JudikaturBVwG

W291 2269565-1 – Bundesverwaltungsgericht Entscheidung

Entscheidung
17. Juni 2025

Spruch

W291 2269565-1/23E

Im namen der republik

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a RIEDLER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2023, Zl. XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, stellte am 10.04.2022 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 11.04.2022 fand die Erstbefragung statt. Dabei gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, dass er zum Militär einrücken müsse, aber nicht kämpfen wolle und um sein Leben und um das seiner Familie Angst habe. Bei einer etwaigen Rückkehr befürchte er eine Gefängnisstrafe und körperliche Gewalt.

3. Am 21.02.2023 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA). Der Beschwerdeführer gab im Wesentlichen an, dass nach seiner Ausmusterung aus der syrischen Armee im Jahre XXXX und im Zuge seines Umzugs ins Dorf bei einem Checkpoint die Al-Nusra Front ihn um Unterstützung aufgefordert hätte, der Beschwerdeführer dies jedoch abgelehnt habe und in weiterer Folge Telefondrohungen erhalten hätte, weil er sich ihr nicht angeschlossen hätte. Bei einer etwaigen Rückkehr fürchte er von (vormaligen) syrischen Regime eingezogen und umgebracht zu werden.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 23.02.2023 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

5. Gegen die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Asylstatus erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG).

6. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W291 am 02.05.2024 neu zugewiesen.

7. Am 13.08.2024 fand vor dem BVwG in Anwesenheit des Beschwerdeführers, einer Dolmetscherin für die Sprache Arabisch und der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Lebensumständen in Syrien und zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.

In weiterer Folge erfolgte eine kriminaltechnische Untersuchung von Unterlagen.

8. Mit Schreiben vom 31.03.2025 wurde dem Beschwerdeführer zu einem aktualisierten Länderbericht und einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Parteiengehör gewährt. Der Beschwerdeführer gab dazu eine Stellungnahme ab.

9. Am 06.06.2025 fand vor dem BVwG in Anwesenheit des Beschwerdeführers, eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch und der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers eine weitere öffentliche mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Lebensumständen in Syrien und zu seinen Fluchtgründen befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX , geboren am XXXX , ist syrischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zum muslim-sunnitischen Glauben. Seine Muttersprache ist Arabisch.

1.1.2. Der Beschwerdeführer ist im Dorf XXXX , im Sub-Distrikt XXXX , geboren, zog wegen der Arbeit seines Vaters mit seinen Eltern in die Stadt XXXX und besuchte dort acht Jahre die Schule. 2005 reiste der Beschwerdeführer in den XXXX aus und pendelte bis zum Jahre 2009 alle sechs Monate zwischen XXXX und der Stadt XXXX in Syrien. Nach seiner Rückkehr aus dem XXXX nach Syrien leistete der Beschwerdeführer seinen verpflichtenden Wehrdienst ab XXXX in XXXX ab und begab sich in der Folge in die Stadt XXXX , wo er von 2011 bis Ende 2012 lebte. Aufgrund von Bombardierungen in der Stadt XXXX Ende 2012 begab sich der Beschwerdeführer zunächst für einen Monat in sein Dorf XXXX zurück und reiste daraufhin in die Türkei aus. Bei einer etwaigen Rückkehr nach Syrien würde der Beschwerdeführer in die Stadt XXXX zurückkehren.

Er hat in XXXX und ein bis zwei Monate in XXXX gearbeitet.

1.1.3. An Familienangehörigen leben in Syrien eine Schwester XXXX und ein Bruder XXXX sowie ältere Verwandte XXXX . Der Beschwerdeführer verfügt über eine Wohnung in der Stadt XXXX und hat mit anderen Personen ein Grundstück in XXXX von seinem Großvater geerbt.

1.1.4. Der Beschwerdeführer raucht und konsumiert Alkohol in Österreich.

1.1.5. Der Beschwerdeführer stellte am 10.04.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dem Beschwerdeführer kommt in Österreich der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu.

1.1.6. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1.2.1. Der Wohnort des Beschwerdeführers in der Stadt XXXX als auch das Dorf XXXX liegen in jenem Teil des syrischen Gouvernements XXXX , welcher sich unter der Kontrolle der aktuellen syrischen Regierung befindet.

1.2.2. Die syrische Regierung unter der Führung von Bashar Al-Assad sah für männliche Staatsbürger nach Ableistung des verpflichtenden Wehrdienstes den Reservedienst vor. Die Herrschaft von Bashar Al-Assad in Syrien endete am 08.12.2024. Die neue syrische Übergangsregierung hat einen verpflichtenden Wehrdienst abgeschafft, es wird stattdessen auf freiwillige Rekrutierung gesetzt. Der Beschwerdeführer ist daher nicht der Gefahr einer Rekrutierung zum Reservedienst durch die vorherige oder die aktuelle syrische Regierung ausgesetzt. Er ist auch sonst nicht in das Blickfeld der neuen Regierung geraten.

1.2.3. Es haben in der Vergangenheit keine Rekrutierungsversuche der HTS gegen den Beschwerdeführer stattgefunden. Bei einer etwaigen Rückkehr besteht für den Beschwerdeführer auch nicht die Gefahr, durch die HTS zwangsrekrutiert zu werden.

1.2.4. Auch sonst war der Beschwerdeführer aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in Syrien keiner Gefahr ausgesetzt.

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsland:

1.3.1. Auszug aus den Länderinformationen der Staatendokumentation Syrienaus dem COI-SMS, Version 12, vom 08.05.2025 (Hervorhebungen nicht im Original):

Vergleichende Länderkundliche Analyse (VLA) i.S. § 3 Abs. 4a AsylG

Letzte Änderung 08.08.2025

[…]

4. Politische Überzeugung

4.1. Wehrpflicht

4.2. Oppositionelle Gesinnung

[…]

Politische Lage – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)

Letzte Änderung 08.08.2025

[…]

Die Verfassung und das Parlament wurden während der dreimonatigen Übergangszeit ausgesetzt, so die interimistischen Behörden (Almodon 8.1.2025). Laut Leaks wird der Übergangspräsident die Volksversammlung innerhalb von 60 Tagen nach der Veröffentlichung der Verfassungserklärung ernennen. Die Volksversammlung wird 100 Mitglieder umfassen, wobei eine gerechte Vertretung der Komponenten und Kompetenzen berücksichtigt wird, und wird vom Präsidenten der Republik durch ein republikanisches Dekret für eine Amtszeit von zwei Jahren ernannt (Al- Hurra 3.3.2025). Am 29.12.2024 sagte ash-Shara’ in einem Interview, dass die Durchführung legitimer Wahlen eine umfassende Volkszählung benötige (Arabiya 29.12.2024). In einem Interview gab er an, dass es damit in Syrien freie, faire und integre Wahlen abgehalten werden können, einer Volkszählung, der Rückkehr der im Ausland lebenden Menschen, der Öffnung der Botschaften und der Wiederherstellung des legalen Kontakts mit der Bevölkerung bedarf. Darüber hinaus sind viele der Menschen, die innerhalb des Landes vertrieben wurden oder in Lagern in den Nachbarländern leben, nicht bei den Flüchtlingskommissionen registriert usw. (Economist 3.2.2025). Abgesehen von der wiederholten Aussage, dass Ausschüsse gebildet und Fachleute hinzugezogen würden, gab al-Shara nicht viel Aufschluss darüber, wie der Wahlprozess aussehen würde (NYT 30.12.2024). Ash-Shara’ hatte angemerkt, dass die Einrichtung dieser Ausschüsse in naher Zukunft unwahrscheinlich sei. Er teilte der BBC am 18.12.2024 mit, dass ein syrisches Komitee von Rechtsexperten zusammentreten werde, um eine Verfassung zu verfassen und über eine Reihe nicht näher bezeichneter rechtlicher Fragen, darunter den Alkoholkonsum, zu entscheiden. Es ist unklar, auf welche Rechtsexperten sich ash-Shara’ bezieht und ob diese Experten repräsentativ für die multiethnische, sektiererische und religiöse Bevölkerung Syriens sind oder ob es sich um HTS-nahe sunnitische Gelehrte handelt (ISW 19.12.2024).

[…]

Während ash-Shara’ ein gewisses Maß an Pragmatismus gezeigt hat, insbesondere im Umgang mit lokalen Gemeinschaften, sind die Strukturen der Übergangsregierung nach wie vor zentralisiert und hierarchisch, wobei die Macht in einem kleinen Führungskreis konzentriert ist. Dies schränkt die Möglichkeiten für eine integrative Entscheidungsfindung ein und verstärkt die Wahrnehmung der Ausgrenzung von Minderheiten und Frauen (AC 20.12.2024). HTS hat in Idlib einerseits bemerkenswerte Zugeständnisse an die lokale Bevölkerung gemacht. So erlaubte sie beispielsweise Christen, Gottesdienste abzuhalten und Frauen, Universitäten zu besuchen und Autos zu fahren – Maßnahmen, die angesichts der radikalen dschihadistischen Vergangenheit der Gruppe bemerkenswert sind. Darüber hinaus hat HTS Zivilisten in seine Regierungsverwaltung integriert und einen technokratischen Regierungsstil eingeführt, selbst in sensiblen ideologischen Bereichen wie Bildung und Religion, in denen die Gruppe ursprünglich ausschließlich eigenes Personal ernennen wollte. Andererseits ist die mangelnde Bereitschaft, politische Opposition zuzulassen, nach wie vor besorgniserregend. In Idlib hat HTS nach und nach die Macht monopolisiert und agierte praktisch als Einparteienstaat. Politische Opposition und zivilgesellschaftlicher Aktivismus wurden unterdrückt (DIIS 16.12.2024). Zu den ersten Entscheidungen der Übergangsregierung unter al-Bashir gehörten die Entsendung von Polizeikräften in Großstädte und das Verbot von Rauchen und Alkoholkonsum (MAITIC 17.12.2024).

[…]

Wehr- und Reservedienst - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit

8.12.2024)

Letzte Änderung 08.05.2025

[Derzeit liegen keine ausreichenden Informationen zum Wehrdienst oder der Rekrutierung bzw. zu Streitkräften der aktuellen syrischen Regierung vor. Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social-Media Kanälen verbreitet, die in weiterer Folge auch Eingang in andere Berichte finden. Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformation entspricht den in der Methodologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.]

Die Syrische Arabische Armee wurde noch von al-Assad vor seiner Flucht nach Mitternacht am 8.12.2024 per Befehl aufgelöst. Die Soldaten sollten ihre Militäruniformen gegen Zivilkleidung tauschen und die Militäreinheiten und Kasernen verlassen (AAA 10.12.2024). Aktivisten des Syrian Observatory for Human Rights (SOHR) in Damaskus haben berichtet, dass Hunderte von Regimesoldaten ihre Militäruniformen ausgezogen haben, nachdem sie darüber informiert wurden, dass sie entlassen wurden, da das Assad-Regime gestürzt war (SOHR 8.12.2024). Ca. 2.000 syrische Soldaten sind in den Irak geflohen. Einem Beamten aus dem Irak zufolge sollen 2.150 syrische Militärangehörige, darunter auch hochrangige Offiziere, wie Brigadegeneräle und Zollangestellte, in einem Lager in der Provinz al-Anbar untergebracht sein. Die Mehrheit soll nach Syrien zurückkehren wollen (AlMada 15.12.2024). Syrischen Medien zufolge verhandelte die syrische Übergangsregierung mit der irakischen Regierung über die Rückführung dieser Soldaten (ISW 16.12.2024). Am 19.12.2024 begannen die irakischen Behörden damit, die syrischen Soldaten nach Syrien auszuliefern (TNA 19.12.2024). Die Mehrheit der führenden Soldaten und Sicherheitskräften des Assad-Regimes sollen sich noch auf syrischem Territorium befinden, jedoch außerhalb von Damaskus (Stand 13.12.2024) (AAA 10.12.2024). Nach der Auflösung der ehemaligen Sicherheits- und Militärinstitutionen verloren Hunderttausende ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen – vor allem in den Küstenregionen. Zehntausende wurden auch aus staatlichen und zivilen Einrichtungen entlassen, ohne alternative Einkommens- oder Arbeitsmöglichkeiten. Darüber hinaus wurden Mitgliedern der aufgelösten Armee, Polizei und Sicherheitsdienste Umsiedlungsmaßnahmen aufgezwungen, was zu wachsender Unzufriedenheit und Wut in den Reihen dieser Männer führte (Harmoon 17.3.2025).

Nach dem Umsturz in Syrien hat die von Islamisten angeführte Rebellenallianz eine Generalamnestie für alle Wehrpflichtigen verkündet. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie seien untersagt, teilte die Allianz auf Telegram mit (Presse 9.12.2024). HTS-Anführer ash-Shara’ kündigte in einem Facebook-Post an, dass die Wehrpflicht der Armee abgeschafft wird, außer für einige Spezialeinheiten und „für kurze Zeiträume“. Des Weiteren kündigte er an, dass alle Gruppierungen aufgelöst werden sollen und über Waffen nur mehr der Staat verfügen soll (CNBC Ara 15.12.2024a; vgl. MEMRI 16.12.2024). Unklar ist, wie eine Freiwilligenarmee finanziert werden soll (ISW 16.12.2024). Auch die Auflösung der Sicherheitskräfte kündigte ash-Shara’ an (REU 11.12.2024a). In einem Interview am 10.2.2025 wiederholte ash-Shara’, dass er sich für eine freiwillige Rekrutierung entschieden habe und gegen eine Wehrpflicht. Bereits Tausende von Freiwilligen hätten sich der neuen Armee angeschlossen (Arabiya 10.2.2025a; vgl. AJ 10.2.2025a). Wehrpflichtigen der Syrischen Arabischen Armee (Syrian Arab Army - SAA) wurde eine Amnestie gewährt (REU 11.12.2024b). Ahmed ash-Shara’ hat versprochen, dass die neue Führung die höchsten Ränge des ehemaligen Militärs und der Sicherheitskräfte wegen Kriegsverbrechen strafrechtlich verfolgen wird. Was dies jedoch für die Fußsoldaten des ehemaligen Regimes bedeuten könnte oder wo die diesbezüglichen Grenzen gezogen werden, bleibt unklar (Guardian 13.1.2025). Die neue Übergangsregierung Syriens hat sogenannte „Versöhnungszentren“ eingerichtet, sagte Abu Qasra, neuer syrischer Verteidigungsminister. Diese wurden bereits gut genutzt, auch von hochrangigen Personen, und die Nutzer erhielten vorübergehende Niederlassungskarten. Eine beträchtliche Anzahl habe auch ihre Waffen abgegeben (Al Majalla 24.1.2025). Der Hauptsitz des Geheimdienstes in Damaskus ist jetzt ein „Versöhnungszentrum“, wo die neuen syrischen Behörden diejenigen, die dort gedient haben, auffordern, sich zu stellen und ihre Waffen im Geheimdienstgebäude abzugeben. Im Innenhof warten Menschenschlangen darauf, Zettel zu erhalten, die besagen, dass sie sich offiziell ergeben und mit der neuen Regierung versöhnt haben, während ehemalige Aufständische in neuen Uniformen im Militärstil die abgegebenen Pistolen, Gewehre und Munition untersuchen. Ehemalige Offiziere, die sich für die neue Regierung Syriens als nützlich erweisen könnten, beispielsweise, weil sie Informationen über Personen haben, die international gesucht werden, haben wenig zu befürchten, solange sie kooperieren (Guardian 13.1.2025). In diesen „Versöhnungszentren“ erhielten die Soldaten einen Ausweis mit dem Vermerk „desertiert“. Ihnen wurde mitgeteilt, dass man sie bezüglich ihrer Wiedereingliederung kontaktieren würde (Chatham 10.3.2025). [Weitere Informationen zu „Versöhnungszentren“ finden sich auch in den Kapiteln Rechtsschutz / Justizwesen - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024) und Sicherheitsbehörden - Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024).] Die Rolle der übergelaufenen syrischen Armeeoffiziere in der neuen Militärstruktur ist unklar. Während ihr Fachwissen beim Aufbau einer Berufsarmee von unschätzbarem Wert sein könnte, bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich ihrer Marginalisierung innerhalb der neuen Machtstruktur (DNewsEgy 3.2.2025). Unter al-Assad war die Einberufung in die Armee für erwachsene Männer obligatorisch. Wehrpflichtige mussten ihren zivilen Ausweis abgeben und erhielten stattdessen einen Militärausweis. Ohne einen zivilen Ausweis ist es schwierig, einen Job zu finden oder sich frei im Land zu bewegen, was zum Teil erklärt, warum Zehntausende in den „Versöhnungszentren“ in verschiedenen Städten aufgetaucht sind (BBC 29.12.2024). Ehemalige Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter des Assad-Regimes, ca. 4.000 bis 5.000 Männer in Latakia und Tartus, haben sich diesen „Versöhnungsprozessen“ entzogen. Einige von ihnen wurden im Rahmen einer landesweiten Kampagne mit täglichen Suchaktionen und gezielten Razzien gefasst, andere jedoch haben sich zu bewaffnetem Widerstand gegen die Übergangsregierung entschlossen (MEI 13.3.2025).

[…]

Die Umstrukturierung des syrischen Militärs hat gerade erst begonnen. Der neue de-facto-Führer hat versprochen, die neue Armee in eine professionelle, auf Freiwilligen basierende Truppe umzuwandeln, um die Professionalität in den Reihen zu fördern und sich von der Wehrpflichtpolitik zu entfernen, die das zusammengebrochene Assad-Regime charakterisierte (TR-Today 8.1.2025). Medienberichten zufolge wurden mehrere ausländische islamistische Kämpfer in hohe militärische Positionen berufen. Ash-Shara’ hatte Berichten zufolge außerdem vorgeschlagen, ausländischen Kämpfern und ihren Familien aufgrund ihrer Rolle im Kampf gegen al-Assad die Staatsbürgerschaft zu verleihen (UNSC 7.1.2025).

Syrische Medien berichten, dass die neue Regierung aktiv Personen für die Armee und die Polizei rekrutiert. Damit soll der dringende Bedarf an Kräften gedeckt werden. Neue Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere werden Berichten zufolge durch intensive Programme rekrutiert, die von den traditionellen akademischen und Ausbildungsstandards abweichen. Der Prozess der Vorbereitung von Militär- und Sicherheitskadern wird beschleunigt, um den Bedürfnissen des neuen Staates gerecht zu werden (SCI o.D.). Am 10.2.2025 gab Übergangspräsident ash-Shara’ an, dass sich Tausende von Freiwilligen der neuen Armee angeschlossen haben (Arabiya 10.2.2025a). Viele junge Männer ließen sich einem Bericht des syrischen Fernsehsenders Syria TV zufolge für die neue Armee rekrutieren. Insbesondere seien junge Männer in Idlib in dieser Hinsicht engagiert. Die Rekrutierungsabteilung der neuen syrischen Verwaltung in der Provinz Deir ez-Zour gab bekannt, dass wenige Wochen nach der Übernahme der Kontrolle über die Provinz durch den Staat etwa 1.200 neue Rekruten in ihre Reihen aufgenommen wurden. In den den ländlichen Gebieten von Damaskus treten junge Männer vor allem der Kriminalpolizei bei (Syria TV 21.2.2025). Die Rekrutierungsabteilung von Aleppo teilte am 12.2.2025 mit, dass bis zum 15.2.2025 eine Rekrutierung in die Reihen des Verteidigungsministeriums läuft. Dort ist die Aufnahmebedingung für junge Männer, dass sie zwischen 18 und 22 Jahre alt, ledig und frei von chronischen Krankheiten und Verletzungen sein müssen (Enab 12.2.2025). Das syrische Verteidigungsministerium hat am 17.3.2025 mehrere Rekrutierungszentren im Gouvernement Dara’a in Südsyrien eröffnet (NPA 17.3.2025). Das Innenministerium hat seitdem Rekrutierungszentren in allen von der Regierung kontrollierten Gebieten eröffnet (ISW 16.4.2025). Berichten zufolge verlangt die neue Regierung von neuen Rekruten eine 21-tägige Scharia-Ausbildung (FDD 28.1.2025).

[…]

Die syrischen Streitkräfte – Wehr- und Reservedienst (Stand 3.12.2024)

Letzte Änderung 08.05.2025

In der syrischen Verfassung von 2012 wurde die Wehrpflicht im Artikel 46 festgehalten. Darin stand, dass die Wehrpflicht eine heilige Pflicht ist, die durch Gesetze geregelt wird. Im zweiten Absatz stand, dass die Verteidigung der territorialen Integrität des Heimatlandes und die Wahrung der Staatsgeheimnisse Pflicht eines jeden Bürgers sind (SeG 24.2.2012). Männliche syrische Staatsbürger unterlagen grundsätzlich ab dem Alter von 18 Jahren dem verpflichtenden Wehrdienst für die Dauer von sieben Jahren. Unter 18-Jährige wurden von der syrischen Armee nicht eingezogen (ÖB Damaskus 2023). Im Gesetzesdekret Nr. 30, das 2007 erlassen worden ist, wurde der Wehrdienst gesetzlich geregelt. Die Dauer des Wehrdienstes betrug 24 Monate. Die Wehrpflicht begann am ersten Tag des Monats Jänner des Jahres, in dem der Bürger das achtzehnte Lebensjahr vollendete und endete in dem Jahr, in dem der Wehrpflichtige das zweiundvierzigste Lebensjahr überschritt oder er wurde von der Wehrpflicht befreit (PoS 12.5.2007). Laut Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft in Damaskus betrug die offizielle Wehrdienstzeit 2,5 Jahre. Danach musste man noch Reservedienst leisten. Dieser dauerte seit Ausbruch der Krise im Jahr 2011 oft bis zu sieben oder acht Jahre, sodass viele insgesamt zehn bis zwölf Jahre Wehrdienst leisten mussten (VA der ÖB Damaskus 22.9.2024). Bis vor den Fall des Regimes dauerte die Wehrdienstzeit oft nur mehr 6 oder 6,5 Jahre lang (OrthoPatSYR 22.9.2024).

[…]

Rückkehr – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)

Letzte Änderung 08.05.2025

[Im Folgenden wird der aktuelle Stand dargelegt, wie er sich aus öffentlich zugänglichen Quellen ergibt. Teilweise werden Falschinformationen, insbesondere auf Social-Media Kanälen verbreitet, die in weiterer Folge auch Eingang in andere Berichte finden. Die Vorgehensweise der Recherche und Ausarbeitung der vorliegenden Länderinformation entspricht den in der Methodologie der Staatendokumentation festgeschriebenen Standards. Weder wird ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit der vorliegenden Informationen erhoben. Weitere Informationen zur vorliegenden Länderinformation finden sich im Kapitel Länderspezifische Anmerkungen.]

Mit dem Sturz al-Assads kehrten Tausende Syrer aus dem Libanon und der Türkei nach Syrien zurück. Für viele war das Assad-Regime das Haupthindernis für die Rückkehr in ihre Heimat. Die Aufnahmeländer haben diese Begeisterung genutzt, um weitere Rückkehrer zu ermutigen (CSIS 11.12.2024). Zehn Tage nach dem Sturz des syrischen Regimes am 8.12.2024 erklärte die Europäische Union (EU), sie schätze, dass zwischen Januar und Juni 2025 etwa eine Million syrische Flüchtlinge in ihr Land zurückkehren würden. Das wurde durch die Direktorin des Büros des UNHCR für den Nahen Osten und Nordafrika bestätigt. Ahmad ash-Shara’, der Befehlshaber der Militäroperationen in Syrien, der später zum Übergangspräsidenten des Landes wurde, betonte bei einem Treffen mit dem UN-Sondergesandten Geir Pedersen, dass eine seiner ersten Prioritäten darin bestehe, zerstörte Häuser wieder aufzubauen und die Vertriebenen in das letzte Zelt zurückzubringen, während er gleichzeitig sehr wichtige wirtschaftliche Entscheidungen treffe (Almodon 13.2.2025).

Bis August 2024 waren schätzungsweise 34.000 Flüchtlinge zurückgekehrt, aber nach der Invasion Israels im Libanon im Oktober 2024 flohen weitere 350.000 aus dem Libanon zurück nach Syrien, um dem Konflikt zu entkommen. Mit weiteren 125.000 Rückkehrern seit dem Sturz al-Assads Anfang Dezember erreichte die Gesamtzahl der Rückkehrer im Jahr 2024 fast eine halbe Million (FA 11.2.2025). Laut UNOCHA wurden bis 15.12.2024 225.000 Rückkehrer in ganz Syrien registriert. Die Mehrheit ist in die Gouvernements Hama und Aleppo zurückgekehrt. Das bedeutet, dass die Zahl der Menschen, die neu vertrieben wurden, von 1,1 Millionen, wie am 12.12.2024 gemeldet, auf 882.000 Menschen am 15.12.2024 gesunken ist. Von dieser Zahl wurden mindestens 150.000 Menschen mehr als einmal vertrieben. Viele Familien sind in frühere Lager in ihren Herkunftsgebieten zurückgekehrt, weil es in ihren Heimatstädten an grundlegenden Versorgungsleistungen mangelt oder die Infrastruktur beschädigt ist. Einige Familien gaben auch an, dass sie auf die Räumung von Kampfmittelrückständen in ihren Herkunftsgebieten warten, bevor sie zurückkehren (UNOCHA 16.12.2024). UNHCR schätzt, dass von 8.12.2024 bis 2.1.2025 über 115.000 Syrer nach Syrien zurückgekehrt sind, basierend auf öffentlichen Erklärungen von Aufnahmeländern, Kontakten mit Einwanderungsbehörden in Syrien und dem UNHCR sowie der Grenzüberwachung durch Partner (UNHCR 2.1.2025). Insgesamt sind nach Angaben des UNHCR 800.000 vertriebene Syrer in ihre Heimat zurückgekehrt, darunter 600.000 Binnenvertriebene (Internal Displaced Persons - IDPs) (Stand 31.1.2025) (AlHurra 31.1.2025). Die Zahl der Personen, die in das Gouvernement Aleppo zurückkehren, ist am höchsten, wobei die Rückkehrer die verbesserte Sicherheitslage und die Abschaffung des Wehrdienstes als Hauptgründe für ihre Rückkehr nennen (UNHCR 2.1.2025). Grundsätzlich verzeichnen die UN einen Anstieg an rückkehrwilligen Syrern, die im Nahen Osten leben. Fast 30 % geben an, in ihre Heimat zurückzuwollen. Als großes Hindernis für die Rückkehr sieht UNHCR-Chef Grandi die Sanktionen (Zeit Online 26.1.2025). Die syrischen Behörden gaben an, dass innerhalb von zwei Monaten nach der Befreiung Syriens 100.905 Bürger über die Grenzübergänge der Türkei zurückgekehrt sind. Der Grenzübergang Jdaydat Yabous/ Masna’ zum Libanon fertigte in zwei Monaten 627.287 Reisende ab, darunter 339.018 syrische Staatsbürger und arabische und ausländische Gäste, und 288.269 Ausreisende. Im gleichen Zeitraum wurden am Grenzübergang Nassib/ al-Jaber zu Jordanien 174.241 Passagiere syrischer Staatsbürger und arabischer und ausländischer Gäste abgefertigt, davon 109.837 bei der Einreise und 64.404 bei der Ausreise. Am Grenzübergang al-Bu Kamal/ al-Qa’im wurden 5.460 syrische Staatsbürger abgefertigt, die im Irak leben und zurückkehren, um sich dauerhaft in Syrien niederzulassen (Nashra 11.2.2025). Bei den Angaben zu Rückkehrern sind die zuständigen Behörden und Forschungszentren nicht in der Lage festzustellen, ob diese Menschen lediglich zurückgekehrt sind, um ihre Familien zu besuchen und zu treffen, oder ob sie freiwillig und dauerhaft zurückgekehrt sind (Almodon 13.2.2025).

[…].“

1.3.2. EUAA Syria: Country Focus, March 2025 (Hervorhebung nicht im Original):

„1. Political and human rights developments

Map 2: The Syrian Mosaic Post-Assad, © The Washington Institute for Near East Policy, Fabrice Balanche

1.1. Overview of conflicts

On 27 November 2024, forces opposed to the rule of Bashar Al-Assad, led by the armed group Hay’at Tahrir al-Sham (HTS), launched an offensive starting from the northwestern province of Idlib. The HTS, which is designated as a terrorist organisation by the UN, the EU, the US and the UK, advanced on government-held cities and within days had taken control of the north of the country, including Aleppo, and was heading towards Hama and Homs. On 8 December 2024, they reached Damascus and assumed control of the capital as President Assad left the country on the same day. Subsequently, HTS effectively took control as the ruling party and established an interim government. HTS leader Ahmad Al-Sharaa, who had previously gone by the nom de guerre Abu Mohammed Al-Jolani, started acting as the de-facto leader of Syria in early December and was appointed transitional president of Syria on 29 January 2025. The independent non-profit-organisation International Crisis Group reported on 30 January 2025 that the situation in Damascus remained mostly secure. In regions outside the capital, however, the new leadership in Damascus faces significant challenges as the country emerges from civil war. Establishing law and order remains a major challenge and priority for the transitional administration, which, three months after taking power, is still grappling with increasing retaliatory violence and armed group activity.

Etana, an independent organisation focused on reporting on the ground in Syria, notes, as of 3 February 2025, that in northern Syria, indications of increasing lawlessness and violence are becoming more evident across a region extending from Homs to Latakia on the coast and further east to Aleppo, with almost daily reports of killings and militant activity in recent weeks. The security situation in this area is a centre of instability driven by revenge killings and communal violence. The area is home to several Alawite and mixed sectarian communities. The International Crisis Group reports that in central and western Syria ‘less disciplined armed factions and unaffiliated gunmen’ have begun taking advantage of weaknesses in HTS policing to engage in looting and instil fear. These groups loot and seek revenge on persons viewed as being associated with the Assad government. They have targeted members of minority groups, Alawites in particular. Sectarian-based murders have peaked in the provinces of Homs, Hama, and Latakia. On the other hand, former and now unemployed members of the army of the ousted regime are reportedly unwilling to lay down their arms for reasons of self-protection and pose a security threat. According to Etana ‘some of the violence is likely being fomented by formerly regime-backed gangs […] suspected of being behind a slew of attacks’. As of 20 February, security forces continued to face increased threats as they tried to stabilise the country, including kidnappings, sectarian violence and threats from remnants of Assad's forces. In early March, coordinated attacks by pro-Assad groups on security forces, particularly in the coastal areas, led to a significant escalation which resulted in large numbers of civilian casualties, mostly from the Alawite community.

In the north of the country, various factions are struggling for influence and control. Clashes between Turkish-backed militias operating under the umbrella of the Syrian National Army (SNA) and the US-backed Kurdish-led Syrian Democratic Forces (SDF) continued during the reporting period. When the HTS-led opposition forces captured Aleppo in late November, the SNA simultaneously launched an offensive in the province targeting the territories controlled by the SDF, causing the displacement of tens of thousands of civilians. The SDF was driven out of several towns in Aleppo’s countryside and the SNA captured the strategically important cities of Manbij and Tal Rifat. The clashes between the SDF and the SNA escalated at the end of December 2024 near the Tishreen Dam on the Euphrates River in the countryside of Manbij, eastern Aleppo, a vital source of water and electricity for SDFcontrolled areas. Türkiye, which considers the SDF to be closely linked to the Kurdistan Workers’ Party (PKK), has continued air and drone strikes in northern Syria, hitting SDFtargets as well as civilians and critical civilian infrastructure during the reporting period. As of 28 February 2025, clashes between the SDF and the SNA were still ongoing. In addition to the conflict with the SNA and Türkiye, the SDF also faces a long-running conflict with tribal militias in Deir Ez-Zor as well as attacks by Islamic State in Iraq and the Levant (ISIL). In March 2025, SDF leaders signed an agreement to integrate their armed forces and civilian institutions into the new Syrian government. The deal mandates a full cessation of hostilities and requires the SDF to relinquish control of border posts, the airport, and key oil and gas fields. The practical implementation of this agreement could not be monitored within the scope of this report.

1.2.2. Governance under the Transitional Administration

(a) Political transition

Following the fall of Bashar Al-Assad’s government on 8 December 2024, a transitional administration was created. Former Prime Minister Mohammed Al-Jalali formally transferred power to Mohammed al-Bashir, the newly appointed transitional prime minister, in order to ensure the continuation of state functions, as explained by Al-Jalali, including the payment of public-sector salaries.

Al-Sharaa stated that the organisation of national elections could take up to five years due to the necessity of reconstructing the electoral infrastructure. He further asserted that Syria would be structured as ‘a republic with a parliament and an executive government.

On 29 December, Ahmad al-Sharaa outlined a multi-year roadmap involving the drafting of a new constitution within three years and subsequent elections, alongside plans for a National Dialogue Conference to promote reconciliation and inclusivity. As part of the transition process, Al-Sharaa emphasised the importance of preserving national unity, rejecting federalism. Initial negotiations were held with the SDF and Kurdish National Council (KNC) to involve Kurdish factions in the political process. But the National Dialogue Conference, initially planned for early January was later postponed to establish a broader preparatory committee representing all segments of Syrian society. It eventually took place on 25 February 2025, preceded by preparatory workshops at a local level. It convened in Damascus with around 600 participants, with its closing statement emphasising Syria's territorial integrity, condemning Israeli incursions, and calling for a withdrawal. It further set out the adoption of a temporary constitutional declaration, the formation of an interim legislative council, and the preparation of a draft permanent constitution focused on human rights and freedom. The closing statement further mentioned the importance of women's participation, peaceful coexistence, and the establishment of ongoing national dialogue mechanisms. The conference, however, faced criticism for being hastily organised and insufficiently representative.

At the end of January, the transitional administration declared the annulment of Syria’s 2012 constitution and the disbandment of the former government’s parliament, military, and security agencies. Al-Sharaa stated that he would establish an interim legislative council to assist in governance until the adoption of a new constitution.

(b) Government formation

Following the assumption of power in Damascus, the HTS established a caretaker government primarily composed of officials from the former Syrian Salvation Government (SSG) in Idlib, which Al-Sharaa described as a temporary measure to maintain stability and restore essential services. Initially, ministers from the SSG assumed national ministerial posts, with some officials and civil servants from the former government remaining in their positions to ensure continuity.

On 10 December 2024, Mohammed Al-Bashir, an engineer from Idlib governorate and former leader of the SSG in northwestern Syria, which was created with HTS, was appointed as interim prime minister. His tenure and that of the interim government was set to end on 1 March 2025, but as of late January 2025 there was no date for elections to be held in Syria. Meanwhile, Ahmad Al-Sharaa, leader of HTS, emerged as Syria’s de facto leader. On 29 January 2025, Al-Sharaa was named president for the transitional period.

On 21 December, the interim government appointed Asaad Hassan Al-Shibani as Minister of Foreign Affairs and Murhaf Abu Qasra as Minister of Defense, both of whom were known allies of Al-Sharaa. Other appointments included Mohamed Abdel Rahman as Minister of Interior, Mohammed Yaqoub Al-Omar as Minister of Information, Mohamed Taha Al-Ahmad as Minister of Agriculture and Irrigation, Nazir Mohammed Al-Qadri as Minister of Education, and Shadi Mohammed Al-Waisi as Minister of Justice, all of whom had previously held positions within the Salvation Government. Additionally, Fadi Al-Qassem, Mohamed Abdel Rahman Muslim, Hossam Hussein, and Basil Abdul Aziz took up their respective roles as Minister of Development, Minister of Local Administration and Services, Minister of Endowments, and Minister of Economy. Anas Khattab (also known by his nom de guerre Abu Ahmad Hudood), a previous leader of the Nusra Front, was appointed head of the General Intelligence Service. The appointment of Maher Al-Sharaa as Minister of Health sparked controversy, as he is the brother of Al-Sharaa. The new administration also included one woman, Aisha Al-Debs, as Director of the Women’s Affairs Office.

In January, the transitional administration conducted its first major cabinet reshuffle, replacing Mohammad Abdul Rahman with Ali Kidda as Minister of Interior. Kidda was reportedly a close associate of Al-Sharaa.

According to BBC News, there was no transparent mechanism for selecting individuals for ministerial positions, and it remained unclear whether these appointments were made through consultation or solely by Al-Sharaa. This uncertainty fuelled discussions about potentially expanding the government to include members of the opposition abroad and domestic experts.

(c) Military reforms

Prior to their entry into Damascus on December 8, the HTS pledged to maintain Syria’s institutional framework, later declaring a general amnesty for Syrian army soldiers. The transitional government consequently initiated a settlement process (for more information see section 1.3.1), which facilitated the reintegration of large numbers of former government and military personnel, including high-ranking officials, some of whom were involved in significant wartime abuses, such as Fadi Saqr. Next to the voluntary settlement procedures taking place, the Military Operations Administration (MOA), the umbrella command centre of the new HTS-led transitional administration, tracked down individuals evading settlement. As part of these campaigns previous officers were arrested, while others were released after it was established that they had not participated in abuses. According to Etana, concerns arose over a lack of process, as reports suggest executions of low-level militiamen, which authorities are framing as isolated acts of community revenge. The Syrian Observatory for Human Rights (SOHR), a UK-based monitoring organisation, reported in mid-January that 8 000 individuals struck reconciliation deals at the MOA centers in Sallamiyah, Hama within a few days. The number of officers and members of the previous government’s forces in prisons such as Adra, Hama, and Harim increased to over 9 000, including 2 000 who were returned from Iraq. Most were arrested after being caught in raids or checkpoints. Die meisten wurden festgenommen, nachdem sie bei Razzien oder an Kontrollpunkten aufgegriffen worden waren.

The transitional government further abolished conscription, except in situations such as national emergencies. According to Samir Saleh, member of the military command in Damascus countryside, the Syrian army is going to be an army of volunteers in which the population will be encouraged to participate, with the aim to secure the country’s borders. Previous defectors, such as officers from the Free Syrian Army (FSA) will be given a special status within the structure of the Ministry of Defense, depending on their expertise. On December 29, a list of 49 new military commanders was published, including members of HTS, defected officers from the Syrian army, and at least six non-Syrians, with the seven highest-ranking positions reportedly filled by HTS members.

Finally, the transitional government committed to integrating all rebel factions into the Ministry of Defense. Between January and February 2025, the interim ministries of Defense and Interior undertook efforts to unify all armed factions into a single military and police force. The Ministry of Defence reported that over 70 factions across six regions had agreed to integrate, and a Supreme Committee was established to regulate military assets, including personnel, bases, and weaponry. On 29 January, the interim government formally announced the dissolution of all opposition parties and military groups, though the extent to which this applied to the SDF remained unclear. The SDF initially resisted integration, particularly after ist proposal to join as a semi-autonomous entity was rejected by the Defence Ministry, which accused it of delaying negotiations, but in early March it was announced that the SDF signed a deal to integrate their armed forces and civilian institutions into the new Syrian government. By mid-February, the transitional administration had successfully integrated around 100 armed factions, including the U.S.-backed Syrian Free Army, into a new Syrian military and Ministry of Defense. However, some factions, such as the one of Ahmad al-Awda in southern Syria and various Druze military groups, remained resistant. The armed factions of Sweida governorate remained fully intact, with two new military bodies emerging in January.

[…]

1.3.4. Other religious and ethnic minorities

[…]

Meanwhile, France24 reported that while Christmas celebrations took place in Damascus, Christian residents kept a low profile, with some refraining from purchasing alcohol due to fear and uncertainty.

[…]

Human rights organisations have documented various restrictions on religious freedoms. Richard Ghazal, executive director of In Defense of Christians, highlighted measures such as alcohol bans, and the presence of Islamic State flags in areas near Damascus.

[…]

2. Armed actors

2.1.1. Hay’at Tahrir al-Sham (HTS) and allied groups

HTS was the largest component of the operation ‘Deterrence of Aggression’ with an estimated 30 000 fighters. A Syrian economist gave a lower figure of 10 000 for the number of HTS fighters. HTS was reportedly divided into six brigades, special forces and an elite force known as the ‘Red Bands’. The International Crisis Group assessed HTS forces to be stretched thin following their offensive to overthrow the government, being in urgent need of more personnel and resources. A notable allied faction joining the offensive was the Türkiye-backed National Liberation Front (NLF), a component of the SNA. For more information on the SNA, see section 2.1.2. Jaish Al-Izza, an opposition group present in northern Hama and parts of Latakia, with 2 000 to 5 000 fighters according to 2019 estimates, also reportedly joined the push into government territory. The pan-Arab daily Al-Quds Al- Arabi estimated the overall size of HTS and its allied factions to be about 43 000, with more than half of those troops maintaining their presence in their original areas of operation after pushing the government troops out, especially in northern Hama countryside, southern Idlib countryside, and western and southern Aleppo countryside.

HTS and its allied factions, who had previously coordinated in Idlib under the Fateh Al-Mubin Operations room, formed the Military Operations Administration (MOA) in light of operation Deterrence of Aggression. It is made up of high-ranking members of the SSG that previously operated in Idlib. Following the overthrow of Bashar Al-Assad, troops comprising the MOA became the primary military force on the ground. On 24 December 2024, the MOA announced the dissolution of all military factions and their integration under the Ministry of Defence. HTS itself announced that it would lead by example, dissolve as an armed group and integrate into the armed forces. Among the first steps of establishing a new army was to promote some leaders of the individual factions as well as some defected officers into certain military ranks. Among those promoted were purportedly several foreign Islamist fighters of Albanian, Tajik and Uyghur origin. Following the ouster of Bashar Al-Assad, most soldiers as well as policemen either fled or were suspended. HTS has relied on its General Security units formerly active under its administration in Idlib as well as units under the MOA to support and supplement local police forces. Furthermore, recruitment centres were opened in provinces formerly under Assad’s control to rebuild the police force.

As of January 2025, the HTS-led coalition was in control of most areas previously held by the Assad government until early December 2024, amounting to just over 60% of Syrian territory. During its December offensive, the HTS further took control of the city of Deir Ez- Zor previously held by the SDF. At the end of January 2025, the MOA seized a strategically important area near Zamla oil field south of Raqqa in the Syrian desert, a deployment that was assessed to aim at containing ISIL activity while also putting pressure on SDF troops stationed on the southwestern bank of Lake Assad. In the country’s south, the MOA as of mid-January was still in talks with the former Fifth Corps and specifically its Eighth Brigade regarding their dissolution (see section 2.1.3), but managed to deploy its own troops in Jadal, Mseika, Mismiyeh and Lajat. In Afrin city in northern Aleppo governorate, troops from the Syrian Transitional Administration at the beginning of February 2025 arrived to take over control from the SNA.

Since the fall of Assad, HTS has relied on its own units and close allies to secure governorates predominantly populated by minorities. Thus, unlike in other areas such as Homs, the SNA has been largely absent from coastal areas with Alawite populations where support for Assad has reportedly been strong. Etana noted that Idlib’s security landscape in particular had considerably changed following Assad’s fall, with much of the military presence relocated to key strategic areas in Aleppo, Homs, Damascus, Latakia and Tartous.

During operation ‘Deterrence of Aggression’, HTS reportedly took over weapon depots and armoured vehicles from the Syrian Arab Army. Following Al-Asad’s ouster, hundreds of Israeli airstrikes reportedly resulted in the destruction of the country’s military stocks and defence infrastructure, as well as most of its missile systems and tanks. The newly appointed interim Defence Minister Murhaf Abu Qasra in an interview recounted how HTS had established its own military industry in Idlib, building drones for reconnaissance, drones armed with explosives and suicide drones as well as manufacturing armoured vehicles. They further developed their own artillery systems.

During its offensive, HTS reportedly made efforts to avoid harming the civilian population. Furthermore, some areas that were previously held by the SDF were taken over based on agreements. Even so, six students were killed by rockets fired by the rebels which landed on a student dormitory in Aleppo city. Following its takeover of power, there were several reports of abuse being committed by HTS forces during security operations in Alawite areas, such as individuals killed in raids and detainees being held incommunicado. Especially foreign fighter groups under the MOA as well as the HTS elite forces ‘Red Bands’ were accused of committing violations during raids such as harassment and intimidation and in a few instances killings.

[…].“

1.3.3. Anfragebeantwortung zu Syrien: Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung, Rekrutierungen durch andere bewaffnete Gruppen (z.B. Yekîneyên Parastina Gel, YPG); Zwangsrekrutierungen [a-12592-v2], vom 21. März 2025 (Hervorhebung nicht im Original):

„[…]

Rekrutierungspraxis der Übergangsregierung; Zwangsrekrutierungen

Mehrere Quellen berichten im Februar 2025, dass der Präsident der syrischen Übergangsregierung, Ahmed Al-Scharaa, erklärt habe, dass er die Wehrdienstpflicht abgeschafft habe und stattdessen auf freiwillige Rekrutierung setze (Enab Baladi, 12. Februar 2025; France 24, 10. Februar2025; siehe auch Markaz Al-Jazeera l-il-Dirasat, 30. Jänner 2025; FDD,28. Jänner 2025). Anfang Februar 2025 wurde berichtet, dass sich Scharaa zufolge tausende Freiwillige der neuen Armee anschließen würden (France 24, 10. Februar 2025; Enab Baladi, 12. Februar 2025). Dem Online-Begleittext eines Videobeitrags des schwedischen Fernsehprogramms Svtnyheter von Jänner 2025 zufolge hätte die Hayat Tahrir Al-Scham (HTS) aktiv mit intensiven Rekrutierungen für die Reihen der Polizei und des Militärs begonnen (Svt nyheter, 18. Jänner 2025). In einem undatierten arabischsprachigen Artikel bezieht sich das Swedish Center for Information (SCI) auf den genannten Videobeitrag. Laut dem SCI-Artikel würden Berichten zufolge Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere mittels intensiver Programme rekrutiert, die von traditionellen akademischen Standards und Trainingsstandards abweichen würden. Dies habe den Zweck, die Ausbildung der Militär- und Sicherheitskräfte zu beschleunigen, um den Bedarf des neuen Staates zu decken (SCI, ohne Datum).

In einem arabischsprachigen Artikel von Februar 2025 berichtet Enab Baladi, die Rekrutierungsabteilung in Aleppo habe verkündet, dass die Anmeldungen für eine Militärausbildung begonnen hätten. Die Bedingungen für den Eintritt in die Reihen des Verteidigungsministeriums der Übergangsregierung seien festgelegt worden. Interessierte könnten sich bis 15. Februar 2025 in der Rekrutierungsabteilung in Aleppo im Viertel Al-Furqan anmelden. Voraussetzung sei, dass Bewerber ledig, zwischen 18 und 22 Jahre alt seien, keine chronischen Erkrankungen hätten und nicht verletzt seien. Für eine Anmeldung seien zwei Fotos, eine Kopie des Personalausweises sowie, sofern vorhanden, eine Kopie des Nachweises über einen akademischen Abschluss vorzulegen (Enab Baladi,12. Februar 2025). Ähnliche Informationen finden sich in den nachfolgend beschriebenen zwei Facebook-Beiträgen. In einem arabischsprachigen Facebook-Beitrag vom 12. Februar 2025 auf der Facebook-Seite „Al Arabiya Syria“ wird berichtet, dass das Gouvernement Aleppo verkündet habe, dass die Anmeldungen für die Aufnahme in die Reihen der Armee eröffnet seien. Die Anmeldungen würden im Offiziersclub im Viertel Al-Furqan entgegengenommen. Bewerber hätten ledig sowie zwischen 18 und 22 Jahre alt und gesund zu sein (Al Arabiya Syria,12. Februar 2025). Auf der Facebook-Seite „Nachrichten des freien Syrien“ („Achbar Suriya al-Hurra“) findet sich ein Beitrag vom 6. Februar 2025, der eine Rekrutierungsanzeige der Rekrutierungsabteilung in Idlib veröffentlicht. Die Anmeldung zur Teilnahme am Militärkurs für jene, die unter dem Verteidigungsministerium dienen möchten, sei eröffnet. Interessierten sei es möglich, sich zwischen dem 9. Februar 2025 und dem 15. Februar 2025 in der Rekrutierungsabteilung in Idlib anzumelden. Bewerber hätten ledig und zwischen 18 und 22 Jahre alt zu sein. Sie dürften nicht chronisch krank oder verletzt sein. Vorzulegen seien ein Foto, eine Kopie des Personalausweises und eine Kopie des akademischen Nachweises, wenn vorhanden (Nachrichten des freienSyrien, 6. Februar 2025).

Syria TV, ein syrischer Fernsehsender mit Sitz in Instanbul, der im Besitz eines katarischen Mediennetzwerks ist und sich in Opposition zur Assad-Regierung positioniert hatte, berichtet in einem arabischsprachigen Artikel vom Februar 2025, dass sich der Rekrutierungsprozess für die neuen syrischen Militär- und Sicherheitsinstitutionen, wie die Polizei sowie Kriminal- und Geheimdienste, von Gouvernement zu Gouvernement unterscheide. Am 10. Jänner 2025 habe das Innenministerium der Übergangsregierung verkündet, dass Anmeldungen zum Eintritt in die Polizeiakademie begonnen hätten. Die Kurse, die einen Eintritt in die Reihen der Polizei und Dienste der öffentlichen Sicherheit ermöglichen sollen, hätten in fast allen Gouvernements, insbesondere in Damaskus, Rif Dimaschq, Homs, Tartus, Idlib, Sweida und Deir ez-Zor begonnen. Dem Artikel zufolge sei Idlib in dieser Hinsicht am aktivsten, gefolgt von Deir ez-Zor und Teilen von Rif Dimaschq, während der Rekrutierungsprozess in den Küstenregionen sowie in Homs eher verhalten verlaufe. Bewerber hätten zwischen 20 und 30 Jahre alt zu sein, einen Sekundarschulabschluss oder einen entsprechenden Abschluss vorzuweisen, die vorgeschriebenen Kurse absolviert zu haben, unbescholten sowie gesund und von guter Statur zu sein. Sie hätten zudem körperlich fit zu sein und müssten mindestens 168 cm groß sein.

[…]

In einem Artikel von Ende Februar 2025 berichtet Syria TV von Gerüchten, denen zufolge die Übergangsregierung in den Gouvernements Tartus und Latakia Männer zum Militärdienst rekrutiert und zwangsverpflichtet hätte. Auf Facebook-Seiten, die der Quelle zufolge von Medienfachleuten betrieben würden, die der Assad-Regierung naheständen, sei berichtet worden, dass Sicherheitskräfte in den Städten Dschableh, Baniyas und Qardaha Checkpoints aufgestellt und Personen mit Statusregelungsausweisen („Bidaqat Taswiya“) festgenommen hätten. Offizielle Quellen des Gouvernements Tartus hätten den Verantwortlichen der Rekrutierungsabteilung der Stadt Baniyas zitiert, der diese Gerüchte vehement abgestritten habe. Er habe darauf hingewiesen, dass der Militärdienst nunmehr auf Freiwilligkeit aufbaue und dazu aufgerufen, offizielle Quellen für Informationen zu konsultieren (Syria TV, 26. Februar2025).“

1.3.4. Auszug aus dem UNHCR Regional Flash Update # 29, Syria situation crisis, 30 May 2025:

„[…]

Key Highlights

As of 29 May 2025, UNHCR estimates that 513,190 Syrians have crossed back to Syria via neighboring countries since 8 December 2024. This brings up the total of 874,030 Syrian individuals that have returned to Syria since the beginning of 2024.

[…].“

2. Beweiswürdigung:

Beweis erhoben wurde durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt und in die Akten des Erstverfahrens. Darüber hinaus wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister und Strafregister.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglich unbedenklichen Angaben in der Erstbefragung, der niederschriftlichen Einvernahme, der mündlichen Verhandlungen sowie aus dem im Original vorgelegten Reisepass (vgl. AS 1; 40; AS 40 iVm AS 71f; VP vom 13.08.2024, S. 5). Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, Religionsbekenntnis und der Sprachkenntnis des Beschwerdeführers ergeben sich aus den durchwegs gleichbleibenden Ausführungen während des Verfahrens (vgl. AS 2f; 40f; AS 144, VP vom 13.08.2024, S. 3, 6).

2.1.2. Die Feststellungen zu seinem Geburtsort, seinem Aufwachsen, seinem Schulbesuch in XXXX , seinem Aufenthalt im XXXX sowie dass er in XXXX sowie ein bis zwei Monate in XXXX gearbeitet hat, gründen auf den unbedenklichen Angaben des Beschwerdeführers (vgl. AS 1ff und 5; AS 42f; 144; STN vom 08.08.2024, S. 1f; VP vom 13.08.2024, S. 5ff und 11). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer den verpflichtenden Wehrdienst für das damalige syrische Regime unter der Herrschaft von Bashar al-Assad von XXXX absolviert hat, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers über das ganze Verfahren hinweg sowie aus der Vorlage seines Militärbuches (vgl. AS 40, 43; 144; VP vom 13.08.2024, S. 15ff). Dass sich der Beschwerdeführer nach Absolvierung seines Militärdienstes in die Stadt XXXX begab, aufgrund von Bombardierungen in sein Dorf XXXX für einen Monat zog und daraufhin in die Türkei ausreiste, gab der Beschwerdeführer über das ganze Verfahren hinweg an (vgl. AS 42; AS 144; VP vom 13.08.2024, S. 7). Es gibt keinen Anlass, an diesen Angaben zu zweifeln. Dass der Beschwerdeführer bei einer etwaigen Rückkehr nach Syrien in die Stadt XXXX zurückkehren würde, gab er im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.08.2024 selbst an (vgl. VP vom 13.08.2024, S. 14)

2.1.3. Die Feststellung zu seinen Familienangehörigen in Syrien stützen sich auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers (vgl. VP vom 13.08.2024, S. 8). Dass der Beschwerdeführer in der Stadt XXXX über eine Wohnung verfügt und mit weitereen Personen ein Grundstück im Dorf XXXX ein Grundstück von seinem Großvater geerbt hat, gab der Beschwerdeführer selbst an (vgl. VP vom 13.08.2024, S. 10).

2.1.4. Dass der Beschwerdeführer raucht und Alkohol konsumiert, gab er im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 06.06.2025 (Seite 8) an.

2.1.5. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 10.04.2022 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und ihm in Österreich der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukommt, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Erstbefragungsprotokoll vom 11.04.2022 sowie aus dem Spruch des angefochtenen Bescheids.

2.1.6. Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers geht aus dem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug hervor.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Die Feststellung zu der von der aktuellen Regierung ausgeübten aktuellen Kontrolle über den früheren Wohnort in der Stadt XXXX und das Dorf XXXX ergeben sich aus einer vorgenommenen unbedenklichen Nachschau unter https://syria.liveuamap.com/, abgefragt am 06.06.2025, in der mündlichen Verhandlung (vgl. VP S. 6f). Diese ist nach wie vor aktuell (https://syria.liveuamap.com/, aufgerufen am 16.06.2025).

2.2.2. Die Feststellung, dass die syrische Regierung unter der Führung von Bashar Al-Assad für männliche Staatsbürger nach Ableistung des verpflichtenden Wehrdientes den Reservedienst vorsah, ergibt sich aus den Länderberichten (vgl. Punkt 1.3.1.). Die Feststellung zum Ende der Herrschaft von Bashar Al-Assad in Syrien und der Abschaffung des verpflichtenden Wehrdienstes durch die aktuelle syrische Regierung ergibt sich ebenfalls aus den Länderberichten (vgl. Punkt 1.3.1.), sodass für den Beschwerdeführer die behauptete Gefahr, zum Reservedienst für das Assad-Regime eingezogen zu werden, nicht mehr besteht. Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer selbst vor, dass eine Gefahr durch das ehemalige Assad-Regime nicht mehr bestehe: „Nicht zuletzt verweist UNHCR darauf, dass bestimmte Verfolgungsgründe im Zusammenhang mit dem ehemaligen Assad-Regime zwar weggefallen sind …“ (Stellungnahme vom 03.04.2025, S. 4) sowie „BF: Die ehemaligen Fluchtgründe, ich meine die Verfolgung durch das Regime von Al Assad, gibt es nicht mehr. Mittlerweile habe ich andere Befürchtungen. …“ (vgl. VP vom 06.06.2025, S. 8). Daher greifen die behaupteten Befürchtungen im Zusammenhang mit dem Reservedienst unter der Führung des Assad-Regimes nicht mehr.

Die Feststellung, dass die neue syrische Übergangsregierung einen verpflichtenden Wehrdienst nicht vorsieht, stattdessen auf freiwillige Rekrutierung setzt, ergibt sich ebenfalls aus den Länderberichten (vgl. Punkt 1.3.1. bis 1.3.3.). Die Befürchtung des Beschwerdeführers, die aktuelle Regierung könne sich jederzeit auf das weiterhin geltende und anwendbare bisherige Recht zum syrischen Wehrdienst berufen und Männer wie den Beschwerdeführer zum staatlichen Wehrdienst (zwangs-) rekrutieren (vgl. Stellungnahme vom 03.04.2025, S. 7), geht daher ins Leere. Abgesehen davon - und unabhängig davon, dass keine Wehrpflicht besteht -, würde der Beschwerdeführer bereits aufgrund seines Alters die aktuellen Voraussetzungen (18 bis 22 Jahre alt, ledig) für den freiwilligen Wehrdienst nicht erfüllen. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlungen am 06.06.2025 ausführte, bei einer etwaigen Rückkehr nichts Konkretes zu befürchten: „R: Haben Sie eine konkrete Befürchtung, die Ihre Person betrifft? Was droht Ihnen konkret, wenn Sie heute hypothetisch in Syrien wären? BF: Es gibt keine konkreten Befürchtungen, aber man kann nicht garantieren, dort in Sicherheit zu leben zu können. Ich habe keine konkreten Feinde, aber man wird entführt, von wem, weiß ich nicht und kann ich auch nicht sagen.“ (VP vom 06.06.2025, S. 8).

Daraus kann auch geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer nicht in das Blickfeld der aktuellen Regierung geraten ist.

2.2.3. Dass es – entgegen der ursprünglichen Behauptung des Beschwerdeführers - in der Vergangenheit keine Rekrutierungsversuche der HTS gegen den Beschwerdeführer stattgefunden haben, stützt sich darauf, dass das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers widersprüchlich war. So brachte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme vor, telefonisch bedroht worden zu sein, zunächst „öfters“ und dann auf Nachfrage nur „Einmal“. In der darauffolgenden Stellungnahme am 08.08.2024 (S. 13) bestritt der Beschwerdeführer jedoch jemals telefonischen Kontakt mit den HTS-Mitgliedern gehabt zu haben und verneinte in der letzten mündlichen Verhandlung letztendlich ausdrücklich einen konkreten telefonischen Rekrutierungsversuch seiner Person durch die HTS. Vielmehr brachte der Beschwerdeführer nunmehr vor, von seinem Cousin ermahnt worden zu sein.

Einvernahme-Protokoll vom 21.02.2023, Seite 5/AS 43f:

„VP: Ich war bei der Armee auf die Luftabwehr spezialisiert und ich wurde XXXX ausgemustert. In meinem Dorf waren Bewaffnete und die wollten, dass ich mich ihnen anschließe und das wollte ich nicht. Ich habe gespürt, dass die Lage für mich gefährlich wird und darum bin ich ausgereist.

LA: Wer waren die bewaffneten Personen?

VP: Die Al-Nusra-Front.

LA: Inwiefern versuchten diese Personen, dass Sie sich ihnen anschließen?

VP: Als ich ins Dorf gezogen bin, haben sie nach meinen Dokumenten verlangt, um mir neue Dokumente auszustellen. Sie haben daraufhin gesehen, dass ich frisch ausgemustert wurde und haben erfahren, dass ich bei der Luftabwehr bin. In Folge dessen wollten sie mich rekrutieren.

LA: Wo genau verlangten diese Personen nach Ihren Dokumenten?

VP: Bei mir im Dorf.

LA: Wo genau?

VP: …

LA: Wo genau im Dorf wurden Sie von diesen Personen angesprochen?

VP: Das war ein Checkpoint.

LA: Wie haben die Personen dann versucht, Sie zu rekrutieren?

VP: Sie haben gesagt, dass ich dem ungläubigen Regime gedient habe und sie daher auch unterstützen muss.

LA: Was passierte dann?

VP: Ich habe es abgelehnt.

LA: Werden Sie bitte konkreter!

VP: Zuletzt habe ich öfters telefonische Bedrohungen bekommen. Mir wurde unterstellt, ich wäre ein Söldner des Regimes, weil ich mich ihnen nicht angeschlossen habe. Aber ich bin nicht lange dortgeblieben und reiste dann in die Türkei.

LA: Wurden Sie von diesen Personen auch persönlich bedroht oder nur telefonisch?

VP: Persönlich nicht.

LA: Woher hatten diese Personen Ihre Telefonnumer?

VP: Vielleicht über Bekannte des Dorfes.

LA: Wie oft wurden Sie angerufen?

VP: Einmal. Ich habe sofort den Ernst der Lage erkannt und bin geflüchtet.“

Stellungnahme vom 08.08.2024, Seite 13:

„Der BF möchte seine Aussage vor der niederschriftlichen Einvernahme des BFA korrigieren, da es hier zu einem Missverständnis gekommen ist. Er hatte mit Mitgliedern der HTS (ehemals Al-Nusra-Front) niemals telefonischen Kontakt. Er wurde regelmäßig an den Checkpoints kontrolliert – sein Geburtsort ist lediglich 5 KM lang und verfügt über drei Checkpoints – daher war den Personen nach der Kontrolle seines Militärbuches an den Checkpoints bekannt, dass der BF über eine Spezialausbildung in der Luftabwehr verfügt. So wurde an den Checkpoints versucht den BF dazu zu bringen sich der HTS anzuschließen. Dies lehnte der BF ab und verließ Syrien endgültig.“

Stellungnahme vom 03.04.2025, Seite 8f:

„Der BF hat bereits in seiner Einvernahme vor dem BFA am 21.03.2023 angegeben, dass er bei seinem Aufenthalt in XXXX von Mitgliedern der Al Nusra (heute HTS) aufgefordert wurde sich diesen anzuschließen, da der BF während seines Militärdienstes eine Spezialausbildung der Luftabwehr erhalten hatte und daher für die HTS von besonderem militärischen Interesse war. Der BF weigerte sich der Gruppierung anzuschließen und reiste kurz darauf aus Syrien aus.“

Verhandlungsprotokoll vom 06.06.2025, Seite 9:

BFV: Ist jemals versucht worden, Sie zu rekrutieren?

BF: Ich habe damals mein Militärdienst im Bereich Luftabwehr absolviert. Das bedeutet, alle bewaffneten Gruppierungen, unter anderem Daesh und Al Nusra, hätten Interesse an mir gehabt.

R: Wurden Sie jemals (irgendwann in der Vergangenheit) in Syrien telefonisch bedroht?

BF: Ich wurde persönlich nicht bedroht, aber als ich auf dem Weg war Richtung Türkei, war ich in meinem Heimatort XXXX . Ein Cousin von mir hat mich ermahnt. Er sagte, ich solle bereit sein, weil ich mitgehen muss, ich muss mich ihnen anschließen. Da hatte ich Angst und bin nach ein paar Tagen in die Türkei eingereist.

R: Wem hätten Sie sich anschließen sollen?

BF: Jabhat Al Nusra.

R: Hat jemals eine telefonische Bedrohung stattgefunden, ja oder nein?

BF: Offiziell nein. Eine Ermahnung habe ich von einem Cousin erhalten, weil der Cousin war mit diesen Leuten, er hat für sie gearbeitet.“

Der Beschwerdeführer hat auch sonst keine konkreten in der Vergangenheit erlebte Probleme mit der HTS geschildert. Dass bei einer etwaigen Rückkehr nicht die Gefahr besteht, dass der Beschwerdeführer zwangsrekrutiert wird, ergibt sich aus den Länderberichten, wonach die aktuelle Regierung auf freiwillige Rekrutierung setzt und Zwangsrekrutierungen nicht bekannt sind (vgl. Punkt 1.3.1.). Ferner gab der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 06.06.2025 selbst an, dass er bei einer etwaigen Rückkehr nichts Konkretes zu befürchten habe (vgl. VP vom 06.06.2025, S. 8).

2.2.4. Abschließend ist festzuhalten, dass der Beschwerdefüherer im Verfahren nicht dargetan hat, im Herkunftsstaat aufgrund seiner Religionszugehörigkeit einer gezielt gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt gewesen zu sein. Auch sonst sind keine konkreten Anhaltspunkte hervorgekommen, die darauf hindeuten würden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der Rasse, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter konkret bedroht gewesen wäre.

2.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsland:

Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da dieser aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht ebenfalls kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Syrien zugrunde gelegt werden konnten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpukt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1. Gemäß § 3 AsylG 2005 ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.5. Zur Bestimmung der Heimatregion kommt der Frage maßgebliche Bedeutung zu, wie stark die Bindungen des Asylwerbers an ein bestimmtes Gebiet sind. Hat er vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsland nicht mehr in dem Gebiet gelebt, in dem er geboren wurde und aufgewachsen ist, ist der neue Aufenthaltsort als Heimatregion anzusehen, soweit der Asylwerber zu diesem Gebiet enge Bindungen entwickelt hat (VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0142, Rn. 23; VwGH 29.02.2024, Ra 2023/18/0370). Zur Beantwortung der Frage, wo sich die Heimatregion des Beschwerdeführers befindet, bedarf es einer Auseinandersetzung, welche Bindungen der Beschwerdeführer zum Aufenthaltsort – etwa im Hinblick auf familiäre und soziale Kontakte und örtliche Kenntnisse – aufweist (VwGH 25.05.2020, Ra 2019/19/0142, Rn. 25).

Das Bundesverwaltungsgericht geht wie der Beschwerdeführer aus, dass er den Großteil seines Lebens in XXXX verbrachte und die engeren Bindungen zu XXXX hat (vgl. Stellungnahme vom 08.08.2024, S. 1f); seinen Geburtsort verließ der Beschwerdeführer noch vor Erreichen des Schulalters und kehrte erst wieder im Jahre 2012, als sich das syrische Regime XXXX näherte, lediglich für eine kurze Dauer dorthin zurück.

3.6. Gegenständlich kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung droht:

3.6.1. Zur vorgebrachten drohenden Gefahr einer Verfolgung durch das ehemalige syrische Regime wegen Verweigerung des Reservedienstes:

In Bezug auf die vom Beschwerdeführer geäußerte Furcht vor einer Verfolgung durch das ehemalige syrische Regime wegen Verweigerung des Reservedienstes ist vor dem Hintergrund, dass es das syrische Regime unter Bashar Al-Assad nicht mehr gibt und die aktuelle Übergangsregierung den verpflichtenden Wehrdienst und damit auch den Reservedienst abgeschafft hat, auszuführen, dass eine solche Gefahr nicht mehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

3.6.2. Zur vorgebrachten drohenden Gefahr, durch die aktuelle Regierung zwangsrekrutiert zu werden:

Die aktuelle Übergangsregierung hat den verpflichtenden Wehrdienst und damit auch den Reservedienst abgeschafft, sie setzt auf die Freiwilligkeit des Wehrdienstes, sodass der Beschwerdeführer auch unter der aktuellen Regierung nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr läuft, dass sie die gesetzliche Militärdienstregelung des Assad-Regimes fortführt oder von ihr sonst zwangsrekrutiert wird. Wie sich auch aus den Länderberichten ergibt, sind keine Fälle von (Zwangs-)rekrutierungen bekannt (vgl. Punkt 1.3.1.)

3.6.3. Zur vorgebrachten drohenden Gefahr, dass ihm aufgrund seiner Verwestlichung durch die HTS eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde:

3.6.3.1. Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als „Verfolgung“ iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegendenVerletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen. Ob dies der Fall ist, haben die Asylbehörde bzw. das BVwG im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolleermöglichenden Begründung darzulegen (vgl. etwa VwGH 14.7.2021, Ra 2021/14/0066; 11.12.2019, Ra 2019/20/0295, mwN).

3.6.3.2. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seiner Entscheidung vom 23.05.2023, Ra 2022/19/0294, Rz 14 bis 16 Folgendes aus:

„14 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt nicht jede Änderung der Lebensführung von Asylwerbern während ihres Aufenthaltes in Österreich, die im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mehr aufrechterhalten werden könnte, dass ihnen deshalb internationaler Schutz gewährt werden müsste e (vgl. etwa VwGH 19.4.2021, Ra 2021/01/0034, mwN).

15 Entscheidend ist vielmehr eine grundlegende und auch entsprechend verfestigte Änderung der Lebensführung, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung eines Grundrechtes zum Ausdurck kommt, die zu einem wesentlichen Bestandteil der Identität geworden ist, und die bei Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht gelebt werden könnte (vgl. VwGH 30.3.2021, Ra 2019/19/0518, mit Hinweis auf VwGH 23.1.2018, Ra 2017/18/0301, mwN).

16 Für eine solche Beurteilung, die stets eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalles erfordert (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2017/18/0301, mwN), fehlen - wie die Amtsrevision zutreffend geltend macht - konkrete Feststellungen, die jene Schlussfolgerungen, die das BVwG im Hinblick auf den Lebensstil des Mitbeteiligten getroffen hat, nachvollziehbar machen. Die in der Beweiswürdigung (disloziert) ins Treffen geführten Sachverhaltsaspekte, wie der Alkohol- und Drogenkonsum des Mitbeteiligten, seine Liberalität gegenüber anderen Konfessionen und seine Erwerbstätigkeit in Österreich, reichen nicht aus, um die Beurteilung des BVwG zu tragen, beim Mitbeteiligten liege eine verfestigte Änderung seiner Lebensführung vor, die einen wesentlichen Bestandteil seiner Identität darstelle und in der die Anerkennung, Inanspruchnahme und Ausübung seiner Grundrechte zum Ausdruck komme.“

3.6.3.3. Um den Status eines Asylberechtigten zu erhalten, muss dem Beschwerdeführer bei Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 17.09.2019, Ra 2019/18/0273 mwN).

3.6.3.4. Dem Beschwerdeführer gelingt es mit seinem bloß pauschalen Vorbringen nicht darzulegen, dass beim ihm als Mann Umstände vorliegen, welche ein besonderes Verfolgungsrisiko aufgrund einer „Verwestlichung“ begründen könnten.

In seiner Stellungnahme vom 03.04.2025 (Seite 9) führt der Beschwerdeführer lediglich Folgendes aus: „Im Falle einer Rückkehr bestünde für den BF auch die Gefahr, dass er von der HTS als „Europa-Rückkehrer“ wahrgenommen werden würde und dass ihm aufgrund seiner westlichen Werteeinstellung eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt werden würde.“

Dass der Beschwerdeführer bei einer etwaigen Rückkehr nach Syrien nicht mehr rauchen oder keinen Alkohol konsumieren dürfte, ist für sich ebenfalls kein Grund, dem Beschwerdeführer asylrechtlichen Schutz zu gewähren. Entscheidend ist vielmehr eine grundlegende und auch entsprechend verfestigte Änderung der Lebensführung des Asylwerbers, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung seiner Grundrechte zum Ausdruck kommt, die zu einem wesentlichen Bestandteil seiner Identität geworden ist, und die bei Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht gelebt werden könnte (vgl. VwGH 14.02.2018, Ra 2017/18/0301, Rz. 13; siehe VwGH 23.05.2023, Ra 2022/19/0294, Rz 14 bis 16).

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zu dem Schluss, dass der Beschwerdefüher individuelle Umstände, die dazu führen würden, dass die aktuelle Übergangsregierung den Beschwerdeführer als verwestlicht ansehen und daher als oppositionell wahrnehmen würde, im gegenständlichen Verfahren nicht hat glaubhaft machen können. Daher besteht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht die Gefahr, dass die aktuelle Regierung dem Beschwerdeführer aufgrund einer behaupteten Verwestlichung eine oppositionelle Gesinnung unterstellen könnte.

3.6.4. Zur vorgebrachten drohenden Gefahr, dass ihm als Europa-Rückkehrer durch die HTS eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird:

Dem Beschwerdeführer gelingt es mit seinem bloß pauschalen Vorbringen, er werde von der HTS als „Europa-Rückkehrer“ wahrgenommen, nicht darzulegen, inwiefern ihm aufgrund dessen ein Verfolgungsrisiko drohen könnte. Aus den Länderberichten geht vielmehr hervor, dass der neue Präsident von Syrien eine Rückkehr der im Ausland lebenden Menschen begrüßt (vgl. Punkt 1.3.1. bzw. LIB, Seite 18: „In einem Interview gab er an, dass es damit in Syrien freie, faire und integre Wahlen abgehalten werden können, einer Volkszählung, der Rückkehr der im Ausland lebenden Menschen, der Öffnung der Botschaften und der Wiederherstellung des legalen Kontakts mit der Bevölkerung bedarf.“). Seit Anfang 2024 sind insgesamt 874.030 syrische Personen nach Syrien zurückgekehrt (vgl. Punkt 1.3.4. bzw. UNHCR Regional Flash Update #29), dabei ist die Zahl der Personen, die in das Gouvernement XXXX zurückkehren, am höchsten, wobei die Rückkehrer die verbesserte Sicherheitslage und die Abschaffung des Wehrdienstes als Hauptgründe für ihre Rückkehr nennen (vgl. Punkt 1.3.1., Unterpunkt: „Rückkehr – Entwicklungen seit dem Sturz des Assad-Regimes (seit 8.12.2024)“). Dass Rückkehrer und speziell jene aus Europa durch die aktuelle Regierung verfolgt und ihnen eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird, geht aus den dem Bundesverwaltungsgericht aktuell vorliegenden Berichten nicht hervor.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zu dem Schluss, dass der Beschwerdefüher individuelle Umstände, die dazu führen würden, dass die aktuelle Übergangsregierung dem Beschwerdeführer als Rückkehrer aus Europa eine oppositionelle Gesinnung unterstellen würde, im gegenständlichen Verfahren nicht hat glaubhaft machen können. Daher besteht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht die Gefahr, dass die aktuelle Regierung dem Beschwerdeführer aufgrund einer Rückkehr aus Europa eine oppositionelle Gesinnung unterstellen könnte.

3.6.5. Der Beschwerdeführer hat keine Handlungen gesetzt, die ihn in das Blickfeld der aktuellen Regierung gerückt haben könnten oder die ihn als Oppositionellen erscheinen lassen würden. Der Beschwerdeführer ist somit nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr aufgrund einer (zumindest unterstellten) oppositionellen Gesinnung seitens der aktuellen Regierung bzw. der HTS ausgesetzt.

3.6.6. Auch sonst haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.

Aus dem Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.08.2022, Ra 2022/19/0018 ergibt sich:

„Den UNHCR-Richtlinien ist besondere Beachtung zu schenken (‚Indizwirkung‘). Die Verpflichtung zur Beachtung der von UNHCR und EASO [nunmehr: EUAA - European Union Agency for Asylum] herausgegebenen Richtlinien ergibt sich aus dem einschlägigen Unionsrecht. Die Asylbehörden sind jedoch nicht an entsprechende Empfehlungen von UNHCR und EUAA gebunden.“

Selbst wenn der Beschwerdeführer ein oder mehrere Risikoprofile der UNHCR-Richtlinien erfüllen würde, führt dies nicht per se zu einer asylrelevanten Verfolgung oder Bedrohung. Vielmehr erfordern die gegenständlichen UNHCR-Richtlinien eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass keine konkrete auf den Beschwerdeführer bezogene maßgeblich wahrscheinliche Verfolgung in Syrien festgestellt werden konnte.

Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei seiner Entscheidung auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berufen.

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