JudikaturBVwG

W293 2314956-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
28. Juli 2025

Spruch

W293 2314956-1/6Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Dr. Monika ZWERENZ, LL.M. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Beate WASCHICZEK und Mag. Johannes PEHAM über die Beschwerde von XXXX vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Tassilo WALLENTIN, LL.M., Gonzagagasse 14, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 17.04.2025, Zl. XXXX , beschlossen:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des vor der Bundesdisziplinarbehörde zur Zahl XXXX geführten Disziplinarverfahrens ausgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 04.03.2025 teilte die Landespolizeidirektion XXXX (in der Folge: belange Behörde) der Beschwerdeführerin mit, dass beabsichtigt sei, ihr provisorisches Dienstverhältnis aufgrund ihrer mangelnden gesundheitlichen Eignung bzw. ihres pflichtwidrigen Verhaltens gemäß § 10 Abs. 4 Z 2 und 4 BDG 1979 unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von drei Monaten gemäß § 10 Abs. 2 BDG 1979 zu kündigen.

Den zugrundeliegenden Sachverhalt stellte die belangte Behörde wie folgt dar: Die Beschwerdeführerin befinde sich seit XXXX 2024 im Krankenstand, habe daher auf der Polizeiinspektion, zu der sie mit XXXX 2024 versetzt worden sei, noch nie den Dienst versehen. Verwiesen wurde auf mehrere polizeiärztliche Untersuchungen, die die Dienstunfähigkeit der Beschwerdeführerin ergeben hätten. Sodann führte die belangte Behörde zu diversen Dienstpflichtverfehlungen aus, u.a. zur unsachgemäßen Verwahrung ihrer Dienstwaffe, zur Unterlassung der Meldung privater Auslandsreisen während aufrechtem Krankenstand sowie zur Absolvierung von Weiterbildungsmaßnahmen während aufrechtem Krankenstand.

2. In der Folge wurde Disziplinaranzeige wegen der oben angeführten Vorkommnisse erhoben.

3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde das mit der Beschwerdeführerin am XXXX .2022 begründete provisorische Dienstverhältnis gemäß § 10 Abs. 2 und 4 Z 2 und 4 BDG 1979 mit Wirksamkeit 31.07.2025 gekündigt und festgehalten, dass dieses mit Ablauf des 31.07.2025 ende.

4. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Bestritten wurde, dass sie eine derart mangelnde gesundheitliche Eignung aufweise und/oder derart pflichtwidriges Verhalten an den Tag gelegt hätte, dass die Kündigung des Dienstverhältnisses indiziert gewesen wäre. Sie sei mittlerweile wieder dienstfähig und habe dies der Behörde mit Stellungnahme vom 24.03.2025 auch mitgeteilt. Sie absolviere derzeit lediglich eine Rehabilitationsmaßnahme. Mittlerweile sei ein polizeiärztliches Gutachten vom 24.04.2025 eingelangt, das ihre volle Exekutivdienstfähigkeit bestätige. Sie habe zudem keinerlei dienstrechtliche Verfehlungen – wenn überhaupt, bestenfalls Lässlichkeiten – gesetzt, die von der belangten Behörde hochgespielt werden würden, um eine materiell rechtswidrige Kündigung durchzusetzen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen provisorischen Dienstverhältnis zum Bund. Seit XXXX .2024 ist ihr Arbeitsplatz bei der XXXX

1.2. Mit Bescheid der Bundesdisziplinarkommission vom 24.03.2025, Zl. XXXX wurde gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachts der schuldhaften Verletzung ihrer Dienstpflichten, insbesondere wegen der unsachgemäßen Verwahrung ihrer Dienstwaffe sowie wegen der Unterlassung der Meldung privater Auslandsreisen während aufrechtem Krankenstand, ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Die gegen den Einleitungsbeschluss erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.07.2025, W296 2312196-1/8E, als unbegründet abgewiesen.

Das Disziplinarverfahren ist nach wie vor anhängig.

1.3. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde wurde das provisorische Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 2 und 4 Z 2 und 4 BDG 1979 mit Wirksamkeit 31.07.2025 gekündigt. Zum Tatbestand des pflichtwidrigen Verhaltens iSd § 10 Abs. 4 Z 4 BDG 1979 werden jene Vorwürfe von Dienstpflichtverletzungen genannt, die den Gegenstand des angeführten Verfahrens vor der Bundesdisziplinarbehörde bilden.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt. Dass das Disziplinarverfahren weiterhin anhängig ist, ergibt sich aus dem für das gegenständliche Verfahren eingeholten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde gegen den Einleitungsbeschluss bzw. aus einer Nachfrage bei der Bundesdisziplinarbehörde. Aus dem Einleitungsbeschlusss ergibt sich zudem, dass Gegenstand des Disziplinarverfahrens jene Vorwürfe von Dienstpflichtverletzungen sind, die als Grund für die Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses genannt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt gemäß § 135a BDG 1979 Senatszuständigkeit vor.

Zu A) Aussetzung des Verfahrens

Gemäß § 31 Abs. 1 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG) erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Sofern das VwGVG nichts anderes bestimmt, sind auf das Verfahren über Beschwerden die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles anzuwenden.

Sofern die Gesetze nichts anderes bestimmen, ist die Behörde gemäß § 38 AVG berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht worden ist.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist eine gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ergangene Aussetzungsentscheidung keine bloß verfahrensleitende Entscheidung iSd des § 25a Abs. 3 VwGG und unterliegt damit nicht dem Revisionsausschluss nach dem ersten Satz dieser Bestimmung (s. etwa VwGH 20.05.2015, Ra 2015/10/0023 mwN). Ein Aussetzungsbeschluss beendet die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes (vgl. VwGH 25.05.2016, Fr 2015/11/0007).

Bei der gegenständlichen Fallkonstellation, konkret der Anhängigkeit eines Disziplinarverfahrens zu sachgleichen Vorfällen, die Grundlage der Aufkündigung des Dienstverhältnisses bilden, liegt eine Vorfragesituation iSd § 38 AVG vor. Die sich im Disziplinarverfahren stellende Hauptfrage, ob die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegten dienstrechtlichen Verfehlungen tatsächlich begangen hat und somit disziplinarrechtlich zu verurteilen ist, stellt eine Vorfrage darf, zumal als Kündigungsgrund gegenständlich insbesondere ein pflichtwidriges Verhalten gilt (vgl. § 10 Abs. 4 Z 4 BDG 1979). Rechtskräftige disziplinäre Verurteilungen entfalten auch im Verfahren zur Kündigung des provisorischen Dienstverhältnisses Bindungswirkungen, sodass die darin festgestellten Dienstpflichtverletzungen auch dem Kündigungsverfahren zu Grunde zu legen sind (vgl. VwGH 22.06.2016, Ra 2015/12/0034). Unter den Voraussetzungen des § 38 AVG kann somit das Bundesverwaltungsgericht das Kündigungsverfahren unterbrechen und einen Ausgang des disziplinarbehördlichen Verfahrens abwarten (siehe dazu VwGH 30.05.2001, 2001/12/0067; Cede/Julcher in Reissner/Neumayr, ZellKom ÖffDR § 10 BDG Rz 24 [Stand 1.1.2022, rdb.at]).

Im Ergebnis liegt eine Vorfrage iSd § 38 BDG 1979 vor, weswegen das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Beschluss ausgesetzt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende, oben angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Rückverweise