Spruch
W208 2242422-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Wolfgang BRANDSTÄTTER, A-5630 BAD HOFGASTEIN, Tauernstraße 5, gegen den Zuweisungsbescheid der ZIVILDIENSTSERVICEAGENTUR (ZISA) vom 25.10.2024, Zl: 371017/37/ZD/1024 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 10.03.2025, Zl.: 371017/45/ZD/0325
A) I. zu Recht erkannt: Die Beschwerdevorentscheidung wird gem § 14 Abs 1 VwGVG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde durch Fristablauf aufgehoben.
II. beschlossen: Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 31 VwGVG eingestellt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der am XXXX geborene Beschwerdeführer (BF) – dessen Tauglichkeit zum Wehrdienst erstmals am 28.03.2008 festgestellt wurde – brachte am 26.09.2011 eine Zivildiensterklärung ein. Er gab darin als Wunscheinrichtung die Bezirksstelle ROTES KREUZ XXXX an.
2. Mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur (im Folgenden auch ZISA oder belangte Behörde) vom 13.10.2011 wurde der Eintritt seiner Zivildienstpflicht rechtskräftig festgestellt.
3. Mit 1. Zuweisungsbescheid vom 05.04.2012 wurde er beginnend mit 01.08.2012 dem „RETTUNGS-KRANKENTRANSPORT- U. KATASTROPHENHILFSDIENST SALZBURG DES ROTEN KREUZES“ zur Dienstleistung zugewiesen.
Der BF richtetet daraufhin am 19.04.2012 ein Schreiben an die ZISA, in dem er anführte, er leide seit geraumer Zeit an Rückenschmerzen, er habe eine Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) und sei deswegen in Behandlung. Die ZISA veranlasste eine amtsärztliche Untersuchung, um die gesundheitliche Eignung des BF zu überprüfen. Das Ergebnis lag am 31.05.2012 in Form eines Gutachtes vor. Darin ist angeführt, dass der BF Dachdecker und Spengler von Beruf und diese Arbeit mit erheblichen körperlichen Belastungen verbunden sei. Es solle darauf geachtet werden, dass er im Rahmen des Zivildienstes keine schweren Lasten heben müsse. Ansonsten sei er für organisatorische Arbeiten, sowie Arbeiten unter mäßiger körperlicher Belastung gut einsetzbar.
Mit Bescheid vom 18.06.2012 wurde der Zuweisungsbescheid vom 05.04.2012 behoben. Als Begründung wurde angeführt, dass der BF für die beim ROTEN KREUZ erforderlichen Tätigkeiten derzeit nicht geeignet sei.
4. Mit 2. Zuweisungsbescheid vom 18.11.2020 wurde der BF dem „ XXXX KLINIKUM in XXXX “, beginnend mit 01.01.2021 zu folgenden Dienstleistungen zugewiesen:
„HILFSDIENSTE BEI DER KRANKENPFLEGE UND -BETREUUNG, PATIENTENTRANSPORT, HOL- BRING- UND VERWALTUNGSDIENSTE.“
Bereits am 02.01.2021 legte der BF seiner Zivildienststelle eine Arbeitsunfähigkeitsbestätigung eines Allgemeinmediziners bis zum 04.01.2021 und sodann am 05.01.2021 eine weitere bis zum 06.01.2021 vor, in der als Grund jeweils „Krankheit“ angegeben war. Am 07.01.2021 teilte er zusammengefasst mit, dass er bei der Fachärztin für Psychiatrie Dr. XXXX (Dr. B) in Behandlung sei.
Dem beiliegenden Arztbrief vom 05.01.2021 ist die Diagnose: „F41.2 – Angst und depressive Störung, gemischt“ zu entnehmen. Ausgeführt wird, dass aus fachärztlicher Sicht von einer Teilnahme am Zivildienst dringend abzuraten sei; die Dauer und der Verlauf der Erkrankung sei noch nicht abschätzbar.
Mit 07.01.2021 wurde die Zuweisung mit der Begründung behoben, dass für die ZISA feststehe, dass der BF derzeit zu jedem Zivildienst unfähig sei (§ 12 Abs 1 Z 2 ZDG).
5. Mit 3. Zuweisungsbescheid vom 07.04.2021 wurde der BF für den Zeitraum von 01.07.2021 bis 31.03.2022 dem „SENIOREN- UND PFLEGEHEIM XXXX “ zu folgenden Dienstleistungen zugewiesen:
„HILFSDIENSTE BEI DER BETREUUNG UND PFLEGE ÄLTERER MENSCHEN, KÜCHEN-, GARTEN-, WARTUNGS- UND INSTANDHALTUNGSARBEITEN, REINIGUNGSDIENSTE.“
Dagegen erhob der BF Beschwerde beim BVwG und wurde der Bescheid mit der Erkenntnis vom 31.05.2021, W208 2242422-1/2E, aufgrund nicht durchgeführter Ermittlungen zum Gesundheitszustand des BF vom BVwG behoben und zurückverwiesen.
6. Mit 4. Zuweisungsbescheid vom 01.03.2023 wurde der BF für den Zeitraum von 01.07.2023 bis 31.03.2024 dem „MOBILEN BETREUUNGSDIENST DER KINDERFREUNDE UND KINDERFREUNDINNEN XXXX “, zu folgenden Dienstleistungen zugewiesen:
„HILFSDIENSTE BEI DER JUGENDARBEIT, LAGERARBEITEN, BÜRO-, ZUSTELL- UND KRAFTFAHRDIENSTE“
Am 16.03.2023 erfolgte eine Beschwerde gegen diesen Zuweisungsbescheid in der auf das oa „Gutachten“ von Dr. B hingewiesen wurde und der ein weiterer ärztlichen Befundbericht der Fachärztin für Psychiatrie Dr. XXXX (Dr. S) beigelegt war, die zum Schluss kam:
„Aus FA Sicht besteht eine Traumafolgestörung child mir GAS Symptomen wie oben beschrieben. Jeder Wechsel der Umgebung/Solzialkontakte führt zur Aggravierung mit Panikatacken, Intrusionen, Konzentrationstrg und SLK. Die Teilnahme am Zivildienst ist zumindest dzt ohne ausreichende PT und medikamentöse Behandlung nicht realistisch.
Diagnose: F43.2. F43.2 Anpassungsstörung ängstliche/V.a. PTSD“
Sie verordnetet dem BF zwei Medikamente.
Die ZISA hob in einer Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 11.05.2023 den Zuweisungsbescheid auf und begründete diese Aufhebung damit, dass feststehe, dass der BF derzeit zur Leistung des Zivildienstes nicht geeignet sei.
7. Mit dem im Spruch genannten beschwerdegegenständlichen 5. Zuweisungsbescheid vom 25.10.2024 (zugestellt am 08.11.2024) wurde der BF der Einrichtung „ROTES KREUZ, XXXX “ zur Zivildienstleistung beginnend mit 03.02.2025 zugewiesen.
Als vom BF zu erbringende Dienstleistungen ist im Bescheid angeführt: „HILFSDIENSTE IM RETTUNGS-, KRANKENTRANSPORT- U. KATASTROPHENHILFSDIENST“.
8. Mit Schreiben vom 25.11.2024 (eingelangt bei der ZISA am 26.11.2024) brachte der rechtsfreundlich vertretene BF neuerlich eine Beschwerde gegen den Bescheid ein, die er zusammengefasst damit begründete, dass er die bereits erfolgten oa Diagnose der Dr. B aus 2021 und der Dr. S aus 2023 anführte und einen aktuelleren Befundbericht der Dr. S vom 20.11.2024 beilegte, der die Diagnose „F43.2 Anpassungsstörung ängstlich/V.a. PTSD“ enthielt und neben der Empfehlung der Einnahme eines Medikaments anführte „unbedingt PT-Betreuung empfohlen“. Weiters wurde konkret der Name eines Arztes in einer Psychotherapieambulanz angeführt und ein Kontrolltermin in 4-8 Wo vorgeschlagen.
Ebenso beantragt wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine Verhandlung durchzuführen und den Bescheid ersatzlos zu beheben oder an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
9. Die ZISA holte daraufhin ein Gutachten des Gerichtssachverständigen Dr. XXXX , Facharzt für Psychiatrie (SV) ein, der den BF am 06.02.2025 einer Begutachtung unterzog und am 06.02.2025 in seinem Gutachten (das am 24.02.2025 bei der ZISA einlangte) zusammengefasst zum Schluss kam, dass beim BF zwar eine „Diagnose einer generalisierenden Angststörung sowie eine Angst- und depressive Störung gemischt mit sozialphobischer Komponente“ vorliege. Aus fachärztlicher Sicht sei er „prinzipiell geeignet den Zivildienst zu absolvieren“. Eine supportive Psychotherapie wäre aber von Vorteil.
10. Mit Bescheid vom 05.03.2025 behob die ZISA den beschwerdegegenständlichen Zuweisungsbescheid vom 25.10.2024 gem § 22 Abs 1 ZDG, weil der BF seinen Dienst nicht innerhalb von 30 Tagen angetreten hatte, ohne durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse abgehalten zu sein.
11. Am 10.03.2025 erging die beschwerdegegenständliche BVE (zugestellt am 14.03.2025) mit der die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass der SV zum Schluss gekommen sei, dass der BF geeignet wäre, den Zivildienst zu absolvieren.
12. Nachdem der Rechtsvertreter das SV-Gutachten angefordert hatte, brachte er mit Schriftsatz vom 28.03.2025 einen Vorlageantrag ein und verwies auf die in der Beschwerde angeführten Gründe. Beantragt wurde die Einvernahme des BF, die Einholung eines unabhängigen psychiatrischen Gutachtens und die Einvernahme der Dr. S. Die Beweisaufnahme werde zeigen, dass der BF zur Ableistung des Zivildienstes nicht geeignet sei.
13. Mit Schriftsatz vom 31.03.2025 legte die ZISA die Beschwerde und den dazugehörigen Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor, wo er am 02.04.2025 einlangte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der in Punkt I angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt steht fest.
Aufgrund des oa Verfahrensganges und der vorgelegten Verwaltungsakten steht fest, dass der in Beschwerde gezogene Zuweisungsbescheid vom 25.10.2024, Zl 371017/37/ZD/1024, für den Antritt des Zivildienstes am 01.02.2025, durch den Bescheid der ZISA vom 05.03.2025 Zl 371017/44/ZD/0325 behoben wurde.
Dieser Aufhebungsbescheid wurde am 11.03.2025 zugestellt, wurde nicht bekämpft und ist am 11.04.2025 rechtskräftig geworden.
Die BVE der belangten Behörde vom 14.03.2025 ist aufgrund der bei ihr am 26.11.2024 eingelangten Beschwerde (lt Eingangsstempel) des BF vom 25.11.2024 ergangen und ist damit nach Ablauf von zwei Monaten nach Eingang der Beschwerde über den Zuweisungsbescheid.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage, getroffen werden und sind die Datumsangaben klar aus den Schriftstücken, den Eingangsstempeln und Zustellungsnachweisen nachvollziehbar.
Der Bescheid über die Aufhebung vom 05.03.2025 wurde aufgrund eines längeren Kuraufenthalts des erkennenden Richters und eines fehlenden Hinweises im Vorlageschreiben zunächst ebenso übersehen wie die Erlassung der BVE erst nach dem Ablauf von 2 Monaten nach Einlangen der Beschwerde bei der belangten Behörde.
Die am 04.06.2025 für den 23.07.2025 anberaumte Verhandlung bei der der SV hätte befragt werden sollen, ist aus rechtlichen Gründen (dazu unten) nicht notwendig und entfällt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 2a Abs 4 ZDG entscheidet das BVwG über Beschwerden gegen Bescheide der ZISA.
Die ZISA kann aber nach § 14 Abs 1 VwGVG innerhalb von 2 Monaten den Bescheid mittels BVE aufheben, abändern oder die Beschwerde zurück- oder abweisen.
Im vorliegenden Fall hat die ZISA die Beschwerde vom 25.11.2024 gegen den Zuweisungsbescheid vom 25.10.2024 mit einer BVE vom 14.03.2024 (Datum der Zustellung) abgewiesen und damit den Zuweisungsbescheid bestätigt.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass die ZISA gem § 14 Abs 1 VwGVG nach Ablauf von zwei Monaten nach Einlangen der Beschwerde (vgl Fister in Fister/Fuchs/Sachs2 VwGVG § 14 Anm 6) nicht mehr zuständig war, eine BVE zu treffen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 14 VwGVG, Anm 30 [Stand 1.3.2022, rdb.at] und VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0421). Sie hätte diese spätestens bis zum 25.01.2025 zu erlassen gehabt, weil danach die Kompetenz auf das BVwG übergegangen ist.
Hat eine unzuständige Behörde entschieden, so hat das mit Beschwerde angerufene BVwG diese Unzuständigkeit wahrzunehmen und diese Entscheidung (hier die BVE) zu beheben.
3.2. Der Aufhebungsbescheid vom 05.03.2025, der gem der gesetzlichen Anordnung des § 22 Abs 1 ZDG von Amts wegen von der ZISA erlassen wurde, ist damit begründet, dass der BF seinen Dienst nicht innerhalb von 30 Tagen angetreten hat, ohne durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse abgehalten zu sein. Dieser wurde vom BF nicht bekämpft und ist in Rechtskraft erwachsen.
Nachdem die ZISA den beschwerdegegenständlichen Zuweisungsbescheid damit behoben hat, ist der Beschwerdegrund – die vom BF in der Beschwerde aufgrund seines Gesundheitszustandes als rechtswidrig erachtete Zuweisung zum Zivildienst mit 01.02.2025 – weggefallen. Er ist durch diesen Bescheid nicht mehr beschwert, weil er nicht mehr dem Rechtsbestand angehört.
Die Einstellung steht nach allgemeinem Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung auch bei Klaglosstellung des BF (Wegfall der Beschwer) in Betracht kommen. Dies grundsätzlich sowohl bei formeller Klaglosstellung als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm 5).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist gemäß § 33 Abs 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der BF klaglos gestellt wurde. Gegenstandslosigkeit wird – neben formeller Klaglosstellung – angenommen, wenn durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des BF an der Entscheidung wegfällt. Dabei ist zu beachten, dass die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit einer Partei nicht den Anspruch auf die verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit von Bescheiden an sich gewähren, sondern nur einen Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl zB: VwGH 13.12.2010, 2009/10/0050 mit Verweis auf VwGH 29.09.2010, 2008/10/0029; VwGH 05.11.2014, Ro 2014/10/0084).
Das Beschwerdeverfahren ist mangels tauglichem Anfechtungsgrund daher einzustellen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegt die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, die auf den vorliegenden Fall übertragbar und auch nicht widersprüchlich ist.