W104 2287733-1/25E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian BAUMGARTNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Arabische Republik Syrien, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 31.1.2024, Zl. 1317892407-222399527, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.4.2024 und 27.6.2025 zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Einreisebestimmungen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 2.8.2022 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 3.8.2022 gab der Beschwerdeführer an, er sei am XXXX in al-Hasakah, der Hauptstadt des gleichnamigen syrischen Gouvernements, geboren, syrischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber, Muslim und ledig. Sein Vater, seine Schwester und zwei Brüder lebten in der Türkei. Ein Bruder sei in Deutschland, ein weiterer Bruder in den Niederlanden aufhältig. Der Beschwerdeführer habe Syrien im Juni 2022 in die Türkei verlassen und sei über Serbien und Ungarn nach Österreich gekommen. Als Beweggrund für seine Ausreise gab der Beschwerdeführer den Krieg in Syrien an. Im Fall seiner Rückkehr befürchte er, zum Militärdienst eingezogen zu werden, was er aber nicht wolle.
3. Am 23.1.2024 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch zu seinem Antrag auf internationalen Schutz niederschriftlich einvernommen. Eingangs legte der Beschwerdeführer seinen Personalausweis im Original sowie Kopien des Personalausweises und Reisepasses seiner Ehefrau, des Familienbuches, des Eheschließungsvertrags und von Auszügen aus dem Personen- und Familienregister von seiner Frau und sich selbst vor.
Korrigierend zur Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, seit dem 1.8.2021 verheiratet zu sein. Seine Frau lebe in Damaskus und studiere. Er habe von 1.3.2005 bis 1.4.2007 seinen Grundwehrdienst in Tartous geleistet und sei bei der Flugabwehr stationiert gewesen. Danach sei er zu keinen weiteren Übungen eingezogen worden. Im Jahr 2014 habe er im Distrikt XXXX der Gouvernementshauptstadt al-Hasakah gelebt und aus den Nachrichten erfahren, dass sich der islamische Staat (IS) nähere. Die ganze Familie sei dann in das Haus seines Bruders gezogen, das sich im Sicherheitsquadrat von al-Hasakah befinde. Im Juni oder Juli 2014 habe er bei einer Kontrolle der Staatssicherheit erfahren, dass er sich bei der Rekrutierungsstelle melden solle. Daraufhin habe er sich nach XXXX , seinen Geburtsort, begeben und dort im Haus seines Großvaters gelebt. In XXXX sei er von den Kurden aufgefordert worden, sich ihnen anzuschließen, was er ablehnte. Ende 2014 habe seine gesamte Familie mit ihm Amuda illegal über die Grenze in Richtung Türkei verlassen. Dort habe er über einen Aufenthaltstitel verfügt. In der Stadt XXXX habe er zunächst als Maler gearbeitet und dann zusammen mit seinem Bruder ein Handygeschäft eröffnet. Schließlich habe er im Jahr 2022 die Türkei verlassen, weil es in dieser Zeit zu willkürlichen Abschiebungen gekommen sei.
4. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 31.1.2024, Zl. 1317892407-222399527, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 2.8.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihm jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.).
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe mit maßgeblicher Intensität in der Vergangenheit ausgesetzt gewesen bzw. aktuell ausgesetzt sei. Der Beschwerdeführer habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können.
5. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die Beschwerde vom 29.2.2024 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung dem Beschwerdeführer Asyl zuerkannt worden wäre. Nach einer Darlegung des Verfahrensganges und des Sachverhaltes führt die Beschwerde im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer drohe die erneute Einberufung als Reservist und der Einsatz an vorderster Front. Durch diese Teilnahme am syrischen Bürgerkrieg wäre er zur Beteiligung an schweren Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder an anderen Handlungen, die der Satzung der Vereinten Nationen zuwiderlaufen, gezwungen. Bei einer Weigerung müsse der Beschwerdeführer mit einer Verfolgung und unverhältnismäßigen Strafen bis hin zu seiner Hinrichtung rechnen. Aufgrund seiner Weigerung, sich auf Seiten des syrischen Regimes am Bürgerkrieg zu beteiligen, seiner illegalen Ausreise und seiner Asylantragstellung im Ausland werde ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine oppositionelle politische Gesinnung von Seiten des syrischen Regimes unterstellt. Schließlich drohe dem Beschwerdeführer auch der Einzug zum Wehrdienst durch die kurdischen Kräfte.
6. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Entscheidung vorgelegt.
7. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte mit Schreiben vom 29.3.2024 eine mündliche Beschwerdeverhandlung für den 15.4.2024 an, brachte Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer sowie der belangten Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme.
8. Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom 29.3.2024 mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Es werde die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde und die Übersendung des aufgenommenen Verhandlungsprotokolls beantragt.
9. Mit Schreiben vom 4.4.2024 ersuchte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers um Vertagung der mündlichen Verhandlung, da ihre Teilnahme aus Kapazitätsgründen nicht möglich sei. Zudem beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung einer 14-tägigen Stellungnahmefrist im Anschluss an die mündliche Verhandlung.
10. In Abwesenheit seiner Rechtsvertretung wurde der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 15.4.2024 zu seinem Leben in Syrien und zu seinen Fluchtgründen befragt. Hier wiederholte der Beschwerdeführer eingangs, er habe Syrien wegen des Krieges verlassen. Er werde wegen der Wehrpflicht gesucht und strebe deshalb den Status des Asylberechtigten an.
In der Folge wiederholte der Beschwerdeführer im Großen und Ganzen seine Ausführungen vor der belangten Behörde, insbesondere über die Umstände, die ihn zum Verlassen seiner Herkunftsregion, dem Distrikt XXXX in der Stadt al-Hasakah, bewegten. Dabei führte er ergänzend aus, dass er bei der Kontrolle beim Checkpoint des Regimes Schmiergeld habe zahlen müssen, damit er nicht sofort eingezogen werde. Jetzt sei er sowohl von den Kurden als auch vom Regime zur Fahndung ausgeschrieben. Ein Freikauf vom Wehrdienst sei nicht möglich, weil es keine Garantie gebe, dass man danach nicht eingezogen werde.
11. Das Bundesverwaltungsgericht gewährte eine vierzehntägige Frist zur Stellungnahme. In ihrer Stellungnahme vom 24.4.2024 machte die Vertretung des Beschwerdeführers geltend, dass die syrische Regierung in der Heimatprovinz des Beschwerdeführers präsent sei und diese für ihn nicht ohne Kontakt mit dem syrischen Regime erreichbar sei.
12. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.5.2024, GZ W104 2287733-1/9E, wurde die Beschwerde abgewiesen und begründend ausgeführt, dem Beschwerdeführer drohe in seinem Herkunftsort keine reale Gefahr, zwangsweise von der syrischen Regierung zum Militärreservedienst bzw. von den kurdischen SDF zum verpflichtenden „Wehrdienst“ eingezogen zu werden oder vom syrischen Regime bzw. der SDF oder sonstigen kurdischen Milizen aufgrund unterstellter oppositioneller Gesinnung verfolgt zu werden.
13. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 1.7.2024, GZ Ra 2024/20/0396-4, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verfahrenshilfe abgewiesen.
14. Nach Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofs vom 10.10.2024, GZ E 2304/2024-3 an den Verfahrenshelfer des Beschwerdeführers erhob dieser fristgerecht Beschwerde wegen Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie von Rechten aus der EMRK und der GRC.
15. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 11.03.2025, GZ E 2304/2024-14, wurde das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2.5.2024 wegen Verletzung des dem Beschwerdeführer verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander aufgehoben. In der Begründung wurde ausgeführt, dass es das Bunderverwaltungsgericht unterlassen hat, den Beschwerdeführer über sein Recht zu belehren, gemeinsam an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, und nachzufragen, dass er keine Einwände gegen die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit seiner Rechtsvertretung hat. Es stellt auch eine willkürliche Handhabung des Verfahrensrechts dar, dass es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen hat zu prüfen, ob die Vertagungsbitte aus sachlichen Gründen gestellt worden ist und dieser bejahendenfalls stattzugeben.
16. Das Bundesverwaltungsgericht beraumte mit Schreiben vom 06.05.2025 eine weitere mündliche Beschwerdeverhandlung für den 27.06.2025 an und brachte mit diesem Schreiben die auch noch anschließend aktualisierten Länderberichte in das Verfahren ein.
17. In der mündlichen Verhandlung am 27.06.2025 wurde der Beschwerdeführer zu seinen möglichen Verfolgungsgründen befragt. Dabei gab der Beschwerdeführer erstmals an, gegenüber der kurdischen Autonomieregierung oppositionell eingestellt zu sein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl betreffend den Beschwerdeführer;
Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht;
Einsichtnahme in folgende vom Bundesverwaltungsgericht eingebrachten aktuellen Länderberichte:
- Länderinformationen der Staatendokumentation aus dem COI-CMS zu Syrien, Version 12 vom 8.5.2025 (im Folgenden: Länderinformationsblatt);
- European Union Agency for Asylum (EUAA): Interim Country Guidance: Syria, June 2025;
Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente.
2. Feststellungen:
2.1. Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am XXXX im Ort XXXX im syrischen Gouvernement al-Hasakah geboren. Er ist Staatsbürger der Arabischen Republik Syrien, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und Muslim. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Arabisch, welche er sowohl lesen als auch schreiben kann, er spricht auch Kurdisch und ein wenig Türkisch. Er ist geschieden und kinderlos.
Der Beschwerdeführer besuchte neun Jahre die Schule und schloss keine Ausbildung ab. Anschließend absolvierte der Beschwerdeführer im Zeitraum 2005 bis 2007 seinen Wehrdienst in Tartous.
In der zweiten Jahreshälfte 2014 verließ der Beschwerdeführer seinen Heimatdistrikt XXXX in der Gouvernementshauptstadt al-Hasakah und kehrte für wenige Wochen in seinen Geburtsort XXXX zurück. Ende 2014 verließ der Beschwerdeführer mit seiner Familie Syrien und ließ sich in der Türkei in der Stadt XXXX nieder, wo er zunächst als Maler arbeitete und dann zusammen mit seinem Bruder ein Handygeschäft eröffnete.
Dort heiratete der Beschwerdeführer am 1.8.2021 mittels einer Eheschließung durch einen Stellvertreter seine sich in al-Hasakah befindliche Gattin, von der er mittlerweile wieder geschieden ist. Im Juni 2022 verließ der Beschwerdeführer die Türkei und reiste über Serbien und Ungarn illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 2.8.2022 erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Seither hält sich der Beschwerdeführer durchgehend in Österreich auf.
Der Herkunftsdistrikt des Beschwerdeführers, XXXX in der syrischen Gouvernementshauptstad al-Hasakah, steht derzeit unter der Kontrolle der kurdischen Autonomiebehörden.
Der Beschwerdeführer ist im Wesentlichen gesund und arbeitsfähig. Er ist strafgerichtlich unbescholten.
2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
2.2.1. Zur behaupteten Verfolgung durch die syrische Regierung
Bis zum Jahr 2024 bestand in Syrien die gesetzliche Verpflichtung zur Ableistung eines Wehrdienstes von zwei Jahren für männliche Staatsbürger ab dem Alter von 18 Jahren. Syrische männliche Staatsangehörige konnten bis zum Alter von 42 Jahren in den aktiven Militärdienst einberufen werden.
Nach dem Sturz der Regierung von Bashar Al-Assad am 8. Dezember 2024 durch die von Ahmed al-Scharaa geführte HTS-Miliz wurde eine Übergangsverwaltung geschaffen. Der ehemalige Premierminister Mohammed Al-Jalali übertrug die Macht formell an Mohammed al-Bashir, den neu ernannten Übergangspremierminister, um die Fortführung der staatlichen Aufgaben einschließlich der Zahlung der Gehälter im öffentlichen Dienst zu gewährleisten, wie Al-Jalali erklärte. Ende Januar erklärte die Übergangsregierung die Verfassung Syriens aus dem Jahr 2012 für ungültig und löste das Parlament, das Militär und die Sicherheitsorgane der früheren Regierung auf. Übergangspräsident Al-Sharaa erklärte, er werde einen legislativen Interimsrat einrichten, der die Regierung bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung unterstützen soll.
Übergangspräsident Al-Sharaa schaffte außerdem die Wehrpflicht ab und hat wiederholt angegeben, dass er sich für eine freiwillige Rekrutierung entschieden habe und sich von der Wehrpflichtpolitik entfernen möchte, die das zusammengebrochene Assad-Regime charakterisierte. Viele junge Männer ließen sich Berichten des syrischen Fernsehens zufolge für die neue Armee rekrutieren. Insbesondere seien junge Männer in Idlib in dieser Hinsicht engagiert. Die Umstrukturierung des syrischen Militärs hat aber gerade erst begonnen. Neue Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere werden Berichten zufolge durch intensive Programme rekrutiert, die von den traditionellen akademischen und Ausbildungsstandards abweichen. Der Prozess der Vorbereitung von Militär- und Sicherheitskadern wird beschleunigt, um den Bedürfnissen des neuen Staates gerecht zu werden.
Aufgrund der sich aus den Länderberichten ergebenden aktuellen Lage kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seiner Heimatregion asylrelevanter Verfolgung durch die (neue) syrische Regierung ausgesetzt wäre.
2.2.2. Zur behaupteten Verfolgung durch die kurdischen Autonomiebehörden
In Syrien besteht in der kurdischen Autonomieregion unter der Kontrolle der „Demokratische Selbstverwaltung für Nord- und Ostsyrien“ (= „Autonomous Administration of North and East Syria, AANES“) ein verpflichtender Militärdienst. Männer im Alter zwischen 18 und 31 Jahren sind zur „Selbstverteidigungspflicht“ in der kurdischen Autonomieregion verpflichtet. Die Selbstverteidigungspflicht ist auf Männer beschränkt, die 1998 oder später geboren sind und ihr 18. Lebensjahr erreicht haben.
Der Beschwerdeführer unterliegt aufgrund seines Alters nicht mehr der kurdischen Selbstverteidigungspflicht und droht ihm bei einer Rückkehr in seine Heimatregion nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die reale Gefahr asylrelevanter Verfolgung durch die kurdischen Autonomiebehörden.
Der Beschwerdeführer ist und war politisch nicht aktiv und hat sich nicht oppositionell gegen die Syrian Democratic Forces (SDF) oder sonstige kurdische Milizen betätigt. Der Beschwerdeführer hatte keine Probleme mit den SDF oder sonstigen kurdischen Milizen. Er ist daher auch nicht bedroht, von den SDF oder sonstigen kurdischen Milizen als politischer (oppositioneller) Gegner angesehen zu werden. Der Beschwerdeführer ist im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsdistrikt, XXXX in der syrischen Gouvernementshauptstadt al-Hasakah, keinen Übergriffen bzw. Verfolgung durch die SDF oder sonstige kurdische Milizen aufgrund unterstellter politischer (oppositioneller) Gesinnung ausgesetzt.
Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Syrien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine asylrelevante Verfolgung aus den vom ihm geltend gemachten oder aus anderen Gründen.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers
2.3.1. Länderinformationen der BFA-Staatendokumentation aus dem COI-CMS zu Syrien, Version 12 vom 8.5.2025:
Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Am 8.12.2024 erklärten die Oppositionskräfte in Syrien die 24-jährige Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad für beendet. Zuvor waren Kämpfer in die Hauptstadt eingedrungen, nachdem Oppositionsgruppierungen am 27.11.2024 eine Offensive gegen das Regime gestartet und innerhalb weniger Tage die Städte Aleppo, Hama und große Teile des Südens eingenommen hatten. Al-Assad war aus Damaskus geflohen (AJ 8.12.2024). Ihm und seiner Familie wurde Asyl in Russland gewährt (VB Moskau 10.12.2024). Er hatte das Land seit 2000 regiert, nachdem er die Macht von seinem Vater Hafez al-Assad übernommen hatte, der zuvor 29 Jahre regiert hatte (BBC 8.12.2024a). Er kam mit der Baath-Partei an die Macht, die in Syrien seit den 1960er-Jahren Regierungspartei war (NTV 9.12.2024). Bashar al-Assad hatte friedliche Proteste gegen sein Regime im Jahr 2011 gewaltsam unterdrückt, was zu einem Bürgerkrieg führte. Mehr als eine halbe Million Menschen wurden getötet, sechs Millionen weitere wurden zu Flüchtlingen (BBC 8.12.2024a). Die Offensive gegen al-Assad wurde von der Hay'at Tahrir ash-Sham (HTS) angeführt (BBC 9.12.2024). [Details zur Offensive bzw. zur Hay'at Tahrir ash-Sham finden sich im Kapitel Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des al-Assad-Regimes (8.12.2024) Anm.] Die HTS wurde ursprünglich 2012 unter dem Namen Jabhat an-Nusra (an-Nusra Front) gegründet, änderte ihren Namen aber 2016 nach dem Abbruch der Verbindungen zur al-Qaida in Hay'at Tahrir ash-Sham. Sie festigte ihre Macht in den Provinzen Idlib und Aleppo, wo sie ihre Rivalen, darunter Zellen von al-Qaida und des Islamischen Staates (IS), zerschlug. Sie setzte die sogenannte Syrische Heilsregierung (Syrian Salvation Government - SSG) ein, um das Gebiet nach islamischem Recht zu verwalten (BBC 9.12.2024). Die HTS wurde durch die von der Türkei unterstützte Syrische Nationale Armee (Syrian National Army - SNA), lokale Kämpfer im Süden und andere Gruppierungen unterstützt (Al-Monitor 8.12.2024). Auch andere Rebellengruppierungen erhoben sich (BBC 8.12.2024b), etwa solche im Norden, Kurdenmilizen im Nordosten, sowie Zellen der Terrormiliz IS (Tagesschau 8.12.2024). Im Süden trugen verschiedene bewaffnete Gruppierungen dazu bei, die Regierungstruppen aus dem Gebiet zu vertreiben. Lokale Milizen nahmen den größten Teil der Provinz Dara'a sowie die überwiegend drusische Provinz Suweida ein (Al-Monitor 8.12.2024). Die Abteilung für Militärische Operationen (Department for Military Operations - DMO) dem auch die HTS angehört, kontrollierte mit Stand 11.12.2024 70 % des syrischen Territoriums (Arabiya 11.12.2024). […]
In der ersten Woche nach der Flucht al-Assads aus dem Land gelang es Syrien, ein vollständiges Chaos, zivile Gewalt und den Zusammenbruch des Staates abzuwenden (MEI 19.12.2024). Ehemalige Regimeoffiziere sollen viele Regierungsgebäude niedergebrannt haben, um Beweise für ihre Verbrechen zu verstecken, nachdem sie nach dem Sturz des Regimes von Präsident Bashar al-Assad aus dem Innenministerium geflohen waren (Araby 16.12.2024). Die neuen de-facto-Führer Syriens bemühten sich um Sicherheit, Stabilität und Kontinuität. Obwohl es Berichte über Plünderungen in der Zentralbank und über Menschen gab, die den persönlichen Wohnsitz al-Assads und die Botschaft des Iran, seines Hauptunterstützers, durchwühlten, standen am 9.12.2024 Rebellenkämpfer vor Regierungsgebäuden in der gesamten Hauptstadt Wache. Die neuen Behörden verbreiteten auch Bilder von Sicherheitspersonal, das durch die Straßen von Damaskus patrouillierte, in den sozialen Medien (NYT 12.12.2024).
Der HTS-Anführer Mohammed al-Joulani, der mittlerweile anstelle seines Kampfnamens seinen bürgerlichen Namen Ahmad ash-Shara' verwendet (Nashra 8.12.2024), traf sich am 9.12.2024 mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und Vizepräsidenten von al-Assad, um die Modalitäten für eine Machtübergabe zu besprechen (DW 10.12.2024). Bis zu ihrer Übergabe blieben die staatlichen Einrichtungen Syriens unter seiner Aufsicht (REU 8.12.2024). Die Macht des Assad-Regimes wurde auf ein Übergangsgremium übertragen, das vom Premierminister der SSG, Mohammed al-Bashir, geleitet wurde (MEI 9.12.2024). Al-Bashir kündigte am ersten Tag seiner Ernennung an, dass die Prioritäten seiner Regierung folgende seien: Gewährleistung von Sicherheit, Bereitstellung von Dienstleistungen und Aufrechterhaltung der staatlichen Institutionen. (AJ 27.1.2025a). Am 29.1.2025 wurde de-facto-Herrscher Ahmed ash-Shara' zum Übergangspräsidenten ernannt (Standard 29.1.2025).
Die Übergangsregierung ließ laut Medienberichten die Verwaltungsbeamten auf ihren Posten (LTO 9.12.2024). Eine diplomatische Quelle eines europäischen Staates wiederum berichtet von einer Beurlaubung aller Staatsbeamten: Durch die Beurlaubung aller Staatsbeamter gibt es in Syrien zwar nun (interimistische) Minister, aber kaum Beamte, soll heißen, keine funktionierende Verwaltung. Mit ganz wenigen Ausnahmen stehen die Ministerien leer. Die einzigen Ordnungskräfte sind diejenigen Gruppen, die aus Idlib mitgekommen sind und die sich – personell überlastet – um ein Minimum an Ordnung in den Städten bemühen. Die kommunale Versorgung ist nicht vorhanden bzw. derzeit auf Privatinitiativen reduziert (SYRDiplQ1 5.2.2025). In Damaskus und anderen Orten kam es häufig zu Gewaltausbrüchen, weil Polizei und Armee nicht über genügend Personal verfügen, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Straßen sind oft mit Müll übersät, und anstelle der Polizei leiten Teenager den Verkehr (FT 25.3.2025). Syrienexperte Daniel Gerlach sagte, dass die leitende Beamtenebene im Land fehlt, die zwischen politischen Entscheidungsträgern und der Verwaltung – die ihre Arbeit wieder aufgenommen hat – steht. Es fehlen diejenigen, die mit den Verwaltungsträgern in Kontakt sind und die Politik umsetzen. Diejenigen, die in Syrien politische Entscheidungen träfen, seien ungefähr 15 bis 16 Personen, schätzt Gerlach (AC 23.1.2025). Alle Minister der Übergangsregierung waren aus dem 7. Kabinett der SSG, das im Februar 2024 ernannt worden war (AlMon 11.12.2024). Ash-Shara' und der Interims-Premierminister haben Loyalisten zu Gouverneuren in mehreren Provinzen und zu Ministern in der Übergangsregierung ernannt (ISW 19.12.2024). Al-Bashir hat gegenüber Al Jazeera erklärt, dass die Minister der SSG vorerst die nationalen Ministerämter übernehmen werden (AJ 15.12.2024a). Ash-Shara', sagte, dass in den ersten 100 Tagen keine internen und externen Parteien berücksichtigt werden. Er hat allen seinen Kameraden, die der HTS oder anderen Gruppierungen angehören, sehr deutlich gemacht, dass er diese Phase nur Leuten anvertraut, die sein persönliches Vertrauen haben. Er hat seine Partner und Freunde gebeten, ihm in dieser Phase beizustehen und sich darauf vorzubereiten, die Form einer neuen Regierung zu diskutieren (Akhbar 31.12.2024). Die HTS, die in der neuen Regierung erheblichen Einfluss hat, verfügt einem Bericht des Atlantic Council zufolge nicht über ausreichende technokratische Fachkenntnisse, um eine so komplexe Nation wie Syrien zu verwalten (AC 23.1.2025). […]
Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)
Die Syrische Arabische Armee wurde noch von al-Assad vor seiner Flucht nach Mitternacht am 8.12.2024 per Befehl aufgelöst. Die Soldaten sollten ihre Militäruniformen gegen Zivilkleidung tauschen und die Militäreinheiten und Kasernen verlassen (AAA 10.12.2024). Aktivisten des Syrian Observatory for Human Rights (SOHR) in Damaskus haben berichtet, dass Hunderte von Regimesoldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie darüber informiert wurden, dass sie entlassen wurden, da das Assad-Regime gestürzt war (SOHR 8.12.2024). Ca. 2.000 syrische Soldaten sind in den Irak geflohen. Einem Beamten aus dem Irak zufolge sollen 2.150 syrische Militärangehörige, darunter auch hochrangige Offiziere, wie Brigadegeneräle und Zollangestellte, in einem Lager in der Provinz al-Anbar untergebracht sein. Die Mehrheit soll nach Syrien zurückkehren wollen (AlMada 15.12.2024). Syrischen Medien zufolge verhandelte die syrische Übergangsregierung mit der irakischen Regierung über die Rückführung dieser Soldaten (ISW 16.12.2024). Am 19.12.2024 begannen die irakischen Behörden damit, die syrischen Soldaten nach Syrien auszuliefern (TNA 19.12.2024). Die Mehrheit der führenden Soldaten und Sicherheitskräften des Assad-Regimes sollen sich noch auf syrischem Territorium befinden, jedoch außerhalb von Damaskus (Stand 13.12.2024) (AAA 10.12.2024). Nach der Auflösung der ehemaligen Sicherheits- und Militärinstitutionen verloren Hunderttausende ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen – vor allem in den Küstenregionen. Zehntausende wurden auch aus staatlichen und zivilen Einrichtungen entlassen, ohne alternative Einkommens- oder Arbeitsmöglichkeiten. Darüber hinaus wurden Mitgliedern der aufgelösten Armee, Polizei und Sicherheitsdienste Umsiedlungsmaßnahmen aufgezwungen, was zu wachsender Unzufriedenheit und Wut in den Reihen dieser Männer führte (Harmoon 17.3.2025).
Nach dem Umsturz in Syrien hat die von Islamisten angeführte Rebellenallianz eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen verkündet. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie seien untersagt, teilte die Allianz auf Telegram mit (Presse 9.12.2024). HTS-Anführer ash-Shara’ kündigte in einem Facebook-Post an, dass die Wehrpflicht der Armee abgeschafft wird, außer für einige Spezialeinheiten und „ für kurze Zeiträume“. Des Weiteren kündigte er an, dass alle Gruppierungen aufgelöst werden sollen und über Waffen nur mehr der Staat verfügen soll (CNBC Ara 15.12.2024a; vgl. MEMRI 16.12.2024). Unklar ist, wie eine Freiwilligenarmee finanziert werden soll (ISW 16.12.2024). Auch die Auflösung der Sicherheitskräfte kündigte ash-Shara’ an (REU 11.12.2024a). In einem Interview am 10.2.2025 wiederholte ash-Shara’, dass er sich für eine freiwillige Rekrutierung entschieden habe und gegen eine Wehrpflicht. Bereits Tausende von Freiwilligen hätten sich der neuen Armee angeschlossen (Arabiya 10.2.2025a; vgl. AJ 10.2.2025a). Wehrpflichtigen der Syrischen Arabischen Armee (Syrian Arab Army - SAA) wurde eine Amnestie gewährt (REU 11.12.2024b). Ahmed ash-Shara’ hat versprochen, dass die neue Führung die höchsten Ränge des ehemaligen Militärs und der Sicherheitskräfte wegen Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgen wird. Was dies jedoch für die Fußsoldaten des ehemaligen Regimes bedeuten könnte oder wo die diesbezüglichen Grenzen gezogen werden, bleibt unklar (Guardian 13.1.2025). Die neue Übergangsregierung Syriens hat sogenannte „Versöhnungszentren“ eingerichtet, sagte Abu Qasra, neuer syrischer Verteidigungsminister. Diese wurden bereits gut genutzt, auch von hochrangigen Personen, und die Nutzer erhielten vorübergehende Niederlassungskarten. Eine beträchtliche Anzahl habe auch ihre Waffen abgegeben (Al Majalla 24.1.2025). Der Hauptsitz des Geheimdienstes in Damaskus ist jetzt ein „Versöhnungszentrum“, wo die neuen syrischen Behörden diejenigen, die dort gedient haben, auffordern, sich zu stellen und ihre Waffen im Geheimdienstgebäude abzugeben. Im Innenhof warten Menschenschlangen darauf, Zettel zu erhalten, die besagen, dass sie sich offiziell ergeben und mit der neuen Regierung versöhnt haben, während ehemalige Aufständische in neuen Uniformen im Militärstil die abgegebenen Pistolen, Gewehre und Munition untersuchen. Ehemalige Offiziere, die sich für die neue Regierung Syriens als nützlich erweisen könnten, beispielsweise, weil sie Informationen über Personen haben, die international gesucht werden, haben wenig zu befürchten, solange sie kooperieren (Guardian 13.1.2025). In diesen „Versöhnungszentren“ erhielten die Soldaten einen Ausweis mit dem Vermerk „desertiert“. Ihnen wurde mitgeteilt, dass man sie bezüglich ihrer Wiedereingliederung kontaktieren würde (Chatham 10.3.2025). [Weitere Informationen zu „Versöhnungszentren“ finden sich auch in den Kapiteln Rechtsschutz / Justizwesen - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).] Die Rolle der übergelaufenen syrischen Armeeoffiziere in der neuen Militärstruktur ist unklar. Während ihr Fachwissen beim Aufbau einer Berufsarmee von unschätzbarem Wert sein könnte, bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich ihrer Marginalisierung innerhalb der neuen Machtstruktur (DNewsEgy 3.2.2025). Unter al-Assad war die Einberufung in die Armee für erwachsene Männer obligatorisch. Wehrpflichtige mussten ihren zivilen Ausweis abgeben und erhielten stattdessen einen Militärausweis. Ohne einen zivilen Ausweis ist es schwierig, einen Job zu finden oder sich frei im Land zu bewegen, was zum Teil erklärt, warum Zehntausende in den „Versöhnungszentren“ in verschiedenen Städten aufgetaucht sind (BBC 29.12.2024). […]
Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES)
Wehrdienst
Der Gesellschaftsvertrag von 2023 regelt in der Demokratischen Autonomen Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) in Abschnitt 5 die Selbstverteidigungspflicht. Artikel 111 besagt, dass Selbstverteidigung eine Garantie und Fortsetzung des Lebens, und basierend auf dem Recht und der Pflicht ist, die Existenz zu verteidigen. Sie erfordert die Einrichtung eines Selbstschutzsystems, das auf dem Bewusstsein der legitimen Selbstverteidigung und der organisierten demokratischen Gesellschaft in Nord- und Ostsyrien beruht. Einerseits gibt es die Community Protection Forces, die für den Schutz Nord- und Ostsyriens und die Gewährleistung des Schutzes von Leben und Eigentum der Bürger vor allen Angriffen und Besatzungen verantwortlich sind. Die Community Protection Forces werden unter Beteiligung aller Bürger organisiert. Selbstverteidigung ist ein Recht und eine Pflicht für jeden Bürger. Es ist die Pflicht organisierter ethnischer und religiöser Gruppen, sich wirksam am Selbstverteidigungssystem zu beteiligen, angefangen bei Stadtvierteln, Dörfern, Städten und allen Wohneinheiten. Anderseits erwähnt Artikel 111 auch die Syrischen Demokratischen Kräfte (Syrian Democratic Forces - SDF). Sie sind die legitimen Verteidigungskräfte in der Demokratischen Autonomen Verwaltung Nord- und Ostsyriens. Sie nehmen den freiwilligen Beitritt der Söhne und Töchter des Volkes und die Pflicht zur Selbstverteidigung an. Ihre Aktivitäten werden vom Demokratischen Volksrat und der Verteidigungskommission überwacht. Sie organisieren sich autonom innerhalb des Demokratischen Konföderalen Systems Nord- und Ostsyrien und haben die Aufgabe, die DAANES und alle syrischen Gebiete zu verteidigen und sie vor jeglichen potenziellen Angriffen oder Gefahren von außen zu schützen (RIC 14.12.2023). Laut Gesetz Nr. 1 zur Selbstverteidigung gelten Männer mit Vollendung des 18. Lebensjahres als wehrpflichtig und müssen den Selbstverteidigungsdienst bis zum vierzigsten Lebensjahr vollendet haben (Artikel 13). Wehrpflichtig ist jeder männliche Bewohner der Region Nord- und Ostsyrien, der das gesetzliche Alter für die Ausübung des Selbstverteidigungsdienstes erreicht hat, bzw. jeder, der seit mehr als drei Jahren dauerhaft in Nord- und Ostsyrien ansässig ist und die syrische Staatsangehörigkeit besitzt (Artikel 1) (AANES-GC 22.2.2024). Zwei Quellen, die vom Danish Immigration Service (DIS) befragt wurden, äußerten jedoch Zweifel an der konsequenten Einberufung von Personen von außerhalb der DAANES in allen Regionen (DIS 6.2024). Frauen in den von der Autonomen Verwaltung kontrollierten Gebieten können freiwillig Wehrdienst leisten (Enab 22.2.2024). Wladimir van Wilgenburg, Journalist und Autor, und ein Experte für syrische Kurdenhaben noch von keinem Fall gehört, in dem Frauen zwangsweise zur Selbstverteidigung eingezogen wurden (DIS 6.2024).
Das sogenannte Verteidigungsbüro des Exekutivrats der „Demokratischen Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien“ hat die für die Wehrpflicht erforderlichen Geburtsjahrgänge festgelegt, während die Verhaftungskampagnen gegen junge Menschen für die Einberufung in die Reihen der SDF weitergehen. Die Erklärung wurde vom Verteidigungsbüro der Autonomen Verwaltung an alle Verteidigungsbüros in der Region verteilt. Darin steht, dass wer zwischen dem 1.1.1998 und dem 31.12.2005 für den Dienst der Selbstverteidigung wehrpflichtig ist (Shaam 10.1.2024). Bereits vier Tage nach dem Erlass der Richtlinien, in der die Geburtsjahrgänge für die Selbstverteidigungspflicht bekannt gemacht wurden, nahmen die SDF eine Rekrutierungskampagne in al-Hasaka im Juni 2024 wieder auf, nachdem sie im Monat zuvor, am 8.5.2024 die Rekrutierungsprozesse eingestellt hatten (Enab 27.6.2024a). Anfang Juli 2024 wurden beispielsweise 240 Personen in den Provinzen Deir ez-Zour, al-Hasaka und ar-Raqqa gefangen genommen, um sie für den Militärdienst zu rekrutieren (SO 2.7.2024). Die Dienstzeit im Selbstverteidigungsdienst beträgt laut Artikel 2 des Gesetzes Nr. 1 über die Selbstverteidigungspflicht zwölf volle Monate beginnend mit dem Datum der Einschreibung des Wehrpflichtigen (AANES-GC 22.2.2024).
2014 wurde die Zwangsrekrutierung von den Volksschutzeinheiten (Yekîneyên Parastina Gel - YPG), einer militärischen Säule der SDF, im Anschluss an das Dohuk-Abkommen, bei dem sich die kurdischen Parteien in der irakischen Stadt Dohuk getroffen hatten, um eine Einigung über die Verwaltung der Region zu erzielen, eingeführt (Enab 22.2.2024).
Araber und Kurden werden laut von ACCORD befragten Experten vor dem Gesetz gleichbehandelt. Fabrice Balanche erklärt jedoch, dass mehr Flexibilität gegenüber Arabern gezeigt werden würde, um einen Aufstand zu vermeiden. Arabische Stammesführer hätten lokal die Macht und würden für bestimmte junge Araber Ausnahmen und Aufschiebungen erwirken. Einem Syrienexperten zufolge seien die speziellen Konsequenzen für Araber von Region zu Region unterschiedlich. Nicht alle von den SDF kontrollierten Gebiete stünden unter derselben Art von Kontrolle. In den vornehmlich arabisch besiedelten Stammesregionen von Deir ez-Zour hätten die SDF beispielsweise nicht die Kapazität, eine direkte Rekrutierung wie in der Provinz al-Hasaka durchzusetzen. Anders als Balanche meint Muhsen Al-Mustafa, Forscher am Omran Center for Strategic Studies, dass arabische Wehrdienstverweigerer bei der Festnahme anders behandelt werden und Beleidigungen und Gewalt ausgesetzt sein könnten (ACCORD 6.9.2023). Quellen des Danish Immigration Service (DIS) zufolge ist DAANES bei der Umsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigung in Gebieten mit überwiegend arabischer Bevölkerung vorsichtig. Ebenso werden Christen in der Praxis nicht der gleichen Durchsetzung des Gesetzes zur Selbstverteidigung unterworfen wie Kurden, so eine weitere Quelle. Daher nehmen christliche Jugendliche in der Regel nicht an der Selbstverteidigungspflicht teil, sondern treten stattdessen für drei Jahre der christlichen Polizeitruppe Sutoro bei. Dieser Dienst befreit sie von der Selbstverteidigungspflicht (DIS 6.2024).
2.3.2 EUAA Interim Country Guidance: Syria, June 2025 (dt. Übersetzung durch das Gericht):
Jüngste Entwicklungen in Syrien
Ende November 2024 begannen syrische Rebellen, angeführt von Hay'at Tahrir al-Sham (HTS), eine bedeutende Offensiv, die zum Sturz des Assad -Regimes am 8. Dezember 2024 führte. Die Rebellen eroberten schnell Schlüsselstädte, einschließlich Aleppo, Hama und Damaskus, was zum Ende der jahrzehntelangen Herrschaft der Familie Assads führte, wobei die Familie ins Ausland floh.
Eine von HTS und anderen Milizen gegründete Übergangsregierung versprach, die Nation zu stabilisieren und innerhalb von drei Jahren eine neue Verfassung zu entwerfen. Ahmad al-Sharaa, auch als Abu Mohamed al-Jolani bekannt, wurde am 29. Januar 2025 zum Übergangspräsidenten ernannt und skizzierte Pläne zur Förderung von Versöhnung und Inklusivität, betonte aber gleichzeitig die Bedeutung der Erhaltung der nationalen Einheit. Ende Januar annullierte die Übergangsverwaltung die Verfassung von Syrien aus dem Jahr 2012 und löste das Parlaments, Militär- und Sicherheitsbehörden der früheren Regierung auf. Al-Sharaa kündigte die Schaffung eines vorläufigen Legislativrates an und erklärte eine allgemeine Amnestie für syrische Armeesoldaten, schaffte die Wehrpflicht ab und initiierte einen Reintegrationsprozess für ehemaliges Regierungs- und Militärpersonal, einschließlich hochrangiger Beamter.
Am 13. März unterzeichnete der syrische Interimspräsident Ahmad al-Sharaa eine verfassungsrechtliche Erklärung, die eine fünfjährigen Übergangszeit skizzierte. Die Erklärung sieht vor, dass der Islam die Religion des Präsidenten und die islamische Rechtsprechung die Hauptquelle der Gesetzgebung ist. Sie garantiert auch richterliche Unabhängigkeit, Meinungs- und Medienfreiheit sowie politische, Bildungs- und Arbeitsrechte für Frauen. Am 29. März kündigte Sharaa die Bildung einer Übergangsregierung bestehend aus 23 Ministern mit unterschiedlichem ethnischen und religiösen Hintergrund an, einschließlich Alawiten, Christen, Drusen und kurdischer Vertreter. Eine Frau wurde zum Posten des Ministers für soziale Angelegenheiten und Arbeit ernannt. Die Übergangsregierung hat keinen Premierminister und Sharaa soll die Exekutive in seiner Rolle als Interimspräsident leiten. Die Regierung wird von mit HTS verbundenen Ministern dominiert. Sie schließt auch Minister ein, die vor 2011 in der Assad-Regierung dienten. Im Kabinett befindet sich kein Mitglied der Demokratischen Autonomen Verwaltung von Nord- und Ostsyrien (DAANES) oder der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF). […]
Personen, die als oppositionell zur SDF/YPG angesehen werden
Dieses Profil bezieht sich auf verschiedene Gruppen, die von SDF/YPG als ihnen gegenüber oppositionell wahrgenommen werden. Es beinhaltet Insbesondere politische Gegner und Anhänger von Oppositionsparteien, Personen mit wahrgenommenen Verbindungen zu ISIL, Araber und Christen in Gebieten, die von SDF kontrolliert werden, und Personen, die mit der Türkei und/oder der SNA verbunden sind.
Die folgende Analyse basiert hauptsächlich auf den folgenden EUAA COI-Berichten: Country Focus 2025, 4.3; Targeting 2022, 4. Der Länderleitfaden sollte nicht als COI -Quelle bezeichnet werden. Der folgende Abschnitt sollte in Verbindung mit den jüngsten Herkunftslandinformationen gelesen werden, die zum Zeitpunkt der Untersuchung verfügbar sind.
Personen, die als oppositionell zur SDF/YPG angesehen wurden, waren der Verfolgung (z.B. gewaltsames Verschwinden, Folter, willkürliche Verhaftung) durch die Syrischen Demokratischen Streitkräfte (SDF) ausgesetzt, die noch immer präsent und tätig sind, und es sind keine Informationen verfügbar, die darauf hinweisen, dass ihr Ansatz gegenüber Personen, die sich ihnen widersetzen, sich verändert hat.
Die jüngsten Informationen zeigen auch, dass die SDF/YPG mit Widerspruch von einigen arabischen Stammesfraktionen in Deir E-Zor konfrontiert war. Dutzende mutmaßliche Assad -Loyalisten, nationale Verteidigungskräfte (NDF), Milizionäre und Scheich Ibrahim al-Hafel-Anhänger wurden von SDF festgenommen. Im Rahmen dieser Zusammenstöße wurden mehrere Zivilisten bei Begegnungen mit der SDF und Asayesch-Kämpfern getötet oder verletzt. Die SDF überfiel und beschoss auch Dörfer. Zusätzlich wurden mehrere Zivilisten verletzt, als die SDF nach Angriffen gegen sie auf junge Männer schoss. Die SDF schoss Berichten zufolge auf Demonstranten, die ihren Rückzug forderten.
Daher würde die Einschätzung der internationalen Schutzbedürfnisse von Personen, die als oppositionell gegenüber der SDF/YPG empfunden werden, in „EUAA, Länderleitlinien: Syrien, April 2024“ weitgehend bestehen bleiben. Genauer gesagt:
„Handlungen, die angeblich gegen Personen, die unter dieses Profil fallen, begangen wurden, sind so schwerwiegend, dass sie einer Verfolgung gleichkommen (z. B. gewaltsames Verschwinden, Folter, willkürliche Verhaftung). Wenn die fraglichen Handlungen (ausschließlich) diskriminierende Maßnahmen sind, sollte die individuelle Beurteilung, ob die Diskriminierung einer Verfolgung gleichkommen könnte, die Schwere und/oder Wiederholung der Handlungen oder ob sie als Ansammlung verschiedener Maßnahmen auftreten, in Betracht ziehen.
Die individuelle Beurteilung, ob es ein vernünftiges Maß an Wahrscheinlichkeit für den Antragsteller gibt, einer Verfolgung ausgesetzt zu sein, sollte Risiko-beeinträchtigende Umstände berücksichtigen, wie regionale Einzelheiten (wer hat die Kontrolle über die Heimatregion des Antragstellers, wenn der Antragsteller sich in einem der IDP -Lager befunden hat), die Art der Aktivitäten und der Grad der Beteiligung an Aktivitäten, die von SDF/YPG als oppositionell wahrgenommen werden, vermeintliche Zugehörigkeit zu ISIL (siehe „Personen mit wahrgenommenen Verbindungen zu ISIL) oder mit von der Türkei unterstützten Kräften, die den kurdischen Behörden bekannt sind (z. B. frühere Verhaftung) usw. Für weitere Informationen darüber, wie sich diese Umstände auf das Risiko auswirken, beziehen Sie sich auf die COI -Zusammenfassung in „EUAA, 4.5. Personen, die als oppositionell gegen SDF/YPG wahrgenommen werden“ In Länderleitlinien: Syrien, April 2024 ’.
Wenn wohlbegründete Furcht vor Verfolgung für einen Antragsteller, der unter dieses Profil fällt, untermauert wird, ist das höchstwahrscheinlich aus Gründen der (unterstellten) politischen Meinung.
3. Beweiswürdigung:
3.1. Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers (Pkt.2.1.)
Die Feststellungen zur Herkunft, Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers und seinem Familienstand ergeben sich aus seinen konsistenten Angaben im Verwaltungsverfahren. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen – im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen – Aussagen zu zweifeln. Die Feststellungen betreffend die Identität des Beschwerdeführers stützen sich zudem auf den im verwaltungsbehördlichen Verfahren im Original vorgelegten syrischen Personalausweis.
Die Feststellungen zum Lebenslauf des Beschwerdeführers, insbesondere zu seinem Schulbesuch, seinem Leben in Syrien und in der Türkei, seiner Berufserfahrung, seiner familiären Situation sowie zu seiner Ausreise aus Syrien ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde sowie in den mündlichen Beschwerdeverhandlungen, welche in den zentralen Punkten mit seinen Angaben im Rahmen der Erstbefragung übereinstimmen.
Die Feststellung betreffend die Gebietskontrolle im Herkunftsdistrikt des Beschwerdeführers, XXXX in der Gouvernementshauptstadt al-Hasakah, ergibt sich aus einer Einsicht in die „Live Universal Awareness Map, Map of Syrian Civil War“ (abrufbar unter https://syria.liveuamap.com/de, letzter Zugriff am 15.7.2025).
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründen auf seinen Angaben im Verfahren. Zuletzt gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, gesund zu sein, keine Medikamente einzunehmen und sich nicht in medizinischer Behandlung zu befinden (Verhandlungsprotokoll vom 27.6.2025. S. 2). Gegenteiliges wurde auch im verwaltungsbehördlichen Verfahren nicht behauptet. Unterlagen, aus denen sich eine Erkrankung bzw. gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschwerdeführers ergeben würde, wurden nicht vorgelegt. Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen gesund – und damit arbeitsfähig – ist.
Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauskunft (OZ 1).
3.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zu Pkt. 2.2.1 ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt, insbesondere die Kapitel Politische Lage - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) sowie dem EUAA Interim Country Guidance: Syria, Kapitel Jüngste Entwicklungen in Syrien.
In den Länderinformationen wird dargelegt, dass der Präsident der syrischen Übergangsregierung, Ahmed Al-Scharaa, erklärt habe, dass er die Wehrdienstpflicht abgeschafft habe und stattdessen auf freiwillige Rekrutierung setze. Anfang Februar 2025 sei berichtet worden, dass sich Scharaa zufolge tausende Freiwillige der neuen Armee anschließen würden.
Auch der EUAA Interim Country Guidance: Syria legt dar, dass Scharaa die Wehrpflicht abgeschafft hat.
Andererseits hat auch der Beschwerdeführer selbst in der Beschwerdeverhandlung nichts dargelegt, was auf die Gefahr einer Zwangsrekrutierung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit hinweist.
3.3. Die Feststellungen zu Pkt. 2.2.2. ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt, Kapitel Wehr- und Reservedienst in den Gebieten unter der Kontrolle der kurdisch dominierten SDF - Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien (DAANES) und der EUAA Interim Country Guidance: Syria, Kapitel Personen, die als oppositionell zur SDF/YPG angesehen werden.
Der Beschwerdeführer befindet sich nicht mehr im wehrdienstpflichtigen Alter. Eine systematische Rekrutierung von Personen, welche – wie der Beschwerdeführer – das wehrdienstpflichtige Alter überschritten haben, findet in den kurdischen Gebieten nicht statt. Den Länderberichten ist zu entnehmen, dass die Autonomiebehörden das Gesetz über die Selbstverteidigungspflicht in Bezug auf das Einberufungsalter einhalten und mit wenigen Ausnahmen konsequent durchsetzen. Die Länderinformationen stammen vom Mai 2025 und sind das aktuellste und detaillierteste Berichtsmaterial zur Rekrutierungsproblematik in den autonomen Selbstverwaltungsregionen. Sie waren daher primär zur Beurteilung der Lage auch in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers heranzuziehen.
Aus diesem Bericht ergibt sich auch insgesamt, dass die kurdische Selbstverwaltung die Entziehung vom Wehrdienst als solche nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung sieht oder als solche bestrafen würde.
Auch sonst sind keine Anhaltpunkte dafür hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer von der kurdischen Autonomieregierung als „Gegner“ angesehen würde. Erst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 27.6.2025 bringt der Beschwerdeführer erstmals seine oppositionelle Gesinnung gegenüber der kurdischen Autonomieregierung vor. Dabei legt er aber nicht plausibel und nachvollziehbar dar, wie die kurdischen Behörden von seiner oppositionellen Gesinnung erfahren haben könnten. Der Beschwerdeführer konnte trotz ausdrücklicher Befragung kein konkretes Erlebnis nennen, das eine Bedrohung durch die kurdischen Behörden wegen oppositioneller Gesinnung wahrscheinlich macht und blieb in der Beschwerdeverhandlung in seinen Aussagen zur angeblichen oppositionellen Einstellung seiner Familie sehr allgemein. So gab er nur allgemein an, „Wir haben an friedlichen Demos teilgenommen am Anfang und auf einmal haben sich die Kurden eingemischt und haben sehr viele Menschen getötet, es werden auch sehr viele zwangsrekrutiert.“ Insgesamt führt der Beschwerdeführer mehrmals an, insbesondere sein Vater sei in Opposition zu „den Kurden“ gestanden und sie wollten ihn töten. Für eine Glaubhaftmachung einer maßgeblichen indivuduellen Verfolgungsgefahr reicht es aber nicht, in allgemeinen Phrasen Behauptungen aufzustellen, ohne sie durch die glaubhafte Schilderung persönlicher Erlebnisse oder Umstände zu untermauern. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer diese Bedrohung nicht schon vor der belangten Behörde hätte geltend machen können. Dieses neue Vorbringen ist auch aus diesem Grund nicht glaubhaft.
Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht politisch aktiv war und ist und sich nicht oppositionell gegen die SDF oder sonstige kurdische Milizen betätigt hat. Er hat insbesondere nicht an Demonstrationen gegen die kurdischen Kräfte teilgenommen, sodass er auch nicht bedroht ist, von den SDF oder sonstigen kurdischen Milizen als politischer (oppositioneller) Gegner angesehen zu werden. Auch aus der besonderen persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist im Fall seiner Rückkehr daher mit keinen Übergriffen bzw. maßgeblicher Verfolgung durch die SDF oder sonstige kurdische Milizen aufgrund unterstellter politischer (oppositioneller) Gesinnung zu rechnen.
3.4. Die Feststellungen stützen sich auf die zitierten Quellen. Angesichts der Aktualität, Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf verschiedenen voneinander unabhängigen Quellen beruhen und ein übereinstimmendes, in sich schlüssiges und nachvollziehbares Gesamtbild liefern, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Quellen konnten daher allesamt dem Verfahren zugrunde gelegt werden.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Asyl)
Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl.Nr. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist), dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG 2005 gesetzt hat. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG 2005 kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.
Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 14.7.2021, Ra 2021/14/0066, mwN). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); diese muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet.
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.6.1997, 95/01/0627).
„Glaubhaftmachung“ im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 9.5.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.9.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. die Erkenntnisse des VwGH 23.1.1997, 95/20/0303, sowie 28.05.2009, 2007/19/1248) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).
Für eine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr – Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung – bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vgl auch VwGH 16.2.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN). Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann allerdings nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht – unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) –, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.3.2000, Zl. 99/01/0256; VwGH 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).
Die Schutzfähigkeit und -willigkeit der staatlichen Behörden ist grundsätzlich daran zu messen, ob im Heimatland wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, vorhanden sind und ob die schutzsuchende Person Zugang zu diesem Schutz hat. Dabei muss auch bei Vorhandensein von Strafnormen und Strafverfolgungsbehörden im Einzelfall geprüft werden, ob die revisionswerbenden Parteien unter Berücksichtigung ihrer besonderen Umstände in der Lage sind, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (vgl. VwGH 14.4.2021, Ra 2020/18/0126, mwN).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 8.10.1980, VwSlg 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 8.9.1999, 98/01/0503 und 98/01/0648).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 9.3.1999, 98/01/0370; 22.10.2002, 2000/01/0322).
4.1.1. Zum Fluchtvorbringen einer drohenden Zwangsrekrutierung durch die syrische Regierung:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zur möglichen Asylrelevanz von Wehrdienstverweigerung näher ausgeführt hat, kann auch der Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung asylrechtliche Bedeutung zukommen, wenn das Verhalten des Betroffenen auf politischen oder religiösen Überzeugungen beruht oder dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird und den Sanktionen – wie etwa der Anwendung von Folter – jede Verhältnismäßigkeit fehlt. Unter dem Gesichtspunkt des Zwanges zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen kann auch eine „bloße“ Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung sein (vgl VwGH 21.5.2021, Ro 2020/19/0001, mwN).
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, wurde das Regime von Präsident Assad gestürzt. Es besteht kein verpflichtender Militärdienst mehr, es besteht für den Beschwerdeführer daher nicht mehr die Gefahr, zwangsweise zum Militär eingezogen zu werden.
4.1.2. Zum Fluchtvorbringen einer Verfolgung durch kurdische Milizen wegen Weigerung der Ableistung des Militärdienstes und folglich unterstellter politischer (oppositioneller) Gesinnung
Wie schon oben ausgeführt, stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Furcht vor der Ableistung des Militärdienstes bzw. der bei seiner Verweigerung drohenden Bestrafung im Allgemeinen keine asylrechtlich relevante Verfolgung dar, sondern könnte nur bei Vorliegen eines Konventionsgrundes Asyl rechtfertigen.
Der Beschwerdeführer ist aus Sicht der kurdischen Selbstverwaltung nicht mehr wehrpflichtig. Eine Einziehung zu den Selbstverteidigungseinheiten ist daher nicht mehr möglich.
Das Ermittlungsverfahren hat auch keine Anhaltspunkte dafür erbracht, dass der Beschwerdeführer aus sonstigen Gründen wegen oppositioneller Haltung gegenüber der kurdischen Selbstverwaltung einer maßgeblichen Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre. Der Beschwerdeführer hat keine seine Person betreffenden Gründe vorgebracht, die eine individuelle Verfolgungsgefahr nahelegen.
4.1.3. Sonstige Asylgründe:
Sonstige Asylgründe sind nicht hervorgekommen. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, wurde das Regime von Präsident Assad gestürzt. Es besteht für den Beschwerdeführer auch nicht die Gefahr einer Verfolgung aufgrund seiner politischen Überzeugungen.
Auch aus der aktuellen allgemeinen Lage in Syrien lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht herleiten. Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellen nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH 17.06.1993, 92/01/1081; VwGH 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; VwGH 30.04.1997, 95/01/0529; VwGH 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt – nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung – zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.
4.1.4. Ergebnis:
Eine individuelle Betroffenheit des Beschwerdeführers von Verfolgungshandlungen aus einem der GFK-Fluchtgründe hat dieser nicht glaubhaft machen können. Einer – nicht asylrelevanten – Gefährdung des Beschwerdeführers durch die derzeitige Sicherheits- und Versorgungslage in Syrien wurde fallgegenständlich bereits mit der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Rechnung getragen.
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, liegt in diesem Umstand - der gleichermaßen alle Staatsbürger des Heimatstaates trifft - für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd GFK (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Der Beschwerdeführer hat eine über die nicht asylrelevanten Unbilligkeiten nach dem jahrelangen Bürgerkrieg hinaus drohende Verfolgung weder glaubhaft gemacht, noch ist eine solche von Amts wegen hervorgekommen. Es ist dem Beschwerdeführer folglich insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der GFK genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Im Ergebnis war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides daher als unbegründet abzuweisen.
4.2. Zu Spruchpunkt B) – Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die Judikatur unter Punkt II.4.1.); weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen ist der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist – sowie diese nicht unvertretbar ist – nicht revisibel (vgl. z.B. VwGH 30.8.2018, Ra 2018/21/0149, mwN).
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