W134 2318046-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Thomas Gruber über die Anträge der XXXX , vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9, 1010 Wien, vom 22.08.2025 betreffend das Vergabeverfahren „Systemteilnehmerprüfungen" der Auftraggeberin VKS Verpackungskoordinierungsstelle gemeinnützige Gesellschaft mbH, vergebende Stelle Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH, vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, folgenden Beschluss:
A)
Dem Antrag „der Antragsgegnerin im gegenständlichen Vergabeverfahren „Systemteilnehmerprüfungen“ den Abschluss von Rahmenvereinbarungen zu untersagen“ wird stattgegeben.
Der Auftraggeberin VKS Verpackungskoordinierungsstelle gemeinnützige Gesellschaft mbH wird für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens der Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (schlüssiges Beweismittel)
Die VKS Verpackungskoordinierungsstelle gemeinnützige Gesellschaft mbH hat einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich der im Wege eines Verhandlungsverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestbieterprinzip vergeben werden soll, ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich ist am 16.05.2025 und in der EU am 16.05.2025 erfolgt. Die Antragstellerin hat ein Letztangebot abgegeben. Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 14.08.2025 wurden sämtliche im Vergabeverfahren verbliebene Bieter elektronisch (via Vergabeplattform) über die Entscheidung, mit welchen drei Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, informiert. (Schreiben der Auftraggeberin vom 28.08.2025).
2. Beweiswürdigung
Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus der in Klammer genannten Quelle, deren inhaltliche Richtigkeit außer Zweifel steht und sich auch mit dem vorgelegten Verfahrensakt deckt.
3. Rechtliche Beurteilung
Im Wege einer Grobprüfung der Antragslegitimation der Antragstellerin zur Stellung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 zu prüfen, ob der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Diese Grobprüfung ergibt, dass sich das Verfahren in einem Stadium vor Abschluss der Rahmenvereinbarung befindet, dass die Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung – nämlich der Entscheidung mit welchen Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll – behauptet wurde, dass die Antragstellerin ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich des BVergG unterliegenden Vertrages behauptet hat, sowie dass der Antragstellerin durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden drohen könnte. Ein offensichtliches Fehlen der Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 ist somit nicht gegeben.
Gemäß § 343 Abs. 1 BVergG 2018 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung der Entscheidung auf elektronischem Weg oder mittels Telefax im Oberschwellenbereich binnen 10 Tagen einzubringen. Die Bekanntgabe der Entscheidung mit welchen Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, erfolgte am 14.08.2025. Der Nachprüfungsantrag ist am 22.08.2025 beim BVwG eingelangt und somit rechtzeitig eingebracht worden. Die Anträge wurden auch vergebührt und erfüllen – soweit im Provisorialverfahren ersichtlich – auch die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.
Gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.
Gemäß § 351 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.
Gemäß § 351 Abs. 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.
Die Antragstellerin hat ua den Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung mit welchen Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll gestellt.
Da seitens der Auftraggeberin auf Grund der Entscheidung vom 14.08.2025 mit welchen Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll beabsichtigt ist, die Rahmenvereinbarung mit drei anderen Unternehmen abzuschließen, dies aber bei Zutreffen der Rechtswidrigkeitsbehauptungen der Antragstellerin rechtswidrig sein könnte und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Antragstellerin für den Abschluss der Rahmenvereinbarung in Betracht kommen könnte, droht der Antragstellerin durch die behaupteten Rechtswidrigkeiten möglicherweise der Entgang des Auftrages sowie ein Schaden, der nur durch die Verhinderung des Abschlusses der Rahmenvereinbarung abgewendet werden kann, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Abschluss der Rahmenvereinbarung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der einen allfälligen späteren Abschluss der Rahmenvereinbarung mit den Antragstellerin ermöglicht.
Die Auftraggeberin verzichtete auf die Abgabe einer inhaltlichen Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Bei Abwägung aller möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bieter und der Auftraggeberin, eines allfälligen besonderen öffentlichen Interesses an der Fortführung des Vergabeverfahrens sowie des öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter (VfGH 15.10.2001, B 1369/01) erscheint ein Überwiegen der nachteiligen Folgen der einstweiligen Verfügung für die bewilligte Dauer nicht gegeben. Im Übrigen hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ein Auftraggeber zumindest ein Nachprüfungsverfahren sowie die damit einhergehende Verzögerung des Vergabeverfahrens einzukalkulieren.
Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung² [2008], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens. § 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist. Die Auftraggeberin ist durch eine derartige Bestimmung der Zeit nicht belastet, da die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichtes davon nicht verlängert wird, sie jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen kann und die einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft tritt. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum fest gesetzten Frist konnte daher abgesehen werden (vgl BVA 24.6.2010, N/0051-BVA/10/2010-EV13 mit weiteren Nachweisen).
Über die Anträge auf Gebührenersatz wird gesondert entschieden werden.
B) Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch ist die Rechtslage eindeutig und es sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich.
Rückverweise