JudikaturBVwG

W265 2315620-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
09. Juli 2025

Spruch

W265 2315620-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Maga Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 14.02.2025, betreffend die Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in den Behindertenpass zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin ist seit 2019 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 von Hundert (in der Folge v.H.).

2. Am 08.10.2024 stellte sie beim Sozialministeriumservice (in der Folge „belangte Behörde“ genannt) einen Antrag auf Neufestsetzung des Gesamtgrades der Behinderung und auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b Straßenverkehrsordnung (StVO) (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt und legte eine Reihe von ärztlichen Befunden vor.

3. Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 19.11.2024 erstatteten Gutachten vom 02.12.2024 stellte der medizinische Sachverständige fest, dass bei der Beschwerdeführerin folgende Funktionseinschränkungen

1. Allergisches Asthma bronchiale bei Nikontinabusus, ACOS/COPD overlap, Position 06.05.03 der Anlage der Einschätzungsverordnung (EVO), Grad der Behinderung (GdB) 50 %

2. Restless legs-Syndrom, Position 04.06.01 der Anlage der EVO, GdB 20 %

3. Entfernung der Gebärmutter, Position 08.03.02 der Anlage der EVO, GdB 10 %

4. Gallenblasenentfernung, Position 07.06.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %

5. Zustand nach Carpaltunnelsyndromoperation beidseits, Position 04.05.06 der Anlage der EVO, GdB 10 %

6. Depression, Position 03.06.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %

7. Geringgradige Funktionsstörung des linken Schultergelenkes, Position 02.06.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %

8. Abnützungserscheinungen am linken Kniegelenk nach stattgehabter Operation, Position 02.05.18 der Anlage der EVO, GdB 10 %

9. Koronare Herzkrankheit, Position 05.05.01 der Anlage der EVO, GdB 10 %

mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. vorliegen würden. Das führende Leiden 1 werde durch 2 mangels relevanter ungünstiger Leidensbeeinflussung nicht weiter erhöht. Leiden 3-9 würden nicht weiter erhöhen, da von zu geringer funktioneller Relevanz.

Weiters stellte der Sachverständige fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass aus medizinischer Sicht nicht vorlägen.

4. Die belangte Behörde übermittelte das genannte Gutachten der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.12.2024im Rahmen des Parteiengehörs und räumte ihr die Möglichkeit ein, hierzu innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

5. Die Beschwerdeführerin machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und brachte am 31.12.2024 eine Stellungnahme ein, worin sie im Wesentlichen ausführte, dass ihre Herz- und Lungenerkrankung schon bei geringer körperlicher Belastung zu Atemnot führe, wodurch sie mehrmals täglich den verordneten Notfallspray Berodual verwenden müsse. Die bereits vorgelegten Befunde seien unbeachtet geblieben. Zusätzlich lege sie einen Befund der CT Untersuchung vom 05.08.2024 bei, wonach ein Lungenemphysem diagnostiziert worden sei.

6. Die belangte Behörde ersuchte den befassten medizinischen Sachverständigen um die Abgabe einer Stellungnahme. In seiner Stellungnahme vom 27.01.2025 führte der befasste medizinische Sachverständige Folgendes aus:

„Im Rahmen der ärztl. Begutachtung wurden zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorliegende, funktionelle Einbußen nach geltender EVO eingestuft. Vorliegende Befunde, Anamnese, sowie die persönlichen Angaben der Kundin sind ausreichend gewürdigt. Befunde werden zwar nun nachgereicht (siehe oben), jedoch keine Dokumente, welche maßgeblich höhere funktionelle Einschränkungen als zum Untersuchungszeitpunkt bereits objektiviert, belegen würden. Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen. Eine kurze Wegstrecke kann unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung von orthopädischem Schuhwerk und eines einfachen Hilfsmittels (Gehstock oder Stützkrücke), das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Es muss daher am bereits festgestellten Begutachtungsergebnis weiterhin festgehalten werden.“

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.02.2025, OB: 21765264500020, wies die belangte Behörde den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung ab. Mit einem Grad der Behinderung von 50 % ist keine Veränderung des bisherigen Grades der Behinderung eingetreten.

Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid das oben genannte medizinische Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme in Kopie an.

8. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.02.2025, OB:21765264500032, wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.

Die belangte Behörde schloss dem genannten Bescheid das oben genannte medizinische Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme in Kopie an.

9. Gegen den Bescheid vom 14.02.2025, OB:21765264500032, erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, dass die von ihr vorgelegten fachärztlichen Befunde seitens des Sachverständigen nicht ausreichend beachtet worden seien. Bei ihren Einwendungen vom 27.12.2024 habe es sich keineswegs wie vom Sachverständigen behauptet um subjektive Empfindungen, sondern um tatsächliche Einschränkungen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit. Eine Sauerstoffsättigung sei von dem Sachverständigen nicht gemessen wurden. Sie ersuche um neuerliche Prüfung und Neueinstufung des Grades der Behinderung.

10. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 11.03.2025 vor, wo dieser am 12.03.2025 einlangte.

11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.03.2025 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin ist, und ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

12. Mit Schreiben vom 17.03.2025 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Mängelbehebungsauftrag an die Beschwerdeführerin. Darin wurde ausgeführt, dass in ihrer Beschwerde vom 07.03.2025 der OB: 21765264500032 angeführt werde, der den Bescheid betreffend die Abweisung der Zusatzeintragung behandle. Inhaltlich richte sich die Beschwerde jedoch gegen die Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung mit dem OB: 21765264500020. Für das Gericht sei nicht ersichtlich, gegen welchen der beiden Bescheide sich ihrer Beschwerde richte oder ob sie gegen beide Bescheide vom 14.02.2025 eine Beschwerde erhoben wolle. Das Bundesverwaltungsgericht erteilte den Auftrag, den Mangel binnen zwei Wochen ab Zustellung zu verbessern.

13. Mit Schreiben vom 26.03.2025 brachte die Beschwerdeführerin eine verbesserte Beschwerde ein und führte darin aus, dass sie gegen OB: 21765264500032 und OB: 21765264500020 Beschwerde erhebe. Zusammengefasst führte sie darin aus, dass es sich in ihren Einwendungen vom 27.12.2024 keineswegs um subjektive Empfindungen handle, sondern um tatsächliche, erhebliche Einschränkungen ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit bei Belastung unter anderem durch Bronchospasmus und ein Emphysem. Längeres Stehen oder das Zurücklegen auch nur kurzer Wegstrecken sei ihr ohne Pausen nicht möglich. Dies sei von Fachärzten diagnostiziert und in den jeweiligen Befunden festgehalten. Die fachärztlichen Befunde seien vom Sachverständigen weder in seinem Gutachten noch in der Stellungnahme beachtet worden.

Ihre Atemnot, die schon bei geringer Belastung häufig die Verwendung eines Notfalls Aerosols erforderlich mache, könne bei einer Untersuchung, die Großteils im Sitzen durchgeführt worden sei, nicht beurteilt werden. Eine Sauerstoffsättigung sei ebenfalls nicht gemessen worden. Sie ersuche daher um neuerliche Prüfung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in den Behindertenpass langte am 08.10.2024 bei der belangten Behörde ein.

Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H.

Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Anamnese:

VGA vom 4.6.2019: allergisches Asthma bronchiale bei Nikotinabusus, ACOS, RLS, HE, CHE, Z.n. CTS-OP bds., Depression, geringe Einschränkung li. Schultergelenk, Abnützungserscheinungen am linken Kniegelenk nach stattgehabter Operation, Gesamt- GdB 50%, öfftl. VKM zumutbar.

Derzeitige Beschwerden:

AW hätte ein "steifes Herz", rauche noch immer, gibt Lungenleiden an. Nehme viele Medikamente. Könne Öffis wegen Luft nicht benützen.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

ASS, Atorvastatin, Trimbow, Berodual bei Bed., Foster, Oleovit, Duloxetin, Pantoloc, Berodualin Inh.

Sozialanamnese:

Pensionistin

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

3.10.2024 Dr. XXXX : Arztbrief

3.10.2024 Dr. XXXX : Befundbericht. Kardial beschwerdefrei, normale LVF, SR. Befundnachreichung:

3.10.2024 Dr. XXXX : nicht sign. KHK, HLP, COPD II, incip. CAVK, RLS, Nikotinabusus. EKG unauffällig, normale LVF.

3.10.2024 Dr. XXXX : COPD IMN/Asthma overlap.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Normal.

Ernährungszustand:

Gut.

Größe: 159,00 cm Gewicht: 66,00 kg Blutdruck: 0

Klinischer Status - Fachstatus:

KOPF, HALS:

Keine Stauungszeichen, keine Stenosegeräusche, keine Atemnot, Lidschluß komplett, kein Nystagmus. Sprache verständlich, kein inspiratorischer oder exspiratorischer Stridor.

THORAX / LUNGE / HERZ:

Basal verschärftes Vesiculäratmen, normale Atemfrequenz. Keine Dyspnoe, keine relevante Spastik auskultierbar. Rhythmische Herztöne, normofrequent. Kardial kompensiert.

ABDOMEN:

Weich, Peristaltik auskultierbar. Blande Narbe.

WIRBELSÄULE:

Keine relevanten funktionellen Einschränkungen. Im Stehen werden am Boden befindliche Gegenstände flüssig und zielgerichtet ergriffen.

EXTREMITÄTEN:

Kreuz / Nacken / Pinzetten / Spitzgriff beidseits durchführbar, vollständiger Faustschluß beidseits, Pro- und Supination möglich. Greiffunktion und Fingerfertigkeit beidseits ausreichend erhalten. Hüftgelenke frei beweglich, Kniegelenke beidseits aktiv im Sitzen 00-120°, Sprunggelenke frei beweglich. Stehen und Gehen im Untersuchungszimmer ohne Hilfsmittel möglich. Zehen / Fersenstand beidseits möglich, Einbeinstand wird flüssig durchgeführt.

GROB NEUROLOGISCH:

Keine relevanten motorischen Defizite, Vorfußhebung beidseits möglich, kein Rigor, kein relevanter Tremor, Feinmotorik ausreichend erhalten.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Keine Hilfsmittel, ausreichend sicher und selbstständig, Setzen/Erheben ohne Fremdhilfe.

Status Psychicus:

Orientiert, wach, klar, Antrieb etwas gesteigert, kognitive Funktionen erhalten, sozial integriert.

Der Beschwerdeführerin hat folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

- Allergisches Asthma bronchiale bei Nikotinabusus, ACOS/COPD overlap

- Restless legs-Syndrom

- Entfernung der Gebärmutter

- Gallenblasenentfernung

- Zustand nach Carpaltunnelsyndromoperation beidseits

- Depression

- Geringradige Funktionsstörung des linken Schultergelenkes

- Abnützungserscheinungen am linken Kniegelenk nach stattgehabter Operation

- Koronare Herzkrankheit

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 v. H.

Das führende Leiden 1 wird durch 2 mangels relevanter ungünstiger Leidensbeeinflussung nicht weiter erhöht. Leiden 3-9 erhöhen nicht weiter, da von zu geringer funktioneller Relevanz.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in den Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus der seitens des Bundesverwaltungsgericht am 12.03.2025 durchgeführten Abfrage aus dem Zentralen Melderegister, aus der sich ein Hauptwohnsitz im österreichischen Bundesgebiet ergibt; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 02.12.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 19.11.2025 und der ergänzenden Stellungnahme des befassten Sachverständigen am 27.01.2025-

Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Beschwerdevorbringen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Der medizinische Sachverständige geht in seinem Gutachten vom 02.12.2024 ausführlich auf sämtliche Einwendungen und Befunde der Beschwerdeführerin in deren Beschwerde ein und stufte im Rahmen der ärztlichen Begutachtung zu diesem Zeitpunkt tatsächlich vorliegende, funktionelle Einbußen nach geltender EVO ein. Es wurden sowohl die vorliegenden Befunde, Anamnese sowie die persönlichen Angaben der Beschwerdeführerin ausreichend gewürdigt. Die EVO gibt konkrete Kriterien vor, nach welchen die Einschätzung des Leidens zu erfolgen hat. Hierfür sind bestimmte Merkmale zu erheben, was der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten auch entsprechend gemacht hat.

Neue medizinische Befunde, welche insbesondere eine andere Beurteilung der Leiden der Beschwerdeführerin ermöglichen würden, legte die Beschwerdeführerin ebenso nicht vor wie ein Gegengutachten.

Die Beschwerdeführerin ist damit den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 02.12.2024, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 19.11.2024 und der ergänzenden Stellungnahme vom 27.01.2025. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

„§ 40 (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41 (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

§ 42 (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45 (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.“

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1 Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2 (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3 (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4 (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen. (2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

...“

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Beim Leiden 1 der Beschwerdeführerin handelt es sich um Allergisches Asthma bronchiale bei Nikotinabusus, ACOS/COPD overlap, welches der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz der Position 06.05.03 der Anlage der EVO mit einem GdB von 50 % einstufte, da unter spezifischem Therapieregime weitgehend stabilisierbar, wesentliche Therapiereserven sind erhalten.

Das Leiden 2 ist das Restless leg-Syndrom, welches der medizinische Sachverständige richtig eine Stufe über dem unteren Rahmensatz der Position 04.06.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 20 % einstufte, da ohne motorische Ausfälle.

Beim Leiden 3 handelt es sich um die Entfernung der Gebärmutter, welches der medizinische Sachverständige richtig nach dem fixen Rahmensatz nach Position 08.03.02 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte.

Das Leiden 4 der Beschwerdeführerin ist die Gallenblasenentfernung, welches der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz der Position 07.06.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte, da ein guter Ernährungszustand vorliegt.

Beim Leiden 5 handelt es sich um den Zustand nach Carpaltunnelsyndromoperation beidseits, welches der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz nach Position 04.05.06 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte, da gutes postoperatives Ergebnis und keine Atrophiezeichen nachweisbar.

Das Leiden 6, die Depression, stufte der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz der Position 03.06.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % ein, da nur ein mildes Therapieerfordernis vorliegt.

Beim Leiden 7 handelt es sich um die geringgradige Funktionsstörung des linken Schultergelenkes, welches der medizinische Sachverständige richtig nach dem fixen Rahmensatz nach Position 02.06.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte.

Beim Leiden 8 handelt es sich um die Abnützungserscheinungen am linken Kniegelenk nach stattgehabter Operation, welches der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz nach Position 02.05.18 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte, da keine maßgebliche Funktionsstörung fassbar ist.

Das Leiden 9 der Beschwerdeführerin ist die koronare Herzkrankheit, welches der medizinische Sachverständige richtig im unteren Rahmensatz der Position 05.05.01 der Anlage der EVO mit einem GdB von 10 % einstufte, da nicht signifikant, keine Angina pectoris-Symptomatik, normaler Sinusrhythmus sowie normale Pumpleistung. Therapiereserven sind erhalten.

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 02.12.2024, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 02.11.2024 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 27.01.2025 zu Grunde gelegt.

Die von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Beschwerdegründe waren nicht geeignet, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitliche Verschlechterung seines Leidenszustandes zu belegen.

In dem vom Sozialministeriumservice eingeholten allgemeinmedizinischen Gutachten wurde nachvollziehbar ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 50 v.H. festgestellt. Die Beschwerdeführerin ist diesem schlüssigen Gutachten nicht in substantiierter Weise entgegengetreten.

Der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass war aus diesem Grunde abzuweisen.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste der Beschwerdeführerin in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist. Beide Parteien haben keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.