Spruch
W217 2314805-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA, als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, NÖ und Bgld, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom 05.05.2025, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Voraussetzungen für die Eintragung des Zusatzes „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass liegen nicht vor.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Herr XXXX (in der Folge Beschwerdeführer) beantragte am 30.10.2024 beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) einlangend die Ausstellung eines Behindertenpasses samt Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ sowie die Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung.
2. In der Folge holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, ein. Dieser hält in seinem Gutachten vom 04.03.2025, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 31.01.2025 Folgendes fest:
„Anamnese:
Kein Vorgutachten aufliegend
2019 Verkehrsunfall mit Radiusfraktur links und Abriss des Griffelfortsatzes der Elle sowie knöcherner Absprengung vom Mondbein mit noch liegenden Metallen, Abrissbruch des Beckenkammes re und vorrübergehendes posttraumatisches Belastungssyndrom
2022-9 Hodenentfernung mit Prothese links wegen Hodenkarzinom, keine Radiatio oder Chemotherapie, regelmäßige ambulante Kontrollen in Abständen von 3 Monaten, bisher kein Hinweis auf Rezidiv oder Metastasen.
2024-9 Septumplastik und Muschelreduktion wegen Schlafapnoe, eine Maske noch nicht notwendig.
Myopathie seit ca. 2015 diagnostiziert, fortschreitend,
Derzeitige Beschwerden:
Der Antragswerber klagt ‚über Schwache Beine, die seien ganz dünn, habe Angst zu stürzen, halte sich beim Runtergehen immer an, wegen der Myopathie seien auch die Leberwerde erhöht, Platzangst, wenn zu viele Leute da seien.
außerdem auch oft Schulter- Nackenschmerzen mit Infiltrationen‘
Keine spezifizierte Allergie bekannt
Anderwärtige schwere Krankheiten, Operationen oder Spitalsaufenthalte werden negiert.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Durotiv, Legalon, Ferrograd, Oleo D3
Sozialanamnese:
seit ca. 2014 AMS als Personalberater, Pensionsansuchen wurde abgelehnt, Freundin seit ca. 1,5 Jahren, keine Kinder
wohnt in einer Gemeindewohnung im 1. Stock ohne Lift.
Kein Pflegegeld
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
2024-9 Krankenhaus der XXXX , HNO: hochgradiges OSAS - Aufnahme erfolgte geplant zur Septumplastik und Muschelreduktion, Gastritis, Ösophagitis, Muskelatrophie Beine, Stp. Hoden-CA (OP AKH 10/2022) Stp Arm OP links St.p rechter Beckenkamm - FX OP
2023-10 Dr. XXXX , Uro: Z.n Orchidektomie li. Hodenprothese 10/22 - Histo: 50% Teratom, 45% Seminom, 5% Embryonalzellkarzinom, Benigne Prostatahyperplasie, Mikrohämaturie
2021-9 Dr. XXXX Facharzt für Orthopädie: Zustand nach Verkehrsunfall Fraktur spina illiaca ant.sup. dext cum disloc. Fraktur des Os illium Fraktura radii et apprupt. proz. styl uln sin Appruptio ossis lunatisin, opsttraumatische Belastungsreaktion nach Unfall vom 05.07.2019 (Beckenkammbruch re, Radiusfixation links Myopathie cong. Peronäusschwäche bds
Die medikamentöse Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung wurde ca 3 Monate lang durchgefuhrt, geblieben ist eine Agarophobie.
Ebenso ist auf Grund der Hüftbeschwerden auch eine etwas verstärkte Angst vor Stürzen verblieben. Im Bereiche des li. Handgelenkes besteht noch eine Schwellung und eine Verminderung der Beweglichkeit. Röntgenologisch ist hier eine Verengung des Radiocarpalgelenkes feststellbar Die Sensibilitätsstörungen haben sich zurückgebildet, verblieben ist allerdings ein gelegentlich auftretendes Entgleiten von Gegenständen aus der li Hand. Am Beckenkamm ist ein zeitweise auftretender stechender Schmerz verblieben, und eine Verdickung der Rückenstreckermuskulatur auf Höhe des re lumbosakralen Überganges.
Bruch der li Speiche mit Frakturlinie ins Gelenk ziehend und Abriss des Griffelfortsatzes der Elle Stp. operativer Einrichtung und Verplattung der Speiche Knöcherne Absprengung vom Mondbein körpemah zur Handwurzel li Vorübergehende schwellungsbedingte Druckläsion des Mittelnerves li mit Parästhesien im Bereiche des 1. und 2. Strahls Abrissbruch des Beckenkammes re mit Dislokation des Fragmentes und operativer Reposition und Verschraubung, Narbenschmerzen muskulärer Tumor lumbosakral vorrübergehendes posttraumatisches Belastungssyndrom Agoraphobie Cervikalsyndrom mit rez. auftretenden Kopfschmerzen
2021-1 Dr. Liane Saxer , Psychiatrie: Agoraphobie nicht entzündl. Myopathie mit Atrophie und Parese der Unterschenkelmuskulatur motorische L5- Läsion, PNP mit bds PeronäusParese St.p. Verkehrsunfall mit HWS- Schleuder- Trauma, Hand- und Beckenfraktur
2015-5 NLG: Myopathisches EMG des M. tibialis ant re, unauff. EMG des M. vastus lat. re und extensor dig com. re.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
45 jähriger AW in gutem AZ kommt alleine ins Untersuchungszimmer
Rechtshänder
Ernährungszustand:
gut
Größe: 178,00 cm Gewicht: 82,00 kg Blutdruck: 130/90
Klinischer Status – Fachstatus:
Haut: und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, kein Ikterus, keine periphere oder zentrale Zyanose
Caput: HNAP frei, kein Meningismus, sichtbare Schleimhäute: unauffällig Zunge feucht, wird gerade hervorgestreckt, normal
PR unauffällig, Rachen: bland,
Gebiß: saniert,
Hörvermögen ohne Hörgerät unauffällig
Collum: Halsorgane unauffällig, keine Einflußstauung, keine Stenosegeräusche
Thorax: symmetrisch,
Cor : HT rhythmisch, mittellaut, normfrequent Puls: 72 / min
Pulmo: sonorer KS, Vesikuläratmen, Basen atemverschieblich, keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Zimmer
Abdomen: Bauchdecken im Thoraxniveau, Hepar nicht vergrößert, Lien nicht palpabel, keine pathologischen Resistenzen tastbar, indolent,
NL bds. frei
Extremitäten:
OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. sehr gut entwickelte Muskulatur,
blande Narbenverhältnisse linkes Handgelenk mit endlagiger Funktionseinschränkung, Nacken und Schürzengriff möglich,
sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluß beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben
UE: blande Narbenverhältnisse rechter Beckenkamm, mäßige Muskelverschmächtigung etwas linksbetont mit Peroneusschwäche beidseits, sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität,
keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal.
Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme
PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg.
Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose FBA: 10 cm, Aufrichten frei,
kein Klopfschmerz, Schober: , Ott: unauffällig,
altersentsprechend freie Beweglichkeit der WS, Kinn-Brustabstand: 1 cm,
Hartspann der paravertebralen Muskulatur,
Gesamtmobilität – Gangbild:
kommt mit Halbschuhen frei gehend stapfendes, aber flüssiges Gangbild, Vorfuß bds absinkend, Fersengang nicht Zehengang und Einbeinstand bds durchgeführt. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten zu 1/3 durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen
Status Psychicus:
Bewußtsein klar.
gut kontaktfähig, Allseits orientiert, Gedanken in Form und Inhalt geordnet, psychomotorisch ausgeglichen, Merk- und Konzentrationsfähigkeit erhalten;
keine produktive oder psychotische Symptomatik,
Antrieb unauffällig, Affekt: dysthym
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Gesamtgrad der Behinderung 50 v. H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 2-3 erhöht nicht weiter, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung besteht.
Leiden 4-5 erhöht nicht, da von zu geringer funktioneller Relevanz
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Durch Protonenpumpenhemmer ausgleichbare Magenbeschwerden erreichen keinen Grad der Behinderung
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
keines aufliegend
Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:
X Nachuntersuchung 10/2027 - da 5 jährige Heilungsbewährung
(…)
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum? Keine Bedingt durch die degenerativen und posttraumatischen Gelenks – und Wirbelsäulenveränderungen sowie bei Myopathie liegt eine moderate Gangablaufstörung vor, welche jedoch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300-400m), sowie das Ein- und Aussteigen und Mitfahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich erschwert. Darüber hinaus führt auch das Zusammenwirken mit dem Hodenkarzinom nicht zu einer maßgeblichen Behinderung der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt ein Immundefekt vor im Rahmen dessen trotz Therapie erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten? Nein
(…)“
3. Im Rahmen des hierzu gewährten Parteiengehörs teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass laut dem beiliegenden ärztlichen Sachverständigengutachten ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. bestehe. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses würden daher vorliegen. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel" würden allerdings nicht vorliegen, daher könne kein Parkausweis ausgestellt werden. Es sei eine Nachuntersuchung vorgesehen. Hierzu erstattete der Beschwerdeführer keine Stellungnahme.
4. Mit Bescheid vom 05.05.2025 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ab.
5. Fristgerecht erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid vom 05.05.2025 betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ und monierte, hinsichtlich der Zusatzeintragung habe der Sachverständige ausgeführt, dass weder die Gelenks- und Wirbelsäulenveränderungen noch die Myopathie den Gang oder das Ein- und Aussteigen von öffentlichen Verkehrsmitteln erschweren würde. Davon unterscheide sich das orthopädische Gutachten Prim.Dris. XXXX vom 29.09.2021, welcher ausgeführt habe, dass die posttraumatische Belastungsreaktion seit dem Verkehrsunfall im Jahr 2019 remittiert sei, die Agoraphobie jedoch geblieben sei und es immer wieder zu Problemen bei der Gangsicherheit komme. Noch deutlicher nehme die fachärztliche Stellungnahme von Dr.in XXXX vom 26.01.2021 auf die körperlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers Bezug wie folgt: Sie habe darin ausgeführt, dass der Beschwerdeführer erstmals am 26.01.2021 aufgrund einer bestehenden nicht entzündlichen Myopathie mit Atrophobie und Parese der Unterschenkelmuskulatur zu ihr in Behandlung gekommen sei. Erstmalig aufgetreten sei die Myopathie bereits vor ca. 20 Jahren, als der Patient beim Bundesheer gewesen sei. Seit 2010 habe sich die Symptomatik weiterhin verschlechtert. Es bestehe aus diesem Grund eine Fußheberschwäche und komme es zu rezidivierenden Stürzen. Wegen genau dieser Sturzneigung habe der Patient auch Angst und es habe sich eine Agoraphobie entwickelt sowie die konkrete Angst, in öffentlichen Verkehrsmitteln zu stürzen. Der Verkehrsunfall vom Jahr 2019 habe die Angst vor Stürzen neuerlich aggraviert. Frau Dr.in XXXX sei deshalb bereits im Jahr 2021 zum Ergebnis gekommen, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund hoher Sturzgefahr nicht zumutbar sei. Sie habe resümiert, dass aufgrund der massiven körperlichen Einschränkungen jedenfalls die Ausstellung eines Parkausweises dringend indiziert sei. Da die Myopathie, wie auch der von der belangten Behörde bestellte Sachverständige festgestellt habe, eine fortschreitende Krankheit sei, bleibe der Beschwerdeführer mittlerweile bereits bei kleinsten Kanten und Unebenheiten „hängen“ und es komme zu gefährlichen Sturzgeschehnissen. In Verbindung mit der Agoraphobie, welche jedenfalls deutlicher als mit 10% ausgeprägt sei, sei ihm eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich.
Neue Befunde wurden keine vorgelegt. Unter einem begehrte der Beschwerdeführer die Einholung von weiteren Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen der Neurologie/Psychiatrie sowie der Orthopädie.
6. Am 25.06.2025 langte der Verwaltungsakt samt Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein mit dem Hinweis, dass keine neuen Aspekte vorliegen würden, die eine Beschwerdevorentscheidung rechtfertigen würden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland und ist im Besitz eines bis 31.01.2028 befristet ausgestellten Behindertenpasses.
Der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ ist am 30.10.2024 bei der belangten Behörde eingelangt.
Beim Beschwerdeführer liegen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden, vor:
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Befundungen und Beurteilungen in dem oben wiedergegebenen seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.03.2025 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.
Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellungen zu den vorliegenden Funktionseinschränkungen und die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ führt, gründen auf dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.03.2025, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung am 31.01.2025. Unter Berücksichtigung sämtlicher vom Beschwerdeführer ins Verfahren eingebrachter relevanter medizinischer Unterlagen und nach einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers wurde vom beigezogenen medizinischen Sachverständigen auf Grundlage der zu berücksichtigenden und unbestritten vorliegenden Funktionseinschränkungen festgestellt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer zumutbar ist.
Der im gegenständlichen Verfahren von der belangten Behörde beigezogene medizinische Sachverständige gelangte unter den von ihm geprüften Gesichtspunkten zu dem Schluss, dass beim Beschwerdeführer keine Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300 – 400 Metern, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zulassen. Bedingt durch die degenerativen und posttraumatischen Gelenks – und Wirbelsäulenveränderungen sowie bei Myopathie liegt zwar eine moderate Gangablaufstörung vor, diese erschwert jedoch das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke (300-400m), sowie das Ein- und Aussteigen und Mitfahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht erheblich. Auch das Zusammenwirken mit dem Hodenkarzinom führt nicht zu einer maßgeblichen Behinderung der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Darüber hinaus liegt kein Immundefekt vor, im Rahmen dessen trotz Therapie eine erhöhte Infektanfälligkeit und wiederholt außergewöhnliche Infekte wie atypische Pneumonien auftreten.
Diese Ausführungen des medizinischen Sachverständigen sind nicht zu beanstanden. Die Schlussfolgerungen des medizinischen Sachverständigen finden auch Bestätigung in seinen Aufzeichnungen zur persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 31.01.2025 im Rahmen der (oben wiedergegebenen) Statuserhebung und zur Gesamtmobilität – Gangbild („Klinischer Status – Fachstatus: ….. OE: Tonus, Trophik und grobe Kraft altersentsprechend unauffällig. sehr gut entwickelte Muskulatur, blande Narbenverhältnisse linkes Handgelenk mit endlagiger Funktionseinschränkung, Nacken und Schürzengriff möglich, sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Faustschluß beidseits unauffällig, eine Sensibilitätsstörung wird nicht angegeben. UE: blande Narbenverhältnisse rechter Beckenkamm, mäßige Muskelverschmächtigung etwas linksbetont mit Peroneusschwäche beidseits, sonst in den Gelenken altersentsprechend frei beweglich, Bandstabilität, keine Sensibilitätsausfälle, selbständige Hebung beider Beine von der Unterlage möglich, Grobe Kraft an beiden Beinen seitengleich normal. Fußpulse tastbar, verstärkte Venenzeichnung keine Ödeme. PSR: seitengleich unauffällig, Nervenstämme: frei, Lasegue: neg. Wirbelsäule: In der Aufsicht gerade, weitgehend im Lot, in der Seitenansicht gering verstärkte Brustkyphose FBA: 10 cm, Aufrichten frei, kein Klopfschmerz, Schober: Ott: unauffällig, altersentsprechend freie Beweglichkeit der WS, Kinn-Brustabstand: 1 cm, Hartspann der paravertebralen Muskulatur. Gesamtmobilität – Gangbild: kommt mit Halbschuhen frei gehend stapfendes, aber flüssiges Gangbild, Vorfuß bds absinkend, Fersengang nicht Zehengang und Einbeinstand bds durchgeführt. Die tiefe Hocke wird ohne Anhalten zu 1/3 durchgeführt. Vermag sich selbständig aus- und wieder anzuziehen.“)
Mag auch Frau Dr.in XXXX , FÄ für Psychiatrie und Neurologie, in ihrer fachärztlichen Stellungnahme vom 26.01.2021(!) festhalten:
„Diagnosen:
F40.0 Agoraphobie
nicht entzündl. Myopathie mit Atrophie und Parese der Unterschenkelmuskulatur
motorische L5- Läsion, PNP mit bds Peronäus-Parese
St.p. Verkehrsunfall mit HWS- Schleuder- Trauma, Hand- und Beckenfraktur“ und sodann unter „Conclusio“ festhalten: „Aufgrund der oben beschriebenen Symptomatik ist Herr XXXX körperlich massiv eingeschränkt. Es kommt zu einer erhöhten Sturzgefahr.
Gegenwärtig ist Herr XXXX mit dem Auto mobil, eine Beeinträchtigung der Fahrtauglichkeit aufgrund der Myopathie besteht nicht. Die Ausstellung eines Behindertenausweises ist aus fachärztlicher Sicht dringend indiziert. Aus fachärztlicher Sicht ist zudem eine dauerhafte Mobilitätseinschränkung gegeben und daher die Vornahme der Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ebenso dringend indiziert.“,
so ist doch einerseits darauf hinzuweisen, dass die den Beschwerdeführer behandelnde Ärztin primär das Wohlergehen des von ihr behandelten Patienten und damit ein subjektives Element in der Bewertung im Auge hat, nicht jedoch - anders als der im gegenständlichen Verfahren herangezogene begutachtende medizinische Sachverständige - die Vornahme einer Begutachtung und Beurteilung ausschließlich auf Grundlage der Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen. Zudem ist auch die mangelnde Aktualität des Befundes (21.01.2021) hervorzuheben.
Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde weiters vorbringt, die Agoraphobie sei jedenfalls deutlicher als mit 10% ausgeprägt, so ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Höhe des Grades der Behinderung von ihm nicht beeinsprucht wurde. Dr. XXXX stufte die Angststörung/Agoraphobie unter der Pos.Nr. 03.05.01 mit einem GdB von 10% ein und begründete die Einstufung mit dem unteren Rahmensatz nachvollziehbar, dass beim Beschwerdeführer keine psychotischen Symptome vorliegen und keine Behandlungserfordernis dokumentiert ist. Dies findet ebenso Bestätigung in seinen Aufzeichnungen zur persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 31.01.2025 (vgl. „Status Psychicus: ….. keine produktive oder psychotische Symptomatik“).
Auch hinsichtlich seiner Behauptung, mittlerweile bleibe er bereits bei kleinsten Kanten und Unebenheiten hängen und es komme zu gefährlichen Sturzgeschehnissen, hat der Beschwerdeführer keine aktuellen Beweismittel vorgelegt.
Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einschränkungen konnten somit nicht in einem unzumutbaren Ausmaß – im Sinne des Vorliegens erheblicher Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen – objektiviert werden.
1. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)
Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)
In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird Folgendes ausgeführt:
Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):
Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.
Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensations-möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo-und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- (…)
Verfahrensgegenstand im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Dabei kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Allgemeinen an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus sonstigen, von der Gesundheitsbeeinträchtigung unabhängigen Gründen erschweren. Aus diesem Grund sind die Umstände betreffend die mangelnde Infrastruktur oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und können daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden (vgl. VwGH 22.10.2002, 2001/11/0258 und VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242).
Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt (VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül „kurze Wegstrecke“ wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht (vgl. u.a. VwGH 27.05.2014, Ro 2014/11/0013).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt – auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen –, wurde in dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.03.2025 nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers – trotz der bei ihm unzweifelhaft vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen und unter Berücksichtigung dieser – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen. Beim Beschwerdeführer sind ausgehend davon aktuell keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der oberen und unteren Extremitäten, aber auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen und auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert.
Die Behörden sind iZm der Einschätzung des Grades der Behinderung verpflichtet, zur Klärung medizinischer Fachfragen ärztliche Gutachten einzuholen. Das Gesetz enthält aber keine Regelung, aus der erschlossen werden kann, dass ein Anspruch auf die Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung bestünde. Es besteht demnach kein Anspruch auf die Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten Teilgebietes. Es kommt vielmehr auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an (VwGH 24.06.1997, 96/08/0114).
Auch unter Berücksichtigung der beim Beschwerdeführer unbestritten bestehenden Funktionseinschränkungen vermag der Beschwerdeführer noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, in der Beschwerde nicht ausreichend substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, er hat kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher ausreichend substantiiert die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien.
Es ist daher im Beschwerdefall zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass nicht vorliegen.
Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer belegten Verschlechterung des Leidenszustandes eine neuerliche Antragstellung beim Sozialministeriumservice – allerdings nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG – in Betracht kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.
Die Fragen der Art und des Ausmaßes der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wurden unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Eine mündliche Erörterung ließ eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und ist eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel, sondern liegt auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG), weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.