JudikaturBVwG

I425 2313844-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 2025

Spruch

I425 2313844-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Philipp RAFFL als Vorsitzenden und den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Heike MORODER als Beisitzer über die Beschwerde von Frau XXXX , geb. XXXX , whft. in XXXX , vertreten durch RA Mag. László SZABÓ, Claudiaplatz 2, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumservice), Landesstelle Tirol, vom 30.04.2025, OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Mittels eines am 29.01.2025 beim Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde) eingelangten Antragsformulars beantragte Frau XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) die Ausstellung eines Behindertenpasses. Als Nachweise für bestehende Gesundheitsbeeinträchtigungen war ein Konvolut an medizinischen Unterlagen beigefügt.

Ein seitens der belangten Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens eingeholtes medizinisches Gutachten des Sachverständigen Dr. Roland Klemens WACHTER aus dem Fachgebiet Orthopädie vom 03.04.2025 gelangte auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am selben Tag sowie sämtlicher vorgelegter bzw. aktenkundiger Befunde zu folgendem Ergebnis:

Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch Leiden 2 wegen ungünstiger wechselseitiger Beeinflussung um eine Stufe erhöht werde, während Leiden 3 wegen Geringfügigkeit nicht weiter erhöhe. Die 2021 dokumentierte depressive Störung mit Angst und Panikzuständen erreiche keinen Grad der Behinderung.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 08.04.2025 wurde der Beschwerdeführerin das eingeholte Sachverständigengutachten vom 03.04.2025 sowie die beabsichtigte Vorgehensweise, ihren Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses abzuweisen, zum Parteiengehör übermittelt und ihr die Möglichkeit eingeräumt, im Falle von Einwendungen innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme einzubringen.

Mit schriftlicher Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 23.04.2025 gab diese ihre Rechtsvertretung bekannt und äußerte sich zum Gutachten dahingehend, dass es nicht nachvollziehbar sei, auf welcher Grundlage die Punkte nach der „Einstufungsverordnung“ sich laut Gutachten teilweise wieder aufheben würden, obwohl die Leiden sich laut Gutachten teils erhöhen würden, und dass das Gutachten die Unfähigkeit, Deutsch zu lernen, zu Unrecht nicht als Leiden berücksichtige. Mangelnde Sprachkenntnisse würden wie andere soziale oder psychische Störungen von der Teilhabe am sozialen Leben ausschließen.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.04.2025 wurde der am 29.01.2025 eingelangte Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Gesamtgrad ihrer Behinderung ausweislich des eingeholten Sachverständigengutachtens, welches als schlüssig anerkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt werde, lediglich 30 % betrage, sodass die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses (Grad der Behinderung von mindestens 50 %) nicht vorlägen. Ihre Einwendungen würden keine Zweifel an der Schlüssigkeit des Gutachtens bewirken und seien somit nicht geeignet gewesen, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer Rechtsvertretung mittels Schriftsatz vom 02.06.2025 fristgerecht Beschwerde. Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich aus dem Gutachten nach arithmetischen Grundsätzen eine Summe der Leiden von 50 ergebe, während im Gutachten lediglich eine Gesamtsumme von 30 angenommen werde. Dies sei nicht nachvollziehbar, weil die Einstufungsverordnung mit ihrem Punktesystem klare Vorgaben für die Begutachtung vorgebe, die eben aus einem System von zu addierenden Prozentpunkten bestehe. Die andere Variante wäre eine freie willkürliche gutachterliche Einschätzung, die sich an keinen Prozentpunkten orientiere. Diese Methode sehe aber die Einstufungsverordnung gerade nicht vor, insbesondere auch keine Mischform von Begutachtungsansätzen. Zudem sei dem Fakt, dass die Beschwerdeführerin aus psychischen Gründen nicht in der Lage sei, einen Deutschkurs zu absolvieren, was sie vom sozialen Leben ausschließe, im Gutachten nicht Rechnung getragen worden. Einwendungen zum Gutachten seien in erster Instanz schlicht ignoriert worden. Weiters wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.06.2025 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Türkei und rechtmäßig auf Grundlage eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" in Österreich niedergelassen.

Folgende körperliche, geistige oder sinnesbedingte Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden, liegen bei ihr vor:

Das führende Leiden 1 wird durch Leiden 2 wegen ungünstiger wechselseitiger Beeinflussung um eine Stufe erhöht. Leiden 3 erhöht wegen Geringfügigkeit nicht weiter. Eine 2021 bei der Beschwerdeführerin dokumentierte depressive Störung mit Angst und Panikzuständen erreicht keinen Grad der Behinderung.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde.

Ergänzend wurde Einsicht in das zentrale Melderegister sowie den Informationsverbund zentrales Fremdenregister genommen, woraus ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin Staatsangehörige der Türkei und rechtmäßig auf Grundlage eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EU" in Österreich niedergelassen ist. Zudem liegt ihr Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" in Kopie im Akt ein.

Die vom Sachverständigen Dr. Roland Klemens WACHTER erstatteten gutachterlichen Ausführungen sind schlüssig, nachvollziehbar und weisen keine Widersprüche auf. Die vorliegenden Funktionseinschränkungen wurden von ihm auf Basis einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 03.04.2025 sowie sämtlicher vorgelegter bzw. aktenkundiger Befunde („Befund Dr. Plankensteiner vom 03.08.2021: Frau XXXX leidet an einer depressiven Störung mit Angst und Panikzuständen. Sie ist daher nicht in der Lage, an einem Deutschkurs teilzunehmen und eine Prüfung abzulegen; Befund Dr. Plankensteiner vom 13.07.2022: Frau XXXX leidet weitgehend unverändert an einer depressiven Störung mit Angst und Panikzuständen. Im Rahmen der Erkrankung leidet sie darüber hinaus an einer kognitiven Beeinträchtigung mit deutlichen Konzentrations- und Merkfähigkeitsdefiziten. Aufgrund der Sprachbarriere war eine Objektivierung durch eine neuropsychologische Testung bisher nicht möglich. Eine zusätzlich zur laufenden psychopharmakologischen Behandlung notwendige Psychotherapie scheitert ebenfalls am mangelnden muttersprachlichen Angebot. Aufgrund des Störungsbildes ist die Pat. weiterhin nicht in der Lage, an einem Deutschkurs teilzunehmen und eine Prüfung abzulegen; Befund Orthopädie Klinik XXXX vom 21.01.2025: Valgus Gonarthrose Statium IV nach Kellgren und Lawrence links, Zustand nach Ulcus duodeni (03/2022), substituierte Hypothyreose, Depressio - 13.01.2025: Knie-Totalendoprothese links - 31.01.2025: streckt frei durch, beugt bis 90° - 04.02.2025: starke Verkrustung - 07.02.2025: im unteren Narbenabschnitt deutliche Nekrosebildung - 26.02.2025: Entlassungsdiagnosen: Wundheilungsstörung li. Kniegelenk bei liegender K-TEP, durchgeführte Maßnahmen: 26.02.2025: Wundrevision - 14.03.2025: Stützkrücken sollen jetzt komplett weggelassen werden; Befund Radiologie Klinik XXXX vom 10.02.2025: post OP, KTEP in regelrechter Position“) erhoben und den entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet.

Dem im Beschwerdeschriftsatz erstatteten Vorbringen, wonach sich aus dem Gutachten eine Summe der Leiden von 50 ergebe, ist § 3 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), BGBl. II Nr. 261/2010 idF BGBl II. Nr. 251/2012, entgegenzuhalten, wonach bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen eben nicht zu addieren sind. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Im vorliegenden Sachverständigengutachten von 03.04.2025 wurden die Funktionsbeeinträchtigungen einzelnen Werten zugeordnet und diese in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beeinflussung betrachtet, wobei hinsichtlich des Gesamtgrades der Behinderung begründend und schlüssig ausgeführt wurde, dass Leiden 1 als das führende Leiden durch Leiden 2 wegen ungünstiger wechselseitiger Beeinflussung um eine Stufe erhöht werde und Leiden 3 wegen Geringfügigkeit nicht weiter erhöhe.

Sofern in der Beschwerde überdies vorgebracht wird, dass dem Faktum, dass die Beschwerdeführerin aus psychischen Gründen nicht in der Lage sei, einen Deutschkurs zu absolvieren, was sie vom sozialen Leben ausschließe, im Gutachten keine Rechnung getragen worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Unfähigkeit des Erwerbs der deutschen Sprache keine Behinderung im Sinne der Einschätzungsverordnung idgF darstellt bzw. unter keine der in der Anlage zur Einschätzungsverordnung idgF aufgelisteten und beschriebenen Positionsnummern zu subsumieren ist, wobei die 2021 dokumentierte depressive Störung mit Angst und Panikzuständen laut vorliegendem Sachverständigengutachten vom 03.04.2025 ohnehin keinen Grad der Behinderung erreicht. Dass mangelnde Sprachkenntnisse nicht als Behinderung im Sinne der Einschätzungsverordnung anzusehen sind, hat die belangte Behörde auch zu Recht in dem im vorgelegten Verwaltungsakt enthaltenen Aktenvermerk vom 24.04.2025 festgehalten, wobei zusätzlich noch bemerkt wurde, dass eine Sprachbarriere auch die Behandlung eines psychischen Leidens nicht ausschließe.

Dem weiteren Vorbringen in der Beschwerde, dass die Einwendungen zum Gutachten in erster Instanz schlicht ignoriert worden seien, sind die nachvollziehbaren Ausführungen im angefochtenen Bescheid entgegenzuhalten, wonach die Einwendungen keine Zweifel an der Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigenbeweises bewirkt hätten und somit nicht geeignet gewesen seien, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen. Durch das schlichte Vorbringen in der Stellungnahme, dass es nicht nachvollziehbar sei, auf welcher Grundlage die Punkte nach der „Einstufungsverordnung“ sich laut Gutachten teilweise wieder aufheben würden, obwohl die Leiden sich laut Gutachten teils erhöhen würden, wird den gutachterlichen Ausführungen jedenfalls nicht substantiiert entgegen und ist im gegebenen Zusammenhang auf die vorangegangenen Ausführungen in Bezug auf den rechtlichen Rahmen zur Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung idgF zu verweisen.

Ansonsten wurden in der Beschwerde keinerlei Umstände dargetan, die schlüssig nahelegen würden, dass die im Gutachten herangezogenen Positionsnummern oder Behinderungsgrade unrichtig seien.

Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich somit keine Beeinträchtigungen, die einen höheren Grad der Behinderung bewirken könnten. Schließlich fehlt es auch an einem substantiierten Vorbringen, aufgrund welcher Beeinträchtigungen bzw. welcher damit verbundener Beschwerden ein Gesamtgrad der Behinderung von wenigstens 50 v.H. erreicht werden soll bzw. inwieweit die gutachterlichen Ausführungen im gegebenen Zusammenhang unrichtig wären.

Die Beschwerdeführerin ist dem eingeholten Sachverständigengutachten somit weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, die die Annahme zulassen würden, die Schlussfolgerungen des Sachverständigen seien unzutreffend (vgl. VwGH 05.10.2016, Ro 2014/06/0044). Die gutachterlichen Ausführungen wurden von der Beschwerdeführerin zudem weder substantiiert bestritten noch wurden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgezeigt, die eine Beeinspruchung auch ohne ein Entgegentreten auf gleichem fachlichen Niveau ermöglicht hätten (vgl. VwGH 20.10.2008, 2005/07/0108).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der gutachterlichen Ausführungen, die daher – zumal sie mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehen - in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, [...], und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (§ 1 Abs. 2 BBG).

Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören (§ 40 Abs. 1 BBG).

Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt (§ 41 Abs. 1 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Die gutachterlichen Ausführungen sind - wie beweiswürdigend dargelegt – richtig, vollständig und schlüssig. Da sohin im vorliegenden Fall der Beschwerdeführerin ein Gesamtgrad der Behinderung von dreißig (30) von Hundert (v.H.) festzustellen ist und folglich die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen, war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Sollte die Beschwerdeführerin infolge des zwischenzeitigen Erhalts neuer Befunde eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend machen können, wäre sie gemäß § 41 Abs. 2 BBG allenfalls auf die Möglichkeit einer Neuantragstellung bei der belangten Behörde zu verweisen (vgl. VwGH 14.03.2024, Ro 2021/11/0008, mwN).

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Grad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen, welche auf Grundlage eines medizinischen Sachverständigengutachtens einzuschätzen sind. Wie unter Punkt II.2. beweiswürdigend dargelegt, wurden die der Entscheidung zu Grunde gelegten gutachterlichen Ausführungen als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Der auf sachverständiger Basis ermittelte entscheidungsrelevante Sachverhalt ist geklärt und nicht ergänzungsbedürftig. Es wurde auch in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde zwar gestellt, jedoch lässt eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.

Darüber hinaus ist die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung auch im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht ersichtlich.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Rückverweise