Spruch
I404 2316269-1/3Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. TÜRKEI, vertreten durch die BBU GmbH und Rechtsanwälte DELLASEGA, LECHNER KAPFERER, gegen den Spruchpunkt VI. des Bescheids des BFA, Regionaldirektion Tirol, vom 06.06.2025, Zl. XXXX , betreffend Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. wird stattgegeben und dieser wird ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am 16.08.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gab an, den im Spruch angeführten Namen zu haben und am XXXX in XXXX geboren zu sein. Er sei türkischer Staatsangehöriger und gehöre der Volksgruppe der Türken an. Er sei mit seinem Reisedokument ausgereist. Er könne dieses Dokument nicht vorlegen, es sei vom Schlepper abgenommen worden. Als Fluchtgrund gab er an, dass sie bereits seit 2008 Blutrache in der Familie hätten. Sie hätten mehrmals ihre Adressen geändert, dies habe nichts geholfen. Sie seien nicht sicher in der Türkei.
2. Am 24.03.2025 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) einvernommen. Hierbei gab er an, dass er den im Spruch angeführten Namen habe und am XXXX geboren sei. Auf Nachfrage gab er an, dass er sein Geburtsdatum im E-Devlet vorzeigen könne und auch einen Melderegisterauszug habe. Auf die Frage, wo sich seine Dokumente, vorallem sein Reisepass befinde, gab der Beschwerdeführer an, dass er sie in Serbien verloren habe. Im Wald, wo sie Serbien verlassen hätten wollen. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung angegeben habe, dass ihm die Dokumente vom Schlepper abgenommen worden seien, gab er an, dass seine Cousins ihre Personaldokumente beim Schlepper abgegeben hätten, aber er könne sich nicht daran erinnern. Er habe seine Dokumente nicht bei sich gehabt, sondern sein Cousin habe diese gehabt. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er im Wesentlichen an, dass sein Onkel von der anderen Familie aufgrund der Blutrache erschossen worden sei und ihm auch Verfolgung durch diese Familie drohe.
3. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2025 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.). sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Türkei (Spruchpunkt II.) als unbegründet abgewiesen. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt V.). Des Weiteren sprach die belangte Behörde aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt wird (Spruchpunkt VI.) und bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VII.). Die belangte Behörde führte aus, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung zwecks Umgehung des Dublinverfahrens die österreichischen Behörden über sein Geburtsdatum zu täuschen versucht habe. In der Beweiswürdigung wurde dazu festgehalten, dass zusammen mit dem bereits im Rahmen der Erstbefragung abweichend behaupteten Geburtsdatum und den widersprüchlichen Angaben zum Verbleib der ursprünglichen Originaldokumente die Behörde anzunehmen habe, dass es dem Beschwerdeführer darauf ankomme, seine Identität zu verschleiern und dadurch seine Außerlandesbringung zu erschweren. Rechtlich führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt VI. aus, dass der Beschwerdeführer durch Zurückhalten eines verlässlichen Identitätsdokuments, dessen Beibringung ihm unmissverständlich von der Behörde aufgetragen worden sei, mit höchster Wahrscheinlichkeit über seine Identität getäuscht habe, um damit eine allfällige Außerlandesbringung zu umgehen oder zu erschweren. Selbst für den Fall, dass die Dokumente vernichtet oder derelinquiert worden seien, seien beide Handlungsalternativen dem Telos der Bestimmung nach dem Zurückhalten eines Dokumentes gleichzuhalten.
4. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 09.07.2025 von der BBU GmbH und in weiterer Folge auch mit einem Schriftsatz vom 11.07.2025 durch die Rechtsanwälte DELLASEGA, LECHNER KAPFERER rechtzeitig und zulässig Beschwerde erhoben. In beiden Schriftsätzen wird ausdrücklich die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bekämpft und ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nie versucht habe, seine Identität oder Herkunft zu verschleiern. Er habe seinen richtigen Namen angegeben und ausführliche Auskunft über seine familiäre Situation gegeben. Die Behörde habe auch vom Beschwerdeführer Unterlagen erhalten. Er habe aus dem E-Devlet ihn betreffende Dokumente heruntergeladen und in Vorlage gebracht habe. Diese würden seine Identitätsdaten aufweisen. Die Vorlage des türkischen Reisepasses sei dem Beschwerdeführer von vornherein nicht möglich gewesen, da dieser bei der Flucht verloren gegangen sei. Der Beschwerdeführer habe stets seine korrekten Identitätsdaten angegeben, weshalb die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z.3 BFA- VG nicht rechtmäßig sei.
5. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 21.07.2025 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer hat im Rahmen der Erstbefragung vor der Polizei am 17.08.2023 vor der belangten Behörde gleichbleibende Angaben zu seiner Staatsbürgerschaft, seiner Volksgruppe und seinem Namen gemacht. In der Erstbefragung hat er als Geburtsdatum den XXXX , bei seiner niederschriftlichen Einvernahme den XXXX angegeben.
Der Beschwerdeführer hat auch gleichbleibend angegeben, über keine Reisedokumente zu verfügen, wobei er vor der Polizei angab, dass die Schlepper diese abgenommen haben und vor dem BFA gab er an, diese im Wald verloren zu haben.
Der Beschwerdeführer zeigte der Behörde durch Abfrage des E-Devlet unter anderem einen Registerauszug und legte eine Kopie eines Studentenausweises vor. Aus diesen Unterlagen werden die vom Beschwerdeführer angegebene Staatsbürgerschaft, der Name und das Geburtsdatum XXXX bestätigt.
Es gibt keinen Nachweis, dass der Beschwerdeführer nicht den von ihm angegeben Namen, die türkische Staatsbürgerschaft und das Geburtsdatum XXXX haben sollte.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den Angaben des Beschwerdeführers wurden den vorgelegten Niederschriften entnommen.
Dass der Beschwerdeführer der Behörde durch Abfrage des E-Devlet unter anderem einen Registerauszug zeigte und eine Kopie eines Studentenausweises vorlegte, geht aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde hervor.
Da die belangte Behörde auch im Bescheid nicht dargelegt hat, anhand welcher Beweisergebnisse sie davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer seine Identität oder Staatsangehörigkeit verschleiert haben soll, weil aus sämtlichen vorgelegten Unterlagen vielmehr sowohl der Name als auch die Staatsbürgerschaft, wie vom Beschwerdeführer angegeben, bestätigt werden, war die Feststellung zu treffen, dass es keinen Nachweis dafür gibt, dass der Beschwerdeführer nicht den von ihm angegeben Namen, die türkische Staatsbürgerschaft und das Geburtsdatum XXXX haben sollte .
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zur Ersatzlosen Behebung des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann die belangte Behörde einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt (Z 1), schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt (Z 2), der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht (Z 3), der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat (Z 4), das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht (Z 5), gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist (Z 6) oder der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen (Z 7).
Im vorliegenden Fall stützt die belangte Behörde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung in Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides auf § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG, dass der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht.
Aus den Angaben des Beschwerdeführers und den von ihm vorgelegten Unterlagen geht lediglich hervor, dass der Beschwerdeführer unterschiedliche Angaben betreffend sein Geburtsdatum getätigt hat. So hat er vor der Polizei am 17.08.2023 angegeben, dass er am XXXX geboren sei und vor der belangten Behörde gab er dann den XXXX an. Da er jedoch seinen Namen und die Staatsbürgerschaft immer gleichbleibend angegeben hat und er lediglich das Jahr 2000 mit dem Jahr 2001 falsch angeführt hat, geht daraus für die erkennende Richterin nicht hervor, dass er die belangte Behörde über seine Identität täuschen wollte.
Auch wenn der belangten Behörde beizupflichten ist, dass durch die vorgelegten Unterlagen die Identität des Beschwerdeführers nicht nachgewiesen wurde und er auch unterschiedliche Angaben zu dem Verbleib seines Reisepasses machte, ist jedoch dadurch auch nicht belegt, dass der Beschwerdeführer falsche Angaben in Bezug auf seine Identität und/oder seine Staatsangehörigkeit gemacht hat. Dazu gibt es, wie im Sachverhalt samt Beweiswürdigung dargelegt, keine Nachweise.
Nach Ansicht der erkennenden Richterin liegen die Voraussetzungen gemäß § 18 Abs. 1 Z3 BFA-VG daher nicht vor.
Anknüpfungspunkte, die für eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde aus anderen, in § 18 BFA-VG genannten Gründen sprechen, sind nicht ersichtlich.
Mangels Vorliegens eines Sachverhaltes, der einen der Tatbestände des § 18 Abs. 1 BFA-VG erfüllt, ist der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung aufzuheben. Eine Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG kann sohin unterbleiben.
Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ist daher ersatzlos zu beheben. Der gegenständlichen Beschwerde kommt damit die aufschiebende Wirkung zu.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG unterbleiben.
B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.