K121.886/0003-DSK/2013 – Datenschutzkommission Entscheidung
Text
[Anmerkung Bearbeiter: Namen (Firmen), (Internet )Adressen, Aktenzahlen (und dergleichen), Rechtsformen und Produktbezeichnungen etc. sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]
B E S C H E I D
Die Datenschutzkommission hat unter dem Vorsitz von Dr. SPENLING und in Anwesenheit der Mitglieder Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER, Dr. ROSENMAYR-KLEMENZ, Mag. ZIMMER, Mag. HUTTERER und Dr. GUNDACKER sowie des Schriftführers Mag. SUDA in ihrer Sitzung vom 18. Jänner 2013 folgenden Beschluss gefasst:
S p r u c h
Über die Beschwerde des Bastian B*** (Beschwerdeführer) aus I***, vertreten durch die O***-J**** Rechtsanwaltspartnerschaft in **** C***, vom 8. Juni 2012 gegen die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (Beschwerdegegnerin) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge telefonischer Bekanntgabe des Faktums eines kriminalpolizeilichen Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts eines Vergehens nach dem SMG an fünf Personen, deren Namen und Telefonnummern auf einer vom Beschwerdeführer verwendeten SIM-Karte gespeichert waren, am 2. April 2012 wird entschieden:
- Die B e s c h w e r d e wird a b g e w i e s e n.
Rechtsgrundlagen : § 1 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 4 Z 1 und § 31 Abs. 2 und 7 des Datenschutzgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF, iVm § 90 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF, und § 153 Abs. 1 der Strafprozessordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975 idgF.
B e g r ü n d u n g:
A. Vorbringen der Parteien
Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer behauptet in seiner vom 8. Juli 2012 datierenden und 11. Juli 2012 bei der Datenschutzkommission eingelangten Beschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung dadurch, dass Beamte der Polizeiinspektion (PI) I***, deren Handeln der Beschwerdegegnerin als Sicherheitsbehörde zuzurechnen sei, am 2. April 2012, während einer Haft des Beschwerdeführers wegen eines Verdachts nach dem SMG die in dessen Mobiltelefon verwendete SIM-Karte kopiert und zumindest fünf Personen, deren Daten (Namen und Telefonnummern) dort gespeichert waren, angerufen hätten. Den Angerufenen sei mitgeteilt worden, dass gegen den Beschwerdeführer ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts eines Verstoßes gegen das SMG laufe, und es seien diese Personen aufgefordert worden, auf der PI I*** zur Einvernahme zu erscheinen. Dies, ohne dass zwischen Zeugen und Beschuldigten unterschieden worden sei. Die angerufenen Personen seien willkürlich – bloß auf Grund ihrer Daten in einem vom Beschwerdeführer erstellten Kontaktverzeichnis – ausgewählt und kontaktiert worden.
Die Beschwerdegegnerin brachte mit Stellungnahme vom 9. August 2012 vor, die Ermittlung der entsprechenden Kontaktdaten von der SIM-Karte des Beschwerdeführers sei durch eine Anordnung der Staatsanwaltschaft Feldkirch (AZ: *3 St *27/12q vom 29. Februar 2012, Kopie vorgelegt) gedeckt. Es liege demnach eine Maßnahme der Justizbehörde vor, die einer Prüfung durch die Datenschutzkommission nicht zugänglich sei. Auf eine Stellungnahme „die Ladungsmodalitäten betreffend“ werde verzichtet, da auch für diese die Datenschutzkommission nicht zuständig sei.
Darauf replizierend brachte der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 27. August 2012 vor, die von der Beschwerdegegnerin vorgelegte staatsanwaltschaftliche Anordnung habe die Betreiber von öffentlichen Kommunikationsnetzen angewiesen, die Rufdaten (aktive und passive Anrufe) eines bestimmten Mobilfunkanschlusses auszuwerten und zu übermitteln. Sie habe aber die Beamten der PI I*** nicht ermächtigt, die ermittelten Rufnummern wahllos anzurufen, die Anschlussinhaber zum Erscheinen aufzufordern und ihnen mitzuteilen, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer geführt werde.
B. Beschwerdegegenstand
Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers ergibt sich, dass Beschwerdegegenstand a) die Frage ist, ob ein Handeln der PI I*** im Dienste der Gerichtsbarkeit vorliegt, das der Zuständigkeit der Datenschutzkommission entzogen ist, im Fall der Verneinung b) die Frage, ob die Beschwerdegegnerin durch das Handeln der Beamten der PI I*** den Beschwerdeführer in seinem Recht auf Geheimhaltung personenbezogener Daten verletzt hat.
C. Sachverhaltsfeststellungen
Ausgehend vom Beschwerdegegenstand wird der folgende Sachverhalt festgestellt:
Die PI I*** führte unter der Verantwortung der Beschwerdegegnerin als Sicherheitsbehörde erster Instanz zu Zl. B*/*39/2012 ein kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren gegen den Beschwerdeführer als Beschuldigten wegen des Verdachts des Verbrechens nach § 28a SMG (Suchtgifthandel).
Am 29. Februar 2012 erließ die Staatsanwaltschaft Feldkirch in dieser Sache zu AZ: *3 St *27/12q eine gerichtlich (AZ: *3 HR *08/12g des Landesgerichts Feldkirch) bewilligte Anordnung, in der den Betreibern öffentlicher Kommunikationsnetze und sonstigen Diensteanbietern u.a. die Mitwirkung bei der Auskunft über „Daten einer Nachrichtenmitteilung (§§ 134 Z 2, 135 Abs. 2 StPO)“ betreffend den Teilnehmeranschluss +43-6*6- *3*1*897 durch Datenermittlung von aktiven und passiven Teilnehmernummern, die Verbindungen (Gespräche, SMS, MMS) mit dieser Nummer hergestellt hatten, für den Zeitraum 1. 9. 2011 bis einschließlich 28. 2. 2012 aufgetragen wurde. Mit dem Vollzug der Anordnung wurde die PI I*** in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt in Bregenz beauftragt.
Die besagte Mobilfunknummer war dem Beschwerdeführer zuzurechnen.
Am 2. April 2012 wurde der Beschwerdeführer im Zuge des weiteren Ermittlungsverfahrens von Beamten der PI I*** verhaftet. Am selben Tag riefen Beamte der PI I*** bei fünf Personen, die Kontakt zur Mobilfunknummer +43-6*6-*3*1*897 gehabt hatten, an. Es handelte sich um Jean U***, Karl Q***, Oswald R*** und Zoran S*** aus I*** sowie Ida D*** aus T***stadt. Die Beamten gaben den Angerufenen bekannt, dass gegen den Beschwerdeführer ein kriminalpolizeiliches Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das SMG im Gange sei. Die Angerufenen wurden gleichzeitig aufgefordert, auf der PI I*** zu erscheinen und eine Aussage zu machen.
Beweiswürdigung : Diese Feststellungen beruhen hinsichtlich des gegen den Beschwerdeführer geführten Ermittlungsverfahrens (Tatverdacht, Aktenzahlen, Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Anordnung) auf der in Kopie vorliegenden Anordnung der Staatsanwaltschaft Feldkirch, AZ:
*3 St *27/12q (Beilage zur Stellungnahme der Beschwerdegegnerin vom 9. August 2012, Zl.: BHDo-III-*32*.0*). Hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise der Kriminalpolizei folgt die Datenschutzkommission dem glaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers, dem die Beschwerdegegnerin bewusst nicht entgegengetreten ist. Ob die Rufnummern der fünf angerufenen Personen von der SIM-Karte (oder einem anderen Speichermedium) im Handy des Beschwerdeführers stammten (dessen Vorbringen) oder auf Grundlage der zitierten Anordnung der Staatsanwaltschaft Feldkirch bei den Betreibern von Kommunikationsnetzen ermittelt wurden (Vorbringen der Beschwerdegegnerin) ist für diese Beschwerde nicht entscheidend und konnte dahingestellt bleiben.
D. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus :
1. anzuwendende Rechtsvorschriften
Die Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 1 und 2 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Grundrecht auf Datenschutz
§ 1 . (1) Jedermann hat, insbesondere auch im Hinblick auf die Achtung seines Privat- und Familienlebens, Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten, soweit ein schutzwürdiges Interesse daran besteht. Das Bestehen eines solchen Interesses ist ausgeschlossen, wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.
(2) Soweit die Verwendung von personenbezogenen Daten nicht im lebenswichtigen Interesse des Betroffenen oder mit seiner Zustimmung erfolgt, sind Beschränkungen des Anspruchs auf Geheimhaltung nur zur Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen zulässig, und zwar bei Eingriffen einer staatlichen Behörde nur auf Grund von Gesetzen, die aus den in Art. 8 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, genannten Gründen notwendig sind. Derartige Gesetze dürfen die Verwendung von Daten, die ihrer Art nach besonders schutzwürdig sind, nur zur Wahrung wichtiger öffentlicher Interessen vorsehen und müssen gleichzeitig angemessene Garantien für den Schutz der Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen festlegen. Auch im Falle zulässiger Beschränkungen darf der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden.“
§ 8 Abs. 4 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen bei
Verwendung nicht-sensibler Daten
§ 8 . (1) [...] (3) [...]
(4) Die Verwendung von Daten über gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen oder Unterlassungen, insbesondere auch über den Verdacht der Begehung von Straftaten, sowie über strafrechtliche Verurteilungen oder vorbeugende Maßnahmen verstößt - unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 2 - nur dann nicht gegen schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen, wenn
§ 31 Abs. 2 und 7 DSG 2000 lautet samt Überschrift:
„ Beschwerde an die Datenschutzkommission
§ 31 . (1) [...]
(2) Die Datenschutzkommission erkennt weiters über Beschwerden von Personen oder Personengemeinschaften, die behaupten, in ihrem Recht auf Geheimhaltung (§ 1 Abs. 1) oder in ihrem Recht auf Richtigstellung oder auf Löschung (§§ 27 und 28) verletzt zu sein, sofern der Anspruch nicht nach § 32 Abs. 1 vor einem Gericht geltend zu machen ist oder sich gegen ein Organ im Dienste der Gesetzgebung oder der Gerichtsbarkeit richtet.
(3) [...] (6) [...]
(7) Soweit sich eine Beschwerde nach Abs. 1 oder 2 als berechtigt erweist, ist ihr Folge zu geben und die Rechtsverletzung festzustellen. Ist eine festgestellte Verletzung im Recht auf Auskunft (Abs. 1) einem Auftraggeber des privaten Bereichs zuzurechnen, so ist diesem auf Antrag zusätzlich die – allenfalls erneute – Reaktion auf das Auskunftsbegehren nach § 26 Abs. 4, 5 oder 10 in jenem Umfang aufzutragen, der erforderlich ist, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen. Soweit sich die Beschwerde als nicht berechtigt erweist, ist sie abzuweisen.“
§ 22 Abs. 3 SPG lautet samt Überschrift:
„ Vorbeugender Schutz von Rechtsgütern
§ 22 . (1) [...] (2) [...]
(3) Nach einem gefährlichen Angriff haben die Sicherheitsbehörden, unbeschadet ihrer Aufgaben nach der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. Nr. 631/1975, die maßgebenden Umstände, einschließlich der Identität des dafür Verantwortlichen, zu klären, soweit dies zur Vorbeugung weiterer gefährlicher Angriffe erforderlich ist. Sobald ein bestimmter Mensch der strafbaren Handlung verdächtig ist, gelten ausschließlich die Bestimmungen der StPO; die §§ 53 Abs. 1, 53a Abs. 2 bis 4 und 6, 57, 58 und 58a bis d, sowie die Bestimmungen über den Erkennungsdienst bleiben jedoch unberührt.“
§ 90 SPG lautet samt Überschrift:
„ Beschwerden wegen Verletzung der Bestimmungen über
den Datenschutz
§ 90 . Die Datenschutzkommission entscheidet gemäß § 31 des Datenschutzgesetzes 2000 über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwenden personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes. Davon ausgenommen ist die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermittlung von Daten durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.“
§ 91 StPO lautet samt Überschrift:
„ Zweck des Ermittlungsverfahrens
§ 91 . (1) Das Ermittlungsverfahren dient dazu, Sachverhalt und Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden kann und im Fall der Anklage eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglicht wird.
(2) Ermittlung ist jede Tätigkeit der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, die der Gewinnung, Sicherstellung, Auswertung oder Verarbeitung einer Information zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat dient. Sie ist nach der in diesem Gesetz vorgesehenen Form entweder als Erkundigung oder als Beweisaufnahme durchzuführen.“
§ 99 StPO lautet samt Überschrift:
„ Ermittlungen
§ 99 . (1) Die Kriminalpolizei ermittelt von Amts wegen oder auf Grund einer Anzeige; Anordnungen der Staatsanwaltschaft und des Gerichts (§ 105 Abs. 2) hat sie zu befolgen.
(2) Ist für eine Ermittlungsmaßnahme eine Anordnung der Staatsanwaltschaft erforderlich, so kann die Kriminalpolizei diese Befugnis bei Gefahr im Verzug ohne diese Anordnung ausüben. In diesem Fall hat die Kriminalpolizei unverzüglich um Genehmigung anzufragen (§ 100 Abs. 2 Z 2); wird diese nicht erteilt, so hat die Kriminalpolizei die Ermittlungshandlung sogleich zu beenden und den ursprünglichen Zustand soweit wie möglich wieder herzustellen.
(3) Erfordert die Anordnung jedoch eine gerichtliche Bewilligung, so ist die Ermittlungsmaßnahme bei Gefahr im Verzug ohne diese Bewilligung nur dann zulässig, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht.
(4) Ein Aufschub kriminalpolizeilicher Ermittlungen ist zulässig, wenn
(5) Die Kriminalpolizei hat die Staatsanwaltschaft von einem Aufschub nach Abs. 4 unverzüglich zu verständigen. Im Fall einer kontrollierten Lieferung, das ist der Transport von verkehrsbeschränkten oder verbotenen Waren aus dem oder durch das Bundesgebiet, ohne dass die Staatsanwaltschaft verpflichtet wäre, nach § 2 Abs. 1 vorzugehen, gelten die Bestimmungen der §§ 71 und 72 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) sinngemäß.“
Die §§ 151, 152 und 153 Abs. 1 und 2 StPO lauten samt Überschriften:
„ Definitionen
§ 151 . Im Sinne dieses Gesetzes ist
Erkundigungen
§ 152 . (1) Erkundigungen dienen der Aufklärung einer Straftat und der Vorbereitung einer Beweisaufnahme; die Bestimmungen über die Vernehmung des Beschuldigten und von Zeugen dürfen durch Erkundigungen bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden.
(2) Soweit die Kriminalpolizei nicht verdeckt ermittelt, hat sie bei Erkundigungen auf ihre amtliche Stellung hinzuweisen, wenn diese nicht aus den Umständen offensichtlich ist. Die Auskunft erfolgt freiwillig und darf nicht erzwungen werden, soweit sie nicht auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung zu erteilen ist.
(3) Auskünfte und sonstige Umstände, die durch Erkundigungen erlangt wurden und für das Verfahren von Bedeutung sein können, sind in einem Amtsvermerk festzuhalten.
Vernehmungen
§ 153 . (1) Vernehmungen dienen der Aufklärung einer Straftat und der Beweisaufnahme.
(2) Eine Person, die vernommen werden soll, ist in der Regel schriftlich vorzuladen. Die Ladung muss den Gegenstand des Verfahrens und der Vernehmung sowie den Ort, den Tag und die Stunde ihres Beginns enthalten. Der Beschuldigte und das Opfer sind darin über ihre wesentlichen Rechte im Verfahren (§§ 50 und 70) zu informieren, soweit dies nicht bereits zuvor geschehen ist. Jedermann ist verpflichtet, eine solche Ladung zu befolgen und kann im Fall seines ungerechtfertigten Ausbleibens vorgeführt werden, wenn dies in der Ladung ausdrücklich angedroht wurde.“
2. rechtliche Schlussfolgerungen
a) zur Zuständigkeit der Datenschutzkommission
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. Dezember 2010, VfSlg 19281/2010, ausgesprochen hat, verbietet es Art. 94 B-VG, eine nachprüfende Kontrolle eines Gerichts über faktische Amtshandlungen einer Sicherheitsbehörde im Zuge der Erfüllung von Aufgaben der Kriminalpolizei vorzusehen, wenn diese aus eigener Macht, das heißt ohne entsprechende Anordnung einer Justizbehörde (Staatsanwaltschaft oder Gericht) gesetzt werden. Die Wortfolge „oder Kriminalpolizei“ in § 106 Abs. 1 StPO wurde aufgehoben.
Die Anordnung der Staatsanwaltschaft Feldkirch vom 29. Februar 2012, die von der PI I*** zu vollziehen war, deckt die Ermittlung und Verarbeitung von Daten (aktive und passive Rufnummern, die mit einem dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Mobilfunkanschluss kommuniziert haben, samt dazu gehörigen Stammdaten der betreffenden Teilnehmer) im Bereich des Kommunikationsgeheimnisses (§ 93 TKG 2003). Sie enthält aber keine Anweisungen, wie hinsichtlich der solcherart ermittelten Kontakte des Beschwerdeführers vorzugehen sei, etwa ob diese Personen als Zeugen oder als Beschuldigte (in Frage kommend: als mögliche Abnehmer von Suchtgift) zu behandeln und welche Mitteilungen ihnen zu machen wären.
Es war daher davon auszugehen, dass die Beamten der PI I*** bei der Kontaktaufnahme mit diesen fünf Personen ohne konkrete, fallbezogene Anweisung seitens der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, demnach aus „eigener Macht“ der Sicherheitsbehörde kriminalpolizeilich tätig geworden sind. Demnach ist ihr Verhalten der zuständigen Sicherheitsbehörde zuzurechnen und kann, soweit damit ein Eingriff in das – unmittelbar durch das Grundrecht gemäß § 1 Abs. 1 DSG 2000 gewährleistete – Recht auf Geheimhaltung behauptet wird, mit Beschwerde nach § 90 SPG und § 31 Abs. 2 DSG 2000 bei der Datenschutzkommission angefochten werden.
Die Datenschutzkommission ist daher, im Gegensatz zum Vorbringen der Beschwerdegegnerin, zur Entscheidung der vorliegenden Beschwerde zuständig.
b) in der Sache selbst, Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung
Gemäß der Verfassungsbestimmung § 1 Abs. 2 DSG 2000 bedürfen Eingriffe in das Grundrecht auf Geheimhaltung, die durch eine staatliche Behörde vorgenommen werden, einer gesetzlichen Ermächtigung im Sinne des Art 8 EMRK (vgl. VfGH VfSlg. 18146/2007).
Jüngste Entscheidungen des VfGH verlangen auch bei nichtautomationsunterstützter Datenverwendung eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung, etwa beispielsweise auch für die behördeninterne Übermittlung eines Sachverständigengutachtens (Verwendung für ein anderes Aufgabengebiet einer Behörde):
„Bei der behördeninternen Weitergabe von Informationen betreffend den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers handelt es sich um eine Übermittlung - nämlich eine Verwendung von Daten für ein anderes Aufgabengebiet der BPD Wien als Auftraggeber - von sensiblen personenbezogenen Daten iSd § 4 Z 2 und Z 12 DSG 2000. Da im vorliegenden Fall (unbestrittenermaßen) ein schutzwürdiges Interesse des Beschwerdeführers an der Geheimhaltung dieser Daten besteht, greift ihre Übermittlung in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Geheimhaltung seiner personenbezogenen Daten gemäß § 1 Abs 1 DSG 2000 ein.
Ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Geheimhaltungsrecht gemäß §1 Abs 2 erster Satz DSG 2000 unter Berufung auf die lebenswichtigen Interessen des Betroffenen darf nur dann erfolgen, wenn eine Zustimmung nicht eingeholt werden kann; dies ergibt sich schon aus § 1 Abs 2 letzter Satz DSG 2000, wonach zulässige Eingriffe jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden dürfen. (VfGH, Erkenntnis vom 11. Oktober 2012, B 1369/11, Rechtssatz [Auszug])“
Nach der Rechtsprechung der Datenschutzkommission kann ein Eingriff in das (Grund ) Recht auf Geheimhaltung von Daten auch durch mündliche Übermittlung erfolgen (vgl. Bescheid der Datenschutzkommission vom 31. August 2000, GZ: 120.532/22- DSK/00, RIS; Bescheid der Datenschutzkommission vom 29. November 2005, GZ: K121.050/0015-DSK/2005, RIS). Die telefonische Bekanntgabe, dass gegen eine bestimmte Person kriminalpolizeiliche Ermittlungen geführt werden, ist daher eine für das Recht auf Geheimhaltung dieses Betroffenen relevante Datenübermittlung.
Als rechtliche Grundlage der entsprechenden Telefongespräche kommen die Bestimmungen der §§ 151 ff StPO über die kriminalpolizeiliche Erkundigung und die Vernehmung in Betracht.
Hier war es erkennbare Absicht der Kriminalpolizei, die Angerufenen zu vernehmen, das heißt, deren schriftliche Aussage aufzunehmen. Gemäß § 153 Abs. 2 StPO ist für eine solche Vernehmung keine zwingende schriftliche Ladung gefordert (arg: „Eine Person, die vernommen werden soll, ist in der Regel schriftlich vorzuladen.“ ; Unterstreichung nicht im Original). Zwingend geboten ist jedoch, den zu Vernehmenden über den „Gegenstand des Verfahrens“ zu informieren. Die Person des Beschuldigten und die Art des Tatverdachts gehören in diesem Sinne zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens. Erfolgt die Ladung nicht schriftlich, so ist es daher auch zulässig, den zu Vernehmenden mündlich über diese Fakten zu informieren.
Die Beschwerde war daher gemäß § 31 Abs. 7 DSG 2000 als in der Sache unbegründet abzuweisen.