JudikaturBVwG

W218 2313064-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2025

Spruch

W218 2313064-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER-KOPSCHAR sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 27.03.2025, betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 27.03.2025 hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 Abs. 1 und 2 BEinstG abgewiesen.

In ihrer Begründung traf die belangte Behörde die Feststellung, dass ein Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH vorliege.

Dem Bescheid zugrunde gelegt wurde das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von einem Facharzt für Unfallchirurgie, Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 11.03.2025, das einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH ergab, und die ergänzende Stellungnahme.

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung mit 20 vH nicht ihrem gesundheitlichen Zustand und ihren Einschränkungen im Alltag entspreche. Die bei der Beschwerdeführerin vorliegende depressive Symptomatik sei von ihrem Onkologen mit 25 vH eingestuft worden und sei dessen Einschätzung aufgrund der jahrelangen Behandlung aussagekräftiger als die durchgeführte medizinische Untersuchung. Die Beschwerdeführerin sei 15 Monate im Krankenstand, neun Monate in einer Wiedereingliederungsteilzeit gewesen und könne nur noch Teilzeit arbeiten.

Bei der Beschwerdeführerin liege zudem eine Kniegelenksarthrose beidseitig vor, welche zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Alltag führen würden.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten am 22.05.2025 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 vH.

Die Beschwerdeführerin leidet an folgenden Funktionseinschränkungen:

1. Depressives Zustandsbild, Pos.Nr.: 03.06.01, Grad der Behinderung 20%

2. Zustand nach Mammacarzinomoperation rechts 2018, Pos.Nr.: 13.01.02, Grad der Behinderung 20%

3. Kniegelenksarthrose rechts mehr als links, Pos.Nr.: 02.05.19, Grad der Behinderung 20%

4. Schilddrüsenunterfunktion, Pos.Nr.: 09.01.01, Grad der Behinderung 10%

Da die Beschwerdeführerin keinen Gesamtgrad der Behinderung von 50% (fünfzig v.H.) erreicht, sind die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten nicht erfüllt.

2. Beweiswürdigung:

Das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Im medizinischen Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arzt für Allgemeinmedizin wird, basierend auf der persönlichen Untersuchung am 11.03.2025, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Das führende Leiden 1 „Depressives Zustandsbild“ wurde vom medizinischen Sachverständigen gleichbleibend zum Vorgutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung am 08.10.2024, unter der Positionsnummer 03.06.01 und einem Grad der Behinderung von 20 vH eingestuft. Begründet wurde die Wahl mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz mit dem therapeutisch stabilisierten Verlauf ohne Interventionsbedarf und erhaltener sozialer Integration.

Die Einschätzungsverordnung sieht unter der gewählten Positionsnummer mit einem Grad der Behinderung von 20 vH vor: „Unter Medikation stabil, soziale Integration.“ Für einen Grad der Behinderung von 30 vH ist vorgesehen: „Unter Medikation stabil, fallweise beginnende soziale Rückzugstendenz, aber noch integriert“.

Die Beschwerdeführerin moniert, es läge ein Grad der Behinderung von 25 vH vor und verwies auf ein ärztliches Attest eines Arztes für Innere Medizin vom 02.12.2024, einen fachärztlichen psychiatrischen Befund legte sie, wie vom Sachverständigen in der Stellungnahme vom 24.03.2025 angeführt, nicht vor. In diesem Attest wurde zudem lediglich ausgeführt: „Zusätzlich besteht eine starke psychische Belastung, bei Wissen über die schlechte Prognose im Falle einer Metastasierung, sodass auch hier die regelmäßige engmaschige psycho-onkologische Betreuung und fallweise Therapie notwendig ist. Insgesamt besteht aus internistisch-onkologischer Sicht eine Einschränkung von zumindest 25 % der Belastbarkeit, weswegen die entsprechende Einstufung der Arbeitsfähigkeit empfohlen wird.“ Hierbei ist darauf zu verweisen, dass es sich um keine begründete Einstufung nach der Einstufungsverordnung handelt. Darüber hinaus ist diesem Attest lediglich zu entnehmen, dass eine regelmäßige psycho-onkologische Betreuung und fallweise eine Therapie erforderlich sei. Dass eine soziale Rückzugstendenz bzw. auch eine regemäßige psychiatrische Therapie vorliegt, geht daraus nicht hervor.

Eine Verschlechterung des depressiven Zustandsbildes seit der Voruntersuchung ist nicht befundmäßig belegt und kann eine höhere Einstufung mangels fachärztlicher Befunde nicht vorgenommen werden.

Im Vergleich zum Vorgutachten wurde das Leiden 2 „Zustand nach Mammacarzinomoperation rechts 2018“ zwar unter derselben Positionsnummer, jedoch um eine Stufe höher eingestuft. Bei der Beschwerdeführerin liegt nach Ablauf der Heilungsbewährung ein guter Allgemeinzustand und Ernährungszustand vor und besteht kein Hinweis auf ein Rezidiv.

Die Einstufung dieses Grades der Behinderung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beeinsprucht.

Erstmalig in die Liste der Funktionseinschränkungen wurde das Leiden 3 „Kniegelenksarthrose rechts mehr als links“ aufgenommen und mit dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 02.05.19 und einem Grad der Behinderung von 20 vH eingestuft. Die Kniegelenke sind frei beweglich, bandfest und ergussfrei.

Im Zuge der persönlichen Untersuchung konnte der Barfußgang symmetrisch und hinkfrei durchgeführt werden, der Zehenballengang und Fersengang waren, wenn auch unter Mühe, durchführbar. Beide Kniegelenke zeigten sich ergussfrei und bandfest, der Zohlen-Test war jedoch beidseitig positiv, rechts mehr als links. Das Anhocken konnte von der Beschwerdeführerin nur ansatzweise durchgeführt werden. Die Beschwerdeführerin kam unter Zuhilfenahme von zwei Walkingstöcken zur Untersuchung, konnte jedoch symmetrisch und hinkfrei gehen, der Einbeinstand war auch problemlos durchführbar.

Die Beschwerdeführerin legte einen Magnetresonanztomographiebefund beider Kniegelenke vom 04.01.2025 vor, aus dem sich eine Degeneration rechts mehr als links ergibt. Dieser Befund und der Befund vom 28.01.2025 sowie der Arztbrief vom 12.05.2025 sind nicht geeignet die Untersuchungsergebnisse zu entkräften. Betreffend den Arztbrief vom 12.05.2025 ist anzuführen, dass in der Gangbildanalyse ein Pes Plano und eine Genu valgus, sohin Fehlstellungen, angeführt wurden, eine Einschränkung der Gehstrecke ist nicht belegt. Die Kniegelenksbeweglichkeit wurde mit 0-0-150° eingestuft.

Die Einschätzungsverordnung sieht unter der Positionsnummer 02.05.19 (Kniegelenk – Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig) eine Streckung/Beugung bis 0-0-90° vor. Für die Positionsnummer 02.05.21 (Kniegelenk – Funktionseinschränkung mittleren Grades beidseitig) ist eine Streckung/Beugung 0-10-90° erforderlich.

Eine höhere Einstufung des Grades der Behinderung ist aufgrund der Untersuchungsergebnisse, es ist insbesondere die Funktionsfähigkeit bzw. Funktionseinschränkung zu beurteilen, unter Berücksichtigung der medizinischen Befunde nicht möglich.

Schließlich wurde das Leiden 4 „Schilddrüsenunterfunktion“ gleichbleibend zum Vorgutachten mit dem unteren Rahmensatz der Positionsnummer 09.01.01 und einem Grad der Behinderung von 10 vH eingestuft. Es konnte mittels einer Hormonmedikation eine euthyreote Stoffwechsellage erzielt werden.

Die Beschwerdeführerin beeinspruchte die Einstufung dieses Leidens nicht.

Der medizinische Sachverständige führte zudem schlüssig und nachvollziehbar aus, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden wegen fehlender maßgeblicher wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung und aufgrund zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter erhöht wird. Daher liegt ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH vor.

Es wurde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin somit nachvollziehbar, schlüssig und vollständig entgegengetreten und kann den Einwendungen der Beschwerdeführerin angesichts des Inhalts der Gutachten nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin konnte keine Unschlüssigkeit oder Unvollständigkeit der Gutachten aufzeigen.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das eingeholte Sachverständigengutachten daher im oben angeführten Ausmaß als schlüssig, vollständig und nachvollziehbar. In einer Zusammenschau der vorliegenden Befunde und des Gutachtens, geht der erkennende Senat davon aus, dass das Sachverständigengutachten bzw. der darin festgelegte Grad der Behinderung von 20 v.H. der Entscheidung zugrunde zu legen ist.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten über den erstellten Befund hinaus nicht objektiviert werden.

Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH vorliegt, zu entkräften.

Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Das Sachverständigengutachten wird daher im oben angeführten Ausmaß in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum 10.02.2025 auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Begünstigte Behinderte im Sinne dieses Bundesgesetzes sind österreichische Staatsbürger mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH. Österreichischen Staatsbürgern sind folgende Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 vH gleichgestellt:

1. Unionsbürger, Staatsbürger von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, Schweizer Bürger und deren Familienangehörige,

2. Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind,

3. Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern gleichzustellen sind. (§ 2 Abs. 1 BEinstG)

Nicht als begünstigte Behinderte im Sinne des Abs. 1 gelten behinderte Personen, die

a) sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden oder

b) das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen oder

c) nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften Geldleistungen wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (dauernder Berufsunfähigkeit) bzw. Ruhegenüsse oder Pensionen aus dem Versicherungsfall des Alters beziehen und nicht in Beschäftigung stehen oder

d) nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem Integrativen Betrieb (§ 11) nicht in der Lage sind. (§ 2 Abs. 2 BEinstG)

Die Ausschlussbestimmungen des Abs. 2 lit. a gelten nicht für behinderte Personen, die als Lehrlinge in Beschäftigung stehen, eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren, an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden oder zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, eine abgeschlossene Hochschulausbildung erfordernden Beruf nach Abschluss dieser Hochschulausbildung beschäftigt werden und die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllen. (§ 2 Abs.3 BEinstG)

Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 3 BEinstG).

Als Nachweis für die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt der letzte rechtskräftige Bescheid über die Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit mit mindestens 50 vH

a) eines Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (der Schiedskommission) bzw. des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen oder der Bundesberufungskommission im Sinne des Bundesberufungskommissionsgesetzes, BGBl. I Nr. 150/2002;

b) eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung bzw. das Urteil eines nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, zuständigen Gerichtes;

c) eines Landeshauptmannes (des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales) in Verbindung mit der Amtsbescheinigung gemäß § 4 des Opferfürsorgegesetzes;

d) in Vollziehung der landesgesetzlichen Unfallfürsorge (§ 3 Z 2 Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 200/1967).

Die Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit im Nachweis gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.

Liegt ein Nachweis im Sinne des Abs. 1 nicht vor, hat auf Antrag des Menschen mit Behinderung das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen den Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) einzuschätzen und bei Zutreffen der im § 2 Abs. 1 angeführten sonstigen Voraussetzungen die Zugehörigkeit zum Kreis der nach diesem Bundesgesetz begünstigten Behinderten (§ 2) sowie den Grad der Behinderung festzustellen. Hinsichtlich der ärztlichen Sachverständigen ist § 90 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, anzuwenden.

Auszug aus der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) idgF:

„Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.“

Da ein Grad der Behinderung von 20 (zwanzig) vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.

Der Rechtsprechung des EGMR kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).

Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ. 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).

Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde auf gutachterlicher Basis ermittelt. Zudem wurde von der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung notwendig erschienen ließ.

Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht erwartbar war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Rückverweise