JudikaturDSB

K121.050/0015-DSK/2005 – Datenschutzkommission Entscheidung

Entscheidung
29. November 2005

Text

[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Anonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein.]

BESCHEID

Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. HEISSENBERGER, Mag. HUTTERER, Dr. KOTSCHY, Mag. PREISS und Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ sowie des Schriftführers Mag. FLENDROVSKY in ihrer Sitzung vom 29. November 2005 folgenden Beschluss gefasst:

Spruch

Über die Beschwerde des Leo U*** aus K*** gegen das Bundesministerium für Inneres vom 21. Mai 2005 wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten durch

1) Ermittlung des Versicherungsverlaufs der Sozialversicherung des Beschwerdeführers, insbesondere der Tatsache, dass er vom 3. Februar 2003 bis zum 31. Oktober 2003 als Angestellter vom Hubschraubertransportunternehmen V*** Air Gesellschaft m.b.H. beschäftigt wurde, durch Abfrage von Daten des datenschutzrechtlichen Auftraggebers Hauptverband der Sozialversicherungsträger (kurz: HVS) am 1. Oktober und am 11. November 2003 sowie

2) durch Bekanntgabe seines Namens und seiner Eigenschaft als Einbringer einer Strafanzeige gegen August A*** an Helga H*** und Siegfried G*** im Zuge deren Einvernahme am 22. März 2005,

wird gemäß §§ 1 Abs.1, 8 Abs.4 und 15 Abs.1 und 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr.165/1999 idF BGBl. I Nr.13/2005, sowie Artikel X § 1 Abs.1 bis 3 Strafrechtsänderungsgesetz 1996 (StrÄG 1996), BGBl 762/1996 wie folgt entschieden:

- Die Beschwerde wird abgewiesen.

A) Vorbringen der Beteiligten

In der am 25. Mai 2005 (Eingang eines Anbringens vom 21. Mai 2005 an die Datenschutzkommission im Beschwerdeverfahren wegen Verletzung des Auskunftsrechts Zl. K121.035, Aussonderung eines Teils des Vorbringens als neue Sache aus diesem Beschwerdeverfahren und amtswegige Protokollierung als GZ: K121.050/0001-DSK/2005) erhobenen Beschwerde wurde vorgebracht (Punkt 1. der Eingabe vom 21./25. Mai 2005), der Beschwerdegegner habe rechtsgrundlos am 1. Oktober und 11. November 2003 Daten des Beschwerdeführers durch Durchführung einer Anfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger ermittelt und dadurch das Recht auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten verletzt. Die vom Beschwerdegegner (in einer Datenauskunft, siehe dazu das Verfahren K121.035) gegebene Erklärung, diese Daten seien zur Vorbereitung gerichtlich bewilligter Hausdurchsuchungen benötigt worden, sei unzutreffend. Der Beschwerdegegner sei weiters nicht berechtigt gewesen, diese Daten auf Grundlage von Art 22 B-VG (Amtshilfepflicht) übermittelt zu erhalten, da kein konkretes Amtshilfeersuchen gestellt worden sei. Weiters führte der Beschwerdeführer aus (Punkt 3. der Eingabe vom 21./25. Mai 2005), der am 22. März 2005 als Zeugin beim Beschwerdeführer einvernommenen Helga H*** sei mitgeteilt worden, dass der Beschwerdeführer den August A*** wegen verschiedener Strafdelikte angezeigt habe. Dasselbe sei am selben Tag dem Zeugen Siegfried G*** mitgeteilt worden. Verantwortlich dafür sei der ermittelnde Beamte (und Leiter der Zeugeneinvernahmen) Wilhelm L***. Der Beschwerdeführer habe ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse an der Tatsache, wann und gegen wen er Strafanzeigen erstattet habe. Nach den Bestimmungen des DSG 2000 (gemeint wohl: § 15 Abs. 2 DSG 2000) hätte ein Mitarbeiter des Beschwerdegegners solche Daten nur auf ausdrückliche Anordnung übermitteln dürfen. Für die Zeugeneinvernahmen wären diese Daten ohne Bedeutung gewesen.

Der Beschwerdegegner brachte mit Stellungnahme vom 29. Juli 2005, Zl. 85***0/679-***/03, vor, die Datenabfragen – die nicht bestritten wurden – seien im Dienste der Strafjustiz (Ermittlung möglicher Beschäftigungsverhältnisse des Beschwerdeführers und damit möglicher Adresse für Hausdurchsuchungen, Feststellung, ob der Beschwerdeführer in einem Dienstverhältnis zur ***- bzw. ***-Versicherung gestanden sei) und gestützt auf Art. X § 1 Abs.1 Strafrechtsänderungsgesetz 1996 (StrÄG 1996), BGBl. I Nr.762/1996, erfolgt, der den Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege die Abfrage von Sozialversicherungsdaten aus Datenanwendungen des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger (kurz HVS) erlaube. Es sei auch kein außergewöhnliches Vorgehen, dass eine solche Abfrage unmittelbar vor beantragten Hausdurchsuchungen (am 11. November 2003, Hausdurchsuchungen erfolgten am 12. November 2003) wiederholt werde, um Hinweise auf mögliche Änderungen (neue Dienstgeber) zu erhalten. Es könne Staatsanwälten bzw. Untersuchungsrichtern in der Praxis des Strafverfahrens nicht zugemutet werden, „mikromanagementhafte Aufträge“ wie die Überprüfung von Adressen durchzuführen. Zur Frage der Zeugeneinvernahmen wandte der Beschwerdegegner ein, eigentlich sei die Datenschutzkommission für diesen Punkt unzuständig, da der Beschwerdeführer hier in Wahrheit eine Verletzung der Amtsverschwiegenheit und nicht des Datengeheimnisses durch den Beamten L*** rüge. Für den Fall, dass die Datenschutzkommission ihrer Zuständigkeit für gegeben erachte, wurde ausgeführt, die Zeugin H*** sei in einem Naheverhältnis zum Beschwerdeführer gestanden und der Leiter der Amtshandlung hätte daher davon ausgehen können, dass ihr die Rolle des Beschwerdeführers als Anzeigeerstatter gegen A*** bekannt gewesen sei. Der Zeuge G*** wiederum sei Geschäftsführer eines Flugunternehmens und zum Thema einvernommen worden, ob A*** die ihm dienstlich zur Kenntnis gelangte Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst an einen Dritten weitererzählt habe (Verdacht der Verletzung der Amtsverschwiegenheit, § 310 StGB). Dem Zeugen sei dabei nicht offenbart worden, dass der Beschwerdeführer die Anzeige erstattet habe, auf Grund seiner Kenntnis vom Sachkomplex (der Beschwerdeführer werde von dem vom Zeugen geleiteten Unternehmen beschäftigt) könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass der Zeuge aus den ihm gestellten Fragen eigene Schlüsse gezogen habe.

Im Übrigen stellt der Beschwerdegegner den Antrag, das Verfahren bis zum Abschluss der gerichtlichen Strafsache (gegen den Beschwerdeführer) auszusetzen und sodann den Gerichtsakt als Beweismittel beizuschaffen.

B) Ermittlungsverfahren und verwendete Beweismittel

Die Datenschutzkommission hat ein Ermittlungsverfahren durchgeführt und Beweis aufgenommen durch Einsichtname in den vom Beschwerdeführer (ursprünglich zu Zahl K121.035) vorgelegten Versicherungsdatenauszug des HVS vom 9. November 2004 sowie Einholung der Stellungnahme des Beschwerdegegners vom 29. Juli 2005, Zl. 85***0/679-***/03.

Dem Beschwerdeführer wurde zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, so wie sie nicht von ihm selbst stammen, Parteiengehör eingeräumt. Der Sachverhalt war in den meisten Punkten unstrittig.

C) Sachverhaltsfeststellung samt Beweiswürdigung

Für die Datenschutzkommission steht folgender Sachverhalt fest:

Wie bereits aus einigen anhängigen und entschiedenen Beschwerdeverfahren amtsbekannt, ermittelt der Beschwerdegegner (Büro für interne Angelegenheiten) seit 8. September 2003 gegen den Beschwerdeführer u.a. wegen des Verdachts des Betrugs und des Missbrauchs der Amtsgewalt. Der Beschwerdeführer, der aus den gleichen Gründen als Leiter der [Bezeichnung der Dienststelle] vom Dienst suspendiert worden ist, wird u.a. verdächtigt, Pilotenkollegen durch Täuschung über die Bedingungen einer Versicherungsgesellschaft (A*** Versicherung AG, nunmehr B*** Versicherung AG) zum Abschluss übermäßig teurer Versicherungspakete verleitet zu haben, von dem er durch Provisionsempfang profitierte, sowie als Ersatzmitglied der Prüfungskommission für Berufshubschrauberpiloten, (möglicherweise gegen Bezahlung) Prüfungen vorgetäuscht sowie geheim zu haltende Prüfungsunterlagen (Fragenkataloge) entwendet und weitergegeben zu haben. Das gegen den Beschwerdeführer anhängige gerichtliche Strafverfahren befindet sich seit 8. April 2005 im Stadium der Voruntersuchung (Landesgericht für Strafsachen Wien, Aktenzeichen *1 Ur **8/03a).

Beweiswürdigung : Hierbei handelt sich um aus mehreren anderen Verfahren amtsbekannte Tatsachen.

Der Beschwerdegegner führte am 1. Oktober und 11. November 2003 Online-Datenabfragen nach Daten des Beschwerdeführers beim HVS durch. Dabei ermittelte er u.a. die Tatsache, dass der Beschwerdeführer vom 3. Februar 2003 bis 31. Oktober 2003 als Angestellter in einem Dienstverhältnis zum Hubschraubertransportunternehmen V*** Air Ges.m.b.H. stand, sowie die Negativtatsache, dass der Beschwerdeführer in keinem sozialversicherungspflichtigen (Dienst )Verhältnis zu einem Versicherungsunternehmen stand.

Beweiswürdigung : Diese Feststellungen stützen sich auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten HVS-Versicherungsdatenauszug vom 9. November 2004 sowie auf sein vom Beschwerdegegner unbestrittenes und daher für wahr zu haltendes Vorbringen.

Am 12. November 2003 fanden auf Befehl des Landesgerichts für Strafsachen Wien Hausdurchsuchungen an zwei vom Beschwerdegegner ermittelten Privat- und einer Büroadresse des Beschwerdeführers statt.

Beweiswürdigung : Auch dieses Faktum ist ebenso unbestritten wie amtsbekannt.

Am 22. März 2005 befragte BInsp. Wilhelm L*** die Zeugen Helga H*** und Siegfried G*** zur Frage, ob August A***, wie vom Beschwerdeführer in einer Anzeige behauptet, den Pierre E***, Geschäftsführer des Luftfahrtunternehmens „U*** Air“, über die ihm ausschließlich aus dienstlicher Wahrnehmung bekannte Tatsache informiert hatte, dass der Beschwerdeführer wegen eines Strafverfahrens vom Dienst suspendiert sei (Verdacht des Vergehens der Verletzung der Amtsverschwiegenheit nach § 310 StGB).

Beweiswürdigung : Diese Feststellung stützt sich auf den in Deckung zu bringenden Teil des Vorbringens von Beschwerdeführer und Beschwerdegegner zur Vernehmung dieser Zeugen.

D) rechtliche Beurteilung

1. anzuwendende Rechtsvorschriften :

§ 1 Abs.1 bis 3 DSG 2000 lautet unter der Überschrift:

„Grundrecht auf Datenschutz“:

„§ 1. (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.

(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“

§ 8 Abs.4 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei Verwendung nichtsensibler Daten“:

„(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn

1.eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung

oder Verpflichtung zur Verwendung solcher

Daten besteht oder

2.die Verwendung derartiger Daten für Auftraggeber

des öffentlichen Bereichs eine wesentliche

Voraussetzung zur Wahrnehmung einer ihnen

gesetzlich übertragenen Aufgabe ist oder

3.sich sonst die Zulässigkeit der Verwendung

dieser Daten aus gesetzlichen Sorgfaltspflichten oder sonstigen, die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen überwiegenden berechtigten Interessen des Auftraggebers ergibt und die Art und Weise,

in der die Datenanwendung vorgenommen wird,

die Wahrung der Interessen der Betroffenen nach

diesem Bundesgesetz gewährleistet.“

§ 15 Abs.1 und 2 DSG 2000 lautet unter der Überschrift „Datengeheimnis“:

„§ 15. (1) Auftraggeber, Dienstleister und ihre Mitarbeiter - das sind Arbeitnehmer (Dienstnehmer) und Personen in einem arbeitnehmerähnlichen (dienstnehmerähnlichen) Verhältnis - haben Daten aus Datenanwendungen, die ihnen ausschließlich auf Grund ihrer berufsmäßigen Beschäftigung anvertraut wurden oder zugänglich geworden sind, unbeschadet sonstiger gesetzlicher Verschwiegenheitspflichten, geheim zu halten, soweit kein rechtlich zulässiger Grund für eine Übermittlung der anvertrauten oder zugänglich gewordenen Daten besteht (Datengeheimnis).

(2) Mitarbeiter dürfen Daten nur auf Grund einer ausdrücklichen Anordnung ihres Arbeitgebers (Dienstgebers) übermitteln. Auftraggeber und Dienstleister haben, sofern eine solche Verpflichtung ihrer Mitarbeiter nicht schon kraft Gesetzes besteht, diese vertraglich zu verpflichten, daß sie Daten aus Datenanwendungen nur auf Grund von Anordnungen übermitteln und das Datengeheimnis auch nach Beendigung des Arbeits(Dienst)verhältnisses zum Auftraggeber oder Dienstleister einhalten werden.“

Artikel X § 1 Abs.1 Strafrechtsänderungsgesetz 1996 (StrÄG 1996), BGBl 762/1996, lautet unter der Überschrift „Auskunft“:

„§ 1. (1) Die Sicherheitsbehörden sind ermächtigt, bei den Sozialversicherungsträgern und deren Hauptverband Auskunft über Daten einzuholen, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben im Dienste der Strafrechtspflege (§§ 24, 26, 36 und 88 StPO) benötigen. Die Sozialversicherungsträger und deren Hauptverband sind in dem Umfang zur Auskunft verpflichtet, in dem sie die maßgeblichen Daten jeweils selbst verarbeiten.

(2) Die Anfragen der Sicherheitsbehörden dürfen sich nur auf die Namen, Anschriften, Geburtsdaten, Geburtsorte und Arbeits- oder Betriebsstätten der Versicherten, sonst Geschützten sowie der Arbeitgeber, den Beginn und das Ende der laufenden oder - wenn solche nicht bestehen - auch der letzten Versicherungsverhältnisse sowie die Bezeichnung einer sonstigen meldepflichtigen Stelle beziehen.

(3) Anfragen an die Sozialversicherungsträger sind nach Möglichkeit automationsunterstützt, Anfragen an deren Hauptverband jedenfalls automationsunterstützt zu stellen; Auskünfte sind nach Möglichkeit automationsunterstützt zu erteilen. § 31 Abs. 4 Z 3 lit. b ASVG ist sinngemäß anzuwenden.“

2. Anwendung auf den Beschwerdefall :

a) keine „Allzuständigkeit“ der Datenschutzkommission :

Im Bescheid vom 28. Februar 2003, GZ: K120.806/002-DSK/2003 (veröffentlicht, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/) hat die Datenschutzkommission in noch immer gültiger Weise ihre Position zu einem Anbringen formuliert, über die Zulässigkeit von Ermittlungshandlungen (dort: Prüfung der Vertrauenswürdigkeit eines Rechtsanwaltsanwärters durch die Anwaltskammer) anderer Behörden zu entscheiden: „Das Beschwerdebegehren, der zuständigen Behörde die Ermittlung von Daten oder Verwendung von Beweismitteln zu verbieten, die sie zur Feststellung eines von ihr zu ermittelnden Sachverhalts zu benötigen glaubt, würde bewirken, dass die Datenschutzkommission - zumindest teilweise - an die Stelle der sachlich zuständigen Behörde tritt und im Umwege über den Abspruch über die Zulässigkeit von Sachverhaltsermittlungen eine sachliche Allzuständigkeit arrogiert. [Absatz] Dass dies angesichts des Grundsatzes der festen Zuständigkeitsverteilung zwischen staatlichen Organen und dem Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht zulässig sein kann, ist evident. [Absatz] Die Datenschutzkommission geht daher davon aus, dass ihre Zuständigkeit zur Beurteilung der Zulässigkeit der Datenermittlung in Verwaltungsverfahren auf das Übermaßverbot beschränkt ist: Wenn es denkmöglich ist, dass die von einer in der Sache zuständigen Behörde ermittelten Daten nach Art und Inhalt für die Feststellung des relevanten Sachverhalts geeignet sind, ist die Zulässigkeit der Ermittlung aus datenschutzrechtlicher Sicht gegeben. Die Inanspruchnahme einer tiefer gehenden Beurteilung der Eignung der von der sachlich zuständigen Behörde gewählten Ermittlungsschritte würde einen Eingriff in die sachliche Zuständigkeit der ermittelnden Behörde bewirken, der gegen das aus dem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter abzuleitende Prinzip der präzisen Abgrenzung der Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien (VfSlg 3156, 8349), in exakter (VfSlg 9937, 10.311) und eindeutigen Weise (VfSlg 11.288, 13.029, 13.816) verstößt.“

Diese Grundsätze sind auch auf den vorliegenden Fall

anzuwenden.

b) Abfrage von Sozialversicherungsdaten :

Die Ermittlung der beim HVS verarbeiteten Daten der Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitgeber des Beschwerdeführers stützte sich nicht ausschließlich auf die verfassungsrechtliche Amtshilfebestimmung des B-VG, den Art. 22, sondern auf die einfachgesetzliche Spezialbestimmung über die Auskunftspflicht der Sozialversicherungsträger (einschließlich des HVS) gegenüber den Sicherheitsbehörden in Art X § 1 StrÄG 1996. Demnach ist es zulässig – und im Falle des HVS sogar als Formerfordernis zwingend geboten -, dass Sicherheitsbehörden für Zwecke ihrer Tätigkeit im Dienste der Strafjustiz Anfragen automationsunterstützt (Online-Anfragen) an die Sozialversicherungsträger und den HVS stellen. Im Verhältnis zu § 7 Abs.2. Z.2 und 3 DSG 2000 stellt diese Bestimmung insofern eine lex specialis dar, als der übermittelnde datenschutzrechtliche Auftraggeber (der HVS) durch sie verpflichtet wird, Online-Anfragen zu ermöglichen, bei denen auf Grund der allgemeinen gesetzlichen Ermächtigung im Einzelfall keine materielle Prüfung der Befugnis des Übermittlungsempfängers und der schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen durch den Übermittelnden erfolgen muss.

Die vom Empfänger der Daten, dem Beschwerdegegner, gegebenen Erklärung, die Daten seien zur Vorbereitung von Hausdurchsuchungen (Suche nach möglichen weiteren Arbeitsstätten) bzw. zu der Prüfung, ob der Beschwerdeführer in einem Beschäftigungsverhältnis zu bestimmten Versicherungen gestanden sei, benötigt worden, ist vor dem Hintergrund der im Sachverhalt festgestellten Verdachtslage ausreichend plausibel. Damit war die Notwendigkeit der Datenverwendung denkmöglich, und es liegt damit kein überschießender Eingriff in das Recht auf Geheimhaltung vor. Eine nähere Prüfung etwa dahin gehend, ob der gegen den Beschwerdeführer bestehende Verdacht strafbarer Handlungen ausreichend begründet und ob und warum es für Zwecke der Ermittlungen tatsächlich notwendig war, die Daten zu bestimmten Zeitpunkten und überdies zweimal abzufragen, würde die unter a) dargelegten Grenzen der Zuständigkeit der Datenschutzkommission überschreiten. Die Ermittlung dieser Daten war daher gemäß Art. X § 1 Abs.1 StrÄG 1996 iVm § 8 Abs.4 Z.1 DSG 2000 ein zulässiger Eingriff in schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers

c) Bekanntgabe von Sachverhaltselementen an Zeugen :

Zwar ist es richtig, dass die Datenschutzkommission grundsätzlich eine Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten auch durch mündliche Weitergabe von Informationen anerkennt (vgl. dazu etwa den Bescheid vom 31. August 2000, GZ: 120.532/22-DSK/00 und die dort zitierten Entscheidungen; veröffentlicht, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/) – insofern ist der Einwand des Beschwerdegegners, die Beschwerde richte sich in Wahrheit gegen die Wahrung der Amtsverschwiegenheit durch den Leiter der Amtshandlung, die Datenschutzkommission sei daher sachlich unzuständig, nicht berechtigt. Dennoch kann sich eine solche Beschwerde nur auf die Wahrung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundrechts auf Geheimhaltung schutzwürdiger personenbezogener Daten gemäß § 1 Abs.1 DSG 2000 beziehen (vgl. etwa den Bescheid vom 18. Mai 2000, GZ: 120.686/3- DSK/00; veröffentlicht, http://www.ris.bka.gv.at/dsk/); die Anwendung von Bestimmungen, die spezifisch auf den Fall der Verwendung automationsunterstützt verarbeiteter Daten abstellen, kommt in so einem Fall nicht in Frage. Zu diesen Bestimmungen gehört auch das Datengeheimnis gemäß § 15 DSG 2000. Auch für die Prüfung eines solchen Eingriffs gilt die Regel, dass sich die inhaltliche Prüfung des Eingriffs auf eine Verletzung des Übermaßverbots zu beschränken hat. Es ist daher nicht so, dass Beamte, die einen Zeugen, eine Auskunftsperson oder einen Beteiligten vernehmen, vor Bekanntgabe einer datenschutzrechtlich relevanten Information an den Befragten (etwa vor dem Vorhalt eines Sachverhaltselements, das personenbezogenes Datum eines Dritten ist) gemäß § 15 Abs.2 DSG 2000 die ausdrückliche Anordnung ihres Dienstgebers einholen müssten, denn dies würde solche Einvernahmen, die durch ihre Mündlichkeit und damit auch durch eine gewisse Spontaneität von Frage und Antwort gekennzeichnet sind, nahezu unmöglich machen. Aus dem Gesamtzusammenhang und dem Sinn und Zweck von § 15 DSG 2000 ist klar zu entnehmen, dass diese Bestimmung nie als Verhaltensregel für die Durchführung von Einvernahmen sondern ausschließlich als Verhaltensregel für Personen, die unmittelbar Daten in Datenanwendungen verwenden, gedacht ist. Auch die Prüfung der Datenverwendung im Zuge der Vernehmung von Beweispersonen ist inhaltlich auf den Ausschluss überschießender Datenverwendung beschränkt.

Wurden daher zwei Personen zu dem Sachverhalt befragt, ob eine bestimmte Person, die der Beschwerdeführer deswegen bei den Behörden angezeigt hatte, die Amtsverschwiegenheit in Bezug auf den Beschwerdeführer verletzt hat, so wäre es im Gesamtzusammenhang jedenfalls denkmöglich, plausibel und auch nicht überschießend, den Befragten das Vorbringen des Beschwerdeführers vorzuhalten. Wer Beschuldigungen gegen einen anderen erhebt und damit eine kriminalpolizeiliche Untersuchung in Gang setzt, darf nicht erwarten, dass seine Eigenschaft als Anzeigeerstatter im Verfahren gegenüber Beweispersonen aller Art (Beschuldigten, Auskunftspersonen, Zeugen) geheim gehalten werden kann, wenn es darum geht, mit der Person des Anzeigeerstatters verknüpfte Sachverhalte zu ermitteln. In vielen Fällen wird das gar nicht möglich sein, und es ist dabei nicht Sache der Datenschutzkommission, die vom Leiter einer Amtshandlung konkret gewählte Vernehmungstaktik in jeder Hinsicht auf ihre Zweckmäßigkeit zu untersuchen. Die Verwendung des Namens des Beschwerdeführers in Verbindung mit seiner Eigenschaft als Anzeigeerstatter war daher unter sinngemäßer Anwendung von § 8 Abs.4 Z.2 DSG 2000 eine wesentliche Voraussetzung zur Erzielung von Beweisergebnissen und damit zur Erfüllung der dem Beschwerdegegner als Sicherheitsbehörde übertragenen Aufgabe von Vorerhebungen im Dienste der Strafjustiz.

Eine näheres Ermittlungsverfahren, ob und in welchem Umfang in den Einvernahmen der Auskunftspersonen/Zeugen H*** und G*** solche Daten des Beschwerdeführers verwendet wurden, konnte daher unterbleiben, da schon das Vorbringen des Beschwerdeführers, das die Grenzen der Verwaltungssache bestimmt, keinen Eingriff in seine Rechte aufzuzeigen vermag.

Die Beschwerde war daher in beiden Punkten als unbegründet abzuweisen.

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