JudikaturBVwG

W167 2312981-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 2025

Spruch

W167 2312981-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Daria MACA-DAASE als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Manuela DINHOBL und den fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes DENK als Beisitzer/in über die Beschwerde vom XXXX und den Vorlageantrag vom XXXX von XXXX (Beschwerdeführerin = BF), StA. China, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , wegen Abweisung des Antrags vom XXXX auf Erteilung der Rot-Weiß-Rot Karte für Fachkräfte in Mangelberufen für die Tätigkeit bei XXXX (Mitbeteiligte = MB), beschlossen:

A)

Der Vorlageantrag wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Die BF beantragte am XXXX bei der zuständigen Niederlassungsbehörde eine Rot-Weiß-Rot-Karte für Fachkräfte in Mangelberufen.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag ab, da die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten nach den Kriterien der Anlage B nicht erreicht worden sei und die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 12a AuslBG daher nicht gegeben seien. Der BF hätten nur 5 Punkte für das Alter angerechnet werden können.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX wurde die Beschwerde abgewiesen und den Parteien zugestellt.

5. Per E-Mail vom XXXX beantragte die BF die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

6. Die belangte Behörde legte dem BVwG die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

7. Mit Verspätungsvorhalt vom XXXX wurde der vertretenen BF Gelegenheit gegeben innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen.

8. Am XXXX und am XXXX übermittelte die vertretene BF weitere Dokumente, allerdings keine Stellungnahme betreffend den Verspätungsvorhalt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Am XXXX stellte die BF einen Antrag als Fachkraft in einem Mangelberuf (Chefköchin bei der MB).

Mit Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. Am XXXX übernahm ein:e Mitarbeiter:in der MB den RSb-Brief mit dem Bescheid.

Mit E-Mail vom XXXX erhob die BF fristgerecht Beschwerde.

Die BF hat am XXXX einen Zustellbevollmächtigten mittels Vollmacht vom XXXX bekannt gegeben.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX wies die belangte Behörde die Beschwerde der BF vom XXXX ab, in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheids wurde die BF über die Möglichkeit der Erhebung eines Vorlageantrages gegen die Beschwerdevorentscheidung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung belehrt.

Ein Zustellversuch der Beschwerdevorentscheidung erfolgte am XXXX an die Adresse des Zustellbevollmächtigten der BF. Der Zusteller legte die Verständigung von der Hinterlegung in die Abgabestelle ein. Der RSb-Brief stand ab XXXX zur Abholung bereit und wurde behoben. Der Zustellbevollmächtigte hielt sich regelmäßig an der Abgabestelle auf.

Mit E-Mail vom XXXX beantragte die BF die Vorlage der Beschwerde an das BVwG.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich unbestritten aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt.

Aus dem Antrag auf Erteilung eines näher bezeichneten Aufenthaltstitels (vgl. ON 4) sowie aus der Arbeitgebererklärung (vgl. ON 6) geht die Art der beabsichtigten Beschäftigung der BF bei MB hervor.

Die BF legte am XXXX eine Vollmacht für eine namentlich genannte Person vom XXXX vor (vgl. ON 42), welche auch eine Zustellvollmacht beinhaltet. Im Verfahren sind keine Hinweise hervorgekommen, dass sich der Zustellbevollmächtigte nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufhalten würde.

Auf dem Bescheid, mit dem der Antrag abgewiesen wurde, ist das Datum ersichtlich (vgl. ON 14). Die Übernahmebestätigungen (vgl. ON 54) zeigen, wann dieser Bescheid übernommen wurde. Die BF erhob daher fristgerecht Beschwerde.

Aus der Beschwerdevorentscheidung (vgl. ON 43) ergibt sich, dass die Beschwerde der BF abgewiesen wurde und dass die BF über die Möglichkeit der Erhebung eines Vorlageantrags innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung belehrt wurde.

Der Rückschein (Zustellnachweis) des RSb-Briefes stellt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH eine öffentliche Urkunde dar, die den Beweis dafür erbringt, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist; doch ist der Gegenbeweis gemäß § 292 Abs. 2 ZPO zulässig (vgl. VwGH vom 07.09.2023, Ra 2022/15/0097).

Kopien der Rückscheine der RSb-Briefe betreffend die Beschwerdevorentscheidung liegen im Akt ein (vgl. ON 45 betreffend MB und ON 46 betreffend den Zustellbevollmächtigten der BF). Auf diesen wurde dokumentiert, dass jeweils ein Zustellversuch und die Verständigung der Hinterlegung erfolgten und ab wann und wo der jeweilige RSb-Brief zur Abholung bereitstand. Der gegenständlich relevante Rückschein betreffend den Zustellbevollmächtigten der BF ist einwandfrei und korrekt ausgefüllt. Dieser RSb-Brief wurde auch nicht als „nicht behoben“ retourniert. Es ergeben sich somit keine Anhaltspunkte für Auffälligkeiten oder Probleme beim Zustellvorgang.

Obwohl der vertretenen BF mit Verspätungsvorhalt (vgl. OZ 2) Gelegenheit gegeben wurde, Stellung zu beziehen, brachte die BF jedoch keine Begründung für den verspäteten Vorlageantrag und auch keine Einwände hinsichtlich der Zustellung des RSb-Briefes oder einer vermeintlich falschen Dokumentation des Zustellversuches oder der Abholfrist vor (vgl. OZ 3 und 4, hier wurden vom Vertreter und Zustellbevollmächtigten lediglich weitere Unterlagen betreffend den Antrag vorgelegt). Daher ist die vertretene BF den Annahmen des Bundesverwaltungsgerichts betreffend die Zustellung nicht entgegengetreten. Anhand des vorliegenden Rückscheins (ON 46) ist daher davon auszugehen, dass die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an den Zustellbevollmächtigten vorschriftsmäßig erfolgte.

Im Akt ist das E-Mail (vgl. ON 47) vorliegend, worin von der BF die Vorlage der Beschwerdevorentscheidung an das BVwG beantragt wurde.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich hinreichend aus dem Verwaltungsakt und wurde dieser von der BF nicht bestritten. Bereits aufgrund dieser Aktenlage stand fest, dass die Beschwerde zurückzuweisen und nicht in der Sache selbst zu entscheiden war und konnte eine mündliche Verhandlung daher unterbleiben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung des Vorlageantrags:

3.1. Maßgebliche gesetzliche Vorschriften:

Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG):

„Vorlageantrag

§ 15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) […]

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen. Gleichzeitig hat die Behörde den Parteien eine Mitteilung über die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht zuzustellen; diese Mitteilung hat den Hinweis zu enthalten, dass Schriftsätze ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht unmittelbar bei diesem einzubringen sind.“

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG):

„§ 32. (1) Bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.“

3.2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das:

Die belangte Behörde wies die am XXXX eingelangte Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX (zugestellt am XXXX ), sohin innerhalb der zehnwöchigen Frist des § 20g Abs. 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab.

Die BF hat einen Zustellbevollmächtigten im Sinne des § 9 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) mittels Vollmacht vom XXXX bekannt gegeben. Diesem wurde die Beschwerdevorentscheidung per RSb-Brief am XXXX (Beginn der Abholfrist) zugestellt, da hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt gelten (vgl. § 17 Abs. 3 zweiter Satz ZustG).

Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrags beträgt gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG – wie auch in der Rechtsmittelbelehrung der Beschwerdevorentscheidung richtig ausgeführt – zwei Wochen. Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen grundsätzlich mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Die Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages begann im gegenständlichen Fall sohin am Dienstag, XXXX , zu laufen und endete in Anwendung des § 32 Abs. 2 AVG mit Ablauf des Dienstags, XXXX .

Der Vorlageantrag langte am XXXX per E-Mail und folglich erst nach Ablauf der Frist für den Vorlageantrag und somit verspätet bei der belangten Behörde ein. Die belangte Behörde legte ohne weitere Entscheidung die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG von der belangten Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Allerdings kommt dem Verwaltungsgericht ab der Beschwerdevorlage durch die Behörde die Zuständigkeit zur Zurückweisung eines Vorlageantrags insbesondere wegen Verspätung zu (vgl. VwGH 18.11.2021, Ro 2021/09/0031, unter Verweis auf VwGH 18.05.2021, Ra 2020/08/0196).

Die belangte Behörde hat gegenständlich nicht mit Bescheid über die Frage der Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages entschieden, sondern den Vorlageantrag dem BVwG vorgelegt. Der Vorlageantrag der BF war daher durch das Bundesverwaltungsgericht als verspätet zurückzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Rechtslage und Judikatur sind eindeutig.

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