfe. Seine Daten werden daher vom Finanzamt R*** (Außenstelle E***) in der Datenanwendung Nr. 000*65*/008 (Festst. d. Anspr. n. d. Familienlastenausgleichsgesetz sowie Auszahlungen u. Rückford. hieraus) verarbeitet. Dienstleister hiefür ist die BRZ. Name und Adresse des Beschwerdeführers wurden im Juni 2011 auf Weisung aus dem BMWFJ durch die BRZ ausgewählt und zur Adressierung, zum Druck und zum Versand eines Schreibens des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung, o. Univ. Prof. Dr. Karlheinz Töchterle, verwendet, in dem dieser Studierende und deren Eltern auf die oben zitierten neuen studienrechtlichen Bestimmungen (und mögliche Rechtsfolgen im Bereich der Familienbeihilfe) aufmerksam machte.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen auf dem Vorbringen der Parteien (insbesondere der Stellungnahme des BMWFJ vom 6. Oktober 2011, GZ: BMWFJ-510101/0020- II/1/2011, dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Brief des Bundesministers sowie auf dem offenen Datenverarbeitungsregister.

D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :

1. anzuwendende Rechtsvorschriften

Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Grundrecht auf Datenschutz

§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Zulässigkeit der Verwendung von Daten

§ 7 . (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.

(2) Daten dürfen nur übermittelt werden, wenn

(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.“

§ 8 Abs 1 bis 3 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei

Verwendung nicht-sensibler Daten

§ 8 . (1) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind bei Verwendung nicht-sensibler Daten dann nicht verletzt, wenn

(2) Bei der Verwendung von zulässigerweise veröffentlichten Daten oder von nur indirekt personenbezogenen Daten gelten schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen als nicht verletzt. Das Recht, gegen die Verwendung zulässigerweise veröffentlichter Daten gemäß § 28 Widerspruch zu erheben, bleibt unberührt.

(3) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen sind aus dem Grunde des Abs. 1 Z 4 insbesondere dann nicht verletzt, wenn die Verwendung der Daten

1. für einen Auftraggeber des öffentlichen Bereichs eine

wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer ihm

gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder

2. durch Auftraggeber des öffentlichen Bereichs in Erfüllung

der Verpflichtung zur Amtshilfe geschieht oder

3. zur Wahrung lebenswichtiger Interessen eines Dritten

erforderlich ist oder

4. zur Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung zwischen

Auftraggeber und Betroffenem erforderlich ist oder

5. zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von

Rechtsansprüchen des Auftraggebers vor einer Behörde

notwendig ist und die Daten rechtmäßig ermittelt wurden

oder

6. ausschließlich die Ausübung einer öffentlichen Funktion

durch den Betroffenen zum Gegenstand hat oder

7. im Katastrophenfall, soweit dies zur Hilfeleistung für

die von der Katastrophe unmittelbar betroffenen

Personen, zur Auffindung und Identifizierung von

Abgängigen und Verstorbenen und zur Information von

Angehörigen notwendig ist; im letztgenannten Fall gilt

§ 48a Abs. 3.“

§ 47 Abs 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:

Zurverfügungstellung von Adressen zur Benachrichtigung und Befragung von Betroffenen

§ 47 . (1) Soweit gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, bedarf die Übermittlung von Adreßdaten eines bestimmten Kreises von Betroffenen zum Zweck ihrer Benachrichtigung oder Befragung der Zustimmung der Betroffenen.

(2) Wenn allerdings angesichts der Auswahlkriterien für den Betroffenenkreis und des Gegenstands der Benachrichtigung oder Befragung eine Beeinträchtigung der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen unwahrscheinlich ist, bedarf es keiner Zustimmung, wenn

§ 46a FLAG lautet samt Überschrift:

ADV-Verfahren

§ 46a . (1) Im Verfahren zur Gewährung von Beihilfen nach diesem Bundesgesetz sind die Abgabenbehörden des Bundes berechtigt, die hiefür notwendigen personenbezogenen Daten der antragstellenden Personen (des Zahlungsempfängers), der im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten oder Lebensgefährten und der Kinder automationsunterstützt zu ermitteln und zu verarbeiten; das sind folgende Daten:

(2) Zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen ist

(3) Der Beginn und die Durchführung des automationsunterstützten Datenverkehrs gemäß Abs. 2 Z 1 und 3 sind vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie und dem Bundesminister für Arbeit und Soziales nach Anhörung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger nach Maßgabe der technisch-organisatorischen Möglichkeiten durch Verordnung zu bestimmen.

(4) Der Beginn und die Durchführung des automationsunterstützten Datenverkehrs gemäß Abs. 2 Z 4 sind vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend nach Anhörung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung nach Maßgabe der technisch-organisatorischen Möglichkeiten durch Verordnung zu bestimmen.“

§ 51 Abs 1 FLAG lautet:

§ 51 . (1) Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie ist in Angelegenheiten des Familienlastenausgleiches auch Abgabenbehörde im Sinne des § 49 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961. Bei der sich hieraus ergebenden Anwendung der Bundesabgabenordnung stehen dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie die dem Bundesminister für Finanzen nach der Bundesabgabenordnung obliegenden Befugnisse zu.“

§ 2 BMG lautet samt Überschrift:

Wirkungsbereich der Bundesministerien

§ 2 . (1) Der Wirkungsbereich der Bundesministerien umfaßt:

1. die Geschäfte, die

(2) Die Bundesministerien haben gemäß den Weisungen (Art. 20 Abs. 1 B-VG) und unter der Verantwortung (Art. 74, 76 und 142 B-VG) des mit ihrer Leitung (Art. 77 Abs. 3 B-VG) betrauten Bundesministers im Rahmen ihres Wirkungsbereiches auf Grund der Gesetze die ihnen durch bundesverfassungsgesetzliche Vorschriften, allgemeine Entschließungen des Bundespräsidenten, durch dieses Bundesgesetz oder andere bundesgesetzliche Vorschriften oder durch Verordnungen auf Grund des § 15 übertragenen Geschäfte der obersten Bundesverwaltung in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise zu besorgen.

(3) Geschäfte der obersten Bundesverwaltung im Sinne des Abs. 2 sind Regierungsakte, Angelegenheiten der behördlichen Verwaltung oder der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten.“

Teil 1 der Anlage zu § 2 BMG lautet auszugsweise:

Anlage zu § 2

TEIL 1

1.[…]

10. Angelegenheiten der Information über den Ressortbereich einschließlich des Verkehrs mit der Presse, dem Hörfunk und dem Fernsehen “

2. rechtliche Schlussfolgerungen

a) auftraggeberische Verantwortung

§ 46a Abs 1 erster Satz FLAG ermächtigt die „Abgabenbehörden des Bundes“ zur Datenverwendung für Zwecke der Vollziehung dieses Gesetzes. Gemäß § 51 Abs 1 FLAG ist der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie (bzw. nunmehr der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) in diesem Zusammenhang Abgabenbehörde.

Das BMWFJ war daher im Beschwerdefall Geschäftsapparat der dem nach dem Wohnsitz des Beschwerdeführers zuständigen Finanzamt übergeordneten Abgabenbehörde (des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend).

Somit ist die Beschwerde gegen das BMF hier jedenfalls unbegründet. Die auch datenschutzrechtlich auftraggeberisch für die Übermittlung verantwortliche Organisationseinheit war das BMWFJ.

b) betreffend die Zulässigkeit des Eingriffs

Es steht somit fest, dass Daten der Abgabenbehörde auf Entscheidung des BMWFJ für Zwecke des BMWF verwendet worden sind. Aus der Sicht des ersten Auftraggebers lag eine Datenübermittlung, aus der Sicht des zweiten eine Datenermittlung vor, die jeweils durch eine Kette von beim selben Dienstleister (BRZ) ausgeführten Verarbeitungsschritten erfolgte.

Es ist zunächst zu prüfen, ob die Verwendung der für den Zweck der FLAG-Vollziehung verarbeiteten Daten tatsächlich, wie vom Beschwerdeführer behauptet, auf die in § 46a Abs 2 Z 1 bis 4 FLAG erwähnten Auftraggeber beschränkt sein soll (taxative Aufzählung).

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, lauten auszugsweise (981 BlgNR XXIV GP, Seite 226):

Zu Z 34 und 35 (§ 46a Abs. 2 Z 4 und Abs. 4):

Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode beinhaltet auch den Passus „Verwaltungsvereinfachung bei der Familienbeihilfe“.

Festzuhalten ist, dass das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen bei der Gewährung der Familienbeihilfe durch die Finanzämter laufend zu überprüfen ist. Es sind in diesem Zusammenhang direkte Kontakte mit Antragsteller/innen oder Anspruchsberechtigten erforderlich, wobei oftmals auch Nachweise in Papierform zu erbringen sind.

Eine Verwaltungsvereinfachung kann durch einen Datenaustausch mit verschiedenen externen Institutionen erzielt werden, die über die im Familienbeihilfenverfahren erforderlichen Daten in elektronischer Form verfügen.

Das erleichtert für die Bürger/innen und auch die Finanzverwaltung die Überprüfungsabläufe.

Es ist daher zunächst daran gedacht, den Vollzug der Gewährung der Familienbeihilfe für Studierende zu vereinfachen. Es soll ein automationsunterstützter Datenverkehr mit den öffentlichen Universitäten eingerichtet werden, wobei der – nach dem Bildungsdokumentationsgesetz vorgesehene – diesbezügliche Datenverbund als Drehscheibe dienen soll.

Hiefür ist eine Rechtsgrundlage im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 zu schaffen, die den geplanten Datenaustausch konkretisiert.

Der tatsächliche Beginn der Durchführung dieses automationsunterstützten Datenverkehrs ist durch Verordnung zu bestimmen. Die Umsetzung kommt in der Folge dem für organisatorisch-technische Angelegenheiten des Vollzuges im Rahmen der Finanzverwaltung zuständigen BM für Finanzen zu.“

Im Gegensatz zu den Ausführungen des Beschwerdeführers ist den Gesetzesmaterialien hier keine Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, die Verwendung der Daten der in § 46a Abs 1 Z 1 bis 17 FLAG aufgezählten Datenarten und Betroffenenkreise exklusiv auf die in § 46a Abs 2 Z 1 bis 4 FLAG aufgezählten Auftraggeber zu beschränken. Beabsichtigt war vielmehr eine spezielle Ermächtigung zu einem besonders eingriffsintensiven Datenaustausch zwischen den aufgezählten Auftraggebern zwecks Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens nach dem FLAG (siehe Überschrift vor § 46a FLAG), insbesondere hinsichtlich der in § 46a Abs 2 Z 2 FLAG vorgesehenen Verknüpfung mit abgabenrechtlichen Daten. Diese verfahrensrechtliche Verwendungsbestimmung steht jedoch einer auf § 8 Abs 1 Z 4 und Abs 3 Z 1 DSG 2000 gestützten Verwendung von Namens- und Adressdaten für andere Zwecke nicht entgegen („allgemeine Rückfallsebene“, vgl. die Bescheide der Datenschutzkommission vom 24.02.2010, GZ: K121.560/0003-DSK/2010, RIS, sowie vom 11.07.2008 K121.366/0008-DSK/2008, RIS, vgl. auch das Erkenntnis des VfGH vom 15.06.2007, VfSlg 18146/2007 [Section Control]).

Gemäß Anlage zu § 2 BMG, Teil 1, Z 10, ist die Information über Angelegenheiten des Ressortbereichs eine ausdrückliche Aufgabe jedes Bundesministeriums, also auch des BMWF. Die Verwendung von zielgruppenorientierten Adressen zwecks Versands von Informationen war im Beschwerdefall daher eine wesentliche Voraussetzung für die Wahrnehmung einer dem BMWF übertragenen gesetzlichen Aufgabe. Ob der gewählte Weg des Informationsbriefes dabei zweckmäßig (oder gar kosteneffizient) war, ist für die Datenschutzkommission nicht entscheidend, er war jedenfalls geeignet, die Information in den Wahrnehmungsbereich der Adressatinnen und Adressaten (Eltern, Studierende) zu bringen. Ein den gleichen Zweck erfüllendes gelinderes Mittel (§ 7 Abs 3 DSG 2000) wurde vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt und ist auch im Hinblick auf die persönliche Information für die Datenschutzkommission nicht ersichtlich, zumal die Übermittlung hier nicht im Kopieren der konkreten Daten, sondern bloß in ihrer Verwendung für einen bestimmten, absehbar einmaligen Zweck bestanden hat.

Das BMWFJ durfte daher diese Daten übermitteln, das BMWF sie ermitteln und für seine Zwecke verarbeiten (durch die BRZ verarbeiten lassen). Dies konnte sich auf den Rechtfertigungsgrund gemäß § 8 Abs 3 Z 1 DSG 2000 stützen.

Im Übrigen könnte sich die Datenverwendung im Ergebnis auch auf § 47 Abs 2 Z 2 lit a DSG 2000 stützen, da an der Erfüllung einer gesetzmäßigen Informationspflicht im obigen Sinne, einer „Benachrichtigung“ im Sinn der zitierten Gesetzesbestimmung, auch ein öffentliches Interesse besteht.

Die Beschwerde war daher letztlich gegenüber allen in Frage kommenden Auftraggebern als unbegründet abzuweisen.

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