[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. KURAS und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. STAUDIGL, Dr. KOTSCHY, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. HUTTERER und Mag. HEILEGGER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 30. Mai 2008 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Michael F*** (Beschwerdeführer) in J*** vom 12. November 2007 in der Fassung vom 28. Jänner 2008 gegen 1. das Bundessozialamt, Landesstelle Oberösterreich, in Linz (Erstbeschwerdegegner) und 2. das Bezirkgericht B*** (Zweitbeschwerdegegner) wegen Verletzung in den Rechten auf Geheimhaltung und Löschung personenbezogener Daten sowie über den damit verbundenen Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe wird gemäß §§ 9 und 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, iVm § 120 des Außerstreitgesetzes (AußStrG), BGBl. I Nr. 111/2003, und § 280 Abs. 1 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr. 946/1811 idF BGBl. I Nr. 92/2006, entschieden:
- Die Beschwerde wird samt allen darin enthaltenen Anträgen und Anbringen zurückgewiesen.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Partei
Der Beschwerdeführer machte (unvertreten, siehe dazu weiter unten) eine Reihe von Anbringen an die Datenschutzkommission, darunter jenes, „gem § 1 Abs. 3 Z 2 DSG 2000 Daten des vom BG B*** aufgedrängten Sachwalterschaftsverfahrens AZ: 2* P 34*/03i löschen“ zu lassen, zu unterbinden, dass Behörden, insbesondere das Bundessozialamt, Landesstelle Oberösterreich, an ihn gerichtete Schreiben zu Handen von Rechtsanwalt Dr. M*** zustellen lassen („Verletzung im Briefgeheimnis“), sowie „gem § 64 Abs. 1 ZPO iVm § 6 EuÜ Verf.Hilfe die Beigabe einer Verfahrenshilfe zu gewähren, um den Erfordernissen des Art. 6 Abs. 3 EMRK zu entsprechen.“
Vorausgegangen waren diesem in der Fassung vom 7. Jänner 2008 wiedergegebenen Anbringen folgende Verfahrensschritte: Mit der als „Antrag“ betitelten Eingabe vom 12. November 2007 (bei der Datenschutzkommission eingegangen am 19. November 2007) erstattete der Beschwerdeführer ein umfangreiches und in vieler Hinsicht unklares (Zitat, Seite 1 des Antrags vom 12. November 2007: „Da eine Pensionierung keine Sachwalterschaft iSd § 271 ABGB begründete, unterstellte der Rechtspfleger in Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes § 36 Abs. 4 AußStG den Führerschein Entzug, zu diesem es selbst nach 6 Jahren Landhaft kein Ermittlungsverfahren geben darf, da hiermit Schülergelder in Prüfung zu ziehen wären.“) und nicht immer sachliches Vorbringen (Zitat Seite 1 des Antrags vom 12. November 2007, ein Absatz zuvor: „Da ich zum aufgedrängten Verfahren kein gerichtliches "Wohl" benötige, liegt entweder der Verdacht auf offene Parteiengerichtsbarkeit vor oder die Beschlußleger erfüllen in Schaffung unwertes Leben mit SW den strafbaren Tatbestand der Wiederbetätigung nach dem NS Verbotsgesetz § 3g“).
Aus dem Schreiben und weiteren Eingaben des Beschwerdeführers samt Beilagen ergibt sich folgendes Vorbringen: Vom Bezirksgericht B*** wurde betreffend den Beschwerdeführer ein Sachwalterschaftsverfahren eingeleitet und Rechtsanwalt Dr. Theo M*** aus B*** zum einstweiligen Sachwalter für den Beschwerdeführer bestellt. Der Beschwerdeführer betrachtet dieses Sachwalterschaftsverfahren als Verletzung seiner Rechte, unter anderem nach dem Datenschutzgesetz, und verlangt daher die vollständige Löschung aller Daten des Bezirksgerichts B*** zu diesem Verfahren. Des Weiteren hat der Beschwerdeführer beim Bundessozialamt, Landesstelle Oberösterreich, einen Antrag auf Hilfeleistung nach dem Verbrechensopfergesetz gestellt. In diesem Verfahren hat das Bundessozialamt ihn zu Handen seines einstweiligen Sachwalters Dr. M*** zu einer Stellungnahme aufgefordert, wodurch der Beschwerdeführer anscheinend sein Grundrecht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten als verletzt sieht.
Die Datenschutzkommission hat im Ermittlungsverfahren mit
Schreiben vom 30. November 2007, GZ: K121.351/0002-DSK/2008, gemäß § 126 Abs. 3 AußStrG eine Anfrage nach dem Bestehen einer Sachwalterschaft an das Bezirksgericht B*** gerichtet.
Dieses hat mit Schreiben vom 5. Dezember 2007, GZ: 2* P 34*/03i-288, mitgeteilt, dass Dr. Theo M***, Rechtsanwalt in B***, dem Beschwerdeführer zum einstweiligen Sachwalter nach § 120 AußStrG für den Bereich „Vertretung vor Ämtern, Gerichten und Behörden“ bestellt ist.
Die Datenschutzkommission hat daraufhin einen Auftrag zur Behebung von Mängeln der vorliegenden Beschwerde zu Handen von Dr. Theo M*** an den Beschwerdeführer gerichtet. Dieser Auftrag wurde offenkundig an den Beschwerdeführer persönlich weitergeleitet, der ihn in Form des Schreibens vom 28. Jänner 2008 selbst beantwortet und darin die eingangs zitierten Anträge gestellt hat.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Verfahrensgegenstand zunächst die Frage ist, ob der Beschwerdeführer über eine für die selbstständige Führung eines Beschwerdeverfahrens vor der Datenschutzkommission ausreichende Geschäftsfähigkeit verfügt.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Die Datenschutzkommission geht bei ihrer Beurteilung vom Vorbringen des Beschwerdeführers und den ihr in Kopie vorgelegten Urkunden (insbesondere dem Schreiben des Bundessozialamts, Landesstelle OÖ, an den Beschwerdeführer
z. Hd. Dr. M*** vom 29. Oktober 2007, OB: 410-60***1-002) sowie hinsichtlich der Sachwalterbestellung von der amtlichen Mitteilung des Bezirksgerichts B*** vom 5. Dezember 2007, GZ: 2* P 34*/03i-288, aus.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
§ 280 Abs. 1 ABGB lautet unter der Randschrift „b) Geschäftsfähigkeit der behinderten Person“:
„ § 280 . (1) Die behinderte Person kann innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters ohne dessen ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten.“
Die §§ 9 und 13 Abs. 3 AVG lauten unter der Überschrift „Rechts- und Handlungsfähigkeit“ bzw. „Anbringen“:
„ § 9 . Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.“
„ § 13 . (1) [...]
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“
§ 120 AußStrG lautet unter der Überschrift „einstweiliger Sachwalter“:
„ § 120 . Erfordert es das Wohl der betroffenen Person, so hat ihr das Gericht zur Besorgung dringender Angelegenheiten längstens für die Dauer des Verfahrens einen einstweiligen Sachwalter mit sofortiger Wirksamkeit zu bestellen. Die betroffene Person wird durch die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters in ihren Rechtshandlungen nur insofern beschränkt, als es das Gericht ausdrücklich anordnet. Die Bestellung kann nur dann vor der Erstanhörung geschehen, wenn sonst ein erheblicher und unwiederbringlicher Nachteil für die betroffene Person zu besorgen wäre und die Erstanhörung unverzüglich nachgeholt wird. Für die einstweilige Sachwalterschaft gelten die Regelungen über die Sachwalterschaft für behinderte Personen. §§ 123 Z 1 bis 4 und 126 sind sinngemäß anzuwenden.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
Die Datenschutzkommission kommt zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer in Folge einer Sachwalterbestellung für eine selbständige Einleitung und Führung eines datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahrens nicht ausreichend geschäfts- und damit prozessfähig ist.
Die – sofort wirksame – Bestellung eines einstweiligen Sachwalters nach § 238 Abs. 2 AußStrG [alt] (nunmehr: § 120 AußStrG) schränkt die Geschäftsfähigkeit des Betroffenen im Wirkungskreis des einstweiligen Sachwalters ein (vgl. u.a. den Beschluss des OGH vom 10. Oktober 1995, GZ 4 Ob 573/95, RIS: RS0081672, Unterstreichung durch die Datenschutzkommission).
In Folge der Umschreibung „Vertretung vor Ämtern, Gerichten und Behörden“ durch das Bezirksgericht B***, fällt die Führung eines datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahrens klar in den Wirkungskreis des Sachwalters. Daraus folgt wiederum, dass der Beschwerdeführer ohne Mitwirkung von Rechtsanwalt Dr. M*** als einstweiligem Sachwalter nicht ausreichend geschäftsfähig war, um einen wirksamen verfahrenseinleitenden Antrag zu stellen. Da der einstweilige Sachwalter, zu dessen Handen dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben wurde, sich zu äußern und den Formmangel der mangelnden Geschäftsfähigkeit zu beheben, nicht namens des Beschwerdeführers eingeschritten ist, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahrens spruchgemäß zurückzuweisen.
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