JudikaturBVwG

W116 2289021-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
23. Juni 2025

Spruch

W116 2289021-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde von XXXX vertreten durch Mag. Johannes ZACH, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts Eisenstadt vom 22.02.2024, 201 Jv 3379/23f-33, 309 Rev 1783/23m, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Am 22.05.2023 erhob die beschwerdeführende Partei beim Bezirksgericht Mattersburg eine Mahnklage. Mit Schreiben vom 06.09.2023 gab die beschwerdeführende Partei bekannt, dass nunmehr ewiges Ruhen im Verfahren eingetreten sei.

2. Am 18.12.2023 zog die Beschwerdeführerin die Klage unter Anspruchsverzicht zurück und beantragte die Rückzahlung der halben Pauschalgebühr.

3. Mit im Spruch genannten Bescheid wurde dem Rückzahlungsantrag nicht stattgegeben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das GGG sehe keine Gebührenermäßigung bei Ruhensvereinbarungen vor und wäre dem Gesetzgeber zuzusonnen gewesen, eine solche zu schaffen, wenn er intendiert hätte, dass die Gebührenermäßigung bei jedweder Verfahrensbeendigung vor oder während der ersten Tagsatzung greifen sollte.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde. Dazu brachte er vor, der Normzweck der in Rede stehenden Bestimmung liege darin einen Anreiz zu schaffen, dass Verfahren spätestens in der ersten Tagsatzung beendet würden. Da es die Intention des Gesetzgebers gewesen sei, Verfahren mit so wenig Aufwand wie möglich zu beenden, müsste die Refundierung der Pauschalgebühr auch bei in anderer Weise abgeschlossen Verfahren gelten. Jedenfalls hätte die nachfolgende Klagsrückziehung zur Refundierung der halben Pauschalgebühr führen müssen.

5. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht samt dem bezugshabenden Verwaltungsakt mit 25.03.2024 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die beschwerdeführende Partei erhob am 22.05.2023 eine Mahnklage beim Bezirksgericht Mattersburg mit Streitwert von EUR 10.087,21. Hierfür fiel eine Pauschalgebühr nach Tarifpost (TP) 1 Gerichtsgebührengesetz (GGG) in der Höhe von EUR 792,--, an, welche von der beschwerdeführenden Partei durch Gebühreneinzug vom Konto ihres Rechtsvertreters entrichtet wurde.

1.2. Aufgrund der Mahnklage erlies das Bezirksgericht Mattersburg am 01.06.2023 einen bedingten Zahlungsbefehl, wogegen die beklagte Partei fristgerecht Einspruch erhob. Aus Anlass des Einspruchs wurde eine vorbereitende Tagsatzung für den 06.09.2023, 10 Uhr anberaumt und die Parteien mit Ladung vom 05.07.2023, zugestellt jeweils am 11.07.2023 zu dieser geladen.

1.3. Mit am 06.09.2023, 10:34 Uhr, eingebrachten Schreiben gab die beschwerdeführende Partei das nunmehr ewige Ruhen des Verfahrens bekannt und beantragte die Rückzahlung der halben Pauschalgebühr. Mit Schriftsatz vom 18.12.2023 zog die beschwerdeführende Partei die Klage unter Anspruchsverzicht zurück und stellte neuerlich den Antrag auf Rückzahlung der halben Pauschalgebühr. Mit Beschluss vom 19.12.2023 stellte das Bezirksgericht Mattersburg fest, dass das Verfahren durch Zurücknahme der Klage – unter Anspruchsverzicht – beendet sei.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus der im Akt aufliegenden Mahnklage. Die Feststellungen hinsichtlich des Einzugs der Pauschalgebühr ergeben sich aus den Feststellungen im Bescheid, welchen in der Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

2.2. Die Feststellungen zu 1.2. ergeben sich aus Einsicht in die genannten Aktenteile des Grundverfahrens 2 C 403/23z bzw. hinsichtlich der Zustellung aus dem Auszug des elektronischen Akts, worin auch der Zustellzeitpunkt der Ladungen festgehalten wird.

2.3. Die Feststellungen zu 1.3. ergeben sich ebenso zweifelsfrei aus den genannten Aktenteilen des Grundverfahrens.

3. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich ist keine Senatsentscheidung gesetzlich vorgesehen, weshalb Einzelrichterzuständigkeit vorliegt. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte. Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags – der hier ohnehin nicht vorliegt – von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von „civil rights" unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A) Gemäß § 1 Abs. 1 GGG unterliegt den Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren im Sinne dieses Bundesgesetzes die Inanspruchnahme der Tätigkeit der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizverwaltungsbehörden einschließlich der an diese gerichteten Eingaben sowie die Führung der öffentlichen Bücher, Urkundensammlungen sowie einsichtsfähigen Register nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und des angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifs. Tarifpost (TP) 1 GGG legt Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz in abgestufter Höhe nach dem Wert des Streitgegenstandes fest. Gemäß TP 1 GGG, beträgt die Gebühr für einen Streitwert von EUR 7.000,-- bis EUR 35.000,-- EUR 792,--. Gemäß Anm. 4 zu TP 1 GGG ermäßigt sich die Pauschalgebühr auf die Hälfte, wenn entweder a) die Klage nach Zustellung, aber noch vor oder in der ersten Tagsatzung zurückgezogen wird, oder b) die Rechtssache in der ersten Tagsatzung oder infolge einer spätestens in dieser Tagsatzung angeregten Mediation zu Beginn der zweiten Tagsatzung verglichen wird und dieser Vergleich rechtswirksam wird. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen. Die Durchführung der Mediation ist schriftlich nachzuweisen. Gemäß § 6c Abs 1 GEG sind die nach § 1 einzubringenden Beträge mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6 zurückzuzahlen 1. soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht; 2. soweit die Zahlungspflicht aufgrund einer nachfolgenden Entscheidung erloschen ist. Nach Abs. 2 leg cit. ist die Rückzahlung von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Beträge entrichtet hat, zu verfügen. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er mit Bescheid abzuweisen. Im gegenständlichen Fall gab die beschwerdeführende Partei am Tag der vorbereitenden Tagsatzung das ewige Ruhen bekannt und wurde die Klage schließlich erst am 18.12.2023 – daher nach der ersten Tagsatzung am 06.09.2023 – zurückgezogen. Die beschwerdeführende Partei beantragt nun unter Berufung auf Anm. 4 zu TP 1 GGG eine Rückzahlung der halben entrichteten Pauschalgebühr und bringt im Wesentlichen vor, dass es der Intention des Gesetzgebers entsprechen würde, wenn der Eintritt des ewigen Ruhens gleich einer Klagsrückziehung vor der ersten Verhandlung zu einer Rückerstattung der halben Pauschalgebühr führen würde. Es liegt jedoch entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei kein Anwendungsfall der Anm. 4 zu TP 1 GGG vor. Weder wurde die Klage nach Zustellung, aber noch vor oder in der ersten Tagsatzung zurückgezogen, noch die Rechtssache in der ersten Tagsatzung oder infolge einer spätestens in dieser Tagsatzung angeregten Mediation zu Beginn der zweiten Tagsatzung verglichen und dieser Vergleich rechtswirksam. An die Vereinbarung des „ewigen Ruhens“ werden vom Gesetzgeber nicht die selben Rechtsfolgen geknüpft, dies wohl auch weil eine solche nach Rechtsprechung des VwGH keine formale Prozessbeendigung bewirkt (VwGH 30.04.1999, 96/16/0276). Soweit die beschwerdeführende Partei eine analoge Anwendung der Anm. 4 TP 1 GGG als geboten erachtet, ist diese auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen, wonach die Gerichtsgebührenpflicht an formale äußere Tatbestände anknüpft, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als sie über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen formalen Tatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinwegsieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden (VwGH 20.06.2022, Ra 2022/16/0004). Die Anmerkung 4 zu TP 1 GGG wurde mit BGBl. I Nr. 61/2022 eingefügt nach den Erläuterungen, sollte „[d]urch diese Änderung […] die Gebührenermäßigung insbesondere auch dann zur Anwendung gelangen, wenn sich die Parteien bereits vor der ersten Tagsatzung außergerichtlich vergleichen und die Klage in der Folge zurückgezogen wird.“ (RV 1291 BlgNR 27. GP). Dass eine Ermäßigung der Pauschalgebühr nach dem Ruhen des Verfahrens eintreten sollte, sah der Gesetzgeber hingegen nicht vor. Dies obwohl zu diesem Zeitpunkt der VwGH bereits mehrfach ausgesprochen hatte, dass eine analoge Anwendung der Ermäßigungstatbestände der Anmerkungen 2 und 3 zu TP 1 GGG nicht in Betracht kommt, wenn nach der Klagszustellung Ruhen des Verfahrens eintritt (mwN VwGH 03.12.2021, Ro 2021/16/0013), sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer diese Fallkonstellation einfach übersehen hat. Eine Anwendung von Anmerkung 4 zu TP 1 GGG aufgrund des am 06.09.2023 eingetretenen ewigen Ruhens scheidet daher aus. Soweit die beschwerdeführende Partei vorbringt, jedenfalls die Klagszurückziehung müsste zu einer Refundierung der halben Pauschalgebühr führen, ist diese darauf hinzuweisen, dass diese Klagszurückziehung unstrittigerweise erst nach der ersten Tagsatzung erfolgte, sodass auch hier kein Anwendungsfall der Anm. 4 TP 1 GGG vorliegt. Eine Ermäßigung der Pauschalgebühr nach TP 1 auf die Hälfte kommt somit nicht in Betracht. Da sich der Rückzahlungsanspruch demnach als nicht berechtigt erweist, war der Antrag zu Recht abzuweisen. Dem angefochtenen Bescheid haftet somit keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG an und ist die Beschwerde sohin spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Gesetzeswortlaut der Anm. 4 zu TP 1 GGG ist derart klar definiert, dass für eine anderweitige Lösung der Rechtsfrage kein Raum bleibt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf die unter A) dargelegte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.

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