JudikaturBVwG

G303 2295062-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
18. August 2025

Spruch

G303 2295062-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und die fachkundige Laienrichterin Petra ILLICHMANN als Beisitzerinnen über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 20.03.2024, OB: XXXX betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) brachte am 19.10.2023 über die Zentrale Poststelle des Sozialministeriumservice beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960 (Parkausweis) sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Den Anträgen waren medizinische Befunde angeschlossen.

Der Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO gilt entsprechend dem Antragsformular der belangten Behörde auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bzw. auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass.

2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.

2.1. In dem eingeholten Gutachten von Dr. XXXX Facharzt für Orthopädie, vom 17.02.2024 (vidiert am 18.02.2024 von Dr. XXXX ), wurde nach erfolgter persönlicher Untersuchung der BF am 13.02.2024, im Wesentlichen folgendes festgestellt:

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass sich dieser aus dem Zusammenwirken aller Leiden ergebe, wobei die führende Gesundheitsschädigung (GS) 1 durch die GS 2 und die GS 3 um insgesamt eine Stufe angehoben werde.

Zur beantragten Zusatzeintragung wurde ausgeführt, dass die BF aufgrund der Knietotalendoprothesenimplantation vom Dezember 2023 noch an zwei Unterarmgehstützen mobilisiert sei, wobei durch die geplante Rehabilitation mit einer deutlichen Besserung der Mobilität zu rechnen sei und nicht davon auszugehen sei, dass die derzeitige Mobilitätseinschränkung einen Zustand darstelle, welcher für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten bestehen werde. Insofern sei die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auch weiterhin zumutbar.

3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 19.02.2024 wurde der BF das oben angeführte Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und mitgeteilt, dass der Grad der Behinderung 50 % betrage und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Prothesenträgerin“ vorliegen würden. Des Weiteren wurde festgehalten, dass die Voraussetzung für die Ausstellung eines Parkausweises der Besitz eines Behindertenpasses mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ sei. Die Voraussetzungen für diese verfahrensgegenständliche Zusatzeintragung würden jedoch derzeit nicht vorliegen. Es wurde der BF die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.

3.1. Mit E-Mail vom 15.03.2024 brachte die BF im Rahmen des Parteiengehörs vor, dass es für sie nicht zumutbar sei mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ihre Wege zu erledigen. Die nächste Bushaltestelle sei ca. 650 Meter von der Wohnadresse entfernt; diese Wegstrecke könne sie nicht zurücklegen. Eine Straßenbahn gebe es in der Nähe ihrer Wohnung nicht. Der Gehweg zum nächsten Lebensmittelgeschäft betrage ca. 400 Meter. Es sei der BF nicht möglich und nicht zumutbar diesen Weg mit ihrem Einkauf zu Fuß zu bewältigen. Bei der BF sei ein schweres Rheuma sowie Osteoporose und Gonarthrose beidseitig diagnostiziert worden und sie habe eine Knieprothese erhalten. Des Weiteren wurde angeführt, dass die BF Pflegegeld der Pflegestufe 3 beziehe. In einem wurden weitere medizinische Beweismittel übermittelt.

4. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 20.03.2024 wurde der Antrag der BF vom 19.10.2023 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen.

Gestützt wurde die Entscheidung der belangten Behörde auf das Ergebnis des ärztlichen Begutachtungsverfahrens. Danach würden die Voraussetzungen für die verfahrensgegenständliche Zusatzeintragung nicht vorliegen. Das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX wurde zum Bestandteil der Begründung des Bescheides erklärt und dem angefochtenen Bescheid als Beilage angeschlossen.

In der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides wurden die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes und der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zitiert. Des Weiteren wurden die maßgeblichen Kriterien, welche entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur für die gegenständliche Zusatzeintragung relevant sind, angeführt.

5. Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit E-Mail vom 04.04.2024 fristgerecht Beschwerde. Begründend brachte sie abermals zusammengefasst vor, dass die nächste Bushaltestelle ca. 650 Meter von der Wohnadresse entfernt sei und sie diesen Gehweg nicht zurücklegen könne. Bei der BF sei ein schweres Rheuma sowie Osteoporose und Gonarthrose beidseitig diagnostiziert worden und sie habe eine Knieprothese erhalten. Die BF beziehe Pflegegeld der Pflegestufe 3. Die Wegstrecken zur Bushaltestelle, Apotheke und Geschäfte könne sie nicht zu Fuß sowie ohne Hilfe zurücklegen. Es wurden medizinische Beweismittel vorgelegt und um erneute Prüfung der Voraussetzungen hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Zusatzeintragung ersucht.

6. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 08.07.2024 vorgelegt.

7. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichtes Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, mit der medizinischen Begutachtung der BF und Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt.

7.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, vom 28.01.2025, werden, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der BF am selben Tag, folgende Diagnosen festgehalten:

Chronisches Wirbelsäulensyndrom; bei Spondylarthropathie unter Basistherapie, mehrsegmentale Osteochondrosen, deformierende Spondylosen und Bandscheibenprotrusionen lumbal, rezidivierende Sakroiliitis, Osteoporose unter antiresorptiver Therapie, mittelgradige Funktionseinschränkung

Knie-Totalendoprothese rechts (12/2023) und Kniegelenksabnützung links, bei beidseitigem Beugedefizit sowie Streckdefizit rechts, belastungsabhängige Beschwerden

Engpasssymptomatik beider Schultergelenke, bei beidseitigen Armhebeschmerzen sowie Zustand nach Rotatorenmanschetten-Operation links (2012), mäßiggradige Funktionseinschränkung

Bluthochdruck bei Monotherapie

Stellungnehmend zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten wurde festgehalten, dass sich keine wesentliche Änderung ergeben habe. Ein Bluthochdruck sei ergänzt worden.

Zur beantragten Zusatzeintragung wurde ausgeführt, dass keine Einschränkungen in dem Ausmaß vorliegen würden, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das sichere Ein- und Aussteigen bei üblichem Niveauunterschied, sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel unmöglich machen würden. Sowohl die notwendigen Funktionen der unteren Extremitäten, die körperliche Belastbarkeit, die psychische Funktionen und intellektuellen Fähigkeiten seien gegeben. Es würden auch weder anhaltende Erkrankungen des Immunsystems, noch eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit bestehen.

Zusammenfassend wurde festgehalten, dass sich im Vergleich zum letzten durchgeführten, orthopädischen Gutachten keine wesentlichen Änderungen ergeben würden. Die Einschätzung sei korrekt erfolgt. Der Gesamtgrad der Behinderung bleibe unverändert, die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei zumutbar.

Zum Gangbild wurde ausgeführt: „Die BF komme privat gehend, unelastisches Gangbild, deutliches Schonhinken rechts, Zehenspitzen- und Fersengang nicht ausführbar. Die tiefe Hocke zu 4/5 eingeschränkt. Gehstrecke laut Angabe ca. 500 m ohne Hilfsmittel.“

8. Das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 14.02.2025 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.

8.1. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung seitens der Verfahrensparteien langte dazu beim Bundesverwaltungsgericht nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist am XXXX geboren und ist im Besitz eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert.

Die BF leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:

Chronisches Wirbelsäulensyndrom und Osteoporose

Zustand nach Implantation einer Knie-Totalendoprothese rechts (12/2023) und Kniegelenksabnützung links

Engpasssymptomatik beider Schultergelenke bei beidseitigen Armhebeschmerzen sowie Zustand nach Rotatorenmanschetten-Operation links (2012)

Bluthochdruck

Die BF leidet an einem chronischen Wirbelsäulensyndrom und Osteoporose, welche eine mittelgradige Funktionseinschränkung bedingen. Durch die Implantation einer Knie-Totalendoprothese rechts und der Kniegelenksabnützung links bestehen belastungsabhängige Beschwerden bei beidseitigem Beugedefizit sowie Streckdefizit rechts. Diese orthopädischen Leiden bewirken jedoch keine entscheidungsmaßgebliche dauerhafte erhebliche Mobilitätseinschränkung.

Das Gangbild der BF ist unelastisch und es besteht ein deutliches Schonhinken rechts. Die BF verwendet für kurze Wegstrecken keine Gehhilfe.

Die BF ist in der Lage eine kurze Wegstrecke (300-400 Meter) aus eigener Kraft selbstständig zurückzulegen. Das Überwinden von Niveauunterschieden ist möglich und der sichere Transport der BF in öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter den üblichen Transportbedingungen gewährleistet.

Bei der BF liegen keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten und der körperlichen Belastbarkeit vor. Auch konnten keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Fähigkeiten und Funktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems bei der BF festgestellt werden. Es besteht keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang, die Feststellungen zum Geburtsdatum der BF und zum Besitz des Behindertenpasses ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Orthopädie, vom 28.01.2025, ist vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei. Die getroffenen gutachterlichen Ausführungen darin basieren auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung der BF ausführlich erhobenen Untersuchungsbefund unter Einbeziehung der in Vorlage gebrachten medizinischen Beweismittel und des Vorbringens der BF. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen und deren Auswirkungen auf die Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ergeben sich daraus.

Insgesamt konnte dadurch zweifelsfrei festgestellt werden, dass bei der BF keine Einschränkungen und Erkrankungen, welche in der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen genannt sind, im geforderten Ausmaß (erheblich bzw. hochgradig), insbesondere keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, vorliegen.

Es konnten auch keine erheblichen Einschränkungen der Mobilität medizinisch objektiviert werden.

Im Rahmen der persönlichen Begutachtung wurde im klinischen Status erhoben, dass das Gangbild der BF unelastisch ist und rechts ein deutliches Schonhinken vorliegt. Die diesbezüglich getroffenen Feststellungen basieren darauf. Ebenso basiert darauf, dass die BF für kurze Wegstrecken keine Gehhilfe verwendet.

Durch das Sachverständigengutachten wurde medizinisch objektiviert, dass die BF in der Lage ist, eine kurze Wegstrecke (bis 400 Meter) zurückzulegen und Niveauunterschiede zu überwinden. Zudem gab sie im Rahmen der Untersuchung selbst gegenüber dem Sachverständigen an, dass sie eine Gehstrecke von ca. 500 m ohne Hilfsmittel bewältigen könne.

Damit wurden die gutachterlichen Feststellungen von Dr. XXXX im Vorgutachten vom 17.02.2024, welches seitens der belangten Behörde eingeholt wurde, diesbezüglich bestätigt.

Es konnten seitens des erkennenden Gerichtes auch keine Anhaltspunkte festgestellt werden, dass der sichere Transport der BF im öffentlichen Verkehrsmittel nicht gewährleistet wäre.

Das Beschwerdevorbringen, wonach die nächste Bushaltestelle vom Wohnort ca. 650 Meter entfernt sei, ist glaubhaft, allerdings sind die Kriterien für die verfahrensgegenständliche Zusatzeintragung nach medizinischen Gesichtspunkten abstrakt zu beurteilen. Örtliche Gegebenheiten sowie Entfernungen zwischen Wohnort und Zielort können nicht als Kriterien rechtlich herangezogen werden. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Der Inhalt des ärztlichen Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 28.01.2025 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme wurde dazu weder von der BF noch von der belangten Behörde erstattet. Es blieb somit im gegenständlichen Verfahren unbestritten.

Das Sachverständigengutachten von Dr. XXXX wird daher der gegenständlichen Entscheidung des erkennenden Gerichtes in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990 in der geltenden Fassung) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 in der geltenden Fassung) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung im Beschwerdeverfahren basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung der BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde zudem von den Verfahrensparteien im Rahmen ihres schriftlichen Parteiengehörs nicht beeinsprucht.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren der BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

3.2. Zu Spruchteil A):

Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Der Behindertenpass hat gemäß § 42 Abs. 1 BBG den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 1 Abs. 4 Z 3 der am 01. Jänner 2014 in Kraft getretenen Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013, ist auf Antrag des Menschen mit Behinderung jedenfalls einzutragen, die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind entsprechend der Erläuterungen der oben angeführten Verordnung ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).

Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung“ regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 18.12.2006, Zl. 2006/11/0211; VwGH 20.04.2004, Zl. 2003/11/0078).

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).

Es war aus den folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:

Es konnten bei der BF nach nochmaliger Durchführung eines medizinischen Beweisverfahrens im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keine Einschränkungen und Erkrankungen, welche im § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen für die beantragte Zusatzeintragung genannt sind, im geforderten Ausmaße, nämlich in erheblichem beziehungsweise hochgradigem Ausmaß, festgestellt werden.

Die BF besitzt auch die konkrete Fähigkeit ein öffentliches Verkehrsmittel zu benützen. Insbesondere konnte festgestellt werden, dass die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke (300 bis 400 Meter) für die BF selbstständig möglich ist. Das Ein- und Aussteigen in beziehungsweise aus öffentlichen Verkehrsmitteln kann bei einem üblichen Niveauunterschied ohne fremde Hilfe seitens der BF geleistet werden. Der sichere Transport im Fahrzeug ist unter den üblichen Transportbedingungen gewährleistet.

Bei der Beurteilung der Rechtsfrage, wann die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel besteht, kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, etwa wie weit die nächste Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels von der Wohnstätte entfernt ist. Das Vorbringen der BF in der Beschwerde, wonach die nächste öffentliche Haltestelle ca. 650 Meter von ihrem Wohnort entfernt sei, ist zwar glaubhaft, kann jedoch gegenständlich mangels rechtlicher Relevanz nicht berücksichtig werden (vgl. VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258; VwGH 27.05.2014, Zl. 2014/11/0030).

Zum Entscheidungszeitpunkt liegen daher die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung in den Behindertenpass nicht vor.

Die vorliegende Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.

Was schließlich den Antrag der BF betrifft, ihr einen Parkausweis nach § 29b StVO auszustellen, so ist diesbezüglich festzuhalten, dass die belangte Behörde über diesen Antrag ausdrücklich bescheidmäßig nicht abgesprochen hat.

Der äußerste Rahmen für die Prüfbefugnis des Bundesverwaltungsgerichtes ist die "Sache" des bekämpften Bescheides (VwGH 09.09.2015, Ra 2015/04/0012; 26.03.2015, Ra 2014/07/0077). Daher ist der Antrag der BF auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO mangels Vorliegens eines bekämpfbaren Bescheides nicht verfahrensgegenständlich. Vollständigkeit halber ist jedoch anzumerken, dass gegenständlich die grundsätzliche Voraussetzung dafür, nämlich der Besitz eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, der über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügt, fehlt.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlicher Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Rückverweise