JudikaturBVwG

W208 2315504-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
14. Juli 2025

Spruch

W208 2315504-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , gegen den Einberufungsbefehl des Militärkommando STEIERMARK, Ergänzungsabteilung vom 20.05.2025, ST/04/10/00/01, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der 2004 geborene Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde nach seiner erstmaligen Stellung am 11.01.2022 für vorübergehend untauglich befunden.

Bei einer neuerlichen Stellung am 19.11.2024 wurde er für tauglich befunden.

2. Mit dem im Spruch genannten Einberufungsbefehl (EB) vom 20.05.2025 (Zustellung am 21.05.2025) wurde der BF zur Ableistung seines Grundwehrdienstes mit Termin 07.07.2024 durch das Militärkommando STEIERMARK (MilKdo) einberufen.

3. Mit E-Mail vom 18.06.2025 brachte der BF die gegenständliche Beschwerde gegen den EB ein.

Begründend führt er aus, er habe bereits am 10.01.2025 eine Zivildiensterklärung abgegeben und per E-Mail übermittelt. Um mögliche Formfehler zu vermeiden habe er die Zivildiensterklärung inzwischen nochmals schriftlich unterschrieben an die Zivildienstserviceagentur (ZISA) geschickt. Weiters führte er aus, er habe sich für eine Fachhochschule beworben und ein im August beginnendes Ferialpraktikum.

Er wurde in der Folge aufgefordert einen Nachweis für die Vorlage der Zivildiensterklärung vorzulegen, da beim MilKdo keine eingelangt sei.

Der BF übermittelte daraufhin mit E-Mail vom 23.06.2025 eine Zivildiensterklärung, datiert mit 10.01.2025. Einen Nachweis, dass er diese tatsächlich im Jänner 2025 auch übermittelt hat, blieb er schuldig. Dennoch leitete das MilKdo die Zivildiensterklärung an die ZISA weiter.

4. Mit Schriftsatz vom 04.07.2025 (eingelangt beim BVwG am 07.07.2025) legte die belangte Behörde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – die Beschwerde und den elektronischen Verfahrensakt dem BVwG zur Entscheidung vor (OZ 1). Betont wurde, dass der BF bis dato keinen Nachweis hinsichtlich der Übermittlung der Zivildiensterklärung eingebracht habe. Ein Einberufungshindernis würde nicht vorliegen.

5. Am 09.07.2025 teilte das MilKdo mit, dass der BF seinen Wehrdienst wie im EB vorgesehen angetreten habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist tauglich und hat seinen Grundwehrdienst am 07.07.2025 angetreten, nachdem ihm der beschwerdegegenständlich EB am 21.05.2025 zugestellt wurde.

Er hat keinen Nachweis erbracht, dass er tatsächlich im Jänner 2025 eine Zivildiensterklärung (datiert mit 10.01.2025) beim MilKdo eingebracht hat.

Beim Militärkommando ist erst am 23.06.2025 eine Zivildiensterklärung eingelangt. Das Recht des BF eine Zivildiensterklärung abzugeben war aber nach § 5a Abs 1 Z 3 iVm § 1 Abs 2 zweiter Satz ZDG ausgeschlossen ist (dazu näher unten die rechtliche Beurteilung).

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt wird im Wesentlichen durch entsprechende Urkunden im Akt belegt, die im Verfahrensgang angeführt sind. Die Zustellung des EB und dass der BF keinen Nachweis erbracht hat, der die Abgabe einer Zivildiensterklärung im Jänner 2025 belegt, ist unstrittig. Der BF hat in seiner Beschwerde nicht behauptet, dass er über einen solchen Nachweis verfügen würde.

Bei Einbringung mit E-Mail obliegt es dem Absender zu beweisen, dass die Sendung tatsächlich bei der belangten Behörde eingelangt ist. Die Gefahr des Verlustes trifft den Antragsteller (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 237, 238 mit Hinweis auf dort zitierte Judikatur des VwGH).

Die Überprüfung der fehlerfreien Übermittlung einer E-Mail muss durch Kontrolle in dem dafür vorgesehenen Ordner der versendeten Nachrichten unmittelbar nach erfolgter Absendung erfolgen (vgl. E 22. Februar 2006, 2005/09/0015 = VwSlg. 16834 A/2006; B 15. Dezember 2009, 2009/05/0257, 0258; VwGH 23.04.2015, 2012/07/0222).

Die bloße Bestätigung über die Absendung eines E-Mails lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass die Sendung auch beim Empfänger angekommen ist - und zwar unabhängig davon, ob vom System eine Fehlermeldung generiert worden ist. Zum Nachweis des Einlangens ist vielmehr eine bei Absendung (mit Hilfe der Funktion „Übermittlung der Sendung bestätigen") anzufordernde „Übermittlungsbestätigung" erforderlich (vgl. E 3. September 2003, 2002/03/0139; VwGH 08.10.2014, 2012/10/0100).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen. Diese Frist wurde eingehalten und liegen auch sonst keine Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht – soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet – den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Aktualisierte Auflage, 2019, § 27, K2). Von Amts wegen hat das BVwG jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. aktualisierte Auflage, 2019 § 27, K3).

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das BVwG über Beschwerden nach Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung – die auch nicht beantragt wurde –konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung des Sachverhaltes oder der Rechtsfrage nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl 1958/210 (keine „civil rights“) noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S 389 (kein Bezug zu EU-Normen) entgegen.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Die fallbezogen maßgeblichen Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) lauten (Auszug, Hervorhebungen durch BVwG):

„§ 10. (1) Alle österreichischen Staatsbürger männlichen Geschlechtes, die das 17. Lebensjahr vollendet und das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind wehrpflichtig. […]

Grundwehrdienst

§ 20. Zur Leistung des Grundwehrdienstes sind alle Wehrpflichtigen verpflichtet. Der Zeitpunkt, an dem dieser Präsenzdienst erstmalig anzutreten ist, hat vor Vollendung des 35. Lebensjahres des Wehrpflichtigen zu liegen. Die Wehrpflichtigen sind, sofern militärische Rücksichten nicht entgegenstehen, nach Möglichkeit zum Grundwehrdienst innerhalb von sechs Monaten nach ihrer jeweiligen Heranziehbarkeit zu diesem Präsenzdienst einzuberufen. Der Grundwehrdienst dauert sechs Monate. Die Dauer von Wehrdienstleistungen in einem Dienstverhältnis nach § 1 Abs. 3 Z 2 und einem Auslandseinsatzpräsenzdienst nach § 19 Abs. 1 Z 8 sind auf die Dauer des Grundwehrdienstes anzurechnen.

§ 24. (1) Wehrpflichtige sind zum Präsenzdienst nach den jeweiligen militärischen Interessen mit Einberufungsbefehl einzuberufen. Der Einberufungsbefehl ist zu erlassen

1. spätestens vier Wochen vor dem Einberufungstermin zum Grundwehrdienst und

[...]

Der Einberufungsbefehl zum Grundwehrdienst darf nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach erstmaliger Feststellung der Tauglichkeit des Wehrpflichtigen zum Wehrdienst erlassen werden. Die Fristen nach Z 1 und 2 dürfen nach Maßgabe militärischer Erfordernisse, im Falle der Z 2 insbesondere zum Üben der Herstellung der Einsatzbereitschaft von Verbänden im Wege von Waffenübungen, verkürzt werden. Sämtliche Fristen dürfen auch mit schriftlicher Zustimmung des Wehrpflichtigen verkürzt werden.

[…]

§ 1 des Zivildienstgesetztes (ZDG), in der für den Fall relevanten Fassung lautet: (Verfassungsbestimmung) (1) Wehrpflichtige im Sinne des Wehrgesetzes 2001 – WG 2001, BGBl. I Nr. 146, die zum Wehrdienst tauglich befunden wurden, können erklären (Zivildiensterklärung),

1. die Wehrpflicht nicht erfüllen zu können, weil sie es – von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe abgesehen – aus Gewissensgründen ablehnen, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden, und daher bei Leistung des Wehrdienstes in Gewissensnot geraten würden und

2. deshalb Zivildienst leisten zu wollen.

(2) Die Ausübung dieses Rechtes ist dem Wehrpflichtigen mindestens sechs Monate nach Abschluss jenes Stellungsverfahrens, bei dem er erstmals für den Wehrdienst tauglich befunden wurde, gewährleistet, es sei denn, der Wehrpflichtige hätte darauf ausdrücklich und schriftlich verzichtet. Das Recht ruht vom zweiten Tag vor einer Einberufung zum Präsenzdienst bis zur Entlassung aus diesem oder bis zur Behebung des Einberufungsbefehls. Wird nach der Einberufung zum Grundwehrdienst dieser vollständig geleistet, ruht das Recht darüber hinaus drei Jahre, gerechnet vom Tage, für den der Wehrpflichtige einberufen war.

(3) Die Zivildiensterklärung darf nicht an Vorbehalte und Bedingungen gebunden werden; ihr sind Angaben zum Lebenslauf (Schul- und Berufsausbildung sowie beruflicher Werdegang) anzuschließen. Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, kann ausgeschlossen sein. Die näheren Bestimmungen trifft dieses Bundesgesetz.

(4) Mit Einbringung einer mängelfreien Zivildiensterklärung wird der Wehrpflichtige von der Wehrpflicht befreit und zivildienstpflichtig; er hat nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes Zivildienst zu leisten.

[…]

§ 5a ZDG lautet

(1) Das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben, ist ausgeschlossen,

[…]

3. während es gemäß § 1 Abs. 2, § 6 Abs. 6 oder § 76a ruht.

(3) Eine Zivildiensterklärung ist mangelhaft, wenn

1. feststeht, dass der Wehrpflichtige für den Wehrdienst nicht tauglich ist (§ 1 Abs. 1), oder

2. die Zivildiensterklärung unvollständig ist (§ 1 Abs. 1 und 3), oder

3. die Zivildiensterklärung unter Vorbehalten oder Bedingungen abgegeben wird (§ 1 Abs. 3), oder

4. ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt.

(4) Weist eine Zivildiensterklärung Mängel auf, ist mit Bescheid festzustellen (§ 5 Abs. 4), dass die Zivildienstpflicht nicht eingetreten ist. Für unvollständige Zivildiensterklärungen (Abs. 3 Z 2) gilt dies nur, wenn der Wehrpflichtige sie nicht innerhalb einer von der Behörde bestimmten Frist vervollständigt hat.

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Der BF hat behauptet bereits vor Erhalt des EB eine Zivildiensterklärung abgegeben zu haben. Mit diesem Vorbringen kann er die Rechtmäßigkeit des EB jedoch nicht erfolgreich bekämpfen.

Nach der ständigen Rsp des VwGH ist für die Rechtmäßigkeit des EB nach § 24 Abs 1 WG 2001 das Vorliegen eines aufrechten Tauglichkeitsbeschlusses maßgebend (vgl VwGH 22.03.2002, 2002/11/0049; 22.04.2008, 2008/11/0052; 16.10.2012, 2011/11/0080).

Nach der Aktenlage liegt unbestrittenermaßen ein Beschluss der Stellungskommission vom 19.11.2024 vor, der auf Tauglichkeit des BF lautet. Der BF hat in seiner Beschwerde nicht vorgebracht, dass er aus gesundheitlichen Gründen untauglich wäre und war das demnach nicht zu prüfen. Eine Untauglichkeit würde im Übrigen auch dazu führen, dass er keine Zivildiensterklärung abgeben könnte (§ 1 Abs 1 ZDG: VwGH 30.01.2013, 2010/03/0106). Zudem ist er diesbezüglich auf den Umstand hinzuweisen, dass er anlässlich der Einstellungsuntersuchung untersucht werden wird.

Der BF hat auch keine mängelfreie und damit rechtswirksame Zivildiensterklärung eingebracht (weil er sie in der Sperrfrist des § 1 Abs 2 ZDG abgegeben hat) und ist er daher nicht zivildienstpflichtig, sondern nach wie vor wehrpflichtig (VwGH 14.11.1995, 95/11/0175). Die Einberufung des BF mit dem angefochtenen Bescheid erweist sich daher als nicht rechtswidrig (vgl VwGH 16.10.2012, 2011/11/0080).

Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der BF musste dem EB für den 07.07.2024 nachkommen und hat das auch getan.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

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