JudikaturBVwG

W144 2308082-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
24. Juni 2025

Spruch

W144 2308082-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX geb., syrischer Staatsangehöriger, vertreten durch die Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.10.2024, Zl. XXXX beschlossen:

A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Syriens, reiste am 11.10.2023 ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.10.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz unter dem Namen XXXX , geb. am XXXX Am selben Tag wurde der BF vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt, wobei er zu seinen Fluchtgründen ausschließlich angab, Syrien aufgrund des Krieges verlassen zu haben.

Am 23.05.2024 fand seine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) statt. Dabei wurde der BF unter anderem umfassend zu seinen Fluchtgründen befragt. Zusammengefasst brachte er vor, Syrien aufgrund des dort herrschenden Krieges verlassen zu haben. Der BF brachte zudem vor, sein Geburtsdatum sei der XXXX . Der BF legte sein syrisches Militärbuch vor und reichte seinen syrischen Reisepass (lautend auf XXXX ) nach.

Mit Bescheid vom 14.10.2024 wies das BFA den Antrag auf internationalen Schutz vom 13.10.2023 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.) und erkannte ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II.). Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

Am 16.10.2024 erfolgte ein postalischer Zustellversuch des angefochtenen Bescheides, wobei der BF hierbei seitens des Zustelldienstes nicht angetroffen werden konnte und daher eine Verständigung über die Hinterlegung des Bescheides in einer Postfiliale in der für die Abgabestelle bestimmten Abgabeeinrichtung des Beschwerdeführers eingelegt wurde. Als Beginn der Abholfrist wurde auf der Verständigung über die Hinterlegung des Bescheides der 17.10.2024 vermerkt.

Nach Ablauf der vierwöchigen Rechtsmittelfrist Frist ab Hinterlegung des Bescheides am 17.10.2024 erwuchs der Bescheid mit 15.11.2024 in Rechtskraft.

Mit Schriftsatz vom 06.12.2024 stellte der BF im Wege seiner bevollmächtigten Vertretung einen Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG iVm § 71 AVG und erhob gleichzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 14.10.2024.

Mit Bescheid des BFA vom 20.02.2025 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG abgewiesen. Begründend führte das BFA aus, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der BF durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert gewesen sei, die Frist einzuhalten und den BF daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Verschuldens treffe.

Gegen diese Abweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Bescheid des BFA vom 20.02.2025, zugestellt am 24.02.2025, wurde seitens des BF keine Beschwerde erhoben, sodass dieser Bescheid mit Ablauf der Rechtsmittelfrist am 25.03.2025 in Rechtskraft erwuchs.

Mit Schriftsatz des BFA vom 20.02.2025 langte die Beschwerde samt Verwaltungsakt am 24.02.2025 beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang.

So wurde der Bescheid durch Hinterlegung am 17.10.2024 rechtswirksam zugestellt. Auf die vierwöchige Rechtsmittelfrist wird auch in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides hingewiesen. Der letzte Tag der Frist war somit der 14.11.2024 und der Bescheid erwuchs am 15.11.2024 in Rechtskraft.

Am 06.12.2024 stellte der BF im Wege seiner bevollmächtigten Vertretung einen Antrag auf Wiedereinsetzung gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG iVm § 71 AVG und erhob gleichzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 14.10.2024.

Mit Bescheid des BFA vom 20.02.2025 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG - mangels Erhebung einer diesbezüglichen Beschwerde -rechtskräftig abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Inhalt des vorliegenden Verfahrensaktes.

Der Zustellversuch, die Zustellung des Bescheides vom 14.10.2024 durch Hinterlegung, der Hinweis auf die vierwöchige Rechtsmittelfrist sowie die Zustellung des Bescheides vom 20.02.2025 ergeben sich aus dem im Akt einliegenden Zustellnachweisen sowie der Beschwerdeerhebung am 06.12.2024.

Die Feststellungen blieben unbestritten, zumal keine dem entgegenstehende Stellungnahme eingebracht wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

Das Bundesgesetz betreffend das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 88/2023, lautet (auszugsweise) wörtlich:

„Beschwerderecht und Beschwerdefrist

§ 7. (4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. [...]

1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,

[…]“

Das Bundesgesetz betreffend die Zustellung behördlicher Dokumente (Zustellgesetz – ZustG), BGBl. Nr. 200/1982 idF BGBl. I Nr. 205/2022, lautet (auszugsweise):

„Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. (4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“

Das Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 88/2023, lautet (auszugsweise):

„5. Abschnitt: Fristen

§ 32. (1) der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, wird der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

(2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

[…]“

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG ist ein hinterlegtes Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten, der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird und gilt das hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag dieser Frist – sohin im konkreten Fall mit dem 17.10.2024 – als zugestellt. Der Zustellvorgang war mit der Hinterlegung abgeschlossen; die Frage, wer die hinterlegte Sendung wann behoben hat, war für den Zustellvorgang nicht von Bedeutung, weil die Abholung nicht mehr zur Zustellung gehört (vgl. VwGH 06.12.2021, Ra 2020/11/0201).

Die Frist für eine Bescheidbeschwerde beträgt gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen. Demnach endete diese Frist für eine Beschwerde gegen den am 14.11.2024 (Donnerstag) rechtmäßig zugestellten angefochtenen Bescheid mit Ablauf des 14.11.2024 (dem vierten folgenden Donnerstag). Demgemäß hat der BF die vierwöchige Beschwerdefrist nicht eingehalten und wurde dieser Umstand auch zu keinem Zeitpunkt bestritten. Damit ist der angefochtene Bescheid nicht rechtzeitig bekämpft worden und war die Beschwerde zum Zeitpunkt ihrer Einbringung bei der belangten Behörde via E-Mail am 06.12.2024 nicht mehr zulässig.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als verspätet zurückzuweisen.

Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Nach dem ersten Fall des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung auch dann entfallen, wenn der das Verfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen ist.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422, mwN).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

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