Spruch
I413 2315015-1/3Z
teilerkenntnis
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. TÜRKEI, vertreten durch RAe Mag. Knirsch, Mag. Braun, Mag. Fellner, gegen den Bescheid der BFA Regionaldirektion Wien (BFA-W) vom 02.06.2025, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 18 Abs 3 BFA-Verfahrensgesetz ersatzlos behoben. Damit kommt der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2025, Zl. XXXX , aufschiebende Wirkung zu.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Schreiben vom 15.02.2024 verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis einer Beweisaufnahme betreffend die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme.
Hierzu erstattete der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer eine Stellungnahme am 11.03.2024.
Am 15.05.2024 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde einvernommen.
Am 05.03.2025 verständigte die belangte Behörde den Beschwerdeführer vom Ergebnis einer Beweisaufnahme betreffend die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme – Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG.
Hierzu erstattete der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer eine Stellungnahme am 18.03.2025.
Mit angefochtenem Bescheid erließ die belangte Behörde gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von 5 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte gemäß § 70 Abs 3 FPG dem Beschwerdeführer keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab.
Gegen diesen dem Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsanwälte am 05.06.2025 zugestellten Bescheid richtet sich die am 23.06.2025 per E-Mail abgesendete Beschwerde. Zusammengefasst wird der belangten Behörde Aktenwidrigkeit, Verletzung des Parteiengehörs und Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorgeworfen und vorgebracht, es bestünden keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aufgrund des persönlichen Verhaltens des Beschwerdeführers.
Am 27.06.2025 (eingelangt in der Außenstelle Innsbruck am 30.06.2025) legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Türkei. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer reiste in den Schengenraum aufgrund eines C-Visums über Ungarn ein und hält sich seit 03.01.2023 durchgehend im Bundesgebiet auf.
Der Beschwerdeführer ehelichte am 25.02.2023 in Eisenstadt die bulgarische Staatsangehörige XXXX , geb am XXXX .
Im Zuge der Beantragung des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts am 09.03.2023 regte die Aufenthaltsbehörde eine Überprüfung dieser Ehe in Bezug auf den Verdacht des Vorliegens einer Aufenthaltsehe an.
Die Aufenthaltsbehörde wies den Antrag auf unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht mit Bescheid vom 06.09.2023 zurück. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Wien mit Erkenntnis vom 16.11.2023 als verspätet zurück.
Am 11.12.2023 brachte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts unter Berufung auf die geschlossene Ehe mit der bulgarischen Staatsbürgerin XXXX ein, welcher mit Bescheid vom 26.03.2024 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer ein Rechtsmittel. Mit Erkenntnis vom 04.10.2024 bestätigte das Verwaltungsgericht Wien den angefochtenen Bescheid und wies die Beschwerde als unbegründet ab.
Der Beschwerdeführer brachte am 28.10.2024 erneut einen Antrag auf Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts bei der zuständigen Aufenthaltsbehörde ein.
Der Beschwerdeführer brachte am 18.03.2025 vor, dass er mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Ehe- und Familienleben führe und sich zwischenzeitig gegenüber dem Vorbescheid der Aufenthaltsbehörde der maßgebliche Sachverhalt geändert habe und bot hierzu auch Zeugen an. Die belangte Behörde hat weder den Beschwerdeführer ergänzend einvernommen, noch die angebotenen Zeugen befragt.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gegenständlich wird nur Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides, mit dem der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, behandelt.
Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
Nach § 18 Abs 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Dazu gibt die belangte Behörde im Bescheid in seiner Begründung zu Spruchpunkt III. nur an, dass keine Gründe ergeben hätten, die gegen die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes sprächen und dass davon auszugehen sei, dass die sofortige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes geboten sei, weil der Beschwerdeführer durch sein Verhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.
Damit hat die belangte Behörde die Notwendigkeit der sofortigen Ausreise und damit die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht ausreichend begründet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es nicht, zur Begründung einer Notwendigkeit der sofortigen Ausreise eines Fremden auf eine - die Aufenthaltsbeendigung als solche rechtfertigende - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Fremden zu verweisen, sondern es ist darüber hinaus darzutun, warum die Aufenthaltsbeendigung sofort - ohne Aufschub und unabhängig vom Ergebnis des Beschwerdeverfahrens - zu erfolgen hat; dazu ist es nicht ausreichend, jene Überlegungen ins Treffen zu führen, die schon bei der Entscheidung über die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme selbst maßgeblich waren (vgl VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0053, mwN).
Der Beschwerdeführer wurde von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang zwar am 15.05.2024 vernommen, jedoch nicht zu den in der Stellungnahme vom 18.03.2025 angeführten - hier möglicherweise relevanten Sachverhaltselementen - die auf eine Änderung des Sachverhalts in Bezug auf ein (allenfalls schutzwürdiges) Ehe- und Familienleben hindeuten könnten. Zudem ignorierte die belangte Behörde die in diesem Zusammenhang angeführten Beweismittel, die nicht von vornherein ungeeignet waren, hierzu Beweis zu liefern.
Daraus ergibt sich, dass die Begründung des BFA für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht den Anforderungen der Rechtsprechung entspricht. Die Beschwerde dagegen erweist sich somit als begründet, weshalb ihr Folge zu geben war. Daher war auch der angefochtene Spruchpunkt III ersatzlos aufzuheben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.