Spruch
I425 1417374-4/4Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Philipp RAFFL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , StA. Gambia (alias Mali), vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2025, Zl. XXXX :
A)
Das Verfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 9, 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX zur Zahl XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Beschwerdeführer ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Gambias, stellte am 01.02.2024 während seiner Anhaltung in Strafhaft den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
Dieser Antrag wurde mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2025 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem unbefristeten Einreiseverbot erlassen, die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Gambia festgestellt, einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt sowie keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.
Gegen den gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 04.08.2025 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben und darin insbesondere Zweifel an der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Beschwerdeführers angemeldet und gerügt, dass seitens der belangten Behörde unterlassen worden sei, einen Erwachsenenvertreter zu bestellen.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 07.08.2025 zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 11.08.2025 regte das Bundesverwaltungsgericht beim Bezirksgericht XXXX unter Anschluss sämtlicher aktenkundiger medizinischer Befunde die Prüfung der Voraussetzungen zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Beschwerdeführer an.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden – um Wiederholungen zu vermeiden - als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.
Einer im Akt einliegenden fachärztlichen Stellungnahme ist u.a. der Verdacht auf eine affektgetragene Schizophrenie des Beschwerdeführers zu entnehmen.
Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer auch am Bundesverwaltungsgericht seit Jahren amtsbekannt und bringt hierorts in Permanenz in handschriftlicher Form umfangreiche, vollkommen wirr und sinnentleert anmutende Eingaben ein, sodass nach Ansicht des verfahrensführenden Richters auch unter diesem Gesichtspunkt erhebliche Zweifel an seiner Verhandlungs- und Handlungsfähigkeit bestehen.
Beim Bezirksgericht XXXX ist zur Zl. XXXX ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Beschwerdeführer anhängig. Das Verfahren wurde am 11.08.2025 seitens des Bundesverwaltungsgerichts angeregt und ist noch nicht rechtskräftig beendet.
2. Beweiswürdigung:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang sowie die unter Punkt II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt bzw. dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts.
Am 18.08.2025 bestätigte das Bezirksgericht XXXX dem verfahrensführenden Richter auf telefonische Nachfrage, dass das Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Beschwerdeführer dort nunmehr zur Zahl XXXX geführt werde.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Aussetzung des Verfahrens:
3.1. Zu den Rechtsgrundlagen:
Der mit "Rechts- und Handlungsfähigkeit" betitelte § 9 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) idgF BGBl. I Nr. 50/2025 lautet:
„Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.“
Der unbetitelte § 38 AVG lautet:
„Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.“
3.2. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den vorliegenden Fall:
Die Frage der Handlungsfähigkeit und somit auch jene der Prozessfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des VwGH von der Behörde als Vorfrage (iSd § 38 AVG) zu beurteilen. Einen Mangel der Prozessfähigkeit hat sie in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen. Mangelt es einem Adressaten einer Verfahrenshandlung (insbesondere auch eines Bescheides) in Bezug auf den Verfahrensgegenstand an der Prozessfähigkeit, so geht die Verfahrenshandlung insofern ins Leere, als sie diesem Adressaten gegenüber keinerlei Rechtswirkungen entfaltet. Die Behörde kann diesfalls Verfahrenshandlungen rechtswirksam nur gegenüber dem gesetzlichen Vertreter setzen (vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2017/19/0361, mwN).
Derzeit ist ein bezirksgerichtliches Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Beschwerdeführer anhängig. Daher ist fraglich, ob der Beschwerdeführer die erforderliche Prozessfähigkeit in Bezug auf den Verfahrensgegenstand besitzt bzw. zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides besaß. Das Vorhandensein der Prozessfähigkeit ist jedoch Voraussetzung für die Wirksamkeit des verwaltungsbehördlichen Verfahrens sowie der Beschwerdeerhebung durch den Beschwerdeführer bzw. die Vollmachterstattung an die BBU einerseits, aber auch jeder diese betreffende Verfahrenshandlung andererseits. Daher ist, abhängig vom Zeitpunkt des Eintritts einer allfälligen Prozessunfähigkeit, auch fraglich, ob der angefochtene Bescheid wirksam erlassen wurde.
Somit stellt die Frage der Prozessfähigkeit des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar. Da diese Vorfrage schon den Gegenstand des Verfahrens zur Überprüfung der Notwendigkeit zur Bestellung eines Erwachsenenvertreters bildet, ist das BVwG berechtigt, das Verfahren bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in dem genannten Verfahren auszusetzen. Eine Beurteilung der Prozessfähigkeit unmittelbar durch das BVwG würde voraussichtlich nicht zu einer rascheren Klärung dieser Vorfrage führen, zumal dies der Beiziehung eines Sachverständigen zur Beurteilung des geistigen und psychischen Gesundheitszustands des Beschwerdeführers bedürfte.
Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das beim Bezirksgericht XXXX anhängige Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der Bestellung eines Erwachsenenvertreters für den Beschwerdeführer wird das gegenständliche Beschwerdeverfahren daher gemäß § 17 VwGVG iVm §§ 9, 38 AVG ausgesetzt.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.